14. Juli 2017 – Gdingen/Polen
Der Besuch Danzigs sollte vollkommen stressfrei sein – das hatten wir uns vorgenommen. So begann auch unser Tag – unsere AIDAcara war bereits vertäut als ich oben an Deck meinen ersten Kaffee zu mir nahm. Der Tag schien sich gut für uns zu entwickeln. Blauer, mit weißen Wolkenstreifen durchwachsener Himmel. Die Begrüßung durch eine Ehrenabordnung auf einem in den Hafen einlaufenden polnischen U-Boot. Zuviel Ehre für die Passagiere der AIDAcara? Nein …
Nach einem gemütlichen Frühstück machten wir uns zu sechst auf zum Bahnhof von Gdingen; Floppys besuchten einen über AIDA gebuchten Ausflug zur Marienburg mit anschließender Besichtigung der Altstadt von Danzig, die auch unser Ziel war – doch wir kamen zunächst nicht weit. Am Hafenausgang wurden wir von einem Taxifahrer „abgeschleppt“ Er bot uns für € 20,- pro Nase eine Tagesrundfahrt an – Hinfahrt nach Danzig, 3 ½ Stunden Aufenthalt in Danzig, Weiterfahrt nach Oliva, dort 1 Stunde Aufenthalt mit Besuch eines Orgelkonzerts im Dom, nächste Station Zoppot mit Besuch der Seebrücke, Rückfahrt zum Schiff. Wir überlegten nicht lange, nahmen das Angebot an und quetschten uns zu sechst in einen Van. Los ging´s und schon erreichten wir Danzig und wurden in der Nähe der Marienkirche „entlassen“. Dieses Gotteshaus gilt als eins der drei größten Backsteinkirchen nördliche der Alpen und als eine der beiden weltgrößten Hallenkirchen. Und so wirkte sie auch auf uns: ganz schön groß … ganz schön hoch … und mit einer Uhr bestückt. Wir trauten eher unserer Armbanduhr, schauten auf sie und einige von unserer Truppe beschlossen, den 78 m hohen Kirchenturm zu erklimmen, während der fußfaule Rest Platz nahm, um sich noch ein wenig bräunen zu lassen. Doch wo blieb die Sonne? Uns, die sich nach oben wagten, interessierte es nicht. Wir waren damit beschäftigt, die 402 Stufen bis zur Aussichtsplattform zu bewältigen. Von außen sah der Turm – anders als die in diesen Breiten üblichen Kirchtürme – sehr gedrungen aus. Man sagt, dass bei dem Beginn des Baus ab Mitte des 14. Jahrhunderts der Deutsche Orden einen höheren und damit schlankeren Turm untersagt hatte. Von innen sah der mächtige Turm ganz schön altbacken aus.
Aber keine Angst – es war alles abgesichert! Auch die Plattform in Höhe der Glockenaufhängung. Zu unserem Glück ertönte während unserer Turmbesteigung nicht die große Glocke Gratia Dei, auch die kleinere Glocke Ave Maria hielt sich zurück. konnten wir langsam, aber sicher nach oben kommen und dort – auf dem Aussichtsrundgang – begann das große Staunen! Vor uns die drei kleinen, schlanken Nebentürme der Marienkirche, die von hohen Häusern begrenzte Frauengasse mit dem Frauentor am Ende, links daneben die Heilig-Geist-Gasse, deren Häuserfronten von hoch oben prima bewundert werden konnten, das Krantor von hinten und die Motlawa, an deren Ufer Segelschiffe lagen.
Von der Höhe her war er keine Konkurrenz, der Turm des Rechtstädtischen Rathauses – nur 45 m hoch! Die phantastisch wiederaufgebauten Gebäudeensembles, die zeigten, wie reich Danzig auch in den vergangenen Jahrhunderten war. Die Neustadt, die Weite des polnischen Raumes am Horizont.
