29. April 2017, auf dem Weg zu Mutti
Endlich ist es wieder so weit. Unsere Mutti hat sich Monate vorher auf diese Reise gefreut und kann es kaum erwarten. Diesmal geht es wieder nach Norwegen, in die traumhaften Fjorde von Ulvik und Eidfjord. Die Bilder der ersten Reise 2011 hat sie immer noch im Kopf und hatte sich gewünscht, das noch einmal zu erleben.
Ich reise wie gehabt einen Tag vorher an und so können wir gemeinsam ihren Koffer packen. Meine Schwester hat schon mal vorsortiert, was unbedingt mit muss. Aber erst muss ich da ankommen. Nä, was für ein Theater wieder mit der Bahn. Der Zug hat Verspätung, mein Anschlusszug ist fort und futsch ist auch mein reservierter Platz. An der Bahnhofanzeige stehen 10 Züge, von denen 6 Verspätungen haben – das längste Ärgernis beträgt 70 Minuten. Ich renne runter in das Servicecenter, neuen Zug raus suchen lassen, neue Platzkarte (zum Glück gab es noch einen Platz für mich) und dann warten. Während der Weiterfahrt eine Durchsage, auch dieser Zug kommt später an … 45 Minuten wieder. Ich komme inzwischen auf stolze 90 Minuten. Man gut, dass ich nicht ein Flugzeug erwischen muss!
Ich rufe meine Schwester an, sie soll erst losfahren, wenn ich wirklich absehen kann, wann ich am Ziel ankomme. Man gut, dass ich Mutti nicht gesagt habe, wann ich wirklich eintreffe. Sie hätte dann mindestens zwei Stunden das Essen auf dem Herd hin und hergeschoben, schließlich muss das „Kind“ doch was essen. Am Ende kam ich dann 2 Stunden später am Zielort an. Mutti ist glücklich mich zu sehen und so sitzen wir drei Weiber in der Küche, essen gemeinsam und stoßen schon mal auf die bevorstehende Reise an. „Jetzt aber zackig“, sage ich zu Mutti, „lass uns den Koffer packen und dann ab ins Bett. Morgen früh kommt der Taxifahrer und es geht loooooos. Gute Nacht und träume schon mal vom Schiff,“ sage ich ihr und schon schläft sie. Ich sortiere meine Unterlagen, alles beieinander. Was hatten die zwei vorhin zu tuscheln, Mutti und meine Schwester? Sowas kenne ich gar nicht. Ich habe aber eine leise Ahnung, um was es geht. Am letzten Tag der Reise habe ich Geburtstag und bestimmt wollen sie mich mit etwas beglücken. Ja, der Geburtstag – normalerweise feiert man ja einen Runden mit der ganzen Familie – diesmal ist es anders. Es ist auch sozusagen ein Geschenk an sie, dass ich diesen Tag mit Mutti verbringe, denn ohne sie gäbe es mich ja gar nicht.
30. April, es geht nach Hamburg - Wetter: Sonnenschein, man glaubt es kaum
Vor lauter Aufregung ist Mutti schon um 6 Uhr aufgestanden und es duftet nach Kaffee, als ich in die Küche komme. Wir frühstücken ohne Eile, denn wer weiß schon, ob wir wirklich um 12 Uhr in Hamburg ankommen. Nach dem gestrigen Tag drücke ich heimlich meine Daumen. Der Taxifahrer ist pünktlich da und als er uns mit den Koffern sieht, sagt er nur: „So, wieder on Tour mit AIDA. Jetzt muss nur noch die Schwester eingefangen werden und dann geht die Reise los.“ Mutti erzählt voller Begeisterung, wo es hin geht und diesmal sogar eine Woche. „Was sind schon 4 Tage“, sagt sie dem Taxifahrer, „die vergehen so schnell und ehe ich mich versehe, holen sie uns wieder am Bahnhof ab! Aber jetzt eine Woche, das werden wir wohl aushalten Kinder, oder?“ Ich lache in mich hinein. So ist es, wenn ein AIDAvirus anfängt im Körper seine Runden zu drehen. Man kann einfach nicht lange genug an Bord sein. Meine Schwester steht schon wartend vor der Haustür und meint, „ich bin aufgeregt“. Mutti wieder: „Brauchst du nicht, wir haben doch unsere Managerin dabei, da kann nix schief gehen.“
Weil unsere Mutti inzwischen mit ihren 87 Jahren zu Fuß nicht mehr ganz so schnell unterwegs ist, aber im Kopf noch voll auf zack, sind wir zeitig am Bahnhof und müssen nicht mit dem Gepäck hetzen. Es reicht noch für eine Tasse Kaffee und ich besorge Mutti noch ein paar sogenannte „Friseur-Zeitschriften“. Sie hatte neulich erzählt, das Haakon und Mette in ihrer landesüblichen Tracht immer sehr gut aussehen. 2011 konnte sie während der Reise im Theatrium die Hochzeit von Kate und William verfolgen. Sie ist up to date mit den Royals.
Ich krame in meiner Vorfreudetasche herum, ziehe die Kofferanhänger raus und klebe sie um die Griffe. Schließlich soll der Koffer auch den Weg bis zu unserer Kabinentür finden. Gottlob, der Zug ist pünktlich. Sie mag diesen Bahnhof, denn es gibt dort einen Fahrstuhl und man muss keine Treppen steigen und vor allen Dingen nicht den Koffer hochschleppen. Als wir einsteigen, will sie unbedingt ihren Koffer selbst in den Zug wuchten. "Nichts da Mutti, du willst dir ja wohl nicht noch das Kreuz verrenken, bevor wir auf das Schiff kommen" sage ich zu ihr. Sie zieht schnell den Kopf ein und steigt in den Zug. Ein junger Mann ist so nett und hilft uns mit dem Gepäck. „Oh, da haben sie aber ordentlich was eingepackt“, sagt er grinsend zu mir. „Ja, so ist das bei Frauen. Man braucht einfach immer eine Auswahlmöglichkeit an Klamotten – besonders im Urlaub“ kontere ich.
Meine Schwester sprintet vor zu den reservieren Plätze. Hilfe, da sitzen Leute drauf. Leichte Verwirrung auf beiden Seiten. Mutti lächelt in sich rein, denn bisher hat sich ja immer alles aufklären lassen. Dann kommt die Erleuchtung, wir sind im falschen Zug. Ach du meine Güte, ich vergesse fast zu atmen. Das ist mir ja noch nie passiert. Ihr fällt nur ein zu sagen: „Ganz ruhig Kinder, der fährt ja auch nach Hamburg und zum Glück nicht in den Süden“. Uff, dass sie sich nicht aufgeregt hat, beruhigt mich schon mal. Aber ganz ehrlich, wieso fahren 2 Züge innerhalb von 5 Minuten am gleichen Bahnsteig nach Hamburg????? … dies beschäftigt mich schon eine Weile. Unterwegs schauen wir die gelben Rapsfelder an und nach fast 2 Stunden erreichen wir Hamburg. Vorbei an den Brücken taucht auch schon der Michel auf und zehn Minuten nach zwölf steigen wir in eine Taxe, die uns zum neuen Cruise-Terminal nach Steinwerder bringt.
Klar, wir hätten auch den AIDAshuttle nehmen können, aber der fährt nicht am Ausgang Kirchenallee ab sondern am Zentralen Omnibusbahnhof und wir wollten Mutti den Weg dorthin ersparen. Sie wird heute noch genug zu laufen haben.
„Kinder, da ist unsere Luna!“ und tatsächlich, jetzt sehen wir sie auch. Oh, das sieht hier aber nicht so ansprechend aus wie in Altona. Da muss noch viel gemacht werden, bis das hier ein ansehnlicher Schiffsanleger wird. Naja, Rom ist ja auch nicht an einem Tag errichtet worden - vielleicht fahren wir ja die nächsten Jahre noch mal von hier los und dann kann ich schauen, was sich getan hat.
Der freundliche Taxifahrer wünscht uns einen wunderschönen Urlaub und dann werden die Koffer am Terminaleingang abgegeben und es geht zum Check-In.
Der Blick ist ganz ungewohnt für uns, denn Stehtische mit weißen Tischdecken stehen dort. Die blauen Schalter stehen nicht in einer Front. Die AIDAmitarbeiter sind mit Handys ausgestattet, die Papiere und auch wir werden abfotografiert. Schon sind wir eingecheckt und haben die Bordkarte in der Hand.
Ich
weiß genau, was jetzt kommt … „Kinder, haben wir wieder die gleiche Kabine?“ Eine
ganz wichtige Frage, denn so kann sie sich schon mal im Geiste auf den Weg
machen und weiß, was auf sie zukommt. „Natürlich, auch mit freier Sicht nach
hinten. Wie voriges Jahr auch“, antworte ich. Okay, und dann geht sie ziemlich
flott vom Fahrstuhl aus den Gang bis ganz nach hinten durch. „Post ist auch schon
da für die Managerin“ sagt sie lachend zu mir. Öffnet die Tür und meint dann
lächelnd, alles ist wunderbar vorbereitet. Jetzt kommt das ABER. "Kinder, wo
ist der Champus? Der Kübel ist leer!" Ach Mutti, sagen wir, hab doch etwas Geduld,
der kommt noch bis wir ablegen.
Ich öffne die Balkontür für sie und dann stehen wir draußen und ich schaue meine Schwester an. Sie nickt, alles gut gemacht – Mutti ist glücklich und das freut uns ungemein. Das ist der wahre Grund unserer Reisen mit ihr - sie soll es genießen, mal wo anders zu sein. Nicht, dass sie sich zu Hause langweilt oder so. Aber ein Tapetenwechsel ist auch im Alter wichtig.
Es ist noch kurz Zeit, wir versorgen ein paar Utensilien und jetzt meldet sich der Hunger auch. Wir gehen ins Weite Welt-Restaurant, natürlich an unseren bevorzugten Tisch. Mutti geht gleich los und kommt erfreut wieder, es gibt Rinderschmorbraten. Den macht sie sich zu Hause nicht mehr. Lohnt sich nicht für eine Person, meint sie. "Ja, ein kleines Glas Bier dazu, das wäre nett!" flüstert sie. Okay, ich zapfe ihr eins mit ordentlicher Schaumkrone und sie trinkt es voller Genuss.
Nach dem Mittagessen stehen auch schon unsere Koffer vor der Tür und es wird ausgepackt. Meine Schwester und ich zeigen uns gegenseitig die "Schätze" und beratschlagen, was wir wann anziehen. Für Mutti müssen wir nichts entscheiden, sie hat ihren eigenen Kopf und stellt sich ihre Outfits immer selbst zusammen. Zu 99,9 Prozent triff sie immer eine gute Zusammenstellung. Sie sitzt in der Zwischenzeit in ihrer warmen Jacke draußen und beobachtet das Treiben im Hafenbecken. Ausflugsschiffe kommen und umkreisen die Luna. Dann ertönen die grellen Piepstöne aus den Lautsprechern und wir müssen uns fertig machen für die Seenotrettungsübung. Das anlegen der Westen ist wieder mein Ding, schließlich muss alles korrekt sein und dann geht es los zum Sammelpunkt.
Wir steuern aus Gewohnheit auf den Fahrstuhl zu, der natürlich nicht fährt. Bei der Seenotrettungsübung darf er nicht benutzt werden und freundlich zeigt man uns, wir sollen die Treppe im Innenbereich benutzen. Ui, Mutti bekommt leichte Panik und sagt etwas ängstlich „Kinder, da gehe ich nicht runter!“ „Ach komm, das schaffst du schon, halt dich am Geländer fest und mir gibst du die andere Hand, das geht schon.“ Erleichtert erreichen wir ohne Zwischenfall die Musterstation und es ist auch ein Stuhl da, auf den sich unser „Grufti“ setzen kann. Ich möchte ausdrücklich betonen, das ist ihr Ausdruck, als sie die Treppe hinunter ging!!! „Gruftis sollten getragen werden", hat sie vor sich hingeredet. Zum Glück sind alle Passagiere vollzählig, die zwei Ansagen verlesen, das Anlegen der Westen vorgeführt und der Einsatz ist beendet. Ach ja, ich höre die Stimme des Kapitäns und freue mich riesig, dass Kapitän Thomas Mey unser Schiff steuert. Mit ihm war ich in Südamerika bei der Umrundung vom Kap Horn unterwegs. Ein sehr netter Mann und er macht humorvolle Borddurchsagen. Ein Glück, nach dem Ende der SNRÜ fahren die Lifte wieder, aber man muss lange anstehen. Mit den Westen bekleidet ist der Fahrstuhl schnell voll. Wir haben ja Zeit ...
Nun dauert es nicht mehr lange, bis wir ablegen. Meine Schwester hat die kleine Lautsprecherbox auf den Balkontisch gestellt, ich die Flasche mit dem Champagner geöffnet und dann fängt die Luna leicht an zu vibrieren.
Die Taue fallen ins Wasser und werden eingezogen, wir legen ab. Am Ufer stehen Menschen, winken uns zu. Mutti prostet mit etwas Champus in ihrem Glas in Richtung Ufer und der kleinen Ausflugsboote.
Mensch, was für ein Glück, dass wir das mit ihr wieder erleben dürfen. Sie singt vor sich hin „Sail away – Sail away….“ Es ist ihre fünfte Reise mit AIDA und sie ist richtig aufgelebt, von all den Erlebnissen. Sie erinnert mich daran, ja genug Fotos zu machen. "Du weißt schon, mein Seniorenkreis....!" Sie hat ihren Leuten dort erzählt, dass sie wieder eine Reise macht. Und natürlich wollen alle wissen, wo sie war und was sie erlebt hat. Das mit dem falschen Zug wird bestimmt auch in den Erzählungen auftauchen, da bin ich mir sicher. In der Nachbarkabine und unter uns ist ebenfalls gute Stimmung angesagt. Da wir die Flasche nicht alleine leer bekommen und Champagner abgestanden nicht schmeckt, schenken wir unseren Balkonnachbarn ein Schlückchen ein. Mit den drei lustigen Frauen unter uns werden wir die nächsten Tage so einiges gemeinsam unternehmen. Wir haben uns durch das Forum kennengelernt oder war es durch Facebook? Ich weiß es nicht mehr - auf jeden Fall sind sehr nett.
Die Luna bewegt sich die Elbe abwärts, vorbei an den Frachtschiffen, den Landungsbrücken, der Elb-Philharmonie, dem Terminal in Altona, und den kleinen Sandstränden. Überall sieht man Menschen stehen, die winken – toll.
Nach dem Abendessen sitzen wir warm eingepackt noch etwas draußen auf dem Balkon, schauen auf unsere Heckwelle und beobachten, wie die Sonne langsam untergeht.
Eine himmlische Ruhe strahlt dieses Bild aus. Dann verabschiedet sich Mutti und meint, sie sei müde, der Tag war ja lang und satt sei auch und das macht einfach schläfrig. Der Roomservice bzw. der "Boy" (Muttis Bezeichnung für den jungen Mann vom Housekeeping) hat das Bett für die Nacht hergerichtet und es lädt direkt zum träumen ein.
Meine Schwester und ich gehen hoch aufs Pooldeck zur Welcome-Party mit dem Titel „Let's Sail“. Auf der Bühne stehen General Manager Thomas Knoch und Entertainment Managerin Alexandra Kaal und heißen die Passagiere herzlich Willkommen an Bord von AIDA Luuuuuna. Wir treffen die drei Schwestern und es gibt so viel zu erzählen ... Das wird noch was geben mit unserer Frauengruppe hier, Power ohne Ende. Wie der fesche junge Mann, der voller Energie immer noch Sport treibt unter dem Mondlicht.
Die Show „Soulman“ kennen wir schon, aber das macht gar nichts. Wir lieben diese Musik, die das Showensemble für uns singt.
Wir machen noch einen kleinen Abstecher zur AIDAbar, wollen sehen, was für eine Band dort spielt. "Ich glaube, die Band Eclipse werden wir wohl öfter erleben", meint meine Schwester.
Yes, gute Musik, gefällt uns. An der Bar treffe ich eine Barkeeperin wieder, die im November auf der Bella war. Sie sieht mich und strahlt, ich muss auch nicht sagen was ich trinken will. Denn sie sagt spontan, „so wie immer?“ Ich nicke, alles prima. Heute ist doch Tanz in den Mai fällt mir ein. Also tanzen wir uns dann mal rein in den Wonnemonat Mai.
Als wir wieder auf die Kabine kommen, hebt Mutti ihren Kopf und fragt, was wir noch so gemacht haben. „Mutti, wir waren bei der Sail away Party und noch in der Bar!“ Ihre Antwort möchte ich nicht vorenthalten: „So so, die zwei Hunde wieder, die man von der Kette gelassen hat - haben ihr Revier
abgelaufen“. Meine Schwester und ich schauen an und lachen, