19. Januar 2019
Wieder sehe ich bei meinem Morgenspaziergang – natürlich gemeinsam mit einem heißen Muntermacher – nur das Meer. Inzwischen ist es merklich kühler geworden. Kein schönes Wetter, aber auch kein schlechtes. In Deutschland liegen die Temperaturen unter Null Grad. Uns geht es gut. Wir sind mitten auf dem Atlantik. Das sollte sich in 10 Stunden ändern. Vielleicht finden wir es ja heute schon: das Azoren-Hoch.
Apropos Azoren. Was würdet ihr antworten, wenn ihr nach den Azoren gefragt werdet? Natürlich, dort entstehen die Hochs, also die Schönwettergebiete. Es sind Inseln im Atlantik. Wer so wie ich von Naturgewalten fasziniert ist antwortet noch, dass es ein geologisch sehr aktives Gebiet ist.
Was soll ich sagen, bis zu jenem 19. Januar 2019 wusste ich auch nicht viel mehr.
Heute denke ich u.a. bei den Azoren natürlich nach wie vor an das Hoch und an Vulkane und Erdbeben, aber auch an 9 größere Inseln im Atlantik, deren Übersetzung Habichtsinseln bedeutet, ich denke an den höchsten Berg Portugals, an interessante Straßenpflaster, an riesige Hortensien, an Kühe und an sanfte satt-grüne Hügel.
Es gibt im Theater wieder 2 Vorträge von Klaus Kiesewetter. Vormittags erfahren wir viel über Wale und Delfine, um 14.00 heißt es Christoph Columbus auf dem Weg nach Indien. Zwischen den beiden Vorträgen gebe ich dem Magen etwas zu tun, ich selbst faulenze und vertreibe mir mit Lesen die Zeit.
Nach dem Vortrag heißt es plötzlich: Land in Sicht! Es ist unser erster Kontakt, natürlich nur Sichtkontakt mit den Azoren.
Die Insel, die sich schemenhaft aus dem leichten Nebel heraus schält ist Santa Maria, die südlichste Azoreninsel. Und nicht nur das, sie war auch die Erste, die entstanden ist. Und dann war es der Heinrich, der gesagt hat, diese Insel gehört jetzt zu Portugal. So sind sie, diese Seefahrer im Jahr 1427. So gut sich der Heinrich mit Meeresströmungen und Passatwinden aus kannte, von Vögeln hatte er keine Ahnung. Er hat die Inseln Ilhas dos Açores – auf Deutsch: Habichtsinseln genannt. Das war ein Fehler! Er hat Habichte mit Bussarden verwechselt.
Gute zwei Stunden später kommt auch unser Ziel – die Insel São Miguel – in Sicht.
Ihr gelang es noch 11 Jahre sich vor dem seefahrenden Heinrich zu verstecken. Aber 1438 wurde sie doch gefunden und wie zuvor schon Santa Maria besiedelt.
Eigentlich sollte zur selben Zeit ein Alleinreisenden-Treff an der Poolbar stattfinden. Tolle Planung! Wer geht denn zu einem solchen Treffen wenn es doch an der Reling so spannend ist. Anstelle des Barkeepers beschäftige ich lieber meine Kaffeemaschine und verlasse meinen Ausguck nur noch, um Nachschub zu holen.
Die Insel rückt näher und Einzelheiten werden erkennbar.
Aber wo ist das Hoch? Hier bestimmt nicht! Fifty shades of Grey am Himmel, aber kein Hoch.
Und dann wird auch der Hafen sichtbar: Ponta Delgada. Die Hauptstadt der größten Azoreninsel. Die Sonne kämpft über dem Meer, der Kampf könnte erfolgreich enden.
Der Name Ponta Delgada hat nichts mit Tieren im Federkleid zu tun. Auf Deutsch bedeutet Ponta Delgada schmale Spitze und seit 1546 hat die Hafenstadt das Stadtrecht.
Anstelle des Auslaufens erleben wir ein Einlaufen.
Wir nähern uns der Pier und fühlen uns willkommen. Es stehen dort tatsächlich Menschen, die uns freundlich zuwinken. So ein Kussmund ist hier nicht alltäglich. Und noch Jemand hat unsere Ankunft bemerkt – ein Stück Azoren-Hoch in Form eines Sonnenstrahls. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Geschenk des Himmels.
Und plötzlich wird aus der strahlend weißen Igreja de São Pedro ein goldenes Bauwerk.
Mit diesem himmlichen Farbenspiel verabschiedet sich der Tag.
„Passend“ zu unserer Ankunft auf den Azoren gibt es im Marktrestaurant das Buffet zum Thema Frankreich und im Calypso lautet der Themenabend Mexiko. Na dann Guten Appetit. Das Essen ist lecker, nur für die Flüssignahrung interessiert sich Niemand. Ich muss energisch auf mich aufmerksam machen. Ich bekomme die Karaffe, vermisse aber das Lächeln. Ich bedanke mich freundlich, jedoch nur mit Worten. Der Softeisautomat funktioniert weiterhin perfekt.
Das Abendprogramm spricht mich heute nicht an. Die Show „Dabei ist alles“ kenne ich bereits, die gab es vor zwei Jahren schon auf der Cara. Und nach Liebesliedern mit dem Pianist Hari Popp in der Lambada-Bar steht mir auch nicht der Sinn. Dafür aber nach einem Aperol Sprizz. Mit dem Glas in der Hand begebe ich mich auf meinen Abendspaziergang und genieße den Blick auf das nächtliche Ponta Delgada.
Urlaub auf dem Meer……..
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