Molde
Noch nicht alle Passagiere sind an Bord, wir fahren aber trotzdem von Andalsnes los. Den Rest sammeln wir später ein. Die machen einen Ganztagesausflug. Und wenn die wiederkommen, haben wir schon längst wieder angelegt.
Ungewohnt dieser zweite Anlauf am Mittag und der kurz eingenickte Tiger wundert sich später, dass er schon wieder in einem Hafen ist: „War ich jetzt die ganze helle Nacht in der Hängematte?“
Kurz pflügt sich das Schiff durch das ruhige und hier wohl auch besonders fischreiche Gewässer des Fjordes.
68 verschiedene Fischarten soll es hier wohl geben, aber wir alle haben nur Augen für die Weite, die Landschaft … und für einen älteren Typen über uns.
Der ist die Erklärung dafür, warum wir jetzt von Möwen umschwärmt werden.
Vom Außenbereich des Restaurants schmeißt er Brotstücke in die Federmeute. Das ist für die weit überstehenden Balkone und Suiten unter ihm jetzt nicht so günstig, ihm aber egal. Was stimmt mit dem nicht? Dies muss dem Herrn, an sich doch im weisen Alter, auf die Entfernung hin nun erstmal erklärt werden. Vor allem, das es bei dem Federvieh da gewisse Zusammenhänge mit oben rein und unten raus gibt und die Möwen so gesehen gerade wie ein Damoklesschwert über uns allen, aber auch den Mittagessern da oben, schweben. Auch der Kaffee Crema von unseren Leuten sollte schon möglichst von zusätzlicher Aromatisierung verschont bleiben…
Gerade als sich nun der Suitenbewohner in das Fern-„Gespräch“ einbringt, trifft ihn wie zum Hohn etwas Weißes an der Stirn … und prallt ab. Zu seinem Glück ist es nur Weißbrot...
Der Treffer scheint Einsicht zu bringen, das Mittagessen für die Möwen wird schlagartig beendet, der Kopf verschwindet von der Restaurantreling, der Täter offenbar flüchtig.
Teddy hat da eine Vermutung: Bestimmt ist das der Mann von der Seifenblasentante, die damals zur großen Freude der gesamten umliegenden Balkonbewohner während der Fahrt öfters großflächig das seifige Zeug von Deck 6 aus verteilte.
Auf dem Pooldeck wird die kurze Fahrt nach Molde sogar vom Lektor moderiert.
Mann, die hauen aber auf die Brause bei der „Selection-Tour“. Für uns hier unten übernehme ich das mal weniger wissenschaftlich:
„Da hinten ist Molde, gleich sind wir da.“
Aber nicht mal das stimmt, denn zwar kann man Molde und auch ein Konkurrenzschiff schon sehen, aber durch die kleinen Inseln vor uns kommen wir nicht durch, müssen erstmal an deren Ende unten einfädeln.
Vorbei geht es am Scandic Seilet Hotel. Das ist jetzt praktisch, denn dann kann ich den Trägern den späteren Marsch dorthin erlassen.
Sehen doch jetzt schon alles was zu sehen ist.
Diese komische Segelform, die wie eine Fälschung von Burj al Arab in Dubai aussieht, aber vergleichsweise im Mini-Format. Und überprüfen ob man, wie die Hotelwerbung verspricht, von oben aus dem Hotel tatsächlich 200 Berggipfel sehen kann, können wir eh nicht. Wir wohnen in einem anderen Hotel und damit schwimmen wir gerade vorbei.
Die Anlegestelle ist in Sicht, schön zentral und direkt am Marktplatz. Da müssen die Leute vom anderen Schiff da hinten, „Es ist eine MSC!“ wie die mit tollen Bildern immer so feierlich in der Fernsehwerbung sagen, erstmal einige hundert Meter hin latschen. Ist halt doch nicht immer so schlecht mit Aida. Heute bin ich sogar sehr zufrieden. Die zentrale Lage erleichtert es mir, ohne großen Widerspruch meine Pläne umzusetzen. Aber so viele sind das gar nicht, denn auch hier gibt es wieder kaum etwas Historisches. Macht aber nichts, hatten wir in Italien ja mehr als genug.
Da will ich die mal mit Natur und trotzdem ein wenig Geschichte vom Schiff locken:
Kleiner Spaziergang zum Freilichtmuseum Romsdal. Dass es teils ordentlich bergauf geht, war mir schon vorher klar und denen wird es jetzt gerade klar. Aber so weit ist es nun auch wieder nicht. Ist eigentlich der gleiche Weg wie zum Panoramablick auf den 400 m hohen Berg Varden, nur nicht so weit. Für uns muss der Panoramablick aus etwa 100 m Höhe reichen. Diesen Pavillon haben wir und zig andere gerade erreicht.
Man schaut über den Fjord und hier sind es keine hohen Berge, sondern viele Felsinseln, die ein ungehindertes Fortkommen an Land erstmal erschweren. Da hangelt sich von Fels zu Fels, über kleine Inseln mit Brücken, die Reichsstraße, „Bauwerk des Jahrhunderts“ genannt. Gibt es heute auch einen Ausflug hin, bzw. drüber.