Beim Blick in diese Richtung kam die Erkenntnis, dass die Altstadt sehr strukturiert angelegt worden war. Schnurgerade Straßen … Die Jahreszahl 1502 auf dem kupfernen Wimpel erinnerte, dass in diesem Jahr ein Umbau und damit eine Vergrößerung und letztendlich die erste Fertigstellung der Marienkirche abgeschlossen worden war. Hinter dem Rechtstädtischem Rathaus zeigte sich die Motlawa, an deren Ufer restaurierte alte Lagerhäuser standen; ansonsten passten sich viele Neubauten dem alten Stil an. Über die Johanneskirche schweifte unser Blick Richtung Hafengelände und Ostsee. Ja, ich gestehe – für mich war der Turm des Rechtstädtischen Rathauses der Blickfang. Auch er konnte von Besuchern bestiegen werden. Aber eher für Weicheier … nur 102 Stufen bis zur Aussichtsgalerie.
Der Rückweg nach unten war nicht so mühselig wie der Aufstieg. Wir trafen den Rest der Ausflügler und besichtigten die „Innereien“ der Marienkirche. Kein sehr kleines Kapellchen … Gewaltige 105 m war das Hauptschiff lang. Das Querschiff immerhin noch 66 m. Zwischen dem Sternenhimmel und den Gläubigen (oder auch „nur“ Besuchern gab es die Distanz von knapp 28 m. Bei Vollbesetzung würde das Gotteshaus 25.000 Menschen aufnehmen … ein wenig mehr als unsere AIDAcara Passagiere hatte. Bei Baubeginn war es eine katholische Kirche; mit der Reformation feierten Katholiken und Protestanten jeweils ihre eigenen Messen bzw. Gottesdienste in der Marienkirche; offiziell war sie aber protestantisch bis zur vollen Übernahme Danzigs durch das katholische Polen; heute ist sie ein rein katholisches Gotteshaus. Ein Schmuckstück ist die astronomische Uhr.
Wenn man bedenkt, zu welchen technischen Leistungen man im 15 Jahrhundert fähig war. Das Laufwerk dieser Uhr war so kompliziert, dass es fast 450 Jahre dauerte, bis Spezialisten sie nach technischem Aus in 1554 wieder in Gang setzen konnten …
Auch in Danzig hatte die Verehrung der Schwarzen Madonna einen großen Stellenwert. Von vielen Gläubigen wird die Schwarze Madonna als besonders wundertätig verehrt. Der dreiflügelige Hauptaltar wurde 1471 von einem aus Augsburg stammenden Künstler geschaffen. Ob er mit echtem Gold belegt ist? Die Anfang des 16. Jahrhunderts eingebaute Orgel wurde 1945 vollständig zerstört. Aber die Danziger waren nicht auf dem Kopf gefallen und verlagerten 1985 die bedeutend kleinere Orgel von der Johannes- in die Marienkirche. Auffällig war, wie sich in den letzten Jahrhunderten Notabeln auch in dieser Basilika präsentierten. Ob es deren Seelenheil förderlich war? Diese Frage beschäftigte uns nicht weiter, da wir die Marienkirche verließen, um uns noch andere attraktive Bauten Danzigs anzuschauen. Zunächst fiel das Große Zeughaus ins Auge. Erbaut wurde dieses Waffenarsenal Anfang des 17. Jahrhunderts von einem Flamen. Ein besonderer Schmuck ist eine Statue der griechischen Göttin Athene, die bekanntlich nicht nur die Göttin der Weisheit und der Kunst sondern auch des Kampfes war. Die richtige Frau, θεά am richtigen Platz …
Die Langgasse lockte. Die bekannteste Gasse der Altstadt Danzigs, in der während der Touristensaison Menschenmengen wogen. Beim letzten Mal war hier sogar noch mehr los – uns reichte es aber. In der einen Richtung streckte des Rechtsstädtische Rathaus den schlanken Turm in den Himmel, zur anderen Seite hin wird die Langgasse vom Goldenen Tor begrenzt.
