3. Juli 2015 - Ísafjörður
Der frühe Morgen. Er begann mit einem Frühe-Vogel-Kaffee. Lockte er? Machte er das rechtzeitige Aufstehen leichter? Egal, ob ja oder nein – er belebte. Die AIDAluna fuhr in den Ísafjarðardjúp (sprecht das mal aus …). Auf der Backbordseite waren nur tief liegende Wolken zu erkennen. Sonst nichts. Auf der Steuerbordseite eine Tafelgebirgskette – wie vom Schreiner abgehobelt. So gut wie keine Schneeflecken an und auf den Bergen.
Viel Grün bedeckte die vorwiegend aus Basalt bestehenden Felsen – gut zu sehen, als wir näher kamen.
Nach einigen Seemeilen tauchten auch auf der Backbordseite den Fjord begrenzende Gebirgszüge auf – ganz anders als auf der gegenüberliegenden Seite. Nicht gleichmäßig hoch. Viel weniger Grün, soweit erkennbar. Dafür breite Schneefelder – schon wieder Milkaberge! Und wir sahen, dass das Nordlandwetter auch anders konnte … Aber zum Glück nicht in der Richtung, in die wir fuhren!
Kalt war´s … saukalt! Wir genossen lange die Fjordfahrt. Die Wolken schwebten herab und legten sich wie Sahnehäubchen auf die Tafelberge. Einfach nur schön! Hauptsache, wir fuhren Richtung blauen Himmels! Und so war es! Und es war Zeit für das Frühstück, das der Neunerclan gemeinsam zu sich nahm. Bis wir Ísafjörður in greifbarer Nähe hatten. Dann aber rauf – ganz nach oben. Dorthin, von wo aus wir den besten Überblick über die mit ca. 2.500 Einwohnern größte Stadt der Westfjorde, der europäischen Arktis, hatten.
Wohn- und Industriegebiete lagen nahe beieinander. Die Häuser mit den bunten Wänden und Dächern gefielen – sie brachten Farbe in die in der kalten Jahreszeit bestehende Düsternis. Monotonie war ein Fremdwort. Rings um die Stadt lagen Bergketten – hier wieder mit zahlreichen Schneeflecken. Und wir sahen die sich den Hügel hinauf windende Straße, die wir in Kürze befahren sollten. Und wir sahen, wie neben dem Schiff alles für die vorgesehenen Landgänge vorbereitet wurde.
Nun aber runter von der AIDAluna! Und hinein in den Bus eines örtlichen Anbieters! Neu war er nicht – der Bus. Aber er sollte uns gut und rechtzeitig wieder zum Schiff zurückbringen. Der Neunerclan und neun weitere Mitfahrer machten es sich im Bus bequem. So gut, wie es eben ging … Unsere deutschsprachige Reiseleiterin begrüßte uns herzlich und informierte uns kurz über die Route. Sie unterschied sich wesentlich von den bisher erlebten Reiseführern, denn sie stellte immer nur kurz und knapp vor, was gerade vor uns lag und berieselte uns nicht pausenlos. Wohltuend …
Kurz bevor wir Ísafjörður verließen, sahen wir eine Kindergruppe, die mit ihren Betreuerinnen diszipliniert die Hauptstraße überquerten und ein bestimmtes Ziel ansteuerten. Welches wohl?
Auf einer gut ausgebauten Straße ging es allmählich bergauf und wir befanden uns recht schnell im längsten Tunnel Islands, dem Vestfjarðargöng, wieder. 9.120 m ist er lang – aber nicht an einem Stück. Nach zweispurigen 2.100 m teilt er sich auf – es gibt quasi eine Tunnelabzweigung. Rechts führt der eine 2.900 m lange Tunnel nach Suðureyri; die von uns - geradeaus – genommene Röhre Richtung Þingeyri ist 4.150 m lang. Und nunmehr einspurig mit Ausweichbuchten. Ungewöhnlich, aber problemlos. Vor allen Dingen aufgrund des nicht starken Verkehrs und der zurückhaltenden Fahrweise der Isländer. Irgendwann war der Tunnel geschafft und eine überwältigende Landschaft empfing uns. Felsen. Und Grün. Islandgrün. Und weite Schneefelder. Ab und zu ein Wasserfall.
