Phu My
Hier waren wir schon mal. Industriehafen auf der einen Seite und gegenüber so eine Art Mangrovenwald. Hat sich nichts verändert. Jedenfalls nichts los hier, kein Haus weit und breit, also kein Hafen zum Spazierengehen.
Und gleich ist hier noch weniger los. Denn noch bevor die ersten Leute das Schiff verlassen, stehen da schon etwa 70 Busse an der Pier. Wenige klein, die meisten groß. Und wenn die erstmal gefüllt sind, wird es wohl direkt weniger Tiefgang bei der Bella geben.
Und schon schlägt sie uns wieder rücksichtslos ins Gesicht, die Hitze. Und so wird es auch heute nicht viel anders werden als vorgestern. Wieder werden wir schweißgebadet vor uns hin müffeln und am Ende steht nicht mal eine Dusche für die bedauernswerten Fellmädels bereit. Da haben es ja selbst die anderen komischen Kreaturen besser, die ich da gerade unten im Hafenmodder entdecke. Springen zwar gerade nicht, heißen aber trotzdem Schlammspringer.
Da springen eher schon wir und zwar rein in den klimatisierten Bus. Mal sehen was der Tag so bringt. Damals waren wir schon in Ho Chi Minh Stadt, deshalb hat der Teddy jetzt mal was anderes geplant. Geht mehr in die andere Richtung.
Das Beste der Hafenstadt Vung Tau (PHU12)
Reiseleiterin ist die Anne und die spricht englisch. Doch jetzt steigt noch ein Überraschungsgast hinzu. Ja und das ist der Lektor! Der übernimmt nun weitestgehend den sprachlichen Teil. Ruhig, besonnen, erfahren, es scheint ein genialer Tag zu werden. Fellbande mal wieder im Glück.
Der erste Akt aber, die Verlesung der mittäglichen Speisekarte, interessiert uns jetzt eher weniger, wir kriegen ja eh nichts davon ab.
Was direkt auffällt ist der Typ vor uns. Der sitzt alleine und am Gang. Ist aber nicht etwa alleinreisend, das Ganze hat System, denn seine Frau sitzt nebenan am Gang. Also aus 4 Sitzplätzen mach 2, doch das reicht ihm noch nicht. Jetzt will er auch noch nach vorne, auf den Platz neben dem Busfahrer, um mit seiner klotzigen Kamera die ultimativen Fotos durch die Frontscheibe zu schießen. Das aber verbietet ihm der Lektor, denn der hatte wegen eines ähnlichen Falls mal einen Prozess am Hals, weil er es einfach mal erlaubt hatte und der Gast sich dann bei einem Unfall blutige Kopfverletzungen zugezogen hat. Und natürlich war dann alles nicht mehr so toll mit dem Super-Platz, der nachgiebige Lektor war plötzlich schuld und wurde von dem Gefahrensucher verklagt. Übrigens ist auch der jetzt verhinderte Frontscheibensitzer offenbar „Otto Normaltourist“ und nicht etwa Karla Kolumna, rasender Reporter mit offiziellem Auftrag. Das offenbart sich spätestens gegen Ende der Tour, als er nicht mal mit in den Vietkong Tunnel kommt.
Also bei der Tour mal wieder so ein „Ego-Spezi“ der besonderen Art dabei. Soll uns nicht stören, Hauptsache der steht uns nicht im Weg rum und bringt etwa noch mehr so Dinger.
Bevor wir zur Stadt Vung Tau fahren, geht es jetzt über eine Brücke nach Long Son Island, eine Insel also. Und unten auf dem Wasser schwimmen große Flöße mit denen die Menschen hier Austern, Garnelen, Fisch und viele andere Arten von Meeresfrüchten züchten.
Schnell ziehen sie vorbei und da hat man schon so seine Mühe, durch das Busfenster wenigstens ein halbwegs brauchbares Foto hinzubekommen.
Und nun wird es heilig auf der Insel. Wir erreichen das Heilige Haus von Mr.Tran. Der ist zwar hier nicht mehr zu Hause, er ist schon lange tot, hat es aber errichtet und nun bevölkern noch immer seine Glaubensbrüder dieses Long Son Big House, den Ong Tran Tempel
Besser aber wäre, wenn die nicht da wären, denn irgendwie sind die eigen, man darf da drinnen nicht fotografieren.
Fast 100 Jahre steht es dort schon auf diesem Gelände von 2 Hektar. Mit 20 Anhängern einer Randreligion, kurz gesagt einer Sekte, kam dieser Sir Tran damals mit einem Boot auf der Insel an, um sich hier niederzulassen. Und weil das mit Glauben, Obst, Ackerbau und der Versorgung so prima klappte, lockte es immer mehr Leute zu diesem mittlerweile zum Helden des Glaubens Erkorenen an.
Das hölzerne Long House allein schon ist tatsächlich groß und lang. Auf dem Gelände gibt es noch viele andere hölzerne Häuser, von denen wir jedoch keines von innen zu sehen bekommen.
Dabei sehen die von außen schon mal interessant aus, hätte man uns doch auch mal reinschauen lassen können.
