
Ein Jubiläum, mehrere Premieren und ein Abschied sind diesmal mit der Reise verbunden:
- Schon mein nun 20. Reisebericht ist es,
- das 1. Mal mit einer Abfahrt von Bremerhaven
- und an keinem der angefahrenen Ziele sind wir jemals zuvor gewesen
Und ja, es ist auch ein Abschied. Ein Abschied von Aida Aura. Dem Schiff mit dem unsere Leute damals das erste Mal in See gestochen sind.
Okay, dann ist es ja für den Teddy sogar noch eine Premiere. Denn tatsächlich war ich damals noch nicht dabei auf dieser „kleinen“ Aura, wo unsere Leute in La Romana staunend davor standen und sie erstmal „riesig“ fanden.
Damals, als sie das erste Mal die Kabinentür öffneten, überwältigt vom ersten Eindruck den Balkon herunter schauten und es noch immer ein wenig unwirklich schien, dass es nach der langen Vorfreude offenbar doch langsam Realität wird, dass genau dies für die nächsten 14 Tage ihr zu Hause ist.
Karibisches Flair kam übrigens erst leicht verspätet auf. Das erste an was die sich diesbezüglich erinnern können, sind dicke schwarze Rauchwolken von der Zuckerrohrfabrik gegenüber, welche den ersten Drink in der Ocean Bar begleiteten. Da fühlten sie sich gleich noch mehr zu Hause, kommen ja aus dem Ruhrgebiet.
Aber zurück in die Zukunft. Jetzt ist die Fellbande dabei und da läuft vieles anders …
Bremerhaven also, und da fahren wir gleich mal einen Tag früher hin. Man weiß ja nie, was bei der Anfahrt so alles passiert … Wollen ja schließlich nicht zu spät kommen und in Bremerhaven waren wir ja bisher auch noch nicht.
Sind wir auch noch lange nicht, denn heute Morgen läuft da einiges schief und in die falsche Richtung. Das letzte nehmen wir sogar mal wörtlich …
Würde ich gar nicht erzählen, wenn es am Ende nicht doch irgendwie lustig wäre.
Erstmal kommt das bestellte Taxi nicht. Und schon läuft die Uhr, der Zeitpuffer schrumpft nun ähnlich schnell dahin wie der Puls unserer Leute nach oben geht. Endlich ist das reklamierte Ersatztaxi da und schafft es dann noch knapp zur Baustelle Duisburg Hbf.
Zu Gleis 13 am anderen Ende gibt es daher nur den Weg quer durch den Bahnhof, die Kofferrollen glühen.
Oben auf dem Bahnsteig angekommen wird auch schon die Ankunft des Zuges nach Berlin angekündigt und da ist er auch schon.
Wagen 27 wie angekündigt am Ende und wir sind irgendwann drin. Ja super, das hat ja dann doch noch geklappt und die reservierten Plätze 42 und 43 sind auch frei.
Geschafft! Setzen und durchatmen. Bis zur ersten Durchsage, dann wechselt es zur Schnappatmung. Mit plötzlichen Schweißperlen auf der Stirn verkündet der Träger kleinlaut: „Wir sitzen im falschen Zug!“ – und der rollt gerade an. Tschüss Duisburg!
Das Dilemma steckt im Detail. Dieser Zug hat sich zur Täuschung gut getarnt: Fährt auch nach Berlin, läuft um genau 09:31 Uhr ein, dabei auch auf Gleis 13,
Wagen 27 ist auch hier am Ende, Plätze 42 und 43 vorhanden und frei. Da passt einfach alles, wie ein Zwilling, -fährt jetzt nur nicht über Osnabrück
… und da hätten wir Umsteigen müssen. Da konnte man bei der Hektik echt drauf reinfallen, das hätte selbst dem umsichtigen Teddy passieren können.
Und das alles nur, weil dieser (falsche) Zug mit 20 Minuten Verspätung eingelaufen ist, sonst wäre er schon lange weggewesen.
Tipp vom Teddy: Die Zugnummer ist doch nicht sooo unwichtig!
