31. März 2018 - Alta
Das war eine Morgenstimmung –
kurz vor dem Anlegen in Alta. Es waren immerhin mehr Passagiere auf den Oberdecks als Besatzung incl. Lotse auf der Nock! Wer – Mannschaft oder Reisende - genoss mehr den Rundumblick auf Alta und Umgebung? Logisch – alle! Vor allen Dingen bei dem Wetter, das uns in Alta empfing. Kaiserwetter! So richtig für uns.
Alta? Wer kannte vor dieser Reise Alta? Die Stadt mit 12.000 Einwohnern am Fluss Alta und am Altafjord. Also – alles Alta … Einige Jahre war Alta die weltweit nördlichste Stadt mit mehr als 10.000 Einwohnern bis sie von Hammerfest überflügelt wurde. Was hat Alta zu bieten? Architektonisch nicht viel, da sie zum Ende des Zweiten Weltkriegen fast vollständig zerstört wurde – die Altakirke blieb als eines der wenigen Bauten erhalten. Alta ist also weniger für Architektonikliebhaber interessant, aber für eine besondere Spezies Mensch ein bevorzugtes Ziel – also auch für uns. In den Wintermonaten gilt die Gegend um Alta als eines der besten Gebiete zur Jagd auf das Nordlicht. Bingo!
Nun aber zurück zur morgendlichen Bordinspektion. Wer baute sich vor uns auf? Eine Schneefamilie! Ein bisschen mickrig, aber ein Zeichen des Winters. Nun aber abseits des Schiffs. So richtig viel Interessantes war rund um den Hafen nicht zu erkennen. Modernere Gebäude; Zweckbauten. Der Flugplatz, der von Kapitän Müller anvisiert wurde (!). Dann wieder zurück auf unsere AIDAcara: ein Mitglied der Crew, das Tanzschritte übte. Oberhalb des Häusergewimmels (?!) eine Sprungschanze, die uns das Hinterteil zeigte. Das war auch in Ordnung – sollten die Sportler auf unserer AIDAcara landen?
Noch ein Blick heckwärts bevor wir uns zum Frühstück begab. Na, die Kulisse und das Wetter versprach alles! Auf dem Weg in die Schiffsinnereien bekamen wir mit, dass man sich auf das Osterfest vorbereitet hatte.
Allerorten … Vom nahenden Osterfest unbeeindruckt bereiteten sich die Fünf Freunde auf das erste Abenteuer dieses Tages vor. Zunächst bauten wir uns vom reichhaltigen Frühstücksbuffet auf – Kälte bei nicht vollem Magen hätte nicht gut getan. Danach zwiebelten wir uns ein – wir wollten schließlich nicht frieren bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt. Mit zig anderen trafen wir uns vor dem Schiff, mit denen wir das „Husky-Abenteuer in Al
angehen wollten. In Alta? Nee, wir wollten kein Schlittenrennen auf den – wenn auch verschneiten – Straßen Altas starten. Es fand außerhalb von Alta statt; im Bus verließen wir schnell die Stadt, überquerten den Fluss Alta, pssierten die verschneiten Buckelwiesen (dieses Mal nicht bei Mittenwald!) und verließen den Bus vor der Holmen Husky Lodge.
Eine lautstarke Begrüßung kam auf uns zu. Keine Worte – ein Gebell, ein Geheule …
Auch wenn wir uns noch nicht in unmittelbarer Nähe der Hunde befanden, ahnten sie bei Ankunft des Busses, dass sie in Kürze ihrem Drang nachgehen durften – nicht dem Futter- sondern dem Bewegungsdrang. Wir kamen näher und sahen, dass sie sich mit lautem Gebell und Herumspringen auf die kommende Tour freuten. Sieben Schlitten waren vorbereitet: Die Huskies waren eingespannt und wurden von den Mushern in Schach gehalten. Die Hundeschlittenführer gaben keine lauten Anweisungen – sie blieben ruhig und gaben für die Hunde ruhige und eindeutige Befehle.
Ein „Funktionär“ der Lodge machte eine kurze Einweisung und teilten uns in zwei Gruppen auf. Wir kamen in die erste Gruppe; Floppys wurden der zweiten Gruppe zugewiesen. Anschließend wurden wir auf die Schlitten aufgeteilt – jeweils zu zweit wurden die Schlitten „bestiegen“. Nicht nur zum Schutz vor der Kälte erhielten wir eine Decke. Huskies haben die Angewohnheit, ihr Geschäft während des Laufens zu erledigen – sie taten es zur Genüge und die Decke sollte uns davor abschirmen.
Unsere Hunde waren nervös. Sie winselten, sie bellten. Sie sprangen – soweit die Leinen es zuließen – herum.
