Fortsetzung Kochi und Abfahrt nach Okinawa
Das war also jetzt diese Food-Geschichte, diese „Küche Kochis“. Habe doch eigentlich nur ein paar einzelne Restaurants mit z. T. lustigen Fassaden gesehen, ein besonderes Auto-Kennzeichen
und Gullideckel fototechnisch eingesammelt.
Aber Überraschung, die richtige „Küche Kochis“ ist genau hier am Treffpunkt, von wo aus wir vor einer Stunde in die Freiheit entlassen wurden.
Wie blöd aber auch, wenn man kein japanisch lesen kann und beim Entlassungsgespräch mal einen Moment nicht aufgepasst hat. Mist, dann haben wir das wohl verpasst, muss jetzt ein kurzer Blick in die Halle reichen.
Na ja, wollten eh nur Fotos machen und keine kulinarischen Eindrücke sammeln. „Wir werden es verschmerzen“ werfe ich beschwichtigend in die Runde, stoße beim verfressenen Ty allerdings auf gewissen Widerspruch. Der spricht von „Sch…Vorbereitung Kaufhof“ und einer organisatorischen Fehlleistung, wirft auch noch das Wort „verhungern“ in den Ring. Muss sich aber nun beruhigen, Chance vertan, der Tross zieht weiter. „Außerdem scheint es eh nichts Dolles zu sein, steht ja nichts zusätzlich in lateinischer Schrift drauf“, versuche ich mich, leider wenig überzeugend, rauszureden.
Vom Bus aus sieht man hier seltsame Dinge am Straßenrand, nämlich Gräber mit fetten Grabanlagen. Nicht nur vereinzelt, sondern die säumen sich entlang der Straße. Und so kann es hier wohl sein, dass man auch mal an einer Kreuzung „zur Ruhe“ kommt.
Seltsam, aber das dürfte wohl keinen Symbolwert haben, also etwa alles Verkehrstote sein. Genau wie die Grabsteine jetzt bei der Hochfahrt zum Chikurin-Ji Tempel. Die stehen an Abhängen im Wald, an Stellen wo man bei uns daheim allerhöchstens vielleicht zum Pilze suchen hinkommt. Werden jetzt auch nicht alles Leute sein, die genau dort den chinesischen Knollenblätterpilz gefunden und dann in Kochis Küche als Ragout verkauft oder gar selbst gegessen haben. Mal sehen, ob ich das Geheimnis noch lüften kann...
Zum Chikurin-ji Tempel geht es also.
Der liegt auf einem Berg, ist eine große Anlage mit vielen, teils in der Vegetation halb versteckten, kunstvollen Sachen und teilweise wirklich noch aus dem 8. Jahrhundert.
Ob die hier auch schon so lange rumliegen weiß ich nicht.
Buddhistisch von der „Shingon-Richtung“ soll die Anlage sein. Wie auch immer, jedenfalls eine ziemlich gläubige Sache.
Im Traum soll Kaiser Shōmu nach einem Tempelberg gesucht haben. Hatte er mal in China gesehen und wollte auch so einen haben. Auf diesem Berg hier ließ er ihn dann von Mönchen bauen, die Sache wurde ein wichtiger Gebetstempel des in Kōchi herrschenden „Yamanouchi-Klan“ und steht zumindest in Teilen immer noch hier.
Das Tempeltor ist ein Turm mit Tempelwächtern und zur Blütezeit führt eine kleine Kirschbaum-Allee hinauf zur Haupthalle. Die hat einen quadratischen Grundriss und ist von einer Galerie umgeben. Verehrt wird der „Heilige Monju“ (ein Priester), begleitet von „Beschützern (Jisha)“. Und diese geschnitzte Truppe soll die älteste dieser Art in ganz Japan sein.
Alles hinter der Galerie,
inklusive japanischem Garten, sehen wir aber nicht. Kostet extra und die Zeit rennt. Da können wir unseren kurzen Aufenthalt auch mit „kostenlos“ verbringen. Um die Bedeutung wissen eh nur Eingeweihte und im Vorfeld belesene Typen wie der Teddy, denn einen Reiseleiter haben wir ja heute irgendwie nicht.
Doch man kann sich noch so vorbereiten, wenn man dann vor Ort ist, wirklich davor steht, ist doch irgendwie alles anders, schnell verliert man den Überblick, verliert vieles aus den Augen, erliegt der völligen Reizüberflutung.
