26. Januar 2019, Ho Chi Minh City – welch ein Geschenk, 29 Grad
Also wirklich ausgeschlafen war ich nicht, aber der Frühstückskaffee hat die Lebensgeister etwas wach gerüttelt. Unsere Freunde sitzen nicht minder ausgeschlafen am Tisch und es dauert eine Weile, bis ein Gespräch in Gang kommt. Ist aber nicht so tragisch, ein wenig Tischmeditation am frühen Morgen ist nicht verkehrt. Die Einfahrt in den Hafen Phu My haben wir verpasst, Aber es ist nicht sooo tragisch, denn wir waren schon einmal mit der Bella hier und sogar über Nacht. Damals haben wir am ersten Tag eine wunderschöne Mekongtour gemacht, den Abend und die Nacht in Ho Chi Minh City (mit Hotelübernachtung) verbracht und am nächsten Tag wurde die City erkundet. Oh, was war der Abend in der Stadt aufregend … es war die Nacht zum chinesischen Neujahr – Jahr des Pferdes. Unbeschreiblich, was da los war – alles was zwei Beine hatte war unterwegs, zu Fuß oder mit dem Moped. Ich werde das Geräusch der Fahrzeuge nie vergessen. Hier dazu mein kleiner Film von damals. https://youtu.be/6MhslIHvsEM Nun aber zum heutigen Tag.
Unten auf der Pier stehen die kleinen Busse unseres Touranbieters und welch eine Freude, Van ist wieder unsere Reiseleiterin. Sie wohnt hier und so werden wir sicher viel erfahren. Van hat gute Laune mitgebracht und so warten wir geduldig eine Person, die nicht pünktlich erschienen ist. Sowas passiert immer wieder und manchmal regt man sich auf, manchmal nicht. Heute sind wir sehr entspannt - aber all zu lange werden wir nicht warten, denn die Zeit ist für diese City kostbar. Die Stadt, die früher mal Saigon hieß, wurde zu Ehren des Revolutionsführers Ho-Chi-Minh 1976 umbenannt. Sein großes Standbild findet man vor dem Rathaus. Die Metropole gilt als modernste Stadt Vietnams. Das haben wir seinerzeit auch festgestellt.
Es gibt riesige Hochhäuser (auch im Vorstadtbereich), doch ein großer Teil spiegelt noch den Charme der Kolonialzeit wider. Es gibt breite Alleen, Parkanlagen und wunderschöne Kolonialbauten, an denen wir nachher vorbeifahren und einige davon besuchen werden. Die Stadt ist aufgeteilt in 17 Bezirke und ein großer Teil der circa 6,8 Millionen Einwohner sind Einheimische und der Rest ist aus anderen Provinzen hinzugezogen.
Die Landessprache ist natürlich vietnamesisch, englisch die erste Fremdsprache in den Schulen. Wenn man Glück hat, trifft man aber auch Menschen, die noch französisch können. Deutsch ist nicht unbekannt, denn es gab viele Vietnamesen, die in den Staaten des Ostblocks studiert oder gearbeitet hatten. Das haben wir bereits bei vorherigen Ausflügen gemerkt ... Erinnert ihr euch an den jungen Mann, der in Ostberlin einen Broiler kennengelernt hat?
Auf dem Weg in die Stadt fällt der Blick immer wieder auf herumliegenden Müll. Ja, das sei schon ein Problem in Vietnam, hören wir von Van. In HCM zahlt man umgerechnet 10 Euro für die Müllentsorgung – ich habe vergessen, für welchen Zeitraum. Auf dem Land wird der Abfall einfach verbrannt oder in den Mekong geworfen. Im achten Bezirk, wo die Pfahlbauten zu finden sind, ist es für den Saigonriver katastrophal. Die Abwässer sowie der Müll werden auch dort in den Fluss entsorgt. Meine Meinung dazu, wir sollen aber bitteschön nicht mit dem Finger auf die Länder zeigen, in denen die Müllentsorgung sehr unzureichend ist. Auch hier in Deutschland wird es immer mehr zur Mode, das Autofenster zu öffnen und die Fastfoodverpackungen oder Zigarettenkippen raus zuwerfen. Alte Kühlschränke und Sperrmüll werden in Wäldern entsorgt. An der französischen Atlantikküste habe ich am Strand Müll aufgesammelt, der von der Strömung angeschwemmt wurde. Einfach unverständlich, wo wir doch in Europa eine gut funktionierende Müllabfuhr haben. Ich bin jetzt vom Thema abgekommen – ist mir halt gerade eingefallen. Angekommen im 7. Bezirk besuchen wir einen Morgenmarkt.
