Kopenhagen - 31. August 2015 - Wetter: wechselhaft, 20 Grad
Um 6.17
Uhr stehe ich auf dem Balkon und die Diva fährt in den Hafen von Kopenhagen ein. Irgendwie ist es so, als würde ich eine alte Freundin besuchen. Man kennt die kleine Insel mit dem weißen Leuchtturm, die
Skulpturen in der Wohnanlage, die kleine Meerjungfrau ... Man sieht es schon am Spiegelbild, so richtig klar ist die Luft nicht gerade. Aber es könnte noch was werden mit etwas Sonnenschein. Sind wir einfach mal optimistisch heute.
Gleich nach dem Frühstück gehe ich los, ein wenig die Hafengegend ablaufen – meine Zwei sind wohl versorgt an Bord und sitzen auf dem Balkon. Mutti hat ihre „Androhung“ wahr gemacht, kein Landgang für sie. Muss auch nicht sein, denn ganz so fit ist sie nicht mehr zu Fuß. Dann doch lieber etwas gemütlich sitzen und später eine Runde auf dem Deck laufen. Und wie sie wieder mal so nachdenkt, kommt auch die Königsfamilie ins Spiel. Sie "kennt" sie alle ... sagt sie tatsächlich "... kein Wunder, dass die Königin einen Franzosen mit Weingut geheiratet hat. Bei dem ollen Wetten in Dänemark können die mal eben mit ihrem Flugzeug nach Frankreich fliegen und das bessere Wetter genießen. Da bekommen die bestimmt kein Rheuma und ein Glas Rotwein ist gut für das Wohlbefinden!" "Mutti, da hast nun wirklich recht. Nun verstehst du, weshalb ich so gerne nach Frankreich fahre ... der Rotwein dort ist sehr süffig", antworte ich ihr drauf. Meine Schwester verdreht die Augen, sie mag keinen Wein - wie schade auch.
An der Ladenzeile zeigt sich die große Meerjungfrau in ihrer ganzen Fülle und staunt nicht schlecht, als sie die Diva mit den schönen Augen sieht.
Ich mag die Gegend rund um die Anlegestelle, es gibt dort wirklich viel zu sehen und auch neue Perspektiven. Immer die gleichen Fotos für das Erinnerungsbuch zu machen, wäre irgendwie langweilig. Und unter uns gesagt, das Buch ist sehr wichtig für sie. Der Seniorenkreis ist schon wahnsinnig gespannt, was Mutti wieder zu sehen bekommen hat - auch wenn sie selbst nicht unterwegs war. Da versteht jeder das, denn auch die anderen Teilnehmer der Gruppe sind nicht mehr die Jüngsten. Aber schön, dass es sowas überhaupt gibt. Einen Nachmittag Unterhaltung hebt die Laune ungemein.
Der Bär zum Beispiel, an den kann ich mich
überhaupt erinnern, ihn jemals gesehen zu haben. Im Park gibt es eine große Anzahl von
Denkmälern, wie auch dieses hier. Das Maritime Monument erinnert an die
gefallenen dänischen Matrosen im Ersten Weltkrieg.
Am Anleger für die Kanalfahrt ist gerade ein Boot abgefahren und ich betrachte die blühenden Blumen. Schön sieht es hier aus.
Schwups, ich habe sie fotografiert und kann weiter. Ein Blick rüber zum Kastell, alles wie gehabt. Wenn man etwas weiter läuft, sieht man natürlich mehr, wie vom Weg aus. Nun war ich schon ein paar mal hier und habe es nicht geschafft, näher hinzulaufen. Ich muss unbedingt nochmal nach Kopenhagen kommen und all die Dinge anschauen, für die die Zeit nicht reichte!
In dem Langeline-Park mit den vielen Kirschbäumen ist heute nicht viel los, die Blüten sind verwelkt und die Äste sind voller zartgrüner Blätter.
