1. April 2022, Barcelona – 13 Grad, wechselhaft
Am Abend vorher überlegten wir vor dem Zubettgehen, was wir in Barcelona machen wollen. Ein paar mal waren wir dort unterwegs, per Ausflug oder zu Fuß und daher kennen wir so einiges an Sehenswürdigkeiten.
Gut, Museen könnten wir ja besuchen. Aber das braucht ewig viel Zeit und ein paar Kunstwerke der bekannten Maler haben wir in Paris bestaunen können. Also das fällt schon mal aus. Die Festung auf dem Berg kenne ich, die Kathedrale – das wäre ja was. Aber wir haben keine Eintrittskarte vorher reserviert und so verwerfen wir den Plan. Olympia-Stadion kenne ich und den Parc Güell auch, dann bleibt eine Möglichkeit übrig: einfach bummeln, Markthalle besuchen und eine Kleinigkeit trinken und essen. Das gefällt mir und meine besser Hälfte sagt nicht nein. Bevor wir die Kabine verlassen sage ich zu ihm, „lass dich nicht verklappsen, denn heute ist der 1. April!“ Er lacht schallend und kontert, „ich lasse ich mir was einfallen und du wirst es für wahr halten“. Ich warte ab, was passiert.
„Ach, vorhin kam eine Durchsage, als du geduscht hast. Es fährt kein Shuttle heute. Fräulein, da müssen sie wohl in die Stadt laufen!“ Mein Puls steigt, „das ist ja wohl ein Ding, dann bin ich schon platt, bevor wir in der Fußgängerzone sind!“ - Mein Mann lacht verschmitzt: April, April ...
Am Shuttle zum Columbusdenkmal stehen nicht viele Passagiere an und schon geht die Fahrt los. Der Versuch, zu Fuß die Strecke bis zur Rambla zu laufen, hätte den großen Nachteil, man wäre echt erledigt. Die Stella hat den entferntesten Liegeplatz und es dürften locker schon mal 2 Kilometer zusammenkommen, bis man am Denkmal ankommt. Einen Vorteil hat der Bus, ich sitze hoch und kann ein paar Schnappschüsse machen. Die elegante kleine Brücke und die Türme der Seilbahn sind gut sichtbar.
Irgendwie ist es ruhig rings um das Denkmal. Zwar ist dort ein kleiner Kunstmarkt zu sehen, doch die Straße wie leergefegt. Im Gebäude „Sector Naval Catluna“, das im Jahr 1950 errichtet wurde, ist der Sitz der Hafenbehörde und steht im krassen Gegensatz zu dem modernen Hochhaus dahinter.
Gegenüber befindet sich auch ein schönes altes Gebäude, ich entziffere irgendwas mit Militar … keine Ahnung, wer dort residiert.
Da mein Mann ja vergangenes Jahr nicht mit in Barcelona unterwegs war, bin ich sozusagen seine Reiseleiterin heute.
„Hier siehst du einen Trinkwasserbrunnen! Ja, in Spanien und anderen südlichen Länder ist das normal. Schließlich macht die südliche Hitze durstig und den sollen die Menschen an möglichst vielen Orten stillen können!“ gebe ich erklärend ab. Und weil ich mich an die faszinierende Fassade und den Innenhof vor dem Wachsmuseum erinnere, präsentiere ich ihm den Blick darauf. Seit 1973 ist gibt es das Museum dort. Das Gebäude selbst war 1867 errichtet worden und der Sitz der Kreditbank „El Comercia“.
Auch in einer historischen Altstadt wird schmutzige Wäsche gewaschen und das Wetter heute bietet sich vorzüglich zur Trocknung an. Und sind die Balkone noch so klein, ein Blumenkübel, ein kleiner Tisch und Klappstühle passen immer noch drauf.
Etwas nachdenklich sitzt Fredric Soler auf dem Sockel seines ihm zu Ehren errichteten Denkmals.
Er war ein bekannter katalanischer Dichter und Dramatiker. Weil er mit 9 Jahren Vollwaise wurde, kam er in die Obhut seines Onkels und der war Uhrmacher. Es lag dann auf der Hand, dass der Junge auch dieses Handwerk erlernte. Seine ganze Liebe galt jedoch der Schriftstellerei. Mit 56 Jahren verstarb er plötzlich, das war im Jahr 1895. Ich bewundere die Menschen, die große schriftstellerische Werke erschaffen. Nicht immer treffen sie den Geschmack einer Mehrheit – aber Kultur lebt von Gegensätzen, vom annehmen und vom drüber nachdenken.
Die Fassade des Teatre Principal schaut auf eine lange Geschichte zurück. 1579 wurde es gegründet und ist das älteste Theater der Stadt. Das Krankenhaus des Heiliges Kreuzes hatte eine genialen Plan. Durch Schenkungen kamen es dazu, das Teatre zu errichten und durch die Einnahmen der Aufführungen konnte so ein Teil der Ausgaben des Krankenhauses gedeckt werden. Seit 2006 ist es geschlossen und nun bröckelt der Putz von den Wänden. Schade ...
Eben mal so durch die Rambla laufen, das funktioniert nicht. An jedem Abzweig links oder rechts gibt es was zu sehen. So entführe ich meinen Mann in eine Seitenstraße. “Whowww, das sieht ja gut aus hier. Das hast du doch voriges Jahr entdeckt oder?”. Ich nicke zustimmend. Die Placa Reial (Königsplatz) ist umrahmt von tollen Gebäuden.
