30. August 2023 - Kristiansund
Die Vasco da Gama steuerte schon den Hafen von Kristiansund an, als ich bereit für den Morgenkaffee war.
Am Himmel eine interessante Wolkenformation, die nur Gutes versprach. Auf Deck war es mit 10° frisch. Aber kein Problem – alle, die die Einfahrt beobachteten, waren dick eingepackt. Rund um den Hafen war alles bebaut. Keine alten Bauten; die Wehrmacht hatte bei ihrem Rückzug aus Norwegen leider fast alles in der Stadt zerstört. Die Städteplaner schufen in den letzten Jahren eine von der bisherigen Optik her ansprechende Stadt – Neubauten, weiße Wohnhäuser, aufgelockert durch farbige Gebäude. Zwischendurch sehr viel Grün.
Kristiansund, eine auf drei Inseln liegende Stadt, hat ca. 18.000 Einwohner. Als Kristiansund Mitte des 18. Jahrhunderts das Stadtrecht erhielt, war die Stütze der Wirtschaft der Holzhandel. Aufgrund der Lage verdiente man außerdem vom Fischfang; Hering und Kabeljau waren die hauptsächlichen Wirtschaftsgüter, später auch der Klippfisch mit Export Richtung Südeuropa. Auch ein Grundpfeiler des Wirtschaftslebens bestand in der Fischverarbeitung; dazu kamen insbes. nach dem zweiten Weltkrieg Werftindustrie incl. Wartung von Bohrinseln sowie Werkzeug- und Maschinenbau. Und das alles in einer Stadt, die von einer unvergleichlichen Natur umgeben ist.
Am Hügel der Insel Kirkelandet präsentierte sich die trutzige Nordlandet Kirche; auf der Insel Kirkelandet waren die Spitzen der hochmodernen Kirkelandet Kirche zu erkennen. Im Hafen herrschte reger Schiffsverkehr – ein Kommen und Gehen. Zwischen den i.W. Frachtschiffen huschten Fähren zwischen den Inseln hin und her. Der übliche und praktische öffentliche Personennahverkehr im Land der vielen Inseln.
Unmittelbar und damit recht früh begann unser über nicko gebuchter Ausflug „Die Atlantikstraße und Kvernes Stabkirche“. Genauer geschrieben „Inselhopping und die Atlantikstraße und Kvernes Stabkirche“ (meine Version). Nach dem Verlassen des Hafens und dem Durchfahren der Stadtinsel Nordlandet fuhren wir über zwei weitere Inseln, dann durch den ca. 5,1 km langen und bis zu 130 m unter dem Meeresspiegel verlaufenden Freifjordtunnel, um anschließend nach einer kurzen Fahrt über eine weitere Insel das Festland zu erreichen. Eine richtig schöne, typisch norwegisch grüne Gegend. Wiesen, gesunde Wälder mit eher Nadelhölzern sowie vielen Birken.
Wir sahen i.W. kleine Gehöfte, die sich vornehmlich der Viehwirtschaft widmeten. Jede Menge Schafen und Rindern gaben uns bei unserer Vorbeifahrt Abwechslung; Pferde bemerkten wir selten.
Nach dem Erreichen des Festlands fuhren wir länger am 22 km langen Kvernesfjord vorbei.
Einfach nur malerisch. Industrie war so gut wie nicht vorhanden. Falls ja, dann vorwiegend die Bearbeitung von Steinen. Der kleine Ort Eide mit einem in der Nähe liegenden riesigen Steinbruch ist das Steinbearbeitungszentrum Norwegens. Nach dem Brand in Ålesund erfolgte der Aufbau der Stadt vornehmlich mit Steinen aus Eide.
Allerdings wurde das Genießen der Fjordlandschaft kaum von Förderungs- und Produktionsanlagen getrübt.
Eben Natur pur, wenn wir auch vereinzelt Lachsfarmen passierten.
Dann war es so weit. Am Ende des Festlands und unmittelbar vor dem Nordmeer begann der Atlanterhavsveien, die Atlantikstraße. Eine Traumstraße, die zu einer Traumroute gehört.
Die als solche bekannte Atlantikstraße ist lediglich 8,2 km lang. Aber diese 8,2 km haben es in sich! Sie winden sich über acht mehr oder weniger kleine Inseln; acht Brücken verbinden Inseln und Festland. Seit 1989 ersetzt die Straße die Fährverbindungen; 2005 wurde der Atlanterhavsveien als norwegisches Bauwerk des Jahrhunderts ausgezeichnet. Er gehört zu den berühmten norwegischen Touristenstraßen.