Was war das? Der Wagen ratterte auf einmal … keine Angst – kein Fahrzeugschaden … die Asphaltstraße ging in eine platt gefahrene Schotterpiste über. Gut, unser Fahrer drosselte die Geschwindigkeit. Aber nur ein wenig … Immer wieder die unzähligen arktischen Lupinen. Wunderschön …
Auf der einen Seite ging es rauf, auf der anderen Seite runter. Auch steil. So, dass wir Ausblicke hatten, die wir nicht so schnell vergessen werden. Die Passhöhe wurde erreicht.
Logisch, nunmehr ging es bergab. Aber nicht lange, denn wir legten einen Fotostopp ein. Wahnsinn! Direkt unter uns der Berghang und das Tal mit der sich nach unten windenden Straße. Begrenzt von den Ausläufern des tief blauen Önundarfjörður. Und direkt dahinter die steil aufsteigenden Berge.
Weiter. Und zwar wie zuvor bergab. Dann über einen Damm und eine den Önundarfjörður überspannende Brücke. Der nächste zu bewältigende Bergrücken lag vor uns. Wir bzw. der Bus schafften ihn. Und wo es rauf ging, ging es wieder runter. Zum Dýrafjörður, den wir teilweise passierten und dann über Damm und Brückchen überquerten. Kurz vor Þingeyri mussten wir wieder einen die Fjorde trennenden Bergrücken bewältigen, um am Arnarfjörður zu „landen“. Erneut eine Fahrt entlang des Fjords. Und auf einmal sahen wir ihn auf der anderen Seite des Fjords – den Dynjandi, unser Ziel.
Schon von weitem präsentierte er sich mächtig und wunderschön … und wir wussten endgültig, dass wir den richtigen, auf uns zugeschnittenen Ausflug gebucht hatten! Vor uns lagen noch einige Kilometer Fahrt bis zum Wasserfall. Dort angekommen,
eilten wir sofort nach oben. Nein, nicht ganz nach oben, denn die Zeit hatten wir leider nicht. Zunächst nach und nach, an mehreren kleinen, mit Bezeichnungen versehenen Wasserfällen vorbei.
Und schließlich lag er vor uns. Rund 100 m hoch, oben 30 m und unten 60 m breit – ein sich auffächerndes Naturphänomen, das Wassermassen über viele Fallstufen tosend nach unten entließ. Die kleine Anstrengung des kurzen Anstiegs hatte sich gelohnt – es war überwältigend. Und von dem von uns erreichten höchsten Standort hatten wir einen wunderschönen Ausblick auf den weiteren Verlauf des Dynjandi. Wasser, Fjord und Berge. Verweile doch, Du bist so schön … Aber nix da, wir mussten zurück. Zunächst in den Bus und dann wieder über die Piste. Auf demselben Weg, aber mit weiteren Fotostopps. Zunächst an einem steinigen Strand. Muschelsuche. Wir wurden fündig. Der nächste Halt am Rande des Ortes Hrafnseyri. Dort, wo der restaurierte Geburtshof des isländischen Freiheitskämpfers Jón Sigurðsson (1811-1879) zu besichtigen war wie auch die daneben stehende unscheinbare und schlichte kleine Kapelle.
Mitten in einer unglaublichen Vegetation.
Und das in der europäischen Arktis … Wie fast überall arktische Lupinen – aber auch andere blühende Pflanzen bezauberten uns.
Warm war es auch – die Jacken blieben im Bus. Doch auch an diesem schönen Ort konnten wir nicht bleiben. Hoch ging´s in unserem Bus – Überquerung des Bergrückens in einem Affentempo … Brettern über die Pisten war angesagt! Und zwar bis Þingeyri. Doch halt – unterwegs, mussten wir einfach stoppen. Für Fotos …
… und wir erreichten schließlich Þingeyri, einen kleinen, ehemaligen Fischerort mit knapp 250 Einwohnern und vor sich hin rottenden Relikten. 30 Minuten hatten wir Zeit, uns ihn anzusehen. Verlaufen konnten wir uns nicht.
