Fortsetzung Rouen...
Etwas weiter, hinter der Kathedrale, befindet sich die Katholische Kirche Saint-Maclou. Diese wurde bei einem Bombenangriff 1944 wohl so stark beschädigt, dass man auch heute noch mit der Renovierung beschäftigt ist. Mittlerweile ist sie aber wohl weitgehend wiederhergestellt.
So richtig überprüfen können wir das aber nicht, denn heute ist hier Ruhetag und daher hat auch die Fellbande Ruhe vor einem weiteren Kirchgang.
Und warum aber sind wir nun überhaupt schon wieder bei einer Kirche. Gibt es denn hier nichts Anderes? Eben doch, denn der Teddy hat hier in der Nähe einen ganz besonderen Besichtigungsort eingeplant. Er will auf den Friedhof! Aber natürlich nur zur Besichtigung.
Es ist der Pestfriedhof. Und da die Menschen an dieser Seuche leider wie die Fliegen wegstarben, wurde der Platz rund um die Kirche schnell zu knapp und man schaffte noch einen extra Platz in der Nähe der Kirche. Und diese Zweigstelle „Aitre Saint Clou“ ist das eigentlich Interessante an der Sache. Drumherum ist nämlich ein („Aitre“) Atrium.
Und da man sich schließlich auch dort gegen die abermalige Überfüllung nicht mehr anders zu helfen wusste, hat man die Leichen auf den dortigen Dachböden verstaut. Das nennt man „Beinhaus“. Spart zwar grundsätzlich Platz, aber ich finde das erstmal komisch, dass beim Pestfraß offenbar immer nur noch die Beine übriggeblieben sind. Doch der belesene Ty hilft mir mit der Erklärung aus, dass man die sterblichen Überreste auch „Gebeine“ nennt und die Leichen dort - mit krankheitsbedingten Abstrichen -, doch schon mehr oder weniger im Ganzen eingelagert sind.
Man muss jetzt schon genau hinschauen, um den Toreingang zu finden. Steht nämlich kein riesen Reklameplakat vor. Aber einmal drin im Innenhof zieht sich um uns rum dieses Atrium.
Die hölzernen Balken sind mit religiösen Symbolen, Sensenmännern und auch Totenköpfen verziert.
Sonst aber sieht man nicht viel was an einen Friedhof erinnert und man kann nur erahnen oder auf Tafeln nachlesen, wie das damals hier so zugegangen ist.
Na ja, richtige „Gebeine“ wären mir jetzt auch eher unangenehm und für den Tiger sicher schockierend. Egal, da muss er jetzt durch. Denn Teddy sucht jetzt die einzige Leiche, die man hier sehen kann. Ist zwar nicht so alt wie die Pest, soll aber hier in einer Wandnische hinter Glas liegen, bzw. eher stehen. Aber wo ist dieses tote Vieh? Da fragen wir doch mal die Kellnerin von dem Lokal hier im Innenhof. Und die weiß es. Aber kein Wunder, ist ja auch nur 5 Meter rechts neben dem Lokal. Läuft die ja immer dran vorbei. Die Katze sieht jetzt nicht mehr so frisch aus, ist eher so ein bisschen mumifiziert,
hat aber trotzdem nichts mit der Pest zu tun. Eigentlich soll das wohl ein Scherz jüngeren Datums sein, von irgendwelchen Studenten. Ob solche Scherze auf einem Pestfriedhof angebracht sind?
Ersatzleiche gefunden und nun sind die Herrschaften durstig, wollen Teddys weitere Besichtigungspläne unterbrechen. Aber okay, wenn`s der Sache dient. Wird ja schließlich noch ein langer Abend heute. Denn das Highlight kommt ja erst noch.