Voriges Jahr, als wir im Mai hier waren, blühten die Bäume und es waren viele Japaner dort, um sich mit den Kirschblüten fotografieren zu lassen. Ach schau mal an, von hier aus kann man die Diva auch gut sehen, als ich weiter laufe. Ein tolles Foto für Mutti's Buch denke ich. Der steinerne kleine Bär hat echt einen Logenplatz.
Nächstes Ziel ist der Gefion-Brunnen mit den großen Figuren, der mir schon bei den vorherigen Reisen so gut gefallen hat. Gleich nebenan steht die St. Alban's Kirche, die immer einen Besuch wert ist.
Oh, da bin ich dann auch schon an der königlichen Anlegestelle angelangt. Die Jacht von Königin Margarethe liegt, wenn sie da ist, genau gegenüber. Heute ist das weiße Boot nicht da.
Das Königspaar setzt dann von hier über und kann die Jacht besteigen. So ist das, wenn man eine Majestät ist: Ein Schloß, eine Jacht, eine eigne Anlegestelle, einen eigener Flieger usw., aber tauschen möchte ich nicht ihnen, denn so ein Leben im Rampenlicht ist nicht immer einfach. Da bin ich doch lieber ein ganz normaler Mensch. Besonders interessant finde ich den vor sich hin denkenden Mann einer Bank. Moderne Kunst aus Elektroschrott, toll zusammen gebaut.
Ein wenig weiter rechts, drüben auf der anderen Seite steht das Opernhaus Kopenhagens. Die königliche Oper auf der Insel Holmen ist eine der modernsten Bühnen der Welt und das finde ich nun super, die erste Oper die dort aufgeführt wurde, hieß ??? : " AIDA " von Verdi.
Nicht weit entfernt vom Hafen steht auch die barocke Erlöser Kirche mit dem wunderschönen gewundenem Turm, der allerdings erst 50 Jahre nach der Eröffnung der Kirche fertiggestellt wurde. Wer dort hinauf möchte, muss fit sein. 400 Stufen sind es bis zum obersten Aussichtspunkt. Das schaffe ich heute nicht, schade. Zeitlich, meine ich.
Vor dem
Gebäude mit der königlichen Abstammungssammlung steht David unbekleidet in der
Gegend rum. Manno, es ist ganz schon kalt.
Gebt ihm doch was zum Anziehen, denke ich scherzhaft. Aber im Ernst, warm ist es nicht gerade und wir haben August. Wenn Mutti das Bild sieht, sagt sie gleich „schön sieht er ja aus, aber eine Hose würde ihm auch gut stehen…“ Die Asiaten, die vorhin vor der Meerjungfrau herumsprangen, waren eigentümlich bekleidet. Teilweise wie im Winter bei uns. Mützen und Schal, dicke Winterjacke und Handschuhe waren angesagt. Leute, es ist Sommer in Europa ... aber für die Asiaten ist in Europa immer Winter. Um ehrlich zu sein, die ziehen die Sachen auch an, wenn es 30 Grad hat. Sie wollen partout nicht braun werden und schützen jeden Millimeter der Haut vor Sonnenstrahlen. Wenn wir in Asien sind, können es die Menschen dort nicht verstehen, dass wir uns einölen und dann in der Sonne brutzeln. Mutti mag Sonne und auch ein wenig brutzeln. Das bildet Vitamin D hat ihre Ärztin gesagt und deshalb liebt sie den Balkon an Land und auf dem Wasser.
Auf dem
Rückweg gehe ich noch kurz durch den kleinen Jachthafen und dann bin ich wieder
an der Anlegestelle der Diva angelangt.
Auf unserem Balkon ist alles ruhig, ich mache mich auf die Suche und treffe meine zwei im Cafe Mare. „Und, hast du was neues entdeckt?“ fragt Mutti gleich. „Ja und gut durchgefröstelt bin ich jetzt auch." Ein Blick auf die Uhr, wir legen bald ab und wir verabschieden uns auf den Balkon mit einer warmen Wolldecke. Wir haben alles im Blick – Kopenhagen und den Regen. „Mutti, du sagst jetzt aber nichts dazu oder?“ „Nein, wir sitzen ja trocken“ antwortet sie lachend.
