Mittwoch, 8. August 2018
Olden - Nicht nur unser heutiges Ziel, sondern auch das "Tor zu den Gletschern". Somit stand für mich schon vor Beginn meiner Reise fest, dass ich einem der Eisriesen auf jeden Fall ganz nahe sein möchte. Gedacht, getan, gebucht. Der Kjenndal-Gletscher wird mein heutiges Ziel sein. Doch so weit sind wir noch nicht …
… Irgendwann … Kurz vor 5 … Ich schlage meine Augen auf, mein Blick richtet sich zu den großen Scheiben meiner schöner Kabine. Was ist das denn für eine graue Suppe vor meinem Balkon?! Ach nö, bitte nicht schon wieder! Das sieht doch wieder mal nach Regen aus. Also mal kurz raus aus dem Bett, rein in die Pantoffeln und raus auf den Balkon - die Luftfeuchtigkeit testen … Einmal die Arme weit über die Balkonbrüstung ausstrecken und schon werde ich wetterfühlig. Regenwetterfühlig … Also nochmal hingelegt.
Gegen 05:30 Uhr stehe ich schließlich doch auf. Der dunkelgraue Himmel bekommt in unserer Fahrtrichtung ein paar vielversprechende hellere Flecken. Lücken, durch die bald die Sonne scheinen wird?! Ich hoffe es so sehr, möchte ich doch die ersten Blicke auf die weiß-blauen Gletscherzungen, die in dieser Region immer wieder über die Berge leuchten, bei Sonnenschein erleben.
Ab 6 Uhr bummele ich schließlich übers Pooldeck, zunächst zum Bug. Ein paar wenige Gäste wirken noch etwas verloren und sicher auch noch etwas müde. Da schließe ich mich auch nicht aus. Doch die tolle Landschaft, die sich zwar noch immer überwiegend in Mausgrau hüllt, schafft es jedes Mal aufs Neue, mich in ihren Bann zu ziehen, die frühe Tageszeit und den damit einhergehenden wenigen Schlaf vergessen zu lassen.
Der Himmel wird heller und in dem Grau nun auch hier und da ein leichtes Rosé-Orange bis hin zu einem Hauch von Gold: Der Himmel klart sich auf. Was für ein Glück!
Und dann sind sie da auch - auf den Bergrücken am Horizont: Eisflächen. Die "Zungenspitzen" der Gletscher. Auch wenn sie sich in ihren Farben bisher noch kaum von den Farben des Himmels abheben. Aber das wird noch, da bin ich ganz sicher. Wenn ich den Zoom meiner Kamera bediene, dann schälen sich bereits Nuancen von Gletschereisblau heraus.
Diese stille Erhabenheit eines norwegischen Morgens ist auch hier über dem Innvikfjord, einem Seitenarm des Nordfjords, zu spüren. Sanfter ist die Kulisse hier, nicht so gewaltig wie bei unserer gestrigen Fahrt nach Flåm. Sanfter ja, aber dennoch genauso reizvoll mit ihren tollen Spiegelungen im ruhigen Fjordwasser.
Häuschen, wie willkürlich in die Landschaft gewürfelt. Kleine Wasserfälle, die aus dem Nichts zu kommen scheinen.
Der Innvikfjord macht eine weitere Biegung, der unsere AIDAluna sanft, ruhig und beschaulich langsam folgt. Die runden Bergkuppen werden höher, der Himmel heller, meine Stimmung noch besser.
Hier und da bildet sich für kurze Zeit ein kleiner Kreis auf der Wasseroberfläche - da hat wohl mal ein Fisch nach Luft geschnappt?! Ab und zu mal ein kleiner Windhauch bewegt das ansonsten nahezu spiegelglatte Fjordwasser an einzelnen Stellen und kräuselt es kurzzeitig. Ansonsten sind wir und unsere AIDAluna allein und einsam in der Weite der norwegischen Fjorde.
Schließlich kommt sie heraus - die Morgensonne. So sehnlich erwartet!
