4. Juli 2015 - Akureyri
Angekündigt waren Wolken, Sonne, kein Regen bei maximal 16°. Kurz vor 6 Uhr fanden wir vor: heißer Kaffee, keine Sonne, tief liegende Wolken, 6 ° - aber auch kein Regen bei der Fahrt durch den 60 km langen Eyjafjörður. Das erste Mal nach drei regnerischen Anläufen von Akureyri! Damit konnten wir den Temperaturunterschied von 10 ° und die fehlende Sonne noch verschmerzen …
Wir befanden uns auf der Höhe der Insel Hrísey, der zweitgrößten Islands. Noch zwei Stunden bis Akureyri und eine schöne Landschaftsfahrt lagen vor uns. Links und rechts Berge, die teilweise steil in die Wolken stachen. Grün. Weiden. Ab und zu kleinere Höhe. Farbig war anders –
alles eher trüb, wenn auch fesselnd. Doch halt! Die Sonne durchdrang kurz die Wolkenfront – Farbe! Das ließ hoffen …
Keine Industrieanlagen – sie kamen erst kurz vor Akureyri.
Und für uns kam die Frühstückszeit. Und dann, nach dem pünktlichen Anlegen, Zeit, unsere beiden Mietautos zu übernehmen. Der Neunerclan wollte gemeinsam einen interessanten Teil Nordislands erobern. Floppys bekamen einen Toyota Avensis, wir übernahmen wieder einen Skoda Octavia. Und dann los – schnell erreichten wir auch ohne Hilfe von MarcoPolos GPS die Ringstraße 1, die rund um Island führt; wir nutzten sie nur für einen kleinen Teil. Über Damm und Brücke fuhren wir über den Ausläufer des Eyjafjörður, dann ging die Straße langsam bergauf. Die Stadthäuser ließen wir hinter uns und wir passierten ab und zu Höfe in unterschiedlicher Größe. Auf der linken Seite lockten zwei Parkplätze mit normalerweise prima Sicht auf Kreuzfahrtschiffe und Akureyri. Aber wir fuhren vorbei, da die Wolken noch immer sehr tief hingen. Während dieses ersten Teils der Tour genossen wir die Ausblicke auf den schon tief unter uns liegenden Eyjafjörðurs - so weit es eben ging. Bis wir über eine langgezogene Rechtskurve ins Landesinnere geleitet wurden. Berge auf beiden Seiten der Straße, die nach kurzer Zeit abwärts führte. Alles grün und weiß – an den Berghängen lag noch viel Schnee. Was über den noch immer die Berge umhüllenden Wolken lag, konnten wir nicht erkennen. Wahrscheinlich noch mehr Schnee. Auf der rechten Seite erschien das Hinweisschild „Goðafoss“. Huch, zwei Busse standen bereits dort; hinter uns drei weitere, von uns überholte Ausflugsbusse. Also weiter – wir sparten uns den Goðafoss für den Rückweg auf. Nach einigen Kilometern warnten uns Hinweisschilder: Baustelle, Geschwindigkeitsbegrenzung. Nein, nicht schon wieder! Doch! Straßenerneuerung und damit Schotterpiste. Aber zum Glück nicht so lang und ausgefahren wie zwei Tage zuvor. Wir nahmen sie entsprechend mit links …
Nach etwas mehr als eine Stunde Autofahrt erreichten wir die Rundstrecke zum Mývatn, dem Mückensee. Wir merkten es sofort – es klatschte auf die Windschutzscheibe. „Regen?“ fragte MarcoPolo, „oder Mücken?“ Meine Antwort: „Mücken!“ Klatsch, klatsch, klatsch … Links von uns der viertgrößte See Islands, rechts weite Wiesen und Weiden. Islandpferde. Klatsch, klatsch, klatsch … nein, die Mücken und zu unserem Glück nicht die Islandpferde … Nahmen wir der einzigartigen Vogelwelt des Mývatn die Lebensgrundlage? Nochmals nein, bei den Mývatn-Mücken gab es anscheinend nie Nachwuchsprobleme, was wir bei unserem ersten Halt in Skútustadir erkannten. Raus aus den Autos! Alle? Erneut nein, unsere Mückenflüsterin Pingu blieb im Auto! Trotz aller Beteuerungen, dass die Mývatn-Mücken nicht stechen sondern nur einen für sie angenehmen Schutz in Kleidungsstücken und Körperöffnungen suchten. So erhielten wir unser zweites Frühstück. So, tschüss Pingu, nachdem Floppymann den Toyota ein wenig versetzte, so dass Pingu einen herrlichen Ausblick auf den See hatte. Gemeinsam mit etlichen Mücken im Auto …
