Ein "Zwerg" zwischen lauter Riesen: Die von den hohen Bergen eingerahmte "Kjenndalstova" - ein Restaurant, in dem uns Kaffee und frische Waffeln mit leckerer Erdbeermarmelade erwarten - verdeutlicht die gewaltige Natur Norwegens. Im Hintergrund ist bereits ein Teil des Kjenndal-Gletschers zu sehen. Angesichts dieser gewaltigen Dimensionen, welche dieses Foto gut verdeutlicht, verwundert es sicherlich nicht mehr, dass der Tsunami von 1936 eine unfassbare Höhe von bis zu 72 Metern erreichte.
Schließlich ist unser Ziel in greifbarer Nähe. Wunderschön präsentiert sich die "Kjenndalstova" in einer herrlichen Spiegelung und völlig einsam gelegen in der Weite Norwegens. Ein außergewöhnlicher Ort - immer mit Blick auf das gewaltige Felsmassiv des Ramnefjell. Ein Ort mit einem gewissen Nervenkitzel also.
Der kleine hölzerne Anleger gehört nur uns. Kapitän Jon legt unser kleines Bötchen butterweich an. Er lässt es sich nicht nehmen, uns zu verabschieden und uns beim Schritt vom Boot an Land behilflich zu sein. Schön war die Fahrt. Atemberaubend … Unvergesslich … Gern "füttere" ich die kleine am Bootsausstieg bereitgestellte Schale mit ein paar Münzen.
Ein Blick zurück auf die "Kjenndal II.", auf deren "Pooldeck" ich unsere Fahrt über den türkisfarbenen Lovatnet so genossen habe. Ein Blick zurück auch auf die Ramnefjell-Narbe und den Utigardsfossen.
Vor uns liegt das nunmehr gar nicht mehr so klein wirkende gastliche Haus. An diesem Ort in imposanter Umgebung haben wir eine Stunde Zeit - für heißen Kaffee und leckere warme Waffeln mit frischer Sahne und leckerer Erdbeerkonfitüre - ein süßer Imbiss, der in Norwegen IMMER geht, da es jedes Mal super-lecker schmeckt. Aber auch Zeit für einen Spaziergang durch die reizvolle Umgebung.
An langen Tischen in einladendem Ambiente nehmen wir Platz. Hübsch eingedeckt haben die Wirtsleute für uns - mit weißem Geschirr, grünen Servietten und stimmungsvollen Teelichtern. Teller mit Waffeln und kleine Schälchen mit Sahne und Konfitüre stehen ebenfalls bereit.
Was so lecker aussieht, kann eigentlich nur gut schmecken, oder?! Und so ist es schließlich auch. Fast möchte man sich die Finger ablecken. Und der heiße Kaffee wärmt nach der vielen frischen Luft ordentlich durch.
Noch schnell ein gewisses (sehr sauberes!) Örtchen aufgesucht, bevor die meisten Gäste unserer Gruppe den Aufenthalt nutzen, um ein Stück durch die Natur des Kjenndalen, in welchem wir uns nunmehr befinden, zu spazieren. Nicht weit entfernt stehen ein paar Informationstafeln mit historischen Fotos längst vergangener Zeiten. Damals - Ende des 19. Jahrhunderts - als die Gletscherzungen der Region mit ihren gewaltigen Eismassen noch bis ins Tal gekrochen kamen. Heutzutage leider nur noch schwer vorstellbar, denn der Kjenndal-Gletscher ist selbst von hier aus noch fünf Kilometer entfernt. Kjenndalen - "ein Juwel in der Schatztruhe Norwegens" - schöner könnte man dieses Fleckchen Erde wirklich nicht beschreiben. So steht es auf einer der Informationstafeln geschrieben.
Natürlich finden wir hier auch Informationen zu den beiden von mir bereits beschriebenen Naturkatastrophen mit Original-Aufnahmen. Fotografiert habe ich diese Informationstafeln - auch, um nicht alles abschreiben zu müssen. Um Urheberrechte nicht zu verletzen, verzichte ich jedoch aufs Einstellen dieser Fotos in meinen Bericht.
Was für eine tolle Gegend! Irgendein Gletscherfluss in nachbarschaftlicher Nähe zum Restaurant rauscht durch ein grünes, naturbelassenes Wäldchen. Kleine Brücken sollen eigentlich hier und da hinüberführen, doch je nach Wasserhöhe und Fließgeschwindigkeit können die auch schon mal verschoben werden. Dann machen sie das Überqueren zu einem kleinen Abenteuer. Wir haben keine Lust auf ein unfreiwilliges Bad im kalten Gletscherwasser und schauen uns das Ganze daher vom - wenn auch teils etwas schlammigem - Ufer aus an.