Ab jetzt machen wir hier einfach nur noch „einen auf schön“. Wir besichtigen und fotografieren was wir toll und manchmal auch seltsam finden.
Was wir genau sehen, wie das heißt und was wir vielleicht alles nicht sehen, ist jetzt egal. Mehr ist nicht drin, wenn noch dazu gerade die Ausflugshorden hier einfliegen. Habe mittlerweile vollkommen den Überblick verloren, Teddys Schlachtplan fällt gerade vollkommen in sich zusammen...
Jedenfalls sind hier auch viele Steinfiguren,
ganze solche Figurengruppen und zu der Ebene wo auch die große hölzerne Pagode steht, führt eine große breite Steintreppe, die mich ein wenig an solche wie bei den Majastätten in Belize erinnert.
Schön hügelig und bewaldet ist es hier, es gibt auch noch eine Aussichtsebene, aber auch bis dahin schaffen wir es nicht. Was unsere Leute schaffen, das ist das Kaufen und Anzünden von zwei Opferkerzen
und die Fellbande stellt ein Holzpüppchen in den Schrein des Heiligen Jizō. Der nennt sich nämlich „Ein-Wort-Jizō“, weil schon eine ganz kurze Bitte reicht, um erhört zu werden.
Und da wir keine Zeit und der Teddy ohnehin keine Geduld hat, passt das ja. Einzig die Sache mit dem nur kurzen Wunsch, der nur kurzen Bitte, ist mir schwergefallen. Hoffentlich haben die mich unten an dem Stand nicht mit den Schriftzeichen beschi…, die sie auf meine Angaben hin geschrieben haben. Bisher ist nämlich noch nichts erfüllt worden...
Diese Tempelanlage ist aber auf jeden Fall der beste Teil des Ausflugs und eigentlich mehr als schade, dass man hier so durchhetzen muss. „Elfgesichtige stehende Kannon - eine Göttin der Barmherzigkeit“, „Schatzhaus“, „stehender Amida-Buddha“ aus Holz (eine Richtung des Buddhismus und zuständig für Wiedergeburt im Jenseits), „die Leuchtenden Könige Daiitoku-myōō und Aizen-myōō“, und die „Himmelskönige Zōchō-ten und Tamon-ten“. Hab ich die jetzt alle gesehen oder nicht?
Was wir entdecken, also bilde ich mir zumindest ein und verkaufe es den anderen auch so, das ist die wahrscheinliche "Mutter aller Winkekatzen“. Hier mal das Original mit eingeblendeter Fälschung…
Kurzzeitig denken wir auch, dass wir mehr Zeit hätten. Der Träger trifft auf dem Gelände gerade die Scoutin und fragt mal nach der Meldezeit. 14:30 Uhr sagt sie und das noch genug Zeit ist. „Ja das ist ja überraschend und toll“ verkündet er. Also dann können wir ja auch noch…
Aber irgendwie hat er es wohl nicht so mit dem Uhrablesen, hätte mal die Brille aufsetzen sollen und verhaut sich dabei um eine satte Stunde! Denn zwar ist tatsächlich noch genug Zeit, aber nur genug Zeit um jetzt direkt zum Bus zurückzugehen. Ein Missverständnis also. Stellt er dann nach 10 Minuten beim erneuten Blick auf die Uhr auch fest, als er endlich mal die wahre Zeit, schon jetzt genau 14:30 Uhr darauf abliest. Mist! Panikartig wird die Anlage verlassen, nicht mal mehr die Pagode kann vorteilhaft von der lichttechnischen Schokoladenseite aus betrachtet und abgelichtet werden,
raus um die Ecke und da kommt uns schon das Paddel vom Reiseleiter entgegen. Unsere vage Hoffnung, wenigstens nicht die Letzten zu sein, zerschlägt sich beim Betreten des Busses. Oh je, wie heißt denn noch mal der buddhistische Gott der Vergebung…? Sorry, noch nie passiert, eine Verkettung unglücklicher Umstände, lasst Milde walten, der Träger ist zu blöd die Uhr zu lesen. „Aligato“.
Relativ kurze Busfahrt nun, Berg runter und etwas später durch einen Tunnel, denn Hafen und Stadt sind irgendwie durch einen kleinen Berg getrennt, liegen also auseinander.
Am Terminal herrscht starker Wind und vor dem Eingang wird gerade der Gewinn eines örtlichen Weinverkäufers durch eine krachend herunterfallende Flasche geschmälert. ...Schade.