Wir restlichen Acht machten uns auf den Weg, begleitet von Mückenschwärmen, die einen Narren an uns gefressen hatten. Herrlich, unsere Bewegungen. Unsere Hände gingen andauernd auf und ab, zur linken und zur rechten Seite, nach vorne und nach hinten. Sie signalisierten den Kleinviechern: „Haut ab!“ Entweder verstanden sie kein deutsch oder sie waren noch immer von uns so begeistert, dass sie unsere Schläge auf ihre Köpfe und Körper gerne in Kauf nahmen. Unsere Damen verschleierten sich. Schaltücher um Mund, Nase und Haare. Aber nicht zu eng, auf dass die niedlichen Tierchen Richtung Körper krabbeln konnten …
Ach ja, wo befanden wir uns? Auf dem Weg zu den Pseudokratern, die wir „erklimmen“ wollten. Vor langer, langer Zeit war hier – neben dem Mývatn – ein wasserhaltiges Gebiet. Sumpf, Moor oder ein weiterer See. Lava floss darüber. Wasser und Lava vertrugen sich nicht und es machte „Peng!“ Explosionsartig wölbten sich die Ränder um den Explosionsmittelpunkt nach oben – es entstanden Krater. Genauer geschrieben, Pseudokrater, da sie nicht die Folgen eines Vulkanausbruches waren. Vom Kraterrand aus hatten wir einen hervorragenden Ausblick auf den Mývatn und die Nachbarpseudokrater.
Pingu verpasste ihn. Mit uns bekam sie aber mit, dass sich die Wolkendecke nach und nach öffnete, die Sonne ihre Strahlen in unsere Richtung warf und Farbe (!) in die Gegend brachte.
So, wir mussten weiter. Aber nicht, ohne weitere Mücken in den Skoda und vor allen Dingen in den Toyota zu lassen. Pingu sollte sich mit ihnen anfreunden. Als ich mit unserem Skoda den Parkplatz verlassen wollte, rief Kreuzfahrergerda (sorry, liest sich gut …): „Vorsicht, Achim, dort links kommt ein alter Opa!“ Opa? Na ja, im Werden. Alt? Nicht so richtig – es handelte sich um den gewissen Toyota-Fahrer … Floppymann …
Im weiteren Straßenverlauf verschwanden die grünen Wiesen und Weiden. Bizarre Lavagebilde übernahmen die Gewalt. Wir befanden uns am Rande von Dimmuborgir. Dieses Gebiet entstand vor ca. 2.300 Jahren, als sich an dieser Stelle ein Lavasee bildete. Das unter der Lava befindliche, dann kochende und verdampfende Grundwasser zerriss explosionsartig die Lava und erzeugte so die die Phantasie fordernden Lavagebilde wie Burgen, Türme, Höhlen, Löcher, usw. Zunächst stoppten wir unsere Autos an der Peripherie von Dimmuborgir. Pingu nahm allen Mut zusammen und verließ fast als Erste den Toyota. Klasse, wie elegant sie knickste und den vor ihr liegenden Mývatn auf ihre Speicherkarte bannte. Sie hatte kräftigen Nachholbedarf …
Natürlich von Mücken umschwärmt - Pingu. Wir machten einen kleinen Lavaspaziergang. Eine kleine Anhöhe hinauf, die einen phantastischen Blick auf die Umgebung gewährleistete. Weit – bis zu den Pseudokratern.
Diesen kleinen Lavaspaziergang wiederholte der harte Kern des Neunerclans im Zentrum Dimmuborgirs. Auf dieser Runde erkannten wir, dass Dimmuborgir zu Recht „dunkle Burgen“ oder „dunkle Städte“ bedeutet. Wir sahen sie –
wie auch das Gesicht eines/r Alten, wie auch die Silhouette von Alf, den Außerirdischen,
wie auch das Schaf.
Ein vorerst letzter Blick auf den Mývatn und wir steuerten unser nächstes Ziel an. Bei Reykjahlíð stießen wir wieder auf die Ringstraße 1 Richtung Osten. Vor uns lag eine nicht zu hohe, verschiedenfarbige Bergkette. Kein Schnee. Dafür ließen die Ergebnisse vulkanischer Tätigkeit grüßen. Dunkelbraun, anthrazit, rotbraun – alles nur mit wenigen grünen Flecken. Auf einem erhöht liegenden Parkplatz hielten wir zu einem Fotostopp. Ein herrlicher Ausblick auf das hinter uns gelassene Tal. Es erinnerte ein wenig an Fuerteventura. Ein wenig trostlos, aber trotzdem anziehend. Mit einem außergewöhnlichen Farbfleck – milchiges Hellblau. Ein Kraftwerk verlockte tief unter der Erde lagerndes, 240° heißes, eher kochendes, nein, verdampfendes Wasser zum Beheizen von nah und fern liegenden Ortschaften und zur Elektrizitätserzeugung nach oben zu strömen. Das nach der Energiegewinnung übrig gebliebene Restwasser mit einer Temperatur von ca. 70° sammelte sich am Rande des Kraftwerks. Es ist mineralienhaltig, angereichert mit Kieselerde, Salz und Algen, die die aus dem Rahmen fallende Farbe bewirken.
So, nun noch einige 100 m bergauf. Steil. Dann noch einige 100 m bergab. Wieder steil. 10 %iges Gefälle. Mit der Zeit kribbelte ein ein wenig strenger Geruch in der Nase. Faule Eier? Nein, Schwefel. Eins der vielen Markenzeichen des Solfatarengebiets Námaskarð.
Diesem Terrain gaben wir viel Zeit. Wir wollten unsere Sinne fordern. Den Geruchssinn – Schwefel – hatten wir schon beschäftigt. Den Sehsinn: die Farbgestaltung (schon wieder Farbe!). Grau-blauer Schlamm. Schwefelrestanten in weiß über gelb bis orange. Rotbraun wies auf Eisen hin.
Parallel auch der Hörsinn – das Fauchen des aus der Erde entweichenden Wasserdampfes. Das Blubbern der Schlammpötte.
Auch der Tastsinn kam für Interessierte nicht zu kurz. Aber Vorsicht! Der Wasserdampf war sicher sehr heiß. Aber nicht die Steine der Pyramiden, aus denen der Dampf kam. Ich berührte sie und war überrascht – sie waren nur warm. Und mittendrin im Gelände immer wieder Zeichen von Leben – einfach nur schön …
Dieses für uns nicht alltägliche Gebiet faszinierte uns enorm. Leider ging auch hier die Zeit wieder viel zu schnell vorbei – wir mussten uns auf den Rückweg machen. Ab und zu ein kurzer Halt vor Schildern, die für die Nachwelt fotografiert werden mussten.
Einen längeren Stopp legten wir bei dem auf der Hinfahrt vernachlässigten Goðafoss ein. Auf dem Parkplatz ein Bus, nur wenige Privatautos. Also kein größeres Gedränge, so dass wir uns in Ruhe dem Wasserfall der Götter anschauen konnten. Ein merkwürdiger Name? Nein, denn um 1000, nach Annahme des Christentums durch die Isländer, veranlasste der Gode Þórgeir, dass sämtliche alte Götzenbilder in den Fluss Skjálfandalfljót geworfen wurden. Geschah anschließend nichts – war der neue Gott stärker. Passierte ein Unglück … doch darüber zu schreiben wäre müßig. Die alten Götter zürnten nicht und nach diesem erfolgreichen „Test“ nahmen die Isländer in Scharen die neue Religion an.
Wir fanden keine Reste der alten Götzen – aber den Godafoss einfach toll. Der Anblick des nur 10 m hohen, aber sehr breiten Wasserfalls war ein Augenschmaus. Über uns der blaue Himmel. Und Sonne satt. Dieses Mal schlenderten wir auf der linken Seite des Flusses. Und was sahen wir? Zunächst einen Miniwasserfall. Nein, das war nicht der Goðafoss!
Dann einen von der Gischt des Skjálfandalfljót verursachten Regenbogen. Schon wieder Farben! Schöne Farben!
Es gab die Möglichkeit, nicht weit vor der Fallstufe ein wenig hinabzusteigen und auf der Höhe des Flusses den Goðafoss zu bewundern.
Einfach göttlich … unvergesslich. Aber leider nur kurz, denn wir wollten unsere AIDAluna nicht warten lassen. Also endgültig zurück mit nur zwei kurzen Fotografiermöglichkeiten oberhalb des Eyjafjörðurs mit Blick auf Akureyri und die AIDAluna.
