20. Januar 2019
Der erste Morgen auf den Azoren ist ein Sonntag. Kein Grund auf Rituale zu verzichten. Also die Kaffeemaschine arbeiten lassen und während der Zeit das Fenster von Decken und Kissen befreien. Das Rollo benutze ich nach wie vor nicht. Der erste Blick sagt: Sonntagswetter.
Also los geht’s, der Morgenspaziergang.
Es scheint noch da zu sein, unser Azorenhoch. Bei der Rückkehr finde ich Post an der Kabinentür. Mein Ausflug morgen wird um eine Stunde vorgezogen. Statt 10.30 Uhr nun um 9.30 Uhr. Man benötigt den Bus für den Schülertransport. Das fällt denen in Horta ja früh ein, ist jedoch kein Problem. Aber wieso Schülertransport? Machen wir unseren Ausflug etwa mit einem Schulbus? Vielleicht so ein großer gelber? Wäre ja mal was Anderes. Aber es sollte ganz anders kommen. Morgen.
Heute will ich die Insel São Miguel erkunden. Die Insel, auf der sich diese schöne romantische aber auch traurige Geschichte einst zugetragen hat:
Eine Prinzessin und ein Hirte waren unsterblich ineinander verliebt und wollten heiraten. Beide hatten wunderschöne Augen. Die Augen Königstochter waren so blau wie ein Saphir. Grün wie ein Smaragd hingegen waren die Augen des Hirten. Und wie soll es anders sein, der König hat die Heirat verboten. Er hatte andere Pläne für seine Tochter und wollte, dass sie einen anderen Mann heiratet. Die beiden Liebenden trafen sich noch einmal am Kraterrand. Sie wollten sich küssen, sich in den Armen halten und sich voneinander verabschieden. Und dann weinten sie bitterliche Tränen. Die Abschiedstränen sammelten sich im Krater und aus ihnen wurde schließlich ein See, der Lagoa das Sete Cidades. Dieser See besteht aus zwei Teilen, die miteinander verbunden sind. Der Lagoa Azul entstand aus den Tränen der blauen Augen der Prinzessin und der Lagoa Verde bildete sich aus den Tränen der smaragdgrünen Augen des Hirten.
Es versteht sich von selbst, dass ich diesen See sehen muss. Der entsprechende Ausflug war schon vor Monaten gebucht:
PDG 02 – Malerische Aussichten und Kraterseen
Unsere Fahrt ging zunächst in den Inselwesten zum Aussichtspunkt Visto do Rei. Nachdem joachimmeertal und perlenfee in ihren Kommentaren geschrieben haben, dass sie die Azoren auch gern bereisen möchten – hier ein erster Tipp: Das Luxushotel Monte Palace.
Es sollte das erste fünf-Sterne-Hotel der Azoren werden. Gebaut wurde es 1983, eröffnet 1989. Einige Monate später wurde es bereits wieder geschlossen. Ich muss bei dem Anblick an die Doku-Reihe „Lost Places“ denken. Ich empfinde das Hotel als mystisch, so wie es die Natur wieder in ihren Besitz gebracht hat.
2017 hat eine Investorengruppe dieses Hotel gekauft um es zu sanieren und 2021 wieder zu eröffnen. Ich wollte euch also keinesfalls veräppeln. Die Ruine ist zugänglich, eine Erkundungstour aber nicht ganz ungefährlich. Deswegen, und auch weil die Zeit nicht reicht, checke ich nicht ein.
Die Lage des Hotels ist einfach perfekt. Zur einen Seite schaut man auf eine Landschaft, wie ich sie eher in Kanada erwartet hätte.
Und zur anderen Seite sieht man den „See aus Tränen“. Er ist ca 5 km lang und 2 km breit. Die beiden Teilseen - der große Lagoa Azul ("blauer See") im Norden und der kleinere Lagoa Verde ("grüner See") im Süden sind miteinander verbunden.
Man hat einen fantastischen Blick auf die Caldera Sete Cidades in der sich der See Lagoa das Sete Cidades "See der sieben Städte" befindet und an seinem Westufer der gleichnamige Ort. Und dahin fahren wir jetzt, hinab in den Vulkankrater in das Örtchen Sete Cidades.
Die Fahrt kann man schon als spektakulär bezeichnen. Hinter jeder Kurve eröffnet sich ein neuer Blick auf den See, einer schöner wie der andere. Hier sieht man auch gut, dass der See zwei Farben hat. Dummerweise sieht man auch, dass die Fensterscheiben nicht so ganz sauber sind.
Im Ort angekommen haben wir Freizeit. Was soll ich tun? Die Sonne lacht, es ist ein herrlicher Nachmittag. Ich gehe ans Seeufer. Es gibt gut begehbare Wege dorthin.
Auch die Berge sind sehenswert. So wohnt man also außerhalb des Ortskerns.