Es wird heller und heller, die Mystik des Zwielichts schwindet erst einmal wieder … Die Trolle legen sich schlafen. Der Fjord wird breiter, die kleinen beschaulichen Ortschaften an beiden Ufern größer. Ausgedehnte Waldgebiete, dazwischen mal ein kleines Häuschen, ein wilder Gebirgsbach … Hier und da sind Obstplantagen zu erkennen, manchmal sogar ein kleiner Weinberg. Die stellen hier bestimmt wunderbar süßen Eiswein her …
Am Horizont vor uns scheint sich ein weiterer Fjordarm zu verbergen, der irgendwo zwischen den Gebirgen in der "hinteren Reihe" zu enden scheint.
Auch nach rechts scheint sich der Fjord auszudehnen, seiner Richtung folgt unsere AIDAluna nun. Es ist nicht mehr weit bis Olden. Die Landschaft im Licht der aufgehenden Sonne und mit den Eisfeldern in den Bergen ist ein Traum. Olden - das "Tor zu den Gletschern" gibt uns einen ersten Vorgeschmack.
Fantastische Spiegelungen, die irgendwie so ganz anders als gestern sind und dennoch genauso atemberaubend, bieten sich uns auf dem letzten Abschnitt unserer Fjordfahrt. Inzwischen befahren wir den Faleidfjord, gelegen am östlichen Ende des Innvikfjords.
Und wiederum am Ende des Faleidfjords befindet sich Olden, einer kleiner verträumter Ort, dessen eigentliche Highlights sich in der ihn umgebenden gewaltigen Natur finden lassen: majestätische Gletscherzungen, die jedoch im Laufe der Jahre leider immer weiter abgeschmolzen sind, und türkisfarbene Gletscherseen. Dorthin will ich heute.
Ganz so weit sind wir jedoch noch nicht. Und es wäre ein Frevel, jetzt schon von anderen Sehenswürdigkeiten zu schwärmen angesichts eines SOLCHEN Panoramas, das sich von AIDAlunas "Nase" ausbreitet:
Eine letzte Biegung, und schon blinzelt uns nicht nur die Sonne entgegen, sondern unser heutiges Tagesziel präsentiert sich uns, wenn auch im Moment noch sehr klein: Olden kommt in Sicht. Schnell werden immer mehr Details immer klarer sichtbar. Jede Menge kleine Häuschen vor einer gewaltigen, vereinzelt mit Eisflächen bedeckten, grandiosen Bergkulisse.
Es ist fast eine unwirkliche Stimmung. Während der Vordergrund sich bunt und klar darstellt, liegt im Hintergrund noch ein leichter Morgendunst über Wohnsiedlungen, Wiesen und Wasserflächen. Beinahe märchenhaft.
Und von diesen Spiegelungen kann ich einfach nicht genug bekommen …
Wie in Zeitlupe "pirscht" sich unsere AIDAluna in Richtung des Anlegers. Hier von einem "Cruise Terminal" zu sprechen, wäre in dieser beschaulichen und überschaubaren Idylle etwas übertrieben. Auch hier werden wir rückwärts anlegen, so dass sich nachher Olden vor meinem Balkon ausbreiten wird.
Zurück auf meiner Kabine leuchtet es vor meinem Balkon schon herrlich türkisfarben, in Verbindung mit den gelben Stühlen das perfekte "Color Blocking".
Gegen 07:30 Uhr hat unsere AIDAluna ihre heutige "Parkposition" nahezu erreicht, sozusagen die "Parkpositions-Pole Position".
Gemütlich wirkt es hier und man fühlt sich irgendwie gleich heimisch. Aber auch irgendwie wie im Nirgendwo. Dass hier "der Bär steppt", kann man nun nicht gerade behaupten. In Sichtweite ein etwas verlassen wirkendes "Gjestehus" mit "Kafé & Pub" und WiFi, genau gegenüber unseres Schiffes "Fjord Suvenir" (zufälligerweise ...), erste Ausflugsbusse, ein paar Radfahrer und erste Ausflugsbusse. Viel mehr ist hier (noch?!) nicht los. Über dem rund 500 Einwohner-Ort im Oldedalen liegt an diesem Mittwoch eine beinahe feierliche "Sonntagsstille".