Stattdessen versammeln wir uns an einem langen Tisch und bekommen von bieder und keusch angezogenen Frauen einen eingeschenkt. Es ist ein kleines Tässchen Tee, welches nun die Kehlen runterrinnt. Nur hier übrigens darf man fotografieren. Der Rest ist wohl zu heilig. So heilig, dass jetzt erstmal alle die Schuhe ausziehen und gesammelt lagern müssen. Nun aber mal bloß die Stelle merken, sonst wird das für den Rest des Tages schwierig mit der Lauferei.
Ab jetzt übernehmen die Männer, welche alle ganz in schwarz rumlaufen und so einen schmalen langen Bart haben, also eigentlich so, wie in Büchern immer der typische Chinese abgebildet ist. Auf Socken schreiten unsere Leute nun durch einige Gänge und wer keine Socken dabei hat und dann nicht wie wir im Rucksack sitzt, ja der muss da jetzt halt barfuß durch. An dieser Stelle der Tipp vom Teddy: Immer ein paar intakte Socken griffbereit haben, denn in vielen Tempeln hier in Asien steht man schnell mal ohne Schuhe da.
Auf der vorgegebenen Route trotten wir vorbei an der Sammlung von 33 Anbetungsschränken, anderen Antiquitäten, vorbei an Stellen dekoriert mit Bonsaibäumchen, vorbei an dem Podest mit dem schlafenden Typen in der Ecke und an spülenden und kochenden Frauen, es bleibt allerdings nicht viel Zeit zur genaueren Begutachtung der Stücke. Doch nicht nur die relative Eile, sondern auch mehrere Sektenjünger die hier mit der Kippe im Maul ihre Arbeit erledigen oder einfach nur rumstehen, lassen eigentlich keine besonders gediegene heilige Atmosphäre aufkommen und haben dann doch was von Doppelmoral. Irgendwie eine komische Sekte und ich glaube man hört es schon, dass mich die Sache mit dem heiligen Haus hier nicht besonders vom Hocker, bzw. aus dem Rucksack haut.
Ist aber wohl trotzdem eine wichtige Sache für die Gläubigen und nicht nur für die von der Sekte. Alte Traditionen Vietnams werden gepflegt, Feste mit tausenden von Leuten die von weit her pilgern werden gefeiert und das Große Haus ist mittlerweile als „historisches Erbe“ anerkannt.
Ruckzuck stehen wir schon wieder bei den Schuhen, der Socken-Rundkurs ist beendet. Beschuht geht es noch ein wenig vor die Tür und da sind noch weitere Häuser, namentlich Klimbimläden. Aber in ein Haus dürfen wir dann doch noch rein, das Toilettenhaus. Irgendwie günstig, dass wir es noch nicht während der Socken-Zeit erreicht hatten.
Selbst mit Schuhen aber sind diese auffällig niedrig konstruierten Urinale zumindest für Sandalenträger nur bedingt und mit Abstrichen geeignet.
Was bei diesem Thema übrigens sehr positiv auf der gesamten Tour zu vermerken ist, ist die Tatsache, dass eigentlich immer und nahezu überall ausreichend Toiletten und diese kostenlos zur Verfügung stehen.
Am Eingang vom Long House entdecke ich lauter Schriftzeichen an den Rundsäulen. Was wird da wohl draufstehen?
Und hätte der Teddy mal seine Neugier besiegt. Dann hätte der Träger jetzt nicht sein Handy gezückt und den „Translator“ angeworfen. Dann wäre der Fellbande dieser moralische Zeigefinger erspart geblieben: "Im Leben steht die kindliche Frömmigkeit an erster Stelle.“ Boah, dieser vielsagende strafende Blick vom Träger und noch dazu der seitliche Blick vom Ty, was ich uns da wieder eingebrockt habe.
Zum Glück aber übersetzt das Handy dann noch einen Spruch: „Politische Beamte sind sauber und die Menschen sind gehorsam.“
Und damit ist klar, dass das alles fauler Zauber ist und wir den ersten Spruch daher wohl kaum ernst nehmen müssen. Hat sich erledigt, da können wir nicht mit gemeint sein.
Kurzer Weg zurück, kommen wir noch an dem Bootsschuppen vorbei, ist auch was drin abgestellt, aber ist abgesperrt. Und so kann der Teddy nicht mal schauen, ob der da wirklich drinsteht, „der alte Kahn vom Mr. Tran“!
Und den Kähnen gegenüber vom Bus geht es auch nicht besser, sie liegen kreuz und quer im Modder rum, da hat wohl einer den Stöpsel gezogen.
Die Ausfahrt wird sich noch etwas verzögern… Und während der Tiger noch darüber erschüttert ist, verzögert sich unsere Abfahrt glücklicher Weise nicht. Die Straße ist noch da und führt uns weiter Richtung Vung Tau.
Während des Vietnamkrieges war Vung Tau Stützpunkt der australischen Armee (die haben nämlich auch mitgemischt) und US-amerikanischer Versorgungseinheiten.