Unter den Arkaden befinden sich verschiedene Restaurants, Bars, Cafe's und in der Mitte ist der Brunnen der drei Gracien. Ich bin wieder total begeistert. Der Platz strahlt so eine harmonische Ruhe aus und die zwei mächtigen sechsarmigen Straßenlaternen runden das Bild ab. Es sind Kunstwerke von Antonio Gaudi, der auch der Archtitekt der Sagrada Familia war. Im Schatten der großen Palmen verweilen wir einen Moment und lassen die Aura des Platzes auf uns wirken.
Nächstes Hauptziel ist die Markthalle. Auf dem Weg dort hin bleiben wir noch vor dem Teatre de Liceu stehen und betrachten diverse sehenswerte Fassaden.
In der Markthalle angekommen, überfällt uns schlagartig der kleine Hunger. Kein Wunder bei den vielen “Lockmitteln”. Ein paar kulinarische Kleinigkeiten sind schnell gekauft und so stehen wir in einer Ecker, genießen und beobachten das Markttreiben.
“Hier ist echt was los. Kein Wunder, wer hier keinen Appetit bekommt bekommt, ist fehl am Platz!” platzt mein Mann raus. “Was wollen wir als nächstes noch essen?” frage ich ihn. Er lacht und so entscheiden wir uns für etwas Käse und Schinken. Natürlich landen ein paar Köstlichkeiten für Hause im Rucksack und wir treten den Rückweg an. Verlässt man die Markthalle, fällt der Blick unweigerlich auf ein Gebäude genau gegenüber. Das letzte mal stand da eine Dame auf dem Balkon und winkte den Herren zu, doch auf einen Besuch vorbeizukommen: es ist das Erotic Museum. Was es dort wohl zu sehen gibt????
Der Durst will auch gelöscht werden und die Füße brauchen eine Pause, deshalb suchen wir uns ein Plätzchen, trinken ein kühles Bier, bevor es zurück zum Columbus geht. Ich kann mich gar nicht losreißen, hier ein Blick auf eine Fassade, dort ist ein schöner Brunnen und die Seitenstraßen sehenswert. Wir müssen nochmal nach Barcelona kommen, beschließen wir. Im vergangenen Jahr habe ich eine Bootsfahrt vom alten Hafen aus gemacht, doch heute reicht uns die Zeit nicht mehr. Wir wollen einfach noch eine Weile an der Strandpromenade entlanglaufen und in der Sonne sitzen. Das tut gut. Es bleibt nicht aus, dass ich an meine Umweltprojekte erinnert werde. Auch hier liegt achtlos weggeworfenes Zeugs rum, von leeren Getränkedosen, Fastfoodverpackungen, bis hin zu Zigarettenkippen. Nein, heute hebe ich nichts auf und entsorge es im Abfalleimer – ich habe Urlaub.
Zurück an Bord, Rucksack verstaut und wir sitzen vor der Ocean-Bar, denn morgen früh heißt es Abschied nehmen. “Schade, dass die Reisen immer so schnell dahinrauschen” höre ich meinen Mann sagen. “Na ja, aber immerhin haben wir das Glück, dass wir noch reisen können und dazu noch in Coronazeiten”, entgegne ich. “Also, dann zum Wohl!” und wir stoßen an auf die kommenden Reisen und hoffen, dass wir gesund und fit bleiben.
Beim Abendessen erinnert die obligatorische Torte am Eingang zum Restaurant, daran, wo wir überall gewesen sind. Ein letztes mal umrunde ich die duften Auslagen am Buffet, bin unentschlossen, was ich mir denn auftun soll. Ein wenig hiervon, ein Löffelchen davon, etwas Fisch und so lassen wir uns das Essen schmecken – einschließlich eines Stücks Kuchen.
Zur letzten Prime Time haben wir es nicht geschafft, schnell essen ist ungesund und wir sind froh, ab 21 Uhr noch Sitzplätze im Theatrium ergattert zu haben. “The Brit Boys”, James Gibson und Richie Gooding verzaubern uns mit Musical-Songs und Evergreens. Die zwei sind echt gut und ernten zum Schluss viel Applaus. Wohlverdient finde ich. Die würde ich gerne nochmal auf einer Reise wiedersehen und -hören.
Das Theater leert sich, wir bleiben noch einen Moment sitzen, denn d15 as Wort Proben ist zu sehen. Da bin ich mal gespannt, was kommt. Juhuuu, I want it all, wird geprobt. Tolle Songs und so haben wir eine kleine gratis Vorstellung. Herrlich, ein guter Abschluss unserer Reise.
Nun aber runter in die Kabine, Koffer fertig packen, Wecker stellen. Unser Transfer geht um 6.30 Uhr und vorher noch frühstücken. Die Nacht wird kurz.
2. April 2022, Palma de Mallorca – 15 Grad
Abreise
Der Rückflug verlief gut und mittags waren wir wieder zu Hause, bei Schneewetter.
Fazit: Es war wieder mal eine schöne Reise, wir haben viel gesehen. Freunde getroffen, Glück mit dem Wetter gehabt, super Gastkünstler und eine neue Lektorin kennen gelernt und nung träumen wir von der nächsten Reise – im November 22. Nach der Reise ist schon wieder vor der Reise. So können wir uns den Sommer über drauf freuen und Pläne schmieden.
Kleine Anmerkung zum Schluss: Nach der Reise hatten wir eine kleine “Zwangspause” in den häuslichen vier Wänden – wir haben Corona mitgebracht und zum Glück, alles lief halbwegs gut für uns ab. Verhungert und verdurstet sind wir nicht. Der Gefrierschrank war gut gefüllt, frische Sachen haben wir noch vor dem Test eingekauft – alles gut.
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