Es wird Zeit, zum Frühstück zu gehen, was ich auch tue, da ich draußen gerade ohnehin nichts verpasse. Und außerdem beginnt ja bald mein Ausflug. Also spute ich mich jetzt mal ein bisschen.
Um 08:30 Uhr treffen sich die Gäste des Ausfluges "OLD02: Kjenndal-Gletscher per Boot & Bus" an den Ausflugsbussen. Alle sind pünktlich, was leider nicht immer selbstverständlich ist. Ich steige in Bus Nummer 4, wo sich uns ein dynamischer junger Mann mit Zopf vorstellt. Thomas kommt aus dem schönen österreichischen Bundesland Kärnten, bei dem mir spontan meine Lieblingsserie der 1990er Jahre einfällt: "Ein Schloss am Wörthersee" … Okay, ich schweife ab. Weder gibt es hier ein Schloss, noch ist das türkise Gewässer zu unserer Buslinken der Wörthersee, sondern ein Arm des sechstlängsten Fjords Norwegens - des Nordfjords. An ihm radeln heute so einige AIDA-Biker entlang. Eingefunden zur Einweisung vorm Schiff haben sie sich bereits:
Kaum lassen wir Oldens Ortsgrenzen hinter uns, plappert Thomas munter los. Seine lockere Art und seine gute Laune wirken ansteckend. Unser heutiges Ausflugsziel ist das Gebiet des Jostedalsbreen, dessen Eis eine Fläche von 467 Quadratkilometern bedeckt. Der Kjenndal-Gletscher, mit dem wir "auf Tuchfühlung" gehen werden, ist einer von 30 Gletscherarmen (oder -zungen, die Wahl der "Körperteile" ist da variabel).
Warum er uns jetzt erzählt, dass man in Norwegen bei einer Geschwindigkeitsübertretung von 5 km/h 500 NOK Strafe zahlen muss, erschließt sich mir nicht ganz. Vielleicht ist es ein ganz "dezenter" Hinweis, dass unser Fahrer möglicherweise etwas zu flott auf der kurvenreichen Strecke unterwegs ist?!
Hier in der Region Nordfjord wird es ab dem kommenden Jahr ein großes Bauprojekt geben, lässt uns Thomas an seinem unerschöpflichen Wissen, wie wir im Laufe des Tages immer wieder feststellen sollten, teilhaben. Es geht um das Projekt "Schiffstunnel", einem kühnen Bau drei Kilometer unter hohen Felsen, um einen Fjord mit dem anderen zu verbinden. Schiffen bis zu einer bestimmten Größe soll die Möglichkeit gegeben werden, somit die Fahrt durch die "Hustadvika", eine der gefährlichsten Schiffsrouten vor der norwegischen Küste, zu vermeiden. Aufgrund der explosionsartig gestiegenen Kosten hat sich der Baubeginn des Tunnels, welcher nunmehr im Jahr 2023 eröffnet werden soll, verschoben.
Ehe wir uns versehen, erreichen wir bereits Oldens nur wenige Kilometer entfernte Nachbargemeinde Loen und mit einem Mal ist mir klar, welches seltsame Gebilde ganz oben auf einem steilen Berg ich vorhin vom Schiff aus zwar gesehen habe aber nicht deuten konnte. Die Hauptattraktion des Ortes ist der "Loen Skylift". Mit einem Gefälle von bis zu 60 Grad ist diese Seilbahn die steilste der Welt. Auf 1.000 Meter über den Nordfjord bringt sie die Gäste in einer Geschwindigkeit von bis zu 7 Metern pro Sekunde. Hilfe, da wird mir ja schon beim Zuhören schwindlig!
Fortsetzung folgt …
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