Auch an diesem Tor bemerkten wir niederländische Einflüsse. Oben auf dem Tor waren Statuen zu sehen, die an die von den Danzigern verlangten Tugenden erinnerten: Frieden, Freiheit, Reichtum, Gerechtigkeit, Eintracht, Ruhm und Umsicht. Mit den Gedanken, ob man dem in der Vergangenheit immer gerecht wurde, durchschritten wir den Torbogen und standen vor dem Stockturm und der Peinkammer; ehemals ein Teil der Befestigungsanlage der Stadt. Die Bezeichnungen sagten alles – der Stock wurde bei den Befragungen von Gefangenen benutzt und es entstand Pein. Heute zum Glück nicht mehr. Im Turm wurde das Bernsteinmuseum eingerichtet – nicht für uns, denn unsere Bernsteinzeit kam später. Doch vorher wollten wir uns die wunderschönen Häuserensembles der Langgasse anschauen. Das erste, uns ins Auge fallende Haus sah einerseits ein wenig trist aus, andererseits gefiel uns der Kontrast zwischen Hausanstrich und den besonders im oberen Bereich angebrachten Verzierungen. Wir warfen wie so oft einen Blick zurück uns staunten … Wenn man bedenkt, dass zum Ende des Zweiten Weltkrieges Danzig fast völlig zerstört war, wurde in den letzten Jahrzehnten ein regelrechtes Wunder vollbracht. Die Altstadt wurde weitestgehend nach den alten Vorgaben wieder aufgebaut und die restlichen restaurierbaren Bauten kommen nach und nach an die Reihe.
Das, was eine weitere Seitenstraße offenbarte, verwunderte uns nicht.
Am Ende der Gasse baute sich der Turm der Marienkirche auf. Ihn hatten wir bereits besucht – aus diesem Grund hieß es für uns: vorwärts! Vorwärts zum Rechtsstädtischem Rathaus,
dieses Mal von unten aufgenommen. Die erste Ausgabe dieses Rathauses wurde bereits im 14. Jahrhundert erbaut; das aktuelle Aussehen im Renaissancestil erhielt es um die Wende des 16./17. Jahrhunderts. Auch dieses Gebäude wurde zum Ende des letzten Krieges vollkommen zerstört; die Polen zogen anschließend ein wahres Kleinod nach altem Vorbild hoch – innen und außen.
Eine kurze Zeit später musste überlegt werden: Was war schöner?
Der Neptunbrunnen oder der sich hinter ihm sich repräsentierende Artushof? Egal – schöner gab es nicht – beide waren ein Jahrhunderte alter Augenschmaus. Im 17. Jahrhundert wurde Danzig regelrecht aufgehübscht. Der Brunnen wurde nach einer Italienreise des Initiators als Gedenken und Verbundenheit Danzigs an das/mit dem Meer, der Artushof bereits einige Jahre zuvor als Sitz einer Bruderschaft der Danziger Kaufleute erbaut.
Aber das war´s noch nicht an beeindruckenden Bauten. Nicht weit vom Artushof passte sich das Goldene Haus wunderbar in das Gesamtensemble ein.
Ein Bürgermeister Danzigs suchte Anfang des 17. Jahrhunderts eine repräsentative Bleibe. Er ließ sie in der Langgasse hochziehen und als Bewunderer des alten Ägyptens und Griechenlands ließ er von oben Kleopatra, Ödipus, Achilles und Antigone hinabschauen. Es war äußerst beeindruckend mitzubekommen, wie Stilrichtungen von der Spätgotik bis zum Klassizismus auf engstem Raum harmonierten.
Mitte des 16. Jahrhunderts wurde das Ende der Langgasse durch das Grüne Tor bestimmt.
Es machte seinem Namen alle Ehre – es war anfangs grün gestrichen. Vorgesehen war es auch als Stadtresidenz für die polnischen Könige, wurde allerdings nur von einem einzigen genutzt. Direkt vor dem Grünen Tor wurden wir an unser Schiff erinnert. Ein Laden, der AIDA-Passagiere mit Rabatt ködern wollte.
Bernstein satt – aber wir ließen uns auch aufgrund der nicht nachvollziehbaren Preisgestaltung nicht locken … wir wandelten lieber durch die einstmals grünen Torbögen, standen dann auf einer Mottlau-Brücke und bewunderten von der anderen Seite die ganze Pracht. Und natürlich auch das Mottlau-Panorama. Das Haus der Naturforschenden Gesellschaft, das Frauen- und das Krantor. Je weiter wir über die Brücke gingen, desto besser präsentierte sich die Gebäudeansammlung.