Ein Schlitten nach dem anderen startete – dann waren wir an der Reihe. Und los ging´s! Ein Ruck und unsere Hunde peesten los. Wir hätten nicht gedacht, dass acht Hunde aus dem Stand heraus ein derartiges Tempo erreichen konnten. Nun gut, für sie war Bewegung nicht nur Arbeit sondern ein notwendiges Vergnügen. Auch deshalb waren sie froh, den Ketten vor ihren Hütten entrinnen und ein strammes Tempo einschlagen zu können. Nach dem Verlassen der Lodge fuhren wir zunächst über eine freie Fläche – natürlich auf vorgespurten bzw. gewalzten Pfaden. Anschließend wurden wir durch einen Wald gezogen.
Unser Musher – eine sehr freundliche Sie – lenkte den Schlitten mit der Leine und auch mit leisen Befehlen. Es klappte – auch als wir auf einmal stoppen mussten, da der vor uns fahrende Schlitten im Wege stand. Allerdings erst im zweiten Anlauf, denn unsere Hunde wollten rechts ausweichen und überholen. Damit hätten sie aber einen anderen als den vorgesehenen Weg eingeschlagen. Gut, wir standen. Der Schlitten wurde mit einem tief in den Schnee gedrückten Anker gesichert. Und als der Weg wieder frei war, ging´s volle Pulle weiter. Natürlich mit dem Anker, den ich für den Rest der Fahrt festhalten durfte. Ich war auf einmal der Ankerhüter … Wir wurden beim Start regelrecht in die Rückenlehne gedrückt. Aber kein Problem – unser Musher hatte Tiere und Schlitten im Griff. Es war wunderschön, gemütlich auf dem Schlitten zu sitzen und zu beobachten,
wie sich andere Wesen mit uns abmühten – wir fuhren durch eine weitgehend unberührte Natur. Schneefelder, Wälder und weiße Berge. Zu schnell tauchte vor uns die Lodge auf. Wir quälten uns aus dem Schlitten (alte Leute!) und bedankten uns bei den Huskies. Sie waren überhaupt nicht scheu und freuten sich, als wir uns mit ihnen beschäftigten.
Marco fand sich ein und auch er fand Gefallen an den Hunden – einer nach dem anderen erhielt seine Streicheleinheit.
Nein, wir hatten sie nicht vergessen – Floppys waren an der Reihe, sich durch die Gegend ziehen zu lassen. Sie saßen bereits im Schlitten und ab ging die Post!
Schnell waren sie aus unserem Blickfeld enteilt – pardon – weggezogen worden … und andere Schlitten folgten. Es machte auch Spaß, nicht im Schlitten zu sitzen sondern zu beobachten, wie die starken Tiere Freude an der Bewegung hatten. Und das bei einem unbeschreiblich schönen Hintergrund. Dass sich die Bewohner der Lodge nicht nur mit Hundekraft fortbewegten, sahen wir ein wenig abseits der Hundeansammlung.
Die Behausungen der Musher passten hundertprozentig in diese Gegend.
Wie auch das Sami-Zelt,
in das wir uns anschließend begaben. Bei flackerndem Feuer erfuhren wir einiges Wissenswertes über die Huskies der Lodge und über Huskies im Allgemeinen. So z.B., dass die Mehrzahl der Schlittenhunde keine reinrassigen Huskies waren, denn die Erfahrung hatte gezeigt, dass die Mischlinge weitaus widerstandsfähiger waren als unvermischte Huskies. Nach dem Vortrag kam die Husky-Kuschelstunde. Die angeketteten Hunde waren inzwischen ruhiger und ruhten sich aus.
Der als letzter abgebildete Husky erhielt Gnadenbrot; er war zu alt, um mit den jungen Hunden beim Schlittenziehen mitzuhalten. Die Mehrzahl der Huskies hatte nichts dagegen, wenn wir auf sie zukamen und sie streichelten. Die Tiere waren richtig wild auf freundlichen Zuspruch und Zuneigung. Nur wenige Viecher waren ängstlich und zogen sich bei Annäherung zurück.
Gut, dass wir nicht nur einen Speicherchip dabei hatten. Die Kameras leisteten Schwerstarbeit!
Nach der Lauf- und Kuschelstrapaze hatten die Hunde natürlich Hunger. Sie wurden einzeln gefüttert.
Oh Wunder – es gab kein Gekläffe, kein Geheul. Jeder wartete bis er an die Reihe kam. Kein Futterneid …
Wir spazierten bis zur Rückfahrt über das Gelände und fanden einen freien Hundeschlitten. Nein, wir spannten keine Huskies ein – wir posierten in Ruhe im Schlitten.