Wir schauten uns die Þingeyrarkirkja von außen an – man wollte uns anscheinend nicht hinein lassen. Ach ja, welcher Name ähnelt Þingeyri? Natürlich – Pingu. Wir passten nicht auf, sie verschwand und kam freudestrahlend zurück. Der Hunger hatte sie weggetrieben und sie hatte Erfolg. Erfolg in Form der von ihr so geliebten Karamelkeksen – Ausverkauf in Island! Und Pingu war überglücklich …
Weg von den Keksen – hin zu der faszinierenden Landschaft und Vegetation!
Um Þingeyri herum. Einfach gewaltig – auch das, was man weit entfernt sehen konnte …
Nun aber zurück Richtung Ísafjörður. Vorbei an Fjorden. Vorbei an gigantischen, grün angehauchten steil aufragenden Gebirgsrücken. Kleine Häuser und Höfe. Wie Spielzeuge. Einsamkeit. Wie wir mit dieser Situation zurechtkommen würden?
Schotterpiste. Langweilig? Nein, auch wenn es eintönig erscheinen könnte. Dann wieder hoch. Wieder tolle Ausblicke. Der Tunnel wurde bewältigt. Und dann sahen wir sie von weitem – unsere AIDAluna.
Unser Fahrer nahm einen kleinen Umweg. Zu einem Parkplatz. Mit einem tollen Ausblick auf Ísafjörður und unser Schiff.
Ach ja, unterwegs freundeten wir uns mit typisch isländischer Musik an. Unser Fahrer präsentierte uns Titel wie Edelweiß oder Green, green gras of home – in isländischer Sprache! Echt! Já já (ausgesprochen: jau jau) – auch isländisch …
Am Schiff angekommen lag ein interessanter und empfehlenswerter Ausflug hinter uns und vor uns ein kurzer Spaziergang durch das ältere Viertel von Ísafjörður. Uns gefielen die farbigen Häuser, wobei das tief-lila-farbige Haus gewöhnungsbedürftig war. Aber immerhin ansprechender als der angrenzende Zweckbau. So, wie es aussah, werden Backwaren noch immer mit einem altertümlichen Vehikel geliefert.
Wir besichtigten auch eine Werft. Eintrittsgeld wurde nicht verlangt. Kein Wunder, denn das Schiff(chen) wurde quasi auf der Straße gebaut …
So, das war beinahe alles, was wir uns in der restlichen Zeit anschauen konnten. Nein, eine kurze Rast war unvermeidbar.
Zurück zur AIDAluna! Erneut blieb uns nicht viel Zeit. Bis zum Ablegen. Pünktlich um 18.00 Uhr war es so weit. Logisch, dass wir alle auf dem oberen Deck waren und das Auslaufen beobachteten.
Bei bestem Wetter! Langsam entfernte sich die AIDAluna vom Kai, schwebte gefühlvoll rückwärts in den Fjord, drehte auf dem Handtuch und schob sich dann endgültig in den Ísafjarðardjúp (Die Aussprache habt Ihr sicher in der Zwischenzeit geübt …) – Richtung Nordmeer.
Und wir schoben uns später ins Restaurant. Natürlich wieder bei bester Laune! Denn die Erlebnisse dieses tollen Tages konnte uns niemand mehr nehmen … Ganz oben war so gut wie nichts los. Warum wohl? Essenszeit! Schade eigentlich, bei dem umwerfenden Panorama.
Später am Abend lachten wir mit und über den in Münster geborenen, in Düsseldorf lebenden Komödianten Jens Heinrich Classen, der Köln als schönsten Vorort von Düsseldorf bezeichnete. Warum wohl? Wir diskutierten nicht in der bekannten Heckbar über dieses Problem … dort war es zu kalt …
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