Und im Hintergrund die Panoramakulisse der schneebedeckten Berge. Da haben die vom Scandic Hotel vielleicht doch nicht gelogen, ggf. halt aus Werbezwecken ein wenig übertrieben. Denn ob es jetzt wirklich über 200 Gipfel sind?
Unten schaut durch die Baumwipfel die Aida hervor. Gedulde dich, wir sind gerade hier oben. Und da ganz hinten irgendwo steht bestimmt auch noch die MSC. Muss wohl, denn eine Truppe mit MSC-Lolli kommt uns gerade entgegen. Dann latscht mal schön… Euer Schiff steht da hinten irgendwo. Hoffentlich steht unten ein Bus für euch.
Auf der anderen Seite vom Aussichtspunkt ist nun auch schon das Gelände vom Freilichtmuseum.
Hier will der Träger an der Kasse mit dem alten übriggebliebenen 100-Kronen-Schein ganz groß rauskommen. Den steckt er aber schnell wieder weg, kommt er nicht mit aus. Dann eben anders. Der Kerl ist mittlerweile skrupellos und diesbezüglich schmerzfrei, schmeißt er doch tatsächlich freiwillig den „Senior“ in den Ring. Das klappt. Zur Strafe für dieses Outing muss er jetzt mit einem Seniorensticker durch den Park rennen … Egal, der Zweck heiligt die Mittel und die gesparten Euros könntest Du jetzt mal dem Sparfuchs Teddy in die Bauchtasche stecken, der die Rabattschlacht schon im März in Italien angezettelt hatte.
Lauter alte Häuser hier.
Kuhstall, Bäckerhaus, Schmied, Heustadl, ein paar Ziegen
und und und...
In manchen Gebäuden wird auch z. B. gebacken, sogenanntes „Showkocking“, oder es wird mal was erklärt. Die Einheimischen haben alte Trachten an und es ist echt ganz nett hier. Und vor allem auch überhaupt nicht voll.
Eine Hütte ist von innen total schwarz. Das kommt von der Zentralheizung. Da wurde in der Mitte einfach ein Feuer gemacht und nur wenn man es gar nicht mehr ausgehalten hat, dann hat man mal kurz die Dachluke aufgemacht. Sollte ja nicht so viel Wärme verloren gehen. Ein Leben im Räucherofen.
„It wasn`t healthy“ meint dann auch der "Erklärmann".
"Oh, ein Mitmachmuseum!" meint der Träger -wagt sich auf die Stelzen, und bleibt bleibt unverletzt... Ist wohl wie Fahrradfahren, das verlernt man auch nicht.
Aber das mit dem "unverletzt" bleibt nicht mehr lange so. Dazu braucht die Trägerin auch keine Stelzen...
Nicht etwa weil die Leute so klein waren, sondern eben dieser drohende Wärmeverlust war auch der Grund, warum hier die Eingänge so niedrig sind.
Die werden aber damals sicher keine tief ins Gesicht gezogene Schirmmütze aufgehabt haben. Die schränkt nämlich den Blick nach oben entscheident ein.
Und das ist ziemlich blöd bei den niedrigen Türen und führt jetzt, nachdem es geschätzte 9 Mal gut gegangen ist, zur unfreiwilligen Materialprobe der oberen Türzarge. "Boing", da kracht es im Gebälk, das war heftig. Und obwohl es eigentlich gar nicht dunkel ist, tut sich der Trägerin ein Sternenhimmel auf. Aber Glück gehabt, nichts kaputt gemacht. Das alte Haus hat gehalten.
Gemeiner Tipp vom Teddy: Wer oberhalb des Polarkreises, mitten im Sommer, trotzdem die Sterne sehen will… Macht es wie die Trägerin. Tragt Hut und verschätzt euch!
Soll ja lehrreich hier sein und das Ziel wird auch in diesem Punkt erreicht.
Und der Fellbande erklärt es sich jetzt so ganz nebenbei, warum es „Stuhlgang“ heißt…
Der Schmerz lässt nach, der Schädel brummt, wir sind ohnehin einmal rum und jetzt beim Ausgang.
Draußen ist übrigens, frei zugänglich, die nachgebaute Straße „Bygata“ mit typischen Stadthäusern der Vorkriegszeit.
Kann man aber nur von außen besichtigen. Habe auch besser mal nicht geklingelt, weiß nicht, ob da nicht doch jemand wohnt. Auf der Fensterbank stehen jedenfalls Blumen…
Daneben das Volkskundemuseum sparen wir uns jetzt, obwohl man da mit unseren Eintrittskarten wohl auch hätte reingehen können. Haben keine Zeit und die Fellbande auch keine Lust. Die haben wir zwar auch nicht auf die Domkirche, aber da können wir uns nun nicht gegen wehren. Im Rucksack gefangen und dem Träger ausgeliefert, schleppt er uns bergab
in die Richtung des Heiligtums.