Und dann ging dieser Ausflug dem Ende zu. Hinein in den Bus und wir fuhren wieder an den nordischen Buckelwiesen vorbei. Der Fluss Alta war zum größten Teil mit Eis und Schnee bedeckt. Auch Autos, die wir auf dem Weg nach Alta sahen.
Wir passierten die Altakirke, den daneben liegenden Friedhof, auf dem nur die oberen Teile der Grabsteine zu sehen waren, die Nordlichtkathedrale und kamen wieder bei unserer AIDAcara an. Den nach der vielen frischen Luft entstandenen Hunger stillten wir und ließen uns anschließend per Shuttle in die Stadt bringen. Es war nicht mehr weit bis zur Hauptattraktion Altas, der Nordlichtkathedrale, aber glatt. Nicht nur auf der Straße – auch auf den Bürgersteigen. Aber das war für uns kaum ein Problem. Wir standen schließlich vor der Nordlichtkathedrale. Die Kathedrale wurde im Jahre 2013 eingeweiht. Ihr Äußeres erinnerte stark an die Schwingungen des Nordlichtes. Sie wurde gänzlich aus Beton gebaut und mit Titanplatten verkleidet. Vor dem Sakralbau waren glücklicherweise die dort im Winter üblichen Eisskulpturen noch nicht geschmolzen. Einfach toll, welche leider vergängliche Figuren für die Allgemeinheit geschaffen wurden. Auf einem Schneehügel hatten die Eiskünstler eine ellenlange Schlange aus Eis geformt, die nach dem Schneefällen der vergangenen Tage durch Tiefschnee kroch.
Nun aber langsam zurück zum Schiff. Unterwegs erkannten wir, dass die Einheimischen nicht nur mit dem Fahrrad sondern auch mit Schlitten ihren Weg in die Stadt fanden.
Wie immer waren die Fünf Freunde pünktlich auf dem Schiff. Pünktlich zum Kaffee. Pünktlich zum Kuchen. Und auch einige von uns pünktlich nach Schließen des Calypso an Land. Wir trieben uns noch ein wenig um die Anlegestelle herum. Die AIDAcara schaffte es nicht, sich hinter dem Schneehügel zu verstecken.
Unser Schiff war nicht das einzige im Hafen. Es gab auch Bötchen, die man während des Winters trocken gelegt hatte. In einer bunten Umgebung.
So viel Schnee – aufgetürmt beim Räumen der Straßen und Wege – hatten wir bisher selten gesehen.
Zum dritten – und nicht letzten Mal eilten wir zurück auf unser Schiff.
Besonderes wartete in der Nacht auf uns. Dafür mussten wir uns stärken. Ob „Spanien von Paella bis Churros“ oder „Mediterrane Highlights“ – egal, beides ähnelte sich. Auf jeden Fall standen wir pünktlich vor Öffnung des Restaurants vor der geschlossenen Tür. Einmal durften wir uns das erlauben. Es tat sich nichts … bei unserem immerwährenden Hunger! Und so skandierten wir: „Die Mauer muss weg!“ Sie wurde beseitigt und wir hatten keine Mühe, einen für uns passenden und unbesetzten Tisch zu finden. Endlich mal wieder Futter … und zum Nachtisch ein Softeis. Aber nur auf die Schnelle, denn wir mussten uns nach dem Abendessen sputen und dick einpacken. Das dauerte … dennoch wir waren pünktlich kurz nach 19.30 Uhr vor dem Schiff zum Treffen mit einem lokalen Anbieter. Zum Glück hatten wir die Nordlichterjagd nicht über AIDA gebucht … Als wir losfuhren, war es noch nicht richtig dunkel. Drei andere Mitreisende – Mutter, Vater, Tochter – und wir wurden während der halbstündigen Fahrt ins Camp von Pœscatun eingewiesen. Als wir dort ankamen, war es recht dunkel. Zunächst wurden Kaffee, Tee und frisch gebackener Kuchen in einem kleinen, richtig warmen Holzhaus serviert. Wir griffen zu – das andere Ehepaar auch. Und dann kam der erste Höhepunkt des Abends: Deren verwöhntes Töchterlein: „Wo ist denn Kakao?“ Die Antwort: „Es gibt keinen Kakao!“ Dagegen: „Ich will aber Kakao!“ Pech gehabt – es gab keinen Kakao … Schmollend verzog sich Töchterchen in eine Ecke und begann auf ihrem Smartefohn rumzudaddeln. Pausenlos … Ihr Mütterchen schloss Freundschaft mit dem Bullerofen. „Hier bleibe ich! So richtig schön warm!“ - erster Höhepunkt des Abends mit Grinsen zur Kenntnis genommen.
