Die sich vor uns ausbreitende Landschaft macht den Abschied nicht unbedingt leichter.
Genauso wie der Blick vom Heck: Mach´s gut, du traumhaft gelegenes norwegisches Kleinod! Flåm verabschiedet uns bei strahlendem Sonnenschein und schönstem Sommerwetter. Ein toller Tag mit unvergesslichen Erlebnissen liegt hinter mir und damit leider auch schon wieder die Hälfte der vier Destinationen unserer einwöchigen Norwegen-Reise. Die schönste Zeit des Jahres ... Sie beginnt schon wieder, mit immer größeren und schnelleren Schritten zu rennen ...
Die Passagiere drängen sich entlang der Reling, denn es gibt ganz viel Landschaftskino: Die steilen Hänge entlang der die Ufer säumenden Felsen. Sattgrüne Wiesen und Bäume - überwiegend Birken und Fichten, dazwischen immer wieder spielzeugkleine Steinhäuschen oder die für Skandinavien so typischen und in Falunrot angestrichenen Holzhäuser mit den weißen Fensterrahmen. Erhalten hat die Farbe ihren Namen nach dem gleichnamigen Ort Falun in Schweden mit seiner im Jahr 1992 geschlossenen Kupfermine. Hier ein Bötchen, da ein kleiner Badesteg. Immer wieder wird unser Schiff umkreist - überwiegend von Schlauchbooten mit beachtlicher Geschwindigkeit. Man winkt uns zu, wir winken zurück.
Der skandinavische Drehbuchautor Nor Wegen sollte wirklich für seine atemberaubenden und sprachlos machenden Naturfilme einen Oskar bekommen. Ach, ihr kennt Nor Wegen nicht?! Dann fahrt mal nach Norwegen … Da lernt ihr seine Filme täglich aufs Neue kennen ...
Hinter einer leichten Fjordbiegung ist schon von weitem auf der Steuerbordseite eine etwas größere Ansammlung von kleinen, sich malerisch an einen leicht abfallenden Berghang schmiegenden Häuschen zu sehen: Aurlandsvangen. Den so malerisch am Aurlandsfjord gelegenen und vom Fluss Aurlandselvi in zwei Teile getrennten Ort passieren wir auf AIDAlunas Steuerbordseite. Reisenden dürfte dieses Fleckchen Erde auch im Zusammenhang mit dem Aussichtspunkt Stegastein bekannt sein, der nur wenige Kilometer vom Ort entfernt über die Touristenstraße Snøvegen erreichbar ist und einen atemberaubenden Blick über den Ort, die Fjordlandschaft und das Flenjaeggi-Gebirge bieten soll.
Bei klassischer Musik und einer unbeschreiblichen Stimmung, die unter die Haut geht, gleitet unsere AIDAluna ganz still und majestätisch durch die Fjordlandschaft. Momente, die ich niemals wieder vergessen werde. Ich bin einfach nur glücklich und genieße … Mit Tränen in den Augen und voller Dankbarkeit, dass ich all das erleben darf.
Norwegisches Wassergrundstück - 365 Tage Fjordblick garantiert. Während unserer beschaulichen Fahrt durch den norwegischen Abend passieren wird beidseits der traumhaften Fjordlandschaft immer wieder solche einsamen Gehöfte. Wohnen in der puren Natur ...
Langsam sinkt die Sonne tiefer und versteckt sich allmählich hinter den hohen Bergen des Aurlandsfjords. Schatten fallen auf Felsen und Fjordwasser. Die Stimmung verändert sich. Die Mystik kehrt zurück … Und das magische Licht des Nordens … Es ist die Zeit, in der die Trolle langsam aus ihrem Tagschlaf erwachen, um sich in der Dunkelheit wieder aus ihren Höhlen zu wagen und sich mit ihren langen Fingern an den Felsen entlang zu hangeln, mit einem listigen Lachen, dessen Echo von den Felswänden hundertfach zurückgeworfen wird.
Noch ist es Zeit, doch der Abend nähert sich …
Viele Gäste halten sich noch an Deck auf. So nutze ich meine melancholische Stimmung für ein frühes Abendessen im "Weite Welt"-Restaurant. Um 18 Uhr ist es noch ziemlich leer. Ich suche mir einen sonnigen Tisch direkt an einem der großen Panoramafenster, so dass ich die vorbeiziehende Traumlandschaft auch von hier aus genießen kann. Da ich heute Mittag ja nur die leckere Fischsuppe hatte, ist der Appetit nunmehr groß, so dass ich nicht nur einmal zum Buffet gehe. Der mit Abstand leckerste Gang sind die Köstlichkeiten vom Teppanyaki-Grill, den ich auf meiner Reise mehrfach aufsuche.
Bevor ich um 19 Uhr zur "Prime Time" ins Theatrium gehe, drehe ich noch eine kurze Runde übers Pooldeck, das sich inzwischen merklich geleert hat. Die Schatten der hohen Berge hüllen unsere AIDAluna nunmehr komplett ein. Überall sieht man achtlos in irgendwelche Ecken geworfene oder auf Liegen und Stühlen einfach liegengelassene Decken und Pooltücher. Muss das eigentlich sein?! Kann man nicht selbst seine Sachen wegräumen?! Und damit der Crew einfach mal ein wenig Arbeit ersparen?! Respektlos finde ich so etwas. Respektlos und ohne Anstand. Doch ärgern bringt nichts. Solchen Leuten ist sowieso nicht zu helfen.