Erstmal aber kommen wir unten am Denkmal mit dem Rosenmädchen vorbei. Ist ja hier schließlich die „Stadt der Rosen“, obwohl ich davon bisher in der Botanik noch gar nichts gemerkt habe, wie mir jetzt erst durch diesen steinernen oder auch metallenen Denkanstoß auffällt.
Es ist wohl wieder dieser sagenumwobene Golfstrom der auch über dem Polarkreis solcherart Pflanzen hier so prächtig gedeihen lässt.
Aber da war ja noch die Domkirche… Ist übrigens schon die dritte an diesem Platze, die beiden Vorgänger sind abgebrannt. Von innen sehen wir aber auch die neue nicht. Erst als wir die Stufen dahin hochgelaufen sind, leider nicht schon unten am Beginn des Marsches, steht das Schild: „Geschlossen“. Am anderen Ende des Gebäudes sehen wir dann auch den Grund. Leute mit feinen Anzügen, wohl eine Fete.
Okay, haben wir das dann auch erledigt. Noch runter zum Marktplatz und das war`s dann wohl im Großen und Ganzen, die Sache mit Molde.
War sogar mal Königssitz, aber nur 7 Tage. Damals, ein kurzes Asyl, bevor der König wegen dem Krieg nach England geflohen ist. Gibt auch eine Erinnerungsstätte deswegen. Haben wir aber nicht gesehen, nicht bemerkt, oder was Gesehenes falsch interpretiert. Egal.
Am Marktplatz dagegen nun ein großer Erfolg für unseren Schatzmeister.
Tatsächlich schafft er es an einem Klimbimstand, solcherart Laden haben wir sonst hier nicht gesehen, einen kleinen Schlüsselanhänger zur späteren Wandzierde des Lanyards mit Bargeld zu bezahlen. Nun, der 100 Kronen-Schein hat sich schon mal halbiert. Aber die Rechnung geht nicht ganz auf. Ein Teil des sorgsam vorab abgezählten Kleingeldes bekommt er wider Erwarten zurück. Der Händler gibt von sich aus Rabatt, weil der Anhänger kleiner als die anderen ist. Dann versuchen wir es halt morgen, in Bergen nochmal…
Ist übrigens der einzige Marktstand auf dem Platz. Markt ist wohl an einem anderen Tag.
Im Wasser tummeln sich gerade 2 Badende. Sichtlich sind es aber keine abgehärteten Nordmänner, sondern eher Südländer, die sich offenbar schon dahingehend assimiliert und damit integriert haben.
Kurz kommt nun der Gedanke an einen Kaffee oder ähnlichem auf, wird aber verworfen. Wir gehen ein paar Schritte weiter auf`s Schiff, da haben wir den gleichen Blick. Und es zeigt sich, dass gerade diese Entscheidung richtig war. Denn als wir 10m vor der Gangway sind, passiert das, was der Wetterbericht eigentlich schon für den ganzen Nachmittag angesagt hat, es regnet. Wieder mal Glück gehabt.
Aber auch der feuchte Zauber ist bald schon wieder vorbei…
Lang ist die Fahrt aus dem Fjord, 3 ½ Stunden Mischung aus Hochgebirge, Mittelgebirge, kleine Felsinseln, flache Wiesen und eine nahezu spiegelglatte See.
Wegen der Sorge, das Möwen die Fellbande zum Nestbau benutzen, verlassen wir zwangsweise unseren erhabenen Beobachtungsposten, als unsere Gönner die Kabine verlassen, um sich mal wieder dem Buffet zuzuwenden.
Gerade wieder in der Kabine zurück, wir noch gar nicht wieder positioniert, grölt der Träger auf dem Balkon plötzlich was von Schweinswalen und reißt uns aus der gerade so spannenden Geschichte. Wir schrecken vom Comicheft hoch. Richtig gesprungen sollen die sein, angeblich bestimmt 3 m hoch wird behauptet. Aber nun sind sie weg und wir immer noch drinnen. Dann lesen wir eben weiter, ist ja auch ganz nett...
Selten gehen unsere Leute mal zu Shows der Aida-Stars und landen heute Abend, eher zufällig, im Vorbeigehen dort. Und heute bleiben sie.
Es ist wohl eine Show, die es nur von diesem Ensemble und gerade nur auf der Bella gibt. Extra von denen einstudiert. „Hit`s from the movies“ nennt sie sich und unsere Leute sind begeistert. Toller Gesang und bekannte und weniger bekannte Filmlieder. Da wollen die morgen direkt noch mal zu einer Show von denen. Aber dann ist einer der Sänger krank und die Show ist geschmissen, fällt aus. Schade.
-- Fortsetzung folgt --
Das letzte Ausflugsziel erreichen wir in der nächsten Folge. Und da stellt sich mehr denn je die Frage:
Wie wird das Wetter in diesem regenreichen Bergen?
Bleibt uns dieses beinahe schon unverschämte Glück auch hier noch treu?
Denn es soll auf Bergtour gehen, hoch auf den Ulriken, -aus Zeitgründen mit der Bergbahn.
Ob das klappt...?