28. März 2022, Cartagena – 16 Grad, bewölkt
Heute hat der Wecker uns aus dem Schlaf gerissen und so war das Frühstück schon mal gesichert. „Wir brauchen eine ordentliche Grundlage, denn wir wollen die Stadt heute auf eigene Faust und zu Fuß entdecken. Tu dir bloß was ordentliches auf den Teller!“, flüstert mein Mann mir zu. In der Regel bin ich eher dabei, wenig zu frühstücken.
Ein Rundgang hat sich halt angeboten, denn der Hafen liegt ziemlich nahe am Zentrum und die bekanntesten Sehenswürdigkeiten scheinen laut dem kleinen Lageplan nicht weit entfernt zu sein. Lassen wir uns überraschen. Die Ausflügler, die per Bus, per Rad oder zu Fuß auf Erkundungstour gehen, sind bereits von Bord, als wir so gegen halb zwölf das Schiff verlassen.
Man gut, dass wir unsere leichten warmen Jacken angezogen haben, es weht ein kühler Wind und wir legen beim laufen einen „Zahn“ zu, das wärmt etwas. Von der Hafenpromenade aus ist unsere Stella gut zu sehen und die kleinen Boote davor haben sich in Szene gesetzt. Ganz hübsch hier, finde ich.
Cartagena selbst, so habe ich gelesen, ist die zweitgrößte Stadt in der Region Murcia und gleichzeitig residiert auch das Parlament dort. Sie hat einen riesigen Handelshafen und gleichzeitig ist dort die größte Marinebasis am Mittelmeer stationiert. Die Bucht, in der Cartagena liegt, heißt „Costa Cálida“, was übersetzt „Warme Küste“ bedeutet. Na ja, davon ist heute nicht viel zu spüren. Man verbindet ja Spanien immer mit viel Sonne, aber es ist erst März. „Nun sind wir mal nicht pingelig, der Sommer liegt ja noch vor uns“, meint mein lieber Mann. Da muss ich ihm nun recht geben. Können wir uns doch glücklich schätzen, den Frühling für ein paar Tage im Süden Europas zu genießen.
Gewaltig steht das 15 Meter hohe Denkmal auf der Plaza „Héros de Cavite“, umsäumt von hohen Palmen. Es ist den spanischen Soldaten gewidmet ist, die für ihr Land kämpften, bis hin auf Kuba und den Philippinen. Die Marinegeschwader verloren viele Soldaten während des spanisch-amerikanischen Krieges im Jahr 1898 und ihnen zum Gedenken wurde das Denkmal errichtet und im Jahr 1923 feierlich enthüllt.
Was mir gleich aufgefallen ist, die vielen Häuser in der Bauart des Jugends. Wunderschöne Fassaden mit reichlichen Verzierungen und feinen Säulen spiegeln der Glanz vergangener Zeit wieder.
Ein paar Schritte weiter erreichen wir das Rathaus an der Plaza Ayuntamiento. Kostbarer Marmor wurde verarbeitet und auch hier hat man bei der Fassadengestaltung kein Geld gespart. Der Eingang erscheint mir fast, als wäre es ein Schloß. Hohe Säulen und dann noch die filigranen Türme auf dem Dach - ich bin beeindruckt von der Baukunst dieses Gebäudes, das während einer Bauzeit von 1900 bis 1907 errichtet wurde. Der Platz ist fast menschenleer, irgendwie scheint jetzt gerade nicht die Zeit, um hier Urlaub zu verbringen.
Auf dem Weg zum nächsten Ziel unseres Ausflugs fallen mir die Häuser auf, die „tote Fenster“ haben. Es sind Häuserfronten, mit nichts dahinter – sprich kein Wohnraum. Die Häuser sind nicht mehr bewohnbar, abreißen geht aus Denkmalschutzgründen nicht und so bleibt die Front stehen. Gestützt durch Balken wartet das Grundstück auf einen neuen Eigner, der mit viel Geld die Fassade restauriert und sie in ein neues Bauprojekt einbindet. Ich schätze mal, das wird an vielen Orten nicht ganz so einfach sein. Klar, Lebensraum ist wichtig, aber wer will schon mitten in einer Stadt wohnen, vielleicht ohne Balkon und Garten?
Wer lässt sich auf ein Projekt ein, wenn er keine Ahnung hat, wohin das ganze Corona - Geschehen uns noch treiben wird? Ich bin ehrlich, ich kann die Menschen verstehen, die zur Zeit davor zurückschrecken, Geld zu investieren. Traurig ist der Anblick der Fassaden schon.
Leicht bergan steigend führt unser Weg in Richtung des römischen Theaters. Bemerkenswert ist es, wenn irgendwo in Cartagena gebuddelt wird, kann man in vielen Fällen sicher sein, auf antike Hinterlassenschaft zu stoßen – wie beim Bau eines Freilichttheaters. Plötzlich stieß man auf das römische Amphitheater und heute können dort rund 6000 Besucher Platz nehmen. Das Areal ist riesig, als wir es erreichen.