Uns wurde es in der Hütte zu warm. Also rein in die dicken Jacken und raus in die Kälte. Eigentlich schade, denn wir mussten auf Erlebnisse mit Mutter und Tochter verzichten. Ehemann und gleichzeitig Vater benötigte auch eine Pause von den beiden. Er folgte uns. Wir stellten die Stative in Positur und richteten die Kameras ein. Wo blieben nur die Nordlichter? Woanders? Warum nicht bei uns? Na ja, Alta in der Ferne sah auch nicht schlecht aus. Wie auch das Samizelt und die Eismauer mit Illumination. Aber trotzdem? Wo laufen sie denn? Mein Gott, bei mir ist alles dunkel, aber was ist denn das? Die Nordlichter! Meine ersten Nordlichter! Zunächst zögerlich, aber noch nicht so, wie wir es gerne gehabt hätten.
Woran lag es? An den Lichtern Altas? Oder befanden wir uns nicht im optimalen Jagdrevier? Wer weiß? Nichtsdestotrotz – es war der zweite Höhepunkt dieser Nacht! Unsere Scouts von Pœscatun beschlossen, tiefere Dunkelheit aufzusuchen. Unsere drei Kleinbusse flüchteten. Unser Bus allerdings ohne die Familie mit Daddel- und Nörgelkind. Kein Kakao, raus in die Kälte, was für die Lady nicht in Frage kam – da musste sich das Familienoberhaupt fügen. € 400,-- für die Katz! Machte nix, denn es waren nicht unsere Euros und wir hatten auf einmal Platz satt in unserem Bus … Der dritte Höhepunkt … Die Fahrt war abenteuerlich. Die Chauffeure kannten sämtliche Blitzer. Wir wussten, wenn wir uns einem näherten. Der Fahrer fuhr dann extrem langsam. Und dann wieder schneller … Teilweise 110 km/h auf der eisglatten Straße. Wir kamen an … an einem Parkplatz mit freier Sicht. Und auch sie kamen … die Nordlichter = Höhepunkt 4! Richtige grüne Lichtervorhänge traten am Himmel auf …
Wir jubelten und fuhren nach ca. einer Stunde weiter. Eine weitere halbe Stunde. Wir hatten keine Ahnung, wo wir uns befanden, als wir den nächsten Parkplatz erreichten. Ein Parkplatz mit einer Hütte. Und merkwürdig, ganz links, dort, wo wir unsere Kameras aufbauten, stand ein PKW ohne Schneedach.
Er stand mit Sicherheit noch nicht lange dort – die Scheiben waren von innen beschlagen und angefroren. Na und … wir hatten Programm und machten die ersten Aufnahmen, als das Erscheinen von Nordlichtern zu erahnen war. Plötzlich öffnete sich das hintere Autofenster. Huch?! Zwei Köpfe beiderlei Geschlechts schauten heraus und sie fragten uns, was wir machten (Floppy, man stellt das Stativ nicht auf ein Wagendach!). Wir antworteten ganz lieb in unserem allerbesten Schulenglisch (Marco, wo warst Du???): „Wir sind auf Nordlichterjagd …“ Gut, man bat uns, uns ein wenig vom Auto zu entfernen. Wegen der Höhepunkte oder so??? Machten wir (nicht die Höhepunkte!), nachdem wir eine weiterhin gute Nacht gewünscht hatten. So ungefähr zwei Meter Abstand …Die Nordlichterausbeute war nicht ganz so gut wie an dem vorherigen Platz. Aber doch ganz passabel und damit unser fünfter Höhepunkt!
Dann kam Hektik auf. Nicht bei den Jägern sondern bei den Scouts. Sie schaufelten in unmittelbarer Nähe des Schlafzimmerautos einen Weg frei und schufen Schneebänke für unsere gemütliche Runde. Überraschung?!
Man gönnte uns bei 15° (minus oder so) heißen, dickflüssigen Kakao. Lecker – und das auch ohne Cognac oder Rum … Gut, dass die Daddel- und Nörgelkönigin nicht mehr dabei war – wir wären mit Sicherheit leer ausgegangen …
Zurück zu unserer AIDAcara ging´s nicht gerade im Schneckentempo. Wir suchten das ganze Schiff ab – es gab kein geöffnete Bar. Schade! Denn zum Anschluss eines solchen ereignisreichen Tages (oder auch frühen Morgens) hätten wir gerne einen Absacker gehabt. Was blieb uns nur noch übrig? Auf Richtung Kabinen und so sanken wir ungefähr 2.45 Uhr in die Falle.
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