Aber jetzt beginnt auch schon der Wechsel zur Glückssträhne, wenigstens aber einer Schadensbegrenzung. Wie aus dem Nichts kommt ein freundlicher Schaffner vorbei und zieht eine Alternative aus dem Ärmel. Die nächsten 2 ½ Stunden bis Hannover mitfahren, von dort dann mit einem Regionalexpress 2 ¼ Stunden mit Nordwestkurs retour quer nach Bremerhaven. Und warum bedeutet dieser Umweg mit der im Ergebnis satte 6 statt 4 Stunden Fahrtzeit trotzdem Glück? Weil wir überhaupt ankommen … und weil wir das jetzt gratis können, ohne erhöhtes Beförderungsentgelt oder Ähnlichem. Denn nun erweist er sich als Glücksfall, dieser vor einem Monat erhaltene Stempel „Zugbindung aufgehoben“, weil unser damals gebuchter Zug ärgerlicherweise ohnehin entfallen war…
Der Zeitverlust aber geht jetzt für die Fellbande natürlich zu Lasten des touristischen Zeitfensters. Ist ja auch bei Aida-Ausflügen so. Verspätungen gehen stets zu Lasten der Freizeit zur eigenen Verfügung.
Bremerhaven
Komisch, schon vor knapp einer Stunde sind wir mit dem Zug durch Bremen gefahren und ungern muss ich zugeben, dass es ausnahmsweise mal gut war, dass es doch nicht immer nach Teddys Willen geht. Denn eigentlich wollte ich gerade schon aussteigen. Wir sind doch in Bremen, da kann es zum Hafen ja eigentlich nicht mehr so weit sein… Tatsächlich aber sind wir erst jetzt, nach fast einer Stunde weiterer Zugfahrt, wenigstens halbwegs am richtigen Hafen von diesem Bremen, also in Bremerhaven. Und das mit der Entfernung ist wohl schon seit 200 Jahren so.
Haben die damals so gemacht, weil der Hafen von Bremen immer mehr versandete. Die Weser hat da auf dem Weg zur Nordsee wohl so einiges verloren. Und näher zu dieser Nordsee umzuziehen, das hat sich offenbar rentiert, denn immerhin sind wir jetzt direkt mal in Deutschlands zweitgrößtem Seehafen. Allein mit der Verschiffung von über 2 Millionen Autos sind hier das Jahr über 1500 Schiffe beschäftigt. Insgesamt zwar nicht so viele, aber immerhin auch 7 Millionen Menschen sind die letzten 150 Jahre von hier per Schiff ausgewandert, sodass die Columbuskaje schon historisch ist, in dadurch Deutschlands bedeutendsten Auswanderhafen.
Elvis Presley allerdings hat die andere Richtung gewählt, ist damals genau hier zu seinem Militärdienst von Bord gegangen.
Nun, die Teddys sind mit dem Zug gekommen, wollen nicht auswandern und gehen erstmal ins Hotel und morgen erst auf das Schiff. Werden jetzt erstmal die nähere Umgebung erkunden. Und da steht etwas ganz oben auf Teddys Buket-Liste, nämlich der Zoo. Es steht jetzt also ein Verwandtenbesuch an. Will den anderen schließlich zeigen, dass ich auch ganz anders könnte, als in Jeans und rosa Hoodie Buttons spazieren zu tragen. Ja, anders könnte ich, will ich aber nicht.
Mittendrin in der „Hafencity“ sind wir nun und vom zentralen Hotel aus haben wir den totalen Überblick auf das, was uns die nächsten Stunden erwartet.
Mit Bedacht so optimal vom Teddy gewählt und gebucht, bleibt diese heroische Tat, wie üblich ungefeiert, wird wohl als selbstverständlich erachtet. Damit aber kann ich leben, Hauptsache ich komme jetzt in den Zoo.
Raus jetzt, wir haben keine Zeit. Am Becken vom Neuer Hafen geht es entlang, gegenüber liegen einige Museumsschiffe, wie das „Schulschiff Deutschland“ von 1927. Habe aber gehört, dass die keine Balkonkabinen haben, kommt also für die verwöhnte Fellbande nicht in Frage. Brauchen wir gar nicht erst rüberlatschen.
Wo wir aber jetzt auch nicht hin latschen, das ist der Zoo. Da laufen wir dran vorbei. Man verspricht uns aber, dass der später noch dran kommt. Gibt mir der Träger sein Wort drauf. Aber Zweifel machen sich breit. Wie soll ich einem Typen vertrauen, der vor ein paar Stunden noch in den falschen Zug eingestiegen ist…?
Erstmal wollen die Träger unbedingt in das Deutsche Auswandererhaus. Und weil das um 18 Uhr schließt und der Zoo erst um 19 Uhr, wird das Programm einfach umgedreht. Wenn das mal klappt…
Und vor dem Museum liegen sogar die „Nova“ oder „Stella“.
Die Aura scheint wohl doch nicht das kleinste Aida-Schiff zu sein…
Kurz vor 16 Uhr ist es und wir bekommen schon den Spartarif. Die Zeit scheint also wirklich knapp für dieses größte europäische Erlebnismuseum zum Thema Aus- und Einwanderung, welches uns schon die Taxifahrerin auf dem Weg zum Hotel so angepriesen hat.