Es ist herrlich, ein Stück durch diese tolle Natur wandern zu können. Gern wäre ich noch ein Stückchen länger hiergeblieben, denn es gibt so vieles zu entdecken, die "kleinen Wunder am Wegesrand" … Eine zarte Blüte, kleine Pilze auf zarten Stielen, eine dem Verfall preisgegebene Hütte, ein buntes Blatt, eine Himbeerrebe … Die Vielfalt an Fotomotiven ist auf den wenigen Metern Natur nahezu unerschöpflich:
Bevor wir wieder in unseren Bus steigen, der uns auf der Strecke von Olden bis hierher folgte, muss ich natürlich mal schnell noch meine Hände in den Lovatnet tauchen - und bin überrascht, dass das Wasser gar nicht so kalt ist, wie ich erst dachte.
10:45 Uhr: Auf geht´s zum Kjenndal-Gletscher, fünf Kilometer durchs enge Lodalen. Und schon haben wir ihn auch in fast greifbarer Nähe, den Gletscher. Noch wird der Blick aufs Eisfeld immer wieder von Bäumen verdeckt. Doch hier habe ich ihn schon mal gut "erwischt". Ein beeindruckender Anblick:
Thomas erzählt uns, dass die Gletscher ein starker Indikator dafür sind, wie sich die Umwelt verändert. Das Wasser, welches in den Eismassen aller norwegischen Gletscher gespeichert ist, würde aktuell ausreichen, um ganz Norwegen beim heutigen Stand des Wasserverbrauchs 100 Jahre lang mit Frischwasser zu versorgen.
Schmal geht es zu auf dieser Brücke - Gegenverkehr unmöglich. Es rumpelt auch ein wenig, aber alles geht gut. Bestimmt kennt unser Fahrer diese Strecke wie seine Westentasche.
Links ein tosender Fluss, rechts steil aufragende Felswände …
… und vor uns der Gletscher. Wieder einmal fühlt man sich als Mensch sehr klein und unbedeutend.
Auf einem Parkplatz inmitten dieser Einöde steigen wir aus. Vor uns liegt noch ein rund 10-minütiger Spaziergang, bevor wir der Gletscherwand gegenüberstehen werden. Aus allen Richtungen scheint es zu rauschen. Wir sind umgeben von hohen, tosenden Wasserfällen, die sich in ebenso tosende Wildbäche stürzen. Was für ein Schauspiel.
Rund 70 Minuten gehören nun uns und dem Gletscher. Wir laufen los, immer schön auf dem gut begehbaren, mit feinem Split belegten Weg. Es geht relativ eben hin und durch herrlich grüne Natur, neben uns rauscht ein wilder Fluss. Rund zehn Minuten benötigen wir, bis wir eine Art naturbelassene Aussichtsplattform erreichen.
Pappeln, Birken, die sich erst noch einigermaßen gut im widrigen Klima halten, sich aber bald und mit jedem Meter näher zur Gletscherwand zu Krüppelbirken zurückentwickeln. Und nicht nur das - plötzlich schlägt uns ein kühlerer Wind entgegen und die ohnehin schon dünnstämmigen Bäumchen bleiben ganz zurück: Der Blick auf den Gletscher ist mit einem Mal komplett frei.
Ein weites Tal, begrenzt von hohen Wänden, überall liegen große und kleine Steine herum, zwischen denen sich niedrige Pflanzen, Moose und Flechten angesiedelt haben, eine Wand davon teilweise mit grau-blau-weißem Eis bedeckt: die Gletscherzunge des Kjenndalsbreen. Auch wenn die Schmelze der norwegischen Gletscher in den letzten Jahren rasant vorangeschritten ist, so ist der Anblick dennoch gewaltig und unvergesslich. In diesem Talkessel weht ein stetiger leichter Wind vom ewigen Eis herüber - der kalte Atem des Gletschers … Der kalte Hauch der Ewigkeit … Hoffentlich …
Der Anblick ist imposant. Zweifellos. Dennoch könnte ich mir vorstellen, dass auch dieser Gletscherarm im Laufe der vergangenen Jahre genauso drastisch zurückgegangen ist wie zum Beispiel der des Briksdalsbreen. Auch hier stürzen neben und unter der Eisfläche Wasserfälle zu Tal, der Gletscher schmilzt. Setzt sich die Erderwärmung fort, sind Norwegens Gletscher dem Tode geweiht.
Jedoch muss ich auch sagen, dass mich dieser Gletscher im direkten Vergleich mit dem Briksdals-Gletscher mehr beeindruckt. Thomas erzählt uns, dass die Eisstärke des Jostedalsbreen an der dicksten Stelle 800 Meter betrifft, beachtlich. Im Durchschnitt sind es 150 Meter. Dieses den Wind kanalisierende Tal ist im Winter verschneit, die Zufahrtswege unter meterhohen Schneemengen einem monatelangen Winterschlaf preisgegeben.
Norwegen tut viel für den Schutz der grandiosen Natur, neben dem Erdöl das "Kapital" des Landes. Häufig werden große Flächen der Gletscher im Sommer mit Planen abgedeckt. Ab 2025 dürfen in Norwegen nur noch E-Autos verkauft werden. Und ebenfalls ab 2025 werden in den Fjorden nur noch gasbetriebene Schiffe zugelassen.
Huch, selbst hier findet man sie - die "Trolle"
Fortsetzung folgt ...
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