Im windgeschützten Innern der Halle folgt nun eine kleine Geldwäscheaktion beim Finanzdealer neben dem Fremdenverkehrsamt. Der hat da einen Automaten stehen. Überschüssige „chinesische Yuan“ rein und „Yen“ raus.
Zwei Scheine und dann klimpert es noch, als ob wir nach einer Serie am Glücksspielautomaten gerade den Auszahlungsbutton gedrückt hätten. Der Münzschacht ist voll. Ob wir das noch mal loswerden? Wird ja eine elende Abzählerei. Aber die Yuan hätten wir zuhause eh nicht zurücktauschen können, zu wenig, also totes Kapital. So klimpert es wenigstens und wir haben ein Gefühl von Reichtum.
Und jetzt noch ein großer Handelserfolg für die Fellbande. Nicht ganz so überraschend mehr, denn wir hatten es mit geschultem Blick schon heute Morgen beim Vorbeigehen entdeckt. Tatsächlich liegen da an einem Stand diese heiß gesuchten fernöstlichen Windsäcke für das Gartenhaus. Und davon wird nun schon mal einer als erste Trophäe eingetütet.
Kommen hoffentlich noch mehr dazu...
Bei dem heimischen Wetter brauchen wir einen Vorrat, denn wer weiß wann und ob wir überhaupt noch mal in diese Region hier kommen. Der Preis deckt sich fast genau mit dem Geldwäscheerlös aus den chinesischen Yuan. Das eben noch tote, verloren geglaubte Kapital wird direkt reinvestiert, ist also praktisch für umsonst und wenn wir der Verkäuferin jetzt noch möglichst viel von dem Klimpergeld andrehen, dann ist es die perfekte 2 Phasen Geldwäsche.
Abzählen und natürlich fehlt genau eine Münze. Wir bleiben auf dem ganzen Haufen Kleingeld sitzen... Das Glück bleibt unvollkommen.
Zur Ausfahrt baut sich eine noch größere Combo als heute Morgen, bunt bekleidet vor uns an der Pier auf. Fahnen werden geschwenkt, effektvolle Tanzeinlagen zu japanischen Klängen.
Was ein Aufwand und Verabschiedung mit deutschen Ansagen. Noch nach dem Ablegen schallen die Klänge zu uns herüber. Warum dann unbedingt schon die Auslaufmusik entgegengeschallt wird, erschließt sich uns aber nicht. Irgendwie unhöflich.
Langsam gleitet Aida Bella in die Dunkelheit und einmal mehr und überhaupt sind wir beeindruckt von dieser Freundlichkeit die uns überall, auch in der Stadt, von Jung und Alt entgegengebracht wurde. Denke, dass wenn der eine oder andere von denen mal bei uns daheim unterwegs ist, wird er diesbezüglich teilweise einen Kulturschock bekommen...
Wir verlassen die Hauptinsel Honshu gen Südwesten in die Subtropen.
Seetag nach Okinawa
Wenn der Kapitän bei der Wettervorhersage schon so rumdruckst, dann ist immer Achtung angesagt. Eigentlich hat er gestern gar nichts Konkretes gesagt. Erst heute Morgen rückt er mit der Sprache raus. Jetzt weiß ich auch warum. Es ist bewölkt und dann kommt auch noch Regen dazu. Wir werden zu Stubenhockern und die Herrschaften Sponsoren verziehen sich nachmittags wieder in die Wellnessoase. Verwaist fristen wir unser Dasein mit Trübsinn blasen.
Beim Frühstück im Bella Vista traten heute Morgen plötzlich Leute mit durchsichtigen Plastikkitteln und Schutzhauben aus der Küchentür. Erstmal nur 3, so gesehen zunächst ein gespenstisches Bild. Oh je, Seuchengefahr? Hygienekontrolle der örtlichen Behörden? Erst als weitere folgen wird das Bild klarer, es ist die ganz normale „Küchenführung“.
--- Fortsetzung folgt ---
Und da sollen wir eigentlich in Naha/Okinawa anlanden
Doch der Lotse geht schon vorher wieder von Bord,
die Landung vom Winde verweht
Also langsam gen Ishigaki,
zu einem ganz anderen Japan.
Kaum angekommen, hat die Fellbande einen Fototermin,
entgeht zuvor der giftigen Grubenotter
und die Träger versuchen sich noch mal am japanischen Essen,
ein angeblich "legendäres" Beef-Steak...