Die Fellbande aber bekommt jetzt leider den absoluten Spartarif. Der Rucksack muss in ein finsteres enges Verlies, einem hölzernen Schließfach. Dort „wandern“ wir nun also „ein“. Super Auftakt! Dieser lethargische Kumpel Teddy Ty meint dazu nur mit trockenem Galgenhumor, dass ich so wenigstens mal sehen kann wie es ist, eingesperrt zu sein, so wie die Verwandten im Zoo. Also so gesehen…
Unterdessen scheinbar unberührt von unserem Schicksal, schlüpfen die nun rucksacklosen Träger in die Rolle eines wirklichen Auswanderers. Mit einer Codekarte können die dann an verschiedenen Stationen dessen weiteren Lebensweg verfolgen. Der Typ vom Träger wird letztlich in Brasilien landen und das Hausmädchen von der Trägerin in den USA.
Im Wartesaal prangt auf der Wand eine Warnung vor Geldwechslern und falschen Schiffskarten. Da scheint sich beim zwischenmenschlichen Miteinander im Lauf der Zeit schon mal nichts geändert zu haben.
An der nächsten Station, der Pier, stehen Leute in Originalkleidung verschiedener Zeitepochen und warten darauf, auf das Schiff zu kommen.
Das sieht alles so total echt aus und man kann zwischen den Wartenden umherlaufen. Und ehrlich, so real wirkt das, dass man manchmal gar nicht mehr weiß, ob es nicht doch etwa ein Besucher ist.
Dann geht es die Gangway zum Schiff hoch, nochmal winken und man läuft durch Kabinen, Schlafsäle,
Waschräume, Essenssaal. Und überall sitzen Leute rum. Man kann sich dazusetzen und fällt nicht auf. Außer man ist modern angezogen…
An Bullaugen zieht unterdessen die See vorbei. Die Vision ist nahezu perfekt. Viel Altes steht in den Ecken herum und hängt an den Wänden.
Und sogar einen Reiseteddy gibt es hier und zwar nicht im Spind eingesperrt…
Angekommen auf Ellis Iland - die Befragung steht an. Ich glaube, man durfte damals nicht sagen, dass man doof ist, ansteckende Krankheiten und kein Geld hat.
Und Anarchist durfte man wohl auch nicht sein. Solche Fragen also, wie bei Esta noch heute… Nicht neu also die Idee.
Für die Weiterreise geht es in den New Yorker Bahnhof. Und die Leute die da vor dem Schalter stehen, die wirken nun auch von ganz nahem wieder so real, dass man wohl einen richtigen Schauer hat, wenn man auf sie zugeht.
In der Bahnhofskneipe lümmelt ein Typ an der Theke rum und an den Händen erkennt man sogar Knickfalten auf der Haut. Nur zögernd macht der Träger einen Echtheitstest. Nicht, dass das etwa doch ein müder Besucher oder etwa ein lebender Komparse vom Museum ist und es mit allen Konsequenzen… peinlich wird. Bei der jungen Frau eben am Bahnsteig hat er es daher lieber mal bleiben lassen. Jetzt aber will er es wissen und tippt nun ganz leicht mit dem Finger auf den Oberschenkel. Hartes Material, der Typ ist doch nicht echt. Aber echt toll gemacht. Wie wohl das ganze Museum.
Sogar direkt mal Einkaufen konnte man in der schönen neuen Welt.
Man kann zum Abschluss noch am Computer recherchieren, ob auch irgendwelche Vorfahren aus der Familie mal ausgewandert sind. Aber da muss man dann wohl schon mehr als nur den Familiennamen haben. Das bringt selbst bei selteneren Namen Treffer ohne Ende. Hätten mal "Teddy Kaufhof" eingeben sollen…
Später zeigen die uns ein Foto von so nen unhandlichen grauen Kasten mit Sichtfenster, ner löchrigen Plastikscheibe und einer Schnur mit Knochen dran.
Die behaupten doch tatsächlich, dass man damit früher telefoniert hat. Nee, is klar. Wie soll das gehen? Wo drückt man denn da Zahlen?
Kein Wunder das die damals ausgewandert sind, bei so einem unhandlichen Kram.
Noch schnell durch den Bereich der „Migration nach Deutschland“, vorbei an einer Gruppe „Refugees welcome“- Demonstranten und dann nichts wie hin jetzt zu der Fellbande.