Hier leben Einheimische und kaufen für den täglichen Bedarf ein. Der Parkplatz ist voller Zweiräder. Fast jeder Haushalt hat 2 davon. Eins benutzt man für die Fahrt zur Arbeit und eins nur für die Urlaubsfahrten. Erlaubt sind 4 Personen auf dem Doppelsitz (2 Erwachsene und 2 Kinder). Ja, manchmal sitzen auch 3 Erwachsene drauf, habe ich gesehen. Und einen Helm muss jeder tragen, bei Verstoß zahlt man schnell 20 Euro Strafe und das ist viel Geld hier! Man soll sich nicht wundern, wie vermummt die Menschen auf diesen Maschinen sitzen. Gesichtsmaske, Handschuhe, Jacke mit langen Ärmeln, lange Hose an und Schirmkappe unter dem Helm – nicht wegen der Abgase, neeeiiiiiiiiiiin, man will nicht braun werden!!
Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch – wieder alles in frischer Qualität. Die Präsentkörbe sind kunstvoll gefüllt und verpackt, wie wir es bereits in den anderen Städten Vietnams gesehen haben. Jaja, Neujahr - machen wir eigentlich auch solch einen Kult um den Jahreswechsel? Ich glaube, einzig die Knallerei-Artikel erinnern uns zu Hause an Silvester und auch noch Luftschlangen.
Auf der Fahrt in den 5. Bezirk überqueren wir den Fluss und schauen auf die Skyline.
Unterwegs schlägt Van vor, wir könnten noch einen Blumenmarkt besuchen, wenn wir wollen. Alle sind dafür und so machen wir einen kurzen Halt.
Fein säuberlich nach Farben und Sorten stehen sie im Wasser und warten auf Kundschaft. Ich trödeln ein wenig und mache noch ein paar Schnappschüsse.
Ich kann zwischen den breiten Schirmen einen Blick nach oben werfen. Gut zu erkennen ist auch hier, dass die Häuser sehr schmal sind aber doch eine beachtliche Tiefe haben.
In Chinatown, dem quirligen Bezirk angekommen, besuchen wir den Ba Thien Hau Tempel – Tempel der Meeresgöttin. Ja, wir erkennen ihn wieder. Durch das eiserne Tor gelangt man über einen Innenhof in die große Halle.
An den Decken hängen die Räucherspiralen, die Luft ist schwer vom Duft des Weihrauchs.
Beim ersten Besuch des Tempels musste ich vorzeitig an die frische Luft gehen, denn auf Weihrauch reagiere etwas allergisch und bekommen Hustenanfälle. Man will ja nicht auffallen und so halte ich mir diesmal ab und zu mal ein Taschentuch vor die Nase.
Heute muss ein besonderer Tag sein, denn viele junge Leute in traditionellen Kleidern sind anwesend. Meist sind es Brautpaare, die hierher in den chinesischen Tempel kommen, um sich fotografieren zu lassen. Die jungen Frauen sehen wunderschön aus, perfekt gestylt und geschminkt. Ich fotografiere ein Brautpaar und gratuliere ihnen. Ein kleine Konversation auch mit deren Freunden, wo wir her kämen usw. Ich zeige ihnen meine Fotos und bekomme sofort das okay, sie für meine Berichte zu verwenden. Ganz ehrlich, dass Paar sieht sowas von schön aus in der traditionellen Tracht. Und dann das kunstvoll einrasierte Symbol in den Haaren des Mannes - es ist alles auf einander abgestimmt.
Auch andere Besucher des Tempels sind einverstanden, dass ich Fotos mache und so zeige ich ein paar meiner Aufnahmen … Aber keine Angst, nicht nur ich mache Fotos, Fremde, Freunde, Kollegen und Verwandte. Und die Fotoausrüstungen sind oft sehr professionell.
Es bleibt noch etwas Zeit und wir schauen uns in dem Tempel um. Man sollte ihn unbedingt gesehen haben, wenn man nach HCM kommt. Jetzt aber los, der Bus wartet.
Die Fahrt durch das Viertel geht weiter und wir stehen vor der Pagode Chua Va Phart, die wir noch nicht kennen.
Über 1000 Buddha-Figuren soll es hier zu sehen geben. Es gibt 5 Stockwerke zu erkunden und überall stehen Altäre mit goldglänzenden Buddhas.
Hinter Glas stehen geschützt mit roten Ledereinband versehene Bücher und Scultpuren. Auf einer Etage stehen Menschen beieinander, um von einem Verstorbenen Abschied zu nehmen. Die Besucher stehen andächtig vor den Altären und legen kleine Gaben nieder.
Ein beeindruckender Ort, den wir jetzt auch kennen gelernt haben. Durch den schmalen Hof geht es wieder zum Bus.
Es ist Mittagszeit und wir setzen uns in einem schönen Restaurant an den gedeckten Tisch. Das Gebäude stammt noch aus der französischen Kolonialzeit und wurde wirklich schön hergerichtet.
Und das Essen - wieder ein Genuss.
Gut gestärkt fahren wir die Tour weiter. Diesen Ort zu besuchen, hat mich sehr beschämt. Es ist das Museum der Kriegsverbrechen. Früher hieß es „Museum der Amerikanischen Kriegsverbrechen“. Davon und dem Rest des Ausflug berichte ich nächsten Teil.