Fortsetzung, Teil 2
Unterwegs in Sao Miguel
21. März 2023 – Ponta Delgada, Azoreninsel Sao Miguel 17 Grad wechselhaft
Welch eine beschauliche Ruhe hier herrscht. Manche Häuser sehen verlassen aus, ebenso ein Schulgebäude.
Es geht kreuz und quer durch dieses Viertel und an einigen Hauswänden prangen schöne Wandmalereien. Das ist immer etwas, was mich anzieht und ich denke drüber nach, was der Künstler wohl für eine Botschaft aussendet.
Eigentlich wollten wir heute in kein Museum, aus Zeitmangel – aber nun müssen wir … Die Eintrittspreise für das Nucleo de Santa Barbara sind interessant. Man kann das Gebäude, ohne die Kunstwerkausstellungen, besuchen. Das ist uns recht und weil wir Rentner sind, gibt es 50 % Rabatt und so können wir beide für gerade mal 2 Euro einen kleinen Rundgang machen und eine blitzsaubere Toilette aufsuchen. Als Dankeschön stecken wir etwas Geld in eine Spendenbox.
Das Wetter auf den Azoren ist für das Mauerwerk der Häuser eine ständige Herausforderung. Putz und Farbe blättert ab, Flechten finden ideale Bedingungen und ein Haus, das gut aussehen soll, muss regelmäßig renoviert werden. Wie diese hohen Säulen zum Beispeil.
Alle paar Schritte weiter tun sich neue Perspektiven auf ...
Prächtig präsentiert sich das Eingangstor zu der „Azorean Atlantic Universal“. Wenn man sich mit der Entstehung der Inseln befasst, ist es nicht verwunderlich, dass hier geforscht und gelehrt wird. Thema Meeresforschung, Vulkanologie, Bekämpfung des Klimawandels. Dies alles ist wichtig für die Oceane und deren Bewohner – sprich Tierwelt.
Entlang den Straßen stehen Palmen und Platanen, die jedoch noch keine Blätter tragen und sehnsüchtig auf den Frühling warten.
Auf einem Hügel, oberhalb des Hafens steht eine kleine Kapelle, die wir sehen wollen. Es ist die Ermida de Nossa Senhora Mae de Deus, was für ein komplizierter Name – übersetzt bedeutet es Kapelle Muttergottes.
Auch hier oben sind wir ganz alleine und genießen die Stille – nach 5 Seetagen mit genügend Stimmengewirr, Musik, Motorengeräusch. Allein schon die Blicke runter auf die Stadt und den Hafen sind es wert gewesen, dass wir den Hügel hoch gelaufen sind. Große Schautafeln an der Befestigungsmauer zeigen, wie der Ort früher ausgesehen hat und dass der Bau des Hafens im Jahr 1861 begann.
Es ist inzwischen schon 14.30 Uhr geworden und wir machen uns auf den Rückweg. Es geht leicht bergab und immer wieder gibt es noch was zu entdecken.
Seien es verlassene Häuser, Bauten die renoviert werden und eine Abbildung der Muttergottes auf Fliesen, die den First eines Hauses zieren.
Ein Stück laufen wir die Avenida Infante Dom Henrique entlang, die Straße unten am Hafen, wo es Geschäfte, Banken, Büros und auch Lokale gibt.
„Uff, das reicht aber für heute“, sage ich zu meinem Mann. An Bord angekommen, präsentiert sich das Wetter von der kühlen Seite. Die Stühle im Außenbereich des Restaurants sind aufgestapelt, es wird doch wohl nicht stürmisch werden auf der Fahrt zur nächsten Azoreninsel – die nur 174 Kilometer entfernt liegt. Morgen sind wir auf Terceira unterwegs, warten wir mal ab. Schaukeln oder schunkeln werden wir nachher noch.
Weil laufen hungrig macht, sind wir pünktlich im Restaurant zum Abendessen, denn um 20.30 Uhr wird es voll werden im Theatrium. Waaaarum????? Na klar, Eric Paisley – er wird heute sich mit seinen Liedern ausschließlich Udo Jürgens widmen.
Ein Streifzug durch das Leben des Sängers, der uns so viele unvergessliche Lieder geschenkt hat – wird uns heute in den Bann ziehen. Und Eric am Flügel, singt die Lieder mit so viel Hingabe, dass es immer wieder spontanen Applaus gibt und zum Schluss verschwindet er kurz. Ich weiß warum, denn Udo Jürgens kam zum Ende seiner Auftritte immer mit einem weißen Bademantel auf die Bühne und seine Fliege war aufgelöst. Es gab natürlich noch Zugaben und jede Menge Applaus.
Ich erinnere mich, da war ich in den 80er Jahren auf einem Konzert von ihm, es war mein zweites. Da saß ein Mann neben mir und als er mich verwundert fragte, wieso Udo von der Bühne verschwindet, schaute ich ihn mit einem mysteriösem Lächeln an. Flüsterte ihm zu: „Er wird jetzt einen Schluck trinken, dann macht er die Fliege auf und zieht sich einen weißen Bademantel an!“ Erstaunt fragte er mich, woher ich das denn wisse? „Ich bin Hellseherin“ war meine Antwort. Die Augen des Mannes wurden immer runder und dann kam Udo, Fliege offen, Bademantel an. Sichtlich irritiert stupste der Mann mich an „Sie haben recht, unglaublich!“ Okay, ich habe ihn dann aufgeklärt, dass es mein zweites Udo-Konzert sei und dieses Ritual immer am Ende ansteht. Hinter vorgehaltener Hand lachten wir leise und er meinte, ich sei schon ein Schelm. Ich denke gerne an diese Geschichte zurück.
Nach dem musikalischen Leckerbissen geht es gleich rüber in die AIDAbar. Auf dem Weg dort hin begegnen uns zwei Frauen, die auf dem Weg zur Arbeit im Hamburger Stadtteil St. Pauli sind. Eine Dame der Security, entsprechend gekleidet und eine andere, die als Reinigungskraft ihr Geld verdient. Meine Güte, ist das voll – Menschen stehen dicht gedrängt an der Bar, auf der Bühne hat sich Seemannsvolk in weißer Kleidung zusammengefunden und die singen „An der Noooordseeeküüüüste am ….“ und sofort fangen wir an zu schunkeln.
Das Stimmungsbarometer steigt und als in dem Etablissement eine sparsam gekleidete Dame singend sich auf einem Stuhl räkelt, tobt die Menge. und plötzlich ist auch Eric da und singt voller Elan – was für ein Abend. Danke AIDA, wir hatten so viel Spaß.
"Der Letzte macht das Licht aus", raunt mein Mann mir zu. "Neee, jetzt noch nicht. Wir brauchen noch einen Absacker. Aber mach hin, die Putzkolonne ist schon da. Ui, wer hat auch da mit Papierfetzen geworfen???"
Wir machen uns auf den Weg zu unserer Kajüte, denn „morgen früh ist die Nacht um“ - beliebter Spruch meines Mannes. Es wird noch etwas aufgeräumt, der Rucksack gepackt für den nächsten Landgang. Ich werde gut schlafen, das Schiff schaukelt sanft. Gute Nacht.