Unsere Autos gaben wir kurz nach 15.00 Uhr ab und waren pünktlich vor 15.30 Uhr zum „Alle Personen an Bord“ auf unserem Schiff. Nach für uns verkürzter Kaffeezeit wohnten wir dem Ablegen bei. Bei bestem Wetter glitten wir langsam an der MS Astor vorbei und nahmen Fahrt auf. Logisch, dass wir im Außenbereich des Weite Welt–Restaurants nicht alleine waren …
Die links und rechts des Fjords aufragenden Berge waren nicht mehr – wie am frühen Morgen – von Wolken umhüllt. Ein kleinerer Wasserfall, unverwüstliche Kühe und die strahlenden arktischen Lupinen präsentierten sich zum Lebewohl in voller Pracht.
Es war eine Ausfahrt, wie wir sie uns immer wünsch(t)en. Einfach toll bei diesem Wetter!
Leider zog leichter Dunst auf. Es wurde frisch und dickere Jacken mussten her. Der Außenbereich des Decks 5 leerte sich nach und nach. Nur Kreuzfahrergerds und wir „bevölkerten“ ihn; später hielten nur noch MarcoPolo und ich die Stellung. Wir bereuten es nicht, uns trotz der Kälte bis zum Ende des Eyjafjörðurs im Freien aufzuhalten. Die Insel Hrísey wurde passiert.
Unglaublich, wie uns kurze Zeit später die teils im Wolkendunst liegenden Berge faszinierten. Und Freude kam auf, als sich Wale sehen ließen. Wenn auch nur kurz. Wenn auch nicht in voller Pracht – aber wir hatten sie vor uns!
Richtig mystisch wurde es, als sich die Sonne durch Wolken und Dunst kämpfte und das Meer funkeln ließ.
Eine kleine Insel mit einem Leuchtturm zeigte uns, dass das Nordmeer nicht mehr weit sein konnte. Und die LED-Videowand, dass im Theatrium „Sissi, die wilde Kaiserin“ lief.
Wir ließen sie laufen, besser tanzen, solange wir noch in der Nähe des Festlands waren. Und noch einmal: MarcoPolo und ich bereuten es nicht, der immer stärker werdenden Kälte zu trotzen und die Einmaligkeit von Islands äußersten Nordens zu genießen.
Doch schließlich war es so weit: der Eyjafjörður lag hinter uns. Und wir hatten Wärme nötig – zunächst mit voller Außenmontur am Rande des Theatriums, bei dem wir die „Reste“ von Sissi miterlebten. Lachsalven … nicht schlecht, was wir sahen und hörten. Eine gute Persiflage …
Nun aber los – Zeit zum Abendessen! Wieder in kompletter Besetzung. Ganz hinten am Heck mit Blick auf das Nordmeer. Viel war aber nicht zu sehen, denn es zog dichter Nebel auf. Ein Anlass für Kreuzfahrergerd zu zeigen, dass er nicht nur meisterhaft das Pixeln verstand sondern sich auch mit Dichtern und Denkern optimal auskennt. Wir sprachen über den Seenebel. Kreuzfahrergerda: „Das (= dichter Nebel) hat sich abgezeichnet!“ MarcoPolo: „Von welchem Künstler stammt das?“ Kreuzfahrergerd: „Vom Dichter Nebel …“
Plötzlich – gegen 20.30 – rumpelte es. Wir überfuhren den Polarkreis! Schemenhaft tauchte links und rechts das von der AIDAluna zerstörte Eisbärengitter auf. Gut, dass Kapitän May uns mit gedämpftem Typhon auf diese nicht nur imaginäre Linie aufmerksam gemacht hatte. Ohne seinen Hinweis hätten wir es bestimmt nicht bemerkt … Aber komisch – unmittelbar hinter der AIDAluna schloss sich das Eisbärengitter wieder. Wie denn das? Vielleicht kann uns jemand darüber aufklären?! Da sich beim Passieren des Nordpolarkreises der Seenebel für Sekunden lichtete, sahen wir auch die den Nordpolarkreis bildenden, auf den Ozeanen schwimmenden weißen Balken. Aber wirklich nur für Sekunden. Und natürlich hatte niemand vom Neunerclan eine Kamera bereit – schade … Beim nächsten Mal werden wir besser gewappnet sein und Euch nach der Reise die Fotos vom Eisbärengitter und von den Nordpolarbalken präsentieren!
Ein besonderes Ereignis, als die AIDAluna das Eisbärengitter zerschnitt. Und wir waren dabei! Grund für uns, diese Begebenheit zu feiern. Aber nicht in der gewohnten Umgebung – im Außenbereich der Ohschän-Bar war es zu kalt; der Innenbereich war besetzt. Also zeigten wir uns sehr flexibel. Wir wichen in die Time Out-Bar aus – Mai Tai-Zeit …
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