Dann also jetzt gleich hier, in der Gartenwirtschaft. Eiserne Stühle, sieht rustikal aus. Da wird das Bier gleich doppelt so gut schmecken. Mit doppelt wären wir beim Preis hier wohl nicht hingekommen, denn man verweigert uns das Getränk. „Wir sind ein Gourmet-Lokal, „Haute Cuisine“, da gibt es nicht einfach nur was zu trinken.“ Lag vielleicht an der Uhrzeit, gerade Wechsel zum Esslokal, denn eigentlich sitzen da welche mit offenbar nur einem Getränk. Sonst wären wir ja erst gar nicht auf diese spontane Idee gekommen. An uns oder unseren Klamotten kann es doch wohl nicht gescheitert sein. Sind doch schick die Teddys. Okay, essen wollten wir sowieso nichts und ich weiß jetzt nicht, ob das unter den Umständen nicht sogar unsere finanzielle Rettung war. Denn morgen wird die Reiseleiterin erzählen, dass man in französischen Gourmet-Lokalen schon mal gerne mehrere hundert Euro für die mit hochtrabenden fremdsprachigen Begriffen geschmückten „Häppchen“ und „Schlückchen“ zahlt.
Also doch mal wieder gut gelaufen für uns. Wäre mir unter den Umständen eh zu blöde gewesen. Denn ein wenig skurril ist sie ja schon, diese Location: Unbequeme halbrostige eiserne Gartenstühle mitten auf dem Pestfriedhof. „Haute Cuisine“ schlemmen und daneben eine tote Katze. Guten Appetit!
Dann wird eben draußen einfach ein Schluck Wasser aus der mitgenommenen Plastikflasche getrunken und weiter geht`s. Mann bin ich froh.
Und irgendwie bin ich jetzt auch froh, dass die Abteikirche Saint-Quen ebenfalls geschlossen ist. Sie liegt in einem ehemaligen Benediktinerkloster, soll eine tolle Akustik haben und eine prima Orgel. Es gibt jetzt aber nichts auf die Ohren, -sie macht schon um 18:00 Uhr zu.
So, die restlichen etwa noch 20 Kirchtürme schenken wir uns dann mal. Genug der Heiligtümer. Wenden wir uns jetzt mal den bürgerlichen Dingen, Bauten und Nebensächlichkeiten zu, den hunderten Fachwerkbauten, die wir ja auf unserem bisherigen Weg schon so zahlreich gesehen haben.
Zugunsten dieser schenken wir uns das Museum der schönen Künste „Musée des Beaux-Arts“. Denn ich finde es hier auch so schon schön genug und gar nicht künstlich. Hätten wir auch lange hin latschen müssen und das Gebäude an sich ist nun vergleichsweise nicht so der Brüller. Und reingegangen wären wir ja eh nicht. Auch nicht wegen dieser Monet-Bilder von der Kathedrale.
Aber auch das Fachwerkbestaunen
findet nun erstmal ein Ende und die Fellbande gewährt den Trägern die ersehnte Erfrischungspause. Diesmal ein „normales“ Lokal auf dem Platz vor Saint Maclou
und danach noch Kalorien auftanken in einem Feinschmeckerlokal beim Uhrenturm. Gönne denen jetzt doch noch ihre lukullische Erlebnisreise. Ein Gericht mit dem wohlklingenden französischen Namen „Pommes Frites“ … im Pappkarton. Ja, man muss sich auch mal auf das besuchte Land einlassen.
Jetzt ist es schon fast dunkel und warum dürfen wir immer noch nicht nach Hause, auf das Schiff?
Weil der Teddy da noch ein Ass im Hoody-Ärmel hat. Und das spielt er jetzt aus.
Lichtershow vor der Kathedrale! „Kathedrale des Lichts“, projiziert auf die Kathedralenfassade.
Und der Zauber fängt eben erst um genau 21:30 Uhr an. Da laufen wir jetzt mal langsam hin, wieder unter dem leider weiterhin unbeleuchteten Uhrenturm durch. Eigentlich hatte ich den auf Fotos doch beleuchtet gesehen. Schade.
Nun, um 21:00 Uhr ist der Platz vor der Kathedrale schon recht belebt, scheint wohl doch kein Geheimtipp zu sein. Aber tatsächlich haben wir mal wieder Glück und finden noch einen Platz in einem Hauseingang, an der Wand des Gebäudes gegenüber.
Und auch das ist natürlich, nebenbei bemerkt, geschichtsträchtig, aus dem 16. Jahrhundert. Genau hier, in der 1. Etage, malte dieser Monet einen Teil seiner „Kathedralenbilder“. Heute residiert in dem Bau u. a. das Fremdenverkehrsamt. Ist uns aber jetzt egal, Hauptsache wir können, ohne uns den Hals zu verdrehen, prima auf die „Leinwand“ sehen, die Riesen-Fassade gegenüber. Mit etwas mehr Abstand, also kein Rasiersitz wie die da vorne.
Die Kathedrale liegt so kurz vor der Dunkelheit in einem ganz anderen Licht. Der Glanz von eben ist weg.
Und wer mag das damals eigentlich alles so filigran gemauert und geformt haben… Ja, das ist sicher schwieriger als Bilder malen. Aber die Namen hier wird sicher heute keiner mehr kennen…
Jetzt aber gibt es ganz was anderes, es gibt Illusionen. Geht dann auch pünktlich los, geheimnisvolle Musik und bewegte Bilder in strahlenden Farben,
mal auch eher schwarz/weiß,
erstrecken sich über die ganze Fassadenfläche. Mal aufbauend, mal verschwimmend die Wechsel und immer wieder überraschend erstrahlt die Kathedrale.
Nach etwa 25 Minuten ist das Spektakel vorbei. Wer es verpasst hat, der kann jetzt wieder von Beginn an einsteigen. Es wird nämlich nochmal wiederholt.
Und wir sind scheinbar nicht die einzigen Aida-Gäste hier, denn ein ganzer Schwung strömt jetzt Richtung Shuttlebus. Der letzte fährt um 22:30 Uhr. Unterwegs zum Halteplatz entdecke ich, dass der Uhrenturm jetzt wohl tatsächlich beleuchtet ist, bzw. angestrahlt wird. Der Schein dringt deutlich bis zu uns herüber, aber wir sind leider in der Parallelstraße unterwegs und können nichts weiter davon sehen. Ach ja, man kann nicht alles haben. Wichtiger ist jetzt der letzte Bus. Und da steht ja auch schon einer, aber leider fast voll. Da kommen wir noch nicht mit. Offenbar scheint es im Moment aber nur noch der einzige Pendelbus zu sein. Die beiden Aida-Einweiser staunen jetzt nicht schlecht und sind ein wenig überrascht, wie viele Gäste so spät noch unterwegs waren und die Schlange der Wartenden rasch anwachsen lassen. So lang, dass auch in den nächsten Bus nicht alle reinpassen, wir aber schon. Dauert zwar fast eine halbe Stunde, bis der Bus wieder da ist, aber Hauptsache dabei, zufällig genau um 22:30 Uhr. Für den Rest wird es dann wohl nach 23:00 Uhr werden.
Und nun aber schnell ab ins Bett.
Morgen machen wir mal was anderes, einen Ausflug. Mit Rouen (spricht sich übrigens wohl „Ruon(g)“ oder so ähnlich) sind wir eigentlich mehr recht als schlecht im Schnelldurchlauf durch. Nicht unmaßgeblich dank Teddys strategisch ausgefeiltem Besichtigungsplan. Das sei dann am Rande doch mal von mir angemerkt…wenn`s sonst schon keiner macht.
-- Fortsetzung folgt --
Und morgen geht es dann raus aus Rouen.
Ein Ausflug zu einer alten Burg von Richard Löwenherz.
Von damals, als sein Herz noch nicht einzeln war und noch nicht in der Kathedrale lag...
Danach dann noch zum angeblich schönsten Dorf der Normandie.
Mal schauen ob ich das auch so sehe...