Auf der Mottlau warteten das Ausflugsboot Elblag und die Fregatte Perla (nicht AIDAperla!) auf Passagiere. Wir hatten leider nicht die Zeit, auf der Perla der Mottlau zu folgen – wir beschlossen, das Mottlau-Panorama vom gegenüber liegenden Ufer, also von der Speicherinsel aus, zu bewundern. Noch einmal die bereits bekannten Bauten. Innerhalb dieser Häuseransammlung bewarb ein absolut nicht störender Neubau ein berühmtes Produkt dieser Stadt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Produktion des Danziger Goldwassers eingestellt; die Rechte an dem Rezept gelangten in die findigen Hände eines Unternehmers in Niedersachsen, genauer: in der Nähe von Göttingen, der die Produktion weiter führte und auch ankurbelte. Jetzt verstehe ich alles … Ob im Hotel Podewils auch das in Niedersachsen produzierte Getränk serviert wird? Ich weiß es nicht – es ist mir auch egal. Auf jeden Fall sah das ehemaliger Bürgerhaus hinter den auf der Mottlau liegenden Schiffchen nicht schlecht aus. Wie auch das sich auf der Insel Ołowianka erhebende Nationale Meeresmuseum und das erste nach dem Zweiten Weltkrieg in Polen erbaute Schiff, der Kohle und Erzfrachter SS Sołdek. Wir beschlossen, uns noch ein bisschen in der Altstadt umzuschauen, nahmen denselben Weg zurück und erfreuten uns nochmals an dem unvergleichlichen Panorama mit dem Frauentor, durch das wir kurze Zeit später in Richtung Altstadtmitte gingen.
Die Frauengasse lag vor uns. Gut, dass diese Gasse nicht für den Autoverkehr zugelassen war. Das war eine Voraussetzung, dass typische Danziger Hausbestandteile „überlebten“ – die uns vorher unbekannten Beischläge. Der Gefahr von Überschwemmungen entging man, indem man die Haustüren oberhalb des Straßenniveaus vorsah. Das bedeutete aber, dass sie über Treppen erreichbar zu sein hatten. Nicht einfach nur die Stufen – man legte vor der Haustür so etwas wie Terrassen an. Vorbauten, die beispielsweise auch von den Kindern zum Spielen genutzt wurden. Besonders vor prächtigen Häusern waren die Mauern der Bauschläge verziert und diese Dekore ließen oft auf den finanziellen Hintergrund oder auch für Vorlieben des Hauseigentümers schließen.
Das nicht so erfreuliche an dieser Frauengasse (warum wohl?) zeigte sich an den vielen Ständen auf BEIDEN Seiten und den dazu gehörigen Geschäften im unteren Bereich der Häuser. Sie präsentierten Bernsteinschmuck – ein Grund, dass wir einfach nicht mehr vorwärts kamen. Und am Ende der Frauengasse einerseits mit mehr Ballast und andererseits mit dünnerem Portemonnaie bzw. zusätzlicher Kreditkartenbelastung vorwärts schlichen. Zunächst an der Fontanna Czterech Kwartalow vorbei, übersetzt Vier Viertel Brunnen. Gut, war eine Abkühlung nach dem Kaufrausch notwendig, Modena? Ob ja oder auch nein – sie weigerte sich, die Fontänen zu küssen. Dieser Brunnen wurde im Jahre 2009 eingeweiht. Dort, wo in friedlichen Zeiten ein Brunnen mit historischem Hintergrund vor sich hin spritzte. Der Brunnen ist in vier Teile aufgegliedert, die jeweils ein Viertel Danzigs symbolisieren. Außerdem wacht ein jeder Ecke ein bronzener Löwe, das Wappentier der Stadt.