Zu den Latschen möchte ich mich nicht weiter äußern. Aber für den Balkon waren sie okay - auf jeden Fall blieb der Teppichboden an der Balkontür drinnen trocken. Die Latschen wurden deshalb nur draußen benutzt! Der Balkon ist jeden Heller wert, wir verfolgen die letzten Handgriffe bis die Leinen gelöst sind. Die Seitenruder haben genug zu tun und dann entfernt die Anlegestelle so langsam. Wir sehen nicht so aus, als wäre uns warm. "Egal" meint Mutti, "wir sind ja nicht aus Pappe und halten das aus."
Oha,
auf der "Rigi Prinzess" steht gerade der Drill an ...
und wir bereiten uns auf den Abend vor. Später gehen wir wieder ins Weite Welt Restaurant, was essen. Zu dritt einen Platz zu finden, gestaltet sich nicht so schwer. An den großen runden Tischen sind oft noch Plätze frei und meist haben wir Glück, dass wir auf nette Mitreisende treffen. Es wird geredet, gelacht, über geplante Reisen nachgedacht und die Zeit fliegt so dahin.
Es
reicht uns noch, etwas von Jans Primetime anzuschauen und dann kommt der
Höhepunkt des Abends: die Show "DivAria", die einzig für die AIDAdiva
kreiert wurde. Die Songs sind wirklich gut und die Kostüme sehr
fantasievoll. Mutti
ist begeistert. Am besten gefällt es ihr, wenn oben in der Kuppel die Artisten
ihr Können zeigen. Das muss man echt gesehen haben.
Der Abend für Mutti ist nach der Show zu Ende, wir Mädels gehen in die AIDAbar. Boah, ist das voll hier. Es gibt Grüppchen von Kegelfreunden und lustigen Frauen. Wir haben auf jeden Fall unseren Spaß und lernen nette Leute kennen. Das ist ja auch Sinn einer Reise, neben Kultur und dem ganzen Drumherum, schöne Erinnerungen aus Begegnungen mit nach Hause zu nehmen. Die Musik ist Klasse und wir kommen während einer Auftrittspause der Band "OCEAN 5" mit den Sängerinnen ins Gespräch. Es stellt sich heraus, es sind Ungarinnen – ui, das erfreut mich. Zumal eine der beiden den gleichen Vornamen hat wie ich. Und der ist auch in Ungarn nicht so häufig– ach ja, meine Vorfahren und Eltern sind Ungarn und so kann ich gleich noch ein paar Brocken ungarisch auffrischen. Die Nacht für mein Schwesterherz und mich endet wieder auf dem Balkon im Bademantel und mit einer Wolldecke. Obwohl wir so leise reingeschlichen sind, kaum sind wir drin hören wir „… und seid ihr beide da? Was habt ihr getrieben, ihr Täubchen? Könnt ihr mir ruhig erzählen, ich bin jetzt sowieso wach“, tönt es vom Bett her. Also setzen wir uns auf die Bettkante und berichten. „Na, na, Kegelverein – das ist aber gefährlich mit den vielen Männern. Wer hat wem „Schöne Augen“ gemacht?“ Meine Schwester und ich schauen ganz unschuldig. Dann fangen wir an zu lachen und prusten raus „Die Männer natürlich, wir nicht, Mutti!!!!!“ Ob sie uns das abnimmt, erkennen wir am Gesichtsausdruck. Natürlich glaubt sie uns nicht und meint …“ich hoffe, ihr habt euch ordentlich amüsiert!“ „So, jetzt genug geredet Mutti, wir gehen noch etwas auf den Balkon jetzt und du schläfst schnell ein. Morgen früh ist die Nacht zu Ende“. Die Nacht für mein Schwesterherz und mich endet sehr spät. Wir tuscheln leise und kichern vor uns hin.
Wir hören die Heckwelle säuseln und freuen uns schon auf den nächsten Tag - auf Oslo – wo wir auch schon gewesen sind. Menno, hoffentlich regnet es nicht.