Haus am See (noch 42 Tage bis zum ersten Wellengang)
Die kleine Leselampe an meinen Stirnband beleuchtete Seite 42 (von 101) des Buches #Zur Simulation und Vorhersage extremer Schiffsbewegungen im natürlichen Seegang#
Neben mir hörte ich die regelmäßige Atmung meiner Meernymphe.
„stochastisch angeregte parametrische Rollschwingungen…oh jeh, da kommt einiges auf uns zu…“ sagte ich leise. Neben mir stockte kurz der Atem, ehe mich ein lautes Grunzen wieder beruhigte. Ich sah uns schon rollend und stampfend in der Innenkabine umherirrend, einander liebevoll Brechbeutel reichend. Mir kamen Gruselgeschichte zu Ohren, über eine stürmische Nordsee, mit 10 Meter hohe Wellen, und fürchterlicher Seegang. Ein Kollege war kürzlich auch auf nordischer Kreuzfahrt unterwegs gewesen, und er sah immer noch grün um die Nase aus… (später erfuhr ich dass es sich hierbei wohl um Nacheffekten des Lungenhaschee Verzehrs in der Betriebskantine handelte). Alles nicht so easy… ich musste mir was einfallen lassen, damit wir auf sämtliche Roll- und Stampfbewegungen vorbereitet waren.
Meine Frau schaute sich schon nach Ausflüge um, und wälzte verschiedene Reiseführer.
Wie ihre Augen strahlten in verzückende Vorfreude… wenn sie wusste was tatsächlich auf uns zukam… Mir lief ein Schauder über den Rücken.
Auf den Boden fand ich noch ein Schlauchboot, welches ich im Garten aufzublasen versuchte. Ich hätte am Vorabend besser keine Linsensuppe gegessen, die Nachbarin schaute angewidert über die Hecke, aber das Boot schien noch intakt zu sein. Easy eben.
An einen Sonntag fuhren wir gemeinsam auf dem See heraus, mit kleiner Picknickkorb und zwei Flaschen Gingerbeer. Mitten auf dem See holte ich die Paddel ein, öffnete eine Flasche und reichte meine Kumpanen das, dick mit Erdnußbutter belegtes Pausenbrot. Wasserski-Fahrer waren auch wieder unterwegs, und unser Schlauchboot wiegte sanft auf die Wellen. Mir wurde schon ein Wenig mulmig, aber meine Wasserratte schien es zu gefallen, da sie das Schaukeln noch verstärkte, indem sie hin und her wiegte. Schien alles easy zu sein…
Meine Frau holte noch die Käsebrote raus (ich verzichtete), winkte vergnügt sämtliche Skifahrer zu, und sang dabei “Fahr mich in die Ferne, mein blonder Matrose“. Nachdem wir wieder an Land waren wurde mir klar, das eine Seegang-Simulation mittels Schlauchboot auf unserem Haussee, wohl eher nicht die grausame Wirklichkeit entsprach. Meine Frau gab das übrig gebliebene Käsebrot an einen, gerade aus dem Wasser empor steigender Waschbrettbauch-Schönling, ehe wir gemeinsam das Schlauchboot nach Hause schleppten.
Nach langem Überlegen, kam mir die Idee ein Wasserbett zu kaufen. Genial!
Nachteil: sehr teuer (und schwer). Nach intensiver Suche fand ich endlich ein passendes Angebot bei uns in der Nähe. Das Bettenhaus ‚Wiederaufbereitungsanlage‘ im Nachbardorf, bot ein Hardside, free-flow, solo-Wasserblase Bett,mit nur leichte Gebrauchsspuren für einen Spottpreis an. Bankkonto geplündert, Tag freigenommen, Schlafzimmer leergeräumt, Eingangstür ausgebaut, und schon stand das gute Stück da, wo es hingehört. Easy eben.
Ich wollte den freundlichen Fahrer noch ein Trinkgeld geben (schonmal üben für unsere Kreuzfahrt), aber er war schon verschwunden. Na ja, vielleicht Feierabend, oder Notdurft.
Jetzt blieb nur noch das befüllen des Wasserbettes, ehe meine Frau wieder nach Hause kam.
Dazu hatte ich schon Vorbereitungen getroffen, indem ich eine zusätzliche Regentonne im Garten aufstellte, und Tiefdruckgebiet Jelena besorgte den Rest.
Ich lief hoch und runter, hoch und runter mit zwei Gießkannen Regenwasser, und befüllte das Bett. Ich holte extra noch 4 Gießkannen voll mit Wasser aus unserem See.
Verschwitzt und mit zerzauster Haarpracht empfing ich meine Seeräuberin an die offene Tür.
„Was denn hier los? Hat uns einer die Tür eingerannt?“
Ich versprach die Eingangstür vor Mitternacht wieder einzuhängen, und nahm sie bei der Hand die Treppe hoch. „Ich möchte eine deiner Herzenswünsche erfüllen..“
„Oh, hast du dich endlich beim Fitness-Studio angemeldet?“
„Nein, mein Schatz…viel besser!“ Im Schlafzimmer angekommen, zeigte ich das große Wasserbett. „Taraaaa!“ Sie schlug die Hände vor dem Mund. „Waaasss! Watt hast du denn jetzt gemacht!“ Nachdem sich meine Frau beruhigt hatte (Gott sei Dank hatte ich die Eingangstür noch nicht eingehängt..) und wir auch wieder zusammen das Bett teilten, blieben noch 36 Nächte mit simulierter Seegang übrig. Easy eben. Eine undichte Stelle verursachte nach 2 Wochen noch ein kleiner Wasserschaden, aber das aufgequollene Laminat wurde schnellstens beseitigt und erneuert. Ich muss zugeben dass es uns mehrmals flau im Magen war, da wir beiden einen unruhigen Schlaf haben. Thema Seegang erstmal erledigt.
VG
Marcel (Wasserbett-Guru)
P.S
Sollte sich einer für ein gut erhaltenes Wasserbett interessieren…