Was zeichnet die Atlantikstraße aus? Auch wenn man in einem Fahrzeug sitzt, fesseln die Ausblicke über das Meer, die Fjorde, die Schären. Der immerwährende Kontakt zum Meer. Die sich fortwährend schlängenden Straßen und Brücken. Die Natur. Und wir waren „mittendrin“. Und hielten endlich an, um in Ruhe alles genießen zu können.
In der Nähe der Storseisund-Brücke, die größte der Atlantikstraßenbrücken. 260 m lang und 23 m hoch. Je nach Perspektive ergeben sich unübliche Ausblicke:
Die Sprungschanze ins Nordmeer! Herrlich … und bestimmt der Grund, dass auf dieser Brücke Szenen des James-Bond-Films „Keine Zeit zu sterben“ gedreht wurden …
Weg von James und zurück zu unserem Ausflug. Unser Bus hielt auf dem größten Restplatz an der Atlantikstraße, Eldhusøya, mit einem in eine Anhöhe wunderbar integrierten Café. Um diese Anhöhe verlief ein Rundweg,
der problemlos in 20 Minuten incl. genügend Pausen zum Genießen der Landschaft zu schaffen war.
Auch hier tummelten sich Architekten, die sich im Turmbau übten. Während des Rundwegs war genug Attraktives zu sehen. Wie zuvor das Meer, Berge, die Natur.
Der Hügel war wunderschön bunt bepflanzt. Erika, Farne, Birken. Und dann zurück an der Straße
sahen wir den zur Schärenlandschaft passende Atlantikveien mit den unvermeidlichen Brücken. Leider mussten wir weiter. Weiter entlang am Kvernesfjord. Nunmehr auf der anderen Seite. Bis zu unserem nächsten geplanten Aufenthalt fast die ganze Zeit mit Blickkontakt zum Fjord.
Langeweile trat nicht auf. Eher Wehmut … oder auch Neid …
Warum waren wir nicht Eigentümer einer dieser norwegenroten Hütten? In der herrlichen Umgebung … Nun gut, alles konnten wir nicht haben. Letztendlich waren wir zufrieden, dass wir durch diese wundervolle Landschaft fahren durften! Und schon erreichten wir unser nächstes Ziel – die Kvernes Stabkirche.
Eine der noch 28 in Norwegen existierenden Stabkirchen und dazu eine der größten. Diese Kirche wurde in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts errichtet; im Inneren faszinierten die eindrucksvoll mit Rankenornamenten ausgemalten Wände.
Während einer kurzen Führung informierte man uns über die Entwicklung dieses Gotteshauses und auch darüber, dass es beinahe abgerissen wurde, als vor 130 Jahren in unmittelbarer Nähe eine neue Kirche gebaut wurde.
Seinerzeit sammelten Einwohner von Kristiansand genügend Geld, um die alte Stabkirche zu kaufen, und sie an einen norwegischen Verein zum Erhalt kulturhistorischer Denkmäler zu schenken.
Von beiden Kirchen aus hatten wir einen großartigen Blick über den Kvernesfjord und auf die Gjemnessundbrua, die wir auf dem Hinweg überquert hatten.
Auf diesem Foto erkennt man so etwas wie ein Denkmal. Es handelt sich um eine Sonnenuhr in moderner Form.
Zeitlich wurde es allmählich eng. Also hinein in den Bus, der uns entlang des Bremsnesfjords Richtung Nordmeer brachte. Auf dem Weg nach Kristiansund unterquerten wir den Fjord; der von uns bewältigte Atlantiktunnel zog sich über 5,7 km hin und gehört mit einer Tiefe von 250 m zu den tiefsten Unterwassertunneln der Welt.
Nach einer kurzen Fahrt durch Kristiansund erreichten wir den Hafen und damit unser Schiff, das sehnsüchtig auf uns wartete. Pünktlich um 13.30 Uhr zum „Alle Personen an Bord“ enterten wir die Vasco da Gama, die kurz vor 14 Uhr ablegte und den Hafen verließ.
Vollkommen unspektakulär. Aber immerhin wurde uns von einem Balkon zum Abschied mit einer norwegischen Flagge zugewunken. Unser Schiff schwenkte langsam in den Bremsnesfjord. Die Aussicht auf Fjord und Kristiansund hatte schon etwas.
Nach Verlassen des Schärengürtels fand die Vasco da Gama ihren Kurs parallel zum Festland. Wir beobachteten es von Deck 6 aus, während wir unsere Runden drehten. Ganz, ganz lange … bis die Restaurants öffneten …
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