In entgegengesetzter Richtung befindet sich der Ort mit der kleinen Kirche Igreja de Sao Nicolau. Auch die sehe ich mir an. Um dort hin zu gelangen muss man durch einen kleinen Laubengang gehen.
Schon wieder romantisch. Wie schön mag das hier im Sommer sein? Aber ganz genau sollte man nicht hinschauen. Denkt euch den Zaun einfach weg.
Wir haben viel Zeit, aber nicht genug, um dieses Kleinod ausführlich zu erkunden. Wir fahren weiter zum nächsten Aussichtspunkt: Lagoa de Santiago.
Ja, dieser Aussichtspunkt ist auch sehr schön, aber nach dem Blick vom Visto do Rei nicht mehr so beeindruckend. Für mich ist der Weg das Ziel. Es geht die gleiche Serpentinenstraße wieder hinauf und man konnte diesmal all das sehen, was man auf der Hinfahrt nicht sehen konnte (andere Busseite).
Nach ein paar Stunden Natur pur geht es zurück nach Ponta Delgada. Vom Bus aus erhasche ich einen Blick auf die Hafenstadt.
Im Hotel Azor in Hafennähe (noch näher war das Gefängnis) können wir lokale Spezialitäten verkosten. Diese sind Wein und Käse. Die Tische sind bereits eingedeckt, Wein und Käse stehen zur Selbstbedienung bereit. Das Prozedere ist auch mein einziger Kritikpunkt an dem Ausflug. Wir sind plötzlich uns selbst überlassen. Es gibt keinerlei erklärende Worte. Die Schlange beim Käsebuffet ist „endlos“, weil noch ein zweiter Ausflugsbus da ist.
Die diversen Käsesorten sind lecker, der Wein auch. Es sind genügend eingegossene Gläser vorhanden, etwas „Nachschlag“ ist überhaupt kein Problem. Jeweils 2 Rot- und 2 Weißweine stehen zur Auswahl. Ich schätze, es sind auch mindestens 6 oder 7 Käsesorten. Beim Hinausgehen entdecke ich dann eine Vitrine, in der die einzelnen Käse ausgestellt und mit Preisen versehen sind. Unabhängig vom stolzen Preis, ohne Kühlmöglichkeit macht der Kauf keinen Sinn.
Nach der Verkostung (für einige Gäste war es ein üppiges Mahl) konnte man selbst entscheiden, ob man noch etwas in der Stadt bleibt oder mit dem Bus zum Schiff fährt.
Ich wollte zur Cara. Zum einen war ohnehin nur noch wenig Zeit bis zum Ablegen, zum anderen war in der AIDA heute angekündigt, dass lokale Händler einen Mitbringselmarkt in der AIDA Bar veranstalten. Da möchte ich hin. Es war eine große Ankündigung für einen kleinen Tisch. Nun gut, man konnte Mitbringsel kaufen. Oder war ich nur zu spät? Kekse, Marmelade und Likörchen laden zum Besitzerwechsel ein. Und ich bin plötzlich stolze Eigentümerin eines Sets von vier kleinen Marmeladengläschen. Die Ananasmarmelade war zu Ostern auf meinem Frühstücksbrötchen. Mal was anderes, mir aber zu süss. Der Geschmack hat mich an die Ananas beim Rodizio erinnert.
Frische Luft macht hungrig. Die Themen lauten heute Afrika und Philippinen. Und täglich grüßt das Murmeltier: Das Essen ist lecker, der Softeisautomat funktioniert anstandslos und einen Kellner musste ich wieder auf mich aufmerksam machen. Pünktlich zum Ablegen stehe ich an der Reling. Endlich wieder die Auslaufmusik. Und am Ufer sehe ich Blitzlichter. 155 sm müssen wir zurück legen um unser nächstes Ziel zu erreichen. Aber ich möchte wieder kommen. Gern im Frühling, wenn die Hortensien keine verwelkten Sträucher mehr sind.
Während die Cara Fahrt aufnimmt startet das Abendprogramm. Ich stehe aber noch so unter dem Einfluss der ganzen neuen Eindrücke, dass mir die Lust fehlt. Im Theater wird die Show „Weltenwandler“ aufgeführt. Da muss ich nicht hin, kenne ich bereits. Ich packe meine Sachen für Morgen und lade die Akkus nach. Mit dem Fotoapparat ziehe ich dann in die Lambada Bar. Hari Popp spielt Evergreens. Ich setze mich etwas abseits, löse einen Cocktailgutschein ein und schaue mir die Bilder auf der Kamera an. Es sind einige Hundert. Ich kann einfach nicht bis zu Hause warten obwohl man auf dem kleinen Display kaum etwas erkennt.
Dann noch eine Runde ums Deck und gute Nacht.
Urlaub auf dem Meer…….
Kommentare 10