Also widme ich mich angenehmeren Dingen - "Thilos Prime Time". Er berichtet über Alkohol in Norwegen - ein "Kapitel für sich". Es gibt wieder ein "99-Sekunden-Interview mit Ausblick" und ein paar Spielchen.
Der musikalische Act wird heute von Bart übernommen. Im schicken Anzug und mit jeder Menge Charme singt er den weltbekannten Song "Volare". Obwohl "singen" dem Ganzen eigentlich nicht gerecht wird. Vielmehr scheint er den Song zu leben, so wie er ihn interpretiert. "Nel blu dipinto di blu" … "In Blau gemaltes Blau" … Total passend zur Landschaft und zu dieser Reise. Das Publikum honoriert seinen Auftritt mit gebührendem Applaus.
Zurück an Deck hat sich die Stimmung zwischenzeitlich erneut verändert, der Fjord-"Blockbuster" hat sein nächstes Kapitel aufgeschlagen. Der Himmel hat sich nahezu bezogen, das "in Blau gemalte Blau" wurde zu einer "Rhapsodie in Grau", was der Schönheit keinen Abbruch tut. "My endless Love" kann wirklich jede Farbe tragen. Ihr steht einfach alles.
Es ist einer dieser besonderen Momente - ein "Magic Moment": Die Abendsonne scheint durch das "Fenster der Trolle". Braucht es für Stimmungen wie diese noch weitere Worte?! Ich denke nicht.
Im Theatrium verwandelt sich Thilo heute Abend mal kurzerhand in Günther Jauch und unser Schiff scheint mal eben nach Hürth bei Köln "gebeamt" worden zu sein: "Wer wird Millionär?" steht auf dem Programm. Auf dem "heißen Stuhl" gegenüber unseres "Spaß-Kapitäns", der natürlich in den passenden Momenten auch mal ernst sein kann, schlägt sich eine sympathische Kandidatin tapfer und schlagfertig und kämpft sich so durch mehrere Runden. Alle Achtung, ich würde mich vor lauter Aufregung angesichts der vielen auf einen gerichteten Augenpaare wohl nicht so wacker und selbstsicher schlagen können. Respekt. Zwar wird es nicht die zweiwöchige Traumreise in die Karibik, doch ein Essen inklusive Getränke für zwei Personen im "Buffalo Steak House" ist doch auch ein schöner Preis. Hat sie sich wirklich verdient.
Auf dem Pooldeck laufen inzwischen (noch!) die Vorbereitungen fürs "Alpenglüh'n". Aufgrund des tollen Wetters hatte sich die Crew am Nachmittag entschieden, diese Veranstaltung kurzerhand unter den freien Himmel zu verlegen. Man rechnete wohl nicht mit der mitunter sehr launigen "Sprunghaftigkeit" des norwegischen Wettergottes. Und der hat heute Abend nun mal was anderes vor. Schnell versteckt er die ersten am Horizont auftauchenden kleinen Schneefelder auf den Gipfeln der Berge in dunklen, drohenden Wolken. Schnell zieht Nebel auf, in den sich innerhalb kürzester Zeit Regen mischt. Das sieht nicht nach einem kurzen Schauer aus. Das wird was Größeres …
In Windeseile wird das Pooldeck beräumt. Mir tut die Crew leid, sie hat sich so viel Mühe gegeben. Schade um die viele schöne Arbeit. Das "Alpenglüh'n" wird in die AIDA-Bar verlegt. Aber irgendwie steht mir dann heute der Sinn nicht mehr danach.
Ich lege noch einen "Boxenstopp" im Fotoshop ein und nehme mir von der Pool Bar einen Caipirinha mit auf die Kabine. Aber irgendwie schmeckt er mir nicht richtig.
Eingehüllt in zwei Decken setze ich mich noch eine Weile auf meinen Balkon, während auf der anderen Seite der Brüstung der Regen auf den grauen und vom Nebel verschluckten Fjord prasselt. Was für eine surreale Stimmung, die sich auf die Formulierungen in meinem immer hungrigen Reisetagebuch niederschlägt.
Die "BILD"-Zeitung von AIDA, welche vorhin an meiner Kabinentür steckte, lese ich übrigens jeden Abend regelmäßig. Warum "BILD"-Zeitung, fragt ihr euch?! Nun, das ist ganz einfach. Die tägliche AIDA-Bordzeitung stimmt neben den vielfältigen Bord-Aktivitäten auch immer auf die nächste Destination und damit den nächsten Landgang ein. Somit steht für mich der Begriff "BILD" für "Bald Ist Land Da". Ich sage ja - ganz einfach.
Wieder einmal ist es nach Mitternacht, als ich das heimelige Licht meiner Nachttischlampe ausschalte und mich in meinem bequemen Bett umdrehe.
Noch wenige Stunden, dann erreichen wir Olden, das "Tor zu den Gletschern". Ob der norwegische Wettergott ein Einsehen haben wird und die Eisriesen sich uns in schönstem Blau präsentieren werden? Oder verstecken sie sich in der dampfenden Waschküche der Trolle?! Bald werde ich es wissen.
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