Wir dürfen nach 1 ½ Stunden nun endlich wieder einwandern. Einwandern in die Helligkeit. Und ich hoffe, dass ich gleich im Zoo, bei meinen Verwandten, genauso echt aussehe, wie diese Auswanderer eben.
Denn tatsächlich soll es jetzt in den Zoo gehen, den Zoo am Meer. Vorbei noch am höchsten Gebäude hier, dem Sail City, wohl wieder so eine Kopie vom Hotel in Dubai.
Gerne wollen Ty und Tiger nun die Aussichtsplattform stürmen. Ja, der Blick wäre heute sicherlich toll, aber ich will in den Zoo.
Und auf dem Weg dorthin kommen wir noch an der Nordmole mit dem Semaphor vorbei. Das ist ein 20m hoher Windanzeiger, der den Seefahrern vor der Ausfahrt die Windverhältnisse vor Helgoland und Borkum anzeigt. Daher wohl auch die beiden Buchstaben. Ein „H“ und ein „B“.
Noch heute wird das Teil tatsächlich mit Wetterdaten gefüttert, aber wohl eher aus nostalgischen Gründen.
Hinter dem Zoogelände, direkt neben der Schleuse vom „Neuen Hafen“ ist der Simon Loschen Leuchtturm, eines der ältesten Festland-Leuchtfeuer, welchen ich schon die ganze Zeit immer wieder gesehen habe.
Und der Blick in die andere Richtung zeigt uns den Strand von Bremerhaven und da ganz hinten, kaum zu erkennen, noch den historischen Wasserstandsanzeiger von 1903. Noch vor 50 Jahren zeigte der bei Tag und Nacht die Strömungsrichtungen und Wasserstände an.
Nun, alles recht interessant hier, aber ich habe ja noch eine Mission und die Zeit wird nun echt knapp. Zum Glück aber ist der Zoo am Meer ohnehin klein, sogar der kleinste wissenschaftlich geleitete Zoo Europas. Als begehbare Felsenlandschaft mit Rundweg und auf mehreren Eben angelegt, hat man den Platz aber gut genutzt.
Erstmal aber jetzt ein „Facecheck“. Natürlich bestanden.
Die Sache ist ja wohl auch eindeutig. Wirklich verblüffend diese Ähnlichkeit. Das Grinsen von Ty und Tiger werte ich dabei mal als hoffentlich ernstgemeinte Zustimmung. Die brauchen keinen Facecheck. Braunbären und Tiger gibt es hier nicht.
Und bald schon stehe ich jetzt vor den Eisbären. Na ja, nicht so direkt. Ich stehe hier vorne und die liegen da hinten.
Und irgendwie fällt die Begrüßung recht kühl aus, der Ty meint gemeinerweise sogar „ignorant“. Irgendwie erkennen die mich nicht als ihresgleichen.
Aber nackt ausziehen, so wie die hier rumlümmeln, das mache ich deshalb trotzdem nicht.
Und als ich dann unten am Unterwasserfenster stehe und sich keiner von den faulen Typen mal zu mir herunterbequemt um ein flottes Familienfoto zu machen, sondern die stattdessen lieber an einem Eisklotz mit Futter lutschen,
ist die Sache für mich erledigt und ich füge diesem Begriff „ignorant“ vom Ty noch ein trotziges „unverschämt“ hinzu.
Zur Strafe bleiben die jetzt hier und ich gehe morgen auf Kreuzfahrt. Ja, auch ich kann gemein sein. Der Teddy will jetzt ab ins Hotel, bin nicht nur sauer, sondern vor allem auch müde. Hätten doch wenigstens mal winken können, diese unfreundliche Eisbärenbande.
Da sind die hier ganz anders…
Aber ich bin doch kein Seehund!
Deutsches Schifffahrtsmuseum und vor allem das „Klimahaus“, all das müssen wir dann halt beim nächsten Mal besuchen. Denn das ist so toll hier, dass wir unbedingt noch mal wiederkommen müssen.
Aber jetzt geht hinter der Weser die Sonne unter und der schöne Tag, der mit einer Pleite begann, geht nun still und friedlich vorüber.
Im Zimmer findet nun noch ein weiterer Sonnenuntergang statt, diesmal von Menschenhand, - Licht aus.
-- Fortsetzung folgt --
Im nächsten Teil geht es dann endlich los. Einsteigen zur letzten Fahrt.
Unsere Leute erkunden das Schiff, schwelgen in Erinnerungen,
verprassen in Rekordzeit mein "Gönn dem Teddy Guthaben"
und der Kurs geht westwärts Richtung England. Und zack sind wir auch schon in Isle of Portland.
Und wenn das schon beim Namen wieder mit der Lügerei losgeht...
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