So ganz nebenbei erkannten wir, dass Danzig die Heimatstadt der Kultur war. An der Schaufensterauslage …
Nicht weit davon schwebte ein "Bernstein" hoch über uns. Ein richtig großer Klotz. Ein Glück für Modenagatte, dass Modenanicht daran kam … er hätte das gute Ding zum Auto schleppen müssen …
Ja, das Auto – nach einer Tasse Kaffee in einem Café nahe der Marienkirche trafen wir unseren Fahrer. Überpünktlich. Also weiter – und wir bekamen unterwegs mit, dass Günter Grass in Danzig kein Unbekannter war. Ein Frisiersalon war von Fryzjer in Grass umbenannt worden …
Ob so deutsche Kunden gewonnen werden sollten?
Unser Fahrer entließ uns in Oliva, einem Ort, der bis 1926 selbständig war und in diesem Jahr von Danzig als Stadtteil einverleibt wurde. Das Bekannteste an Oliva ist der Dom.
Nicht gerade klein, dieses in dieser Form im 14. Jahrhundert von den Zisterziensern erbaute Gotteshaus. Die beiden schlanken Türme stechen 46 m in den Himmel; die Kirche ist ganze 107 m lang. Nicht nur eine Innenbesichtigung war geplant. Der von Höhe und Ausdehnung her gewaltige barocke Hochaltar wurde von 14 Säulen getragen. Das dunkle Altarholz bildete einen wunderbaren Kontrast zum hellen Sternenhimmel. Die Orgel brachte den Höhepunkt dieses Dombesuchs – ein halbstündiges Orgelkonzert begann.
Es begann mit dem Ave Maria – langsam und gefühlvoll – es ging unter die Haut. Das Largo von Händel folgte, danach hörten wir mucksmäuschenstill den von den Orgelpfeifen intonierten Vogelstimmen zu – es hörte sich himmlisch an. Als eins unserer Lieblingsstücke, die Morgenstimmung aus Griegs Per Gynt gespielt wurde, begannen wir kurzfristig zu träumen – wie kann man himmlisch steigern? Zum Schluss des leider zu kurzen Konzerts, war es aus mit dem Träumen – es wurde voll aufgedreht. Das Te Deum von Marc-Antoine Charpentier, besser bekannt als Eurovisionshymne, machte alle Kirchenbesucher hellwach! Kein Wunder, denn fast 8.000 Orgelpfeifen ließen die Töne zu einem nicht unangenehmen Dröhnen anschwellen – es war ein Erlebnis! Wenn man bedenkt, dass sich im Querschiff noch eine weiter kleine Orgel zeigte …
Die relative Schlichtheit des Dominneren stand im Widerspruch zu der Ausstattung. Wie die Kanzel aus im Laufe der Jahrhunderte abgedunkelte Lindenholz, die mit vergoldeten Szenen versehen war. Wie in den Seitenschiffen stehenden weiteren 22 Barockaltären.
So, nun aber genug von der Kultur Polens. Wir wollten viel frische Luft und wir erhielten sie. Und zwar in Soppot. Als wir ankamen, war das Seebad nahezu überfüllt. Es dauerte länger, eine Parkmöglichkeit zu finden – doch vor dem für uns passenden Gebäude, dem Grand Hotel, fanden wir gerade noch einen freien Parkplatz. Nichts wie raus uns dem Auto und auf Richtung Seebrücke. An der Strandpromenade bereitete man sich auf das Wochenende vor – dort standen eine Menge Verkaufsbuden. Gut machte sich der alte Leuchtturm, der eher an einen Kirchturm erinnerte. Wir bezahlten unseren Obolus für den Zutritt auf die Seebrücke und schon spazierten wir auf ihr Richtung Meer. Zunächst genossen wir den langen, breiten Strand, der vom Ort und den viel befahrenen Straßen von einem Grüngürtel geschützt wurde. Hinter ihm ragte der Turm der Evangelischen Heilskirche hervor, die Bischofskirche für Pommern-Großpolen. Auf der anderen Seite der Seebrücke ging es etwas geschäftiger vor. Lag es an dem Grand Hotel, das seit den letzten 20er Jahren eine wechselvolle Geschichte und illustre Gäste erlebte: Adolf Hitler, Charles de Gaulle, Marlene Dietrich, Wladimir Putin, Boney M., Fidel Castro …
Wir vergaßen ganz schnell diese Gesellschaft und strebten dem Ende der Seebrücke zu. Aber wir ließen uns Zeit … das musste auch sein bei der mit 511,5 m längsten Seebrücke Europas; um ganze 3,5 m länger als die in Heringsdorf … Zwischendurch schweiften unsere Blicke immer wieder nach links, rechts oder nach hinten.
