4. September 2022 – Bergen
Bergen soll die regenreichste Stadt Europas sein? Ja, die Statistiken weisen es so aus! In dieser Stadt soll es an ungefähr 250 Tagen im Jahr regnen. Allerdings wird dort ein Tag als Regentag bewertet, wenn es nur 5 Minuten am Tag regnet. Wie sollte das Wetter an diesem 4. September werden? Ein Gedanke von mir, als ich einige Minuten nach 6 Uhr durch die Balkontür schaute. Land in Sicht! Schon lange – das ansteigende Ufer des Byfjords. Über den Hügeln ein rot-oranger Streifen. Das konnte doch ´was werden … So schnell wie möglich ging´s nach oben – auf das Oberdeck. Die Askøy-Brücke baute sich vor uns auf –
Bergen war nicht mehr weit. Und das Wetter? Bergen-Wetter? Noch nicht, auch wenn sich über uns Wolkenballen aufbauten. Wie schon so oft legte das Schiff überpünktlich um 8 Uhr an. Gut, wieder am Terminal Bontelabo. Damit nicht weit von den Bergener Flecken, wo die Musik spielte.
In der Vergangenheit hatten wir achtmal Bergen besucht und Stadt und Umgebung einigermaßen kennengelernt. Aus diesem Grunde suchten wir eine neue Erfahrung: Da Norwegen und Fjorde zusammengehören, hatten wir vorab über einen örtlichen Anbieter eine Fjordtour gebucht. Und so bereiteten wir uns mit einem ausgiebigen Frühstück auf unseren Ausflug „Osterfjord, Mostraumen und Wasserfall“ vor. Das Ausgiebige mit den dabei gerne aufgenommenen Kalorien arbeiteten wir anschließend minimal ab. Wir mussten laufen … laufen zum Ende des Hafenbeckens. Bei bestem Wetter folgten wir – vorbei an der Festung Bergenhus, Håkonshalle, dem Rosenkrantzturm, Bryggen – der Wasserlinie und schauten uns dabei selbstverständlich auch die andere Seite des Hafens an.
Modernere Zweckbauten, davor am Kai liegende Schiffe. Futuristisch anmutend oder auch nicht. Aus dem Hintergrund blinzelte uns die Nykirken zu.
So, wir erreichten das Ende des Hafenbeckens am Rande des Fischmarktes und reihten uns in die Schlange der Ausflügler ein. Ein Troll erwartete uns – der Hochgeschwindigkeitskaramaran Rygertroll, den wir kurze Zeit später enterten. Zum Glück gab es für uns noch Platz auf den Außendecks. Um uns herum ein Sprachengewirr. Englisch, italienisch, spanisch (soweit wir es unterscheiden konnten), französisch, selbstverständlich norwegisch, aber wenig deutsch. Machte nix, denn wir wollten uns nicht unterhalten sondern genießen. Der Genuss begann mit dem Ablegen. Der Rygertroll musste sich zunächst zurückhalten; langsam passierte er die Bauwerke, an denen wir auf dem Weg zum Anlegeplatz vorbeigegangen waren. Kaum erreichten wir die Höhe der Kreuzfahrtterminals, drückte er ein wenig auf die Tube. Aber nur minimal; wir hatten noch nicht die Schnellfahrtzone erreichte. Die an den Rändern des Byfjords ansteigenden felsigen Ufer mit den Vororten Sandviken und Eidsvåg waren zunächst recht dicht bebaut. Aber nicht so, dass die Natur mit ihrem frischen Grün in den Hintergrund gedrängt wurde. Einige Kilometer weiter wurde die Bebauung nach und nach spärlicher. Vereinzelt kleinere Ortschaften, selten Hochhäuser, ab und zu nicht große Industrieanlagen. Die Bebauung wurde noch weniger, als wir in den Osterfjord einbogen und damit die Peripherie von Bergen verließen. Ein Zeichen für unseren Kapitän zu zeigen, was der Rygertroll konnte. Voll Stoff … und wir ließen die Nordhordlandsbrücke, eine freischwimmende Pontonbrücke, kombiniert mit einer Schrägseilbrücke, schnell hinter uns.
Hui, es ging richtig ab. Wir merkten es auch daran, dass die anfangs nur „leicht“ bekleideten Mitfahrer sich mehr und mehr einmummelten. Wir auch … Die Sonne knallte zwar vom tiefblauen Himmel herunter, aber der Fahrtwind war frisch und stark Wir hatten das Gefühl, dass ohne Mütze die Haare fliegen gingen. Also Mütze auf!
Gut bedeckt sahen wir am Ufer die von uns bevorzugte Natur pur. Felsen, Wald, kaum Bebauung. Wenn, dann vermutlich Wochenend- bzw. Ferienhäuser.
Das, was wir an Norwegen so lieben. Ruhe, Einsamkeit. An der größten nicht im offenen Meer liegenden Insel Norwegens, Osterøy, entlang. So ging es die ganze Zeit weiter. Voll Stoff mit dem Rygertroll, an uns vorbeiziehende, nicht vorbeifliegende herrliche Landschaft. Mal waren die Ufer des Osterfjords recht weit voneinander entfernt, mal wurde es enger. Besonders dort, wo kleine Inseln im „Weg“ lagen. Besonders schmal wurde es zunächst beim Örtchen Vikanes.
Wir merkten es, als der Kapitän die Geschwindigkeit stark drosselte und sein Boot vorsichtig durch die Enge führte. Und dann? Wieder voll Stoff! Voll Stoff hinein in den Romarheimsfjord, der in etwa bei unserem Hauptziel Mostraumen endete.
Selbstverständlich wurde unser Troll extrem langsam. Dort, wo ein ca. 600 m langer und an der engsten Stelle 50-60 m breiter Kanal die Verbindung zwischen dem Romarheimsfjord und dem Mofjord bildet, gab es bis vor ca. 300 Jahren keinen Durchlass. Dort war Land. Bis eine Überschwemmung eine Verbindung zwischen dem Romarheimsfjord und dem hinter der Landbrücke liegenden See Movatnet schaffte. Nicht tief, aber aus dem Movatnet wurde der Mofjorden. Tiefer wurde die Verbindung erst vor ungefähr 100 Jahren, als man den Durchlass ausbaggerte. Wir schwebten fast über den Kanal; ganz, ganz langsam und genossen die Landschaft. Einfach nur schön – die fast aus dem Wasser ragenden Felsen und das auf der Landzunge stehende schneeweiße alte Schulhaus.
So, der Mostraumen lag hinter uns und vor uns eine 18 km lange schnelle Fahrt durch die nahezu unberührt erscheinende Landschaft. Wenn auf der Steuerbordseite nicht die Straße gewesen wäre, die im lieblichen Örtchen Mo endete. Vor Mo dümpelte der Troll langsam vor sich hin und verschaffte uns die Zeit, diesen herrlichen Teil Norwegens in Ruhe zu genießen.
Die Berge, die Hügel, die Natur, das Städtchen – unvergesslich. Und damit schon vorab eine Wertung dieses Ausflugs: Wir waren froh, ihn gebucht zu haben!
Aus dem normalerweise mächtigen Wasserfall ist nur ein Wasserfällchen geworden. Fehlende Niederschläge nahmen ihm das Wasser. Auch der gegenüber liegende Wasserfall
zeigte nicht das, was wir uns unter einem norwegischen Wasserfall vorstellen. Aber lieber so bei strahlendem Sonnenschein als Brausen im Regen …
Unser Troll wurde lauter. Die Rückfahrt stand an. Vorbei am Slottet –
dem „Kleinen Bruder“ vom Preikestolen. Nun gut – zwischen Preikestolen und Slottet bestehen großen Unterschiede. Aber er ist ja nur der Kleine …
Bis auf von unserem Troll verursachte Wellen war das Wasser ruhig. Ententeich mit der Folge von unglaublichen Spiegelungen …
Wir passierten wieder den Mostraumen, fuhren wie auf dem Hinweg einige Kilometer auf dem Romarheimsfjord bis wir die Insel Osterøy erreichten. Dort lernten wir zwei weitere Fjorde kennen – die aufeinander folgenden Sørfjord und Veafjord. Prima – so hatten wir nach der Hinfahrt entlang der anderen Seite der Insel quasi eine Umrundung.
Nonstop fuhren wir schnell auf den Fjorden weiter bis wir die Außenbezirke von Bergen erreichten,
langsamer werdend an Mein Schiff und dann ohne großes Tempo an der Festung Bergenhus, Håkonshalle und dem Rosenkrantzturm vorbeifuhren
und unmittelbar darauf Bryggen
vom Wasser aus betrachten konnten. Optimal, einige der Hauptsehenswürdigkeiten Bergens bei bestem Wetter aus anderer Perspektive betrachten und fotografieren zu können!
Dann war leider der Bootsausflug vorbei. Woran merkten wir es? Ganz einfach – in unseren dicken Klamotten wurde es uns heiß! Sonne von oben, kein Fahrtwind. Also Jacken ausziehen und Mütze ab. Entsprechend leichter bekleidet gingen wir zu unserem Schiff. Ein kleines Mittagessen und dann machten wir uns wieder auf. Wieder vorbei an der Festung Bergenhus, …, strebten wir die Talstation der Fløyen-Bahn an. Von dort aus stießen wir ins Holzhausviertel des Stadtteils Eidemarken.
Nicht, dass wir nur Fans von norwegischen Holzhausvierteln sind – dass man extra für uns in dieser malerischen Umgebung einen Trödelmarkt veranstaltete, gefiel meiner besseren Hälfte sehr. Nun gut, das Angebot war nicht unbedingt auf uns abgestimmt und trotzdem schlichen wir, nein, schlich sie von Stand zu Stand, betrachtete die Auslagen und … kaufte nix und nachdem ich mir die schönen Holzhäuseraccessoires angeschaut hatte, gingen wir einfach weiter. Immer höher mit schönen Ausblicken auf Bergen. Und dann, als wir nicht mehr wollten, hinab. Über Serpentinenwege und unzähligen Treppenstufen.
Schön war´s – und wir erlebten dann das, was Bergen ausmachte. Regentropfen fielen vom Himmel! Nicht viel, so ungefähr zehn pro Quadratmeter. Es konnten auch zwölf oder fünfzehn oder … gewesen sein. Auf jeden Fall nicht genug, dass dieser Tag als Regentag galt. Hatten wir ein Glück …
Nun aber zurück zum Schiff. Kaffee und Kuchen riefen und wurden zum Dank verinnerlicht. Danach hieß das Thema Ausruhen. Ausruhen vom langen Stehen auf dem Ausflugsboot und dem Hügelsturm in Bergen. Wir hielten mit dem Ausruhen durch bis kurz vor 19 Uhr.
Ein guter Zeitpunkt, denn vor dem Auslaufen mussten wir uns noch mit dem Auslaufsekt bewaffnen. Das Typhon weckte die, die vor Erschöpfung eingeschlafen waren. „Die große Freiheit“ lullte sie wieder ein.
Bryggen, der Fløyen, …, und die Halbinsel Nordnes wünschten uns: „Kommt bald wieder!“ Warum auch nicht?! In Bergen erkundeten wir bei nunmehr neun Besuchen immer wieder neue Ecken.
Nachdem wir den Hafen verlassen hatten, sahen wir auf der anderen Seite der Halbinsel Nordnes ein weiteres Kreuzfahrtschiff – die Enchanted Princess. Kein Wunder, dass am Nachmittag die Hafengegend mehr als voll war.
Bergen lag weit hinter uns und wir standen vor einer schwierigen Entscheidung. Sollten wir auf dem Oberdeck bleiben und die Fahrt durch den Byfjord im Sonnenschein miterleben oder ein Restaurant aufsuchen? Wir fanden einen guten Kompromiss: Fensterplatz im Gosch. So erlebten wir die Fahrt durch den Byfjord an der Steuerbordseite. Nun gut – die Sonne berieselte uns nicht von oben. Zum Ausgleich hatten wir sie quasi auf dem Teller. Ofenkartoffel mit Nordseekrabben bzw. Fischgrillteller. Beides war ausgezeichnet …
Nach dem Verlassen des Gosch´ bekamen wir die Reste des Sonnenuntergangs mit. Nicht schlecht …
Wir feierten ihn mit einem Absacker, begaben uns danach in die Horizontale und ließen uns leicht in den Schlaf wiegen. Von der vom Kapitän angekündigten Windstärke 7 und den 3 m hohen Wellen merkten wir nichts.
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