An den langen, ganzjährig nutzbaren Stränden machen vor allem Vietnamesen Urlaub. Später werden wir hören, dass sich da einige vom Schiff Strandflöhe oder sowas Ähnliches eingefangen haben. Wir hingegen haben den Flöhen keine Chance gegeben sich in unserem Plüschfell einzunisten, bleiben bei unserem Kulturprogramm und sind jetzt beim Waltempel.
Legende oder Wahrheit, so soll hier am Strand vor 100 Jahren mal ein Wal angeschwemmt worden sein, der zuvor immer wieder einigen Fischern in der Not geholfen haben soll. Egal ob es jetzt genau der war, Grund genug den zum Heiligtum auszurufen.
Jedenfalls sind hier die Knochen ausgestellt und der Tempel soll den Schutz der Küste symbolisieren. Liegen auch einige und sogar viele Knochen in 2 großen Kisten aus Plexiglas, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass man die Sammlung mit noch anderen Knochen „ergänzt“ hat. Egal, die Sache hier ist außergewöhnlich und schön. So schön, dass Begeisterte und Gläubige lauter Geldscheine in die Kisten schmeißen, die nun zwischen den Knochen liegen.
Nicht so außergewöhnlich sind die Händler die auch hier wieder nach Gaben streben. Aber von uns haben die am Ende keine Scheine zwischen den Flossen.
Schöne Bilder und Gemälde sind auch noch da
und im Hof steht ein verzierter Wagen, wie man sie von „Hindu-Umzügen“ kennt.
Irgendwie scheinen jetzt alle Besichtigungspunkte an dieser Strandstraße zu liegen. Habe das Gefühl, dass wir die Straße rauf und runter fahren. Aber gut so, gurken wir jetzt wenigstens nicht lange rum. Nächste Aktion ist nun ein kurzer Fotostopp. Unten Felsen, aber deshalb sind wir nicht hier. Auch nicht wegen der „zufällig“ dastehenden motorisierten Typen neben uns, die uns wieder die Gelegenheit zum Erwerb von „Prima Sunglasses“, Magneten, aber auch Erfrischungen und Sonstwas bieten.
Gegenüber auf dem Berg steht nämlich oben ein Wahrzeichen der Stadt, eine riesige Jesusstatue. Also kein Buddha oder so? Mag überraschend scheinen, ist es aber gar nicht. Denn der Chinesenbär Ty weiß zu berichten, dass es hier in Vietnam wohl auch 1 bis 2 Millionen Christen gibt. Bestimmt hatten da die Franzosen von damals die „überzeugenden“ Finger drin, bin ich mit diesem Gedanken wohl auf der richtigen Fährte. 32m hoch ist sie und die Armspannweite misst 18m. Was stört, das sind die aktuell schlechten Lichtverhältnisse, die das Objekt nicht ins rechte Licht rücken wollen.
Etwas trübe daher, aber kein Grund für Trübsinn. Besser wäre es wahrscheinlich, wenn man direkt davor stehen würde. Vor der Entscheidung da hoch zu kraxeln stehen wir aber nicht, sitzen jetzt schon wieder und zwar im Bus.
Und da verlassen wir auch schon wieder das Christentum und wenden uns, wie könnte es auch anders sein, mal wieder dem Buddhismus zu.
Auf dem Weg dorthin, der Tempel liegt direkt an der Küstenstraße, verteilt Anne jetzt erstmal Erfrischungstücher. Was soll uns das sagen? Diskret hebe ich den Arm hoch und schnüffle mal an meinen Achseln. Ich find`s aber noch annehmbar. Den Rest besorgt die Klimaanlage.
Es gibt wohl sehr viele Tempel hier, für uns ist nun der Guan Yin Tempel vorgesehen. Direkt in der Mitte steht da wieder die Große weiße Göttin der Barmherzigkeit.
Das passt ja dann, denn danach ist Mitgefühl mit den Mägen der Reisetruppe angekündigt und die dürfen dann barmherzig zum Mittagessen gehen. Und auch nicht erst, wenn diese gigantischen Räucherkerzen verkokelt sind.
Aber erstmal noch schauen wir uns hier mal um. Wer jetzt in den gemauerten Teich unterhalb der Statue schaut, dem vergeht ohnehin erstmal der Appetit. Da wabert eine tote Schildkröte drin.
Nun, auch in der Nähe einer Gottheit ist offenbar nichts unendlich, auch kein Schildkrötenleben. Schnell wenden wir uns ab und erkunden mal das Gelände. Dem Tempelinneren bleiben wir diesmal fern, das Ausziehen der Schuhe wollen die sich nach diesem dezenten Hinweis mit den Erfrischungstüchern zu so später Stunde wohl ersparen.
--- Fortsetzung folgt ---
Weiter am Guan Yin Tempel schauen wir uns mal beim Außengelände um,
besichtigen die Toiletten,
finden raus woher der Begriff „Spatzenhirn“ kommt,
stoßen beim Mittagslokal auf eine analoge Speisekarte,
und schauen uns in der Villa Blache mal an, wie es sich so als Kolonialherr gelebt hat…