Ein wunderschönes Panorama – mit dem vor 10 Jahren hochgezogenen Kurhaus. Auf der Seebrücke befanden sich Restaurants und Geschäfte; außerdem war an der Steuerbordseite ein gut genutzter Yachthafen gebaut worden. Ganz vorne lagen Fähr- und Ausflugsschiffe an. Wie in Danzig wurden Rundfahrten auf einer nachgebauten Fregatte angeboten. Wie üblich aus Zeitgründen nichts für uns. Vielmehr mussten wir uns auf den Rückweg machen. Zunächst wieder ca. 500 m über die Seebrücke bis wir direkt vor dem Kurhaus standen. Der Brunnen war bestimmt ein Überbleibsel aus der guten alten Zeit … aber er sprudelte mit Vehemenz. Ja, Vehemenz – wir meldeten uns direkt vor dem Kurhaus zu einer bereits laufenden Freiluftveranstaltung an, stellten uns in die geforderten Positionen
und erhielten tosenden Beifall. Doch dann kam der Spielverderber. Unser Fahrer, der uns zur Eile anspornte. Wir mussten zurück. Schade, einer von uns hätte bestimmte den Pokal gewonnen!
Pünktlich zum Abendessen erreichten wir die AIDAcara. Zunächst testeten wir das Alpenland im Marktrestaurant, anschließend gingen wir im Außenbereich des Calypso zu Mediterran über. Mit der vollzähligen Zehnerbande beobachteten wir das Auslaufen um 20 Uhr von unserem letzten Auslandshafen. Die Kormorankolonie nahm die Schiffsparade ab – aber die Kormoranoberste hatte nicht alle im Griff. Sie flogen aus der Reihe …
Die Sonne stand schon recht tief und bestrahlte das Leuchtfeuer am Hafenausgang. Einfach nur schön …
Und schon lag Gdingen hinter uns und vor uns die freie Ostsee.
Noch waren wir sehr nahe an der Küste. Wie in den Vortagen faszinierten uns die langgestreckten Wälder hinter dem Strand. Sehr gut setzte sich ein den Hafen ansteuerndes Ausflugsboot ins Licht.
Dann wurde es laut. Nein, kein Salut zum Abschied. Eher der Grund zum „Salud pesetas y amor“ – das Schnapsi Taxi … Es wurde frisch – Zeit für die Decken, in die wir uns einmummelten. Dann wurde es dramatisch – die Sonne machte sich auf, uns für einige Stunden zu verlassen. Noch war sie zu sehen – aber wenige Minuten später …
… ein Meisterwerk des Himmels!
Konnte man bei diesem Schauspiel unsere Plätze verlassen? Ins Theater gehen? Die Falle aufsuchen? Nein, zumal sich unsere Reise langsam dem Ende zuneigte. Noch nicht ganz – aber wir mussten (kein Zwang!) unseren Stammplatz an der Calypso-Bar weiter platt drücken. Den einen Mai Tai trinken, das andere Weinchen genießen oder auch mal wieder einen Cocktail zu uns nehmen. Dabei auf unser spezielles Wohl trinken. Und in den Erinnerungen schwelgen. Die Übung für den nächsten Abend …
Bei unserem Heimweg stellten wir fest, dass auch ein nahezu leeres Pooldeck seinen Reiz hatte. Ein Teil der Crew hatte Freischicht und spielte Basketball. Also doch ein bisschen Leben an Deck – außerhalb der Barbereiche … Aber im hinteren Bereich vom Deck 11 war alles leer.
Wie auch ganz unten - das Wasser. Eine wahre Wellensymphonie, die die Bettzeit einläutete …
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