Vorher verweilen wir einen Moment vor dem Seiteneingang der alten Kathedrale Sanata Maria la Mayor. Auch hier wird noch restauriert, was zu retten ist und Teile rekonstruiert. „Ein wenig erinnern die Ruinen mich an die Stadt Visby, die ich während einer Reise mit AIDA, besucht habe. Auch dort sind viele Kirchenruinen zu sehen“, sage ich zu meinem Mann. „Stimmt, ich habe die Bilder ja gesehen. Da möchte ich auch mal hin, im Norden war ich mit AIDA noch nie gewesen.“ Aha, denke ich so bei mir. Das könnten wir doch mal ins Auge fassen.
Der Blick von dort oben ist toll, man schaut auf die Stadt und sieht auch das nahe Gebirge. Und wir laufen weiter zum Castillo de la Conception. Eine Burganlage, die ebenfalls sehenswert ist. Ein Laubengang mit Gemälden und Pfauen, die ihre bunten Federn majestätisch ausbreiten, führt hoch zur Burg. Die Vögel saßen allerdings nicht auf dem Boden, sondern oben auf den Streben des Ganges. Also immer schon aufpassen, dass man unbekleckert da durchkommt.
Dort oben angekommen, steigen wir hoch auf eine Art Rundgang und haben einen wunderschönen Blick auf die Landschaft. Uns zu Füßen liegt der Hafen, die Stadt und das römische Theater.
Wer hoch steigt, muss auch viele Stufen wieder abwärts laufen. Ein Glück, da muss man sich nicht so anstrengen! Nicht zu übersehen ist die alte Stierkampfarena. Auch dort wird restauriert.
Wir schlendern ein wenig hier und dort entlang und landen schließlich auf der Plaza de San Francisco.
Hohe alte Feigenbäume spenden Schatten und in den Restaurants sitzen Menschen zusammen und speisen. Ein wenig Hunger haben wir schon, aber schieben ihn weg, später wollen wir einen Kaffee trinken.
Ohne großem Stadtplan landen wir in einer schönen ruhigen Ecke der Stadt mit Ruinen, großen Wandgemälden und so langsam merke ich, dass die Stadt danach ruft, sie noch einmal zu besuchen.
Es gibt an jeder Straßenecke was zu sehen. Wir lassen uns treiben, kommen am Marinemuseum vorbei und schauen fasziniert auf einen stramm marschierenden Soldaten, der uns anschaut und unbeweglich ist.
Ein kleines Restaurant bietet auch Kuchen an und so kommt der leckere Kaffee, ein Cortado, in Begleitung eines dunklen Schokoladenkuchens auf unseren Tisch. Also der Kuchen, der schmolz auf der Zunge.
Um 17.30 Uhr ist „Alle Mann an Bord“ angesagt, ein Blick auf die Uhr – wir marschieren in Richtung Hafenpromenade.
Ich kann noch ein paar Motive einfangen und dann wird unsere Bordkarte gescannt und wir verstauen den Rucksack auf der Kabine. Finden ein Plätzchen an der Ocean-Bar zum Farewell.
Oh, in der Anytime sind die Stehtische eingedeckt und ich frage höflich, ob ich ein Foto für meinen Reisebericht machen darf. „Natürlich, komm nur rein ...“ und schon habe ich die Crew auf dem Bild, die die Passagiere der Suiten nachher verwöhnen werden. So einen Suitentreff habe ich auch schon ein paar mal miterlebt, als ich mit Mutti und Schwester unterwegs war. Ist immer ganz nett. Man trifft Mitreisende, der F&B Manager oder Hotel-Direktor ist auch dabei, es gibt was zu trinken und kleine Häppchen und manchmal gab es auch noch eine kleine Besichtigungstour an Bord. Das Gläschen Sekt, dass ich heute bekommen habe, ließ ich mir schmecken. Das war doch eine liebe Geste.
Pünktlich läuft die Stella aus und uns treibt der Hunger ins Restaurant. Die Entscheidung, was zuerst auf den Teller kommt, ist immer schwierig. Es schmeckt alles so gut. Ich mache es immer so, ich nehme nur wenig und dann kann ich öfters zum Buffet laufen und was neues probieren. Ein kleiner Nachtisch liegt noch drin und dann ab ins Theatrium, einen Platz suchen.
Heute Abend auf dem Programm: Richie Gooding. Was für ein gesangliches Talent. Seine Vita ist beeindruckend. Er war Chorsolist, dann hat er die Hochschule für Darstellende Kunst in London besucht, kam viel herum, sang in Musicals, war mit den 12 Tenören bis nach Südafrika gereist und 2013 wurde er Teil der AIDA Stars. Sein Repertoire reicht von … bis … Ich hätte ihm noch Stunden zuhören können. Bravooo, es war ein gelungener Abend heute und ich denke, wir werden ihn noch mal auf der Bühne erleben.
Ein kleiner Absacker an der AIDAbar und leider verabschiedet sich unsere Band gerade. Komisch, sie sollten doch länger spielen. Wer weiß, was los ist – ich finde keine Antwort. Ein wenig lauschen wir noch den Gitarrenklängen von Lee Wheatman und dann verschwinden wir in Richtung Kabine. Morgen ist wieder Landgang für uns, wir erreichen Valencia und darauf freue ich mich sehr.
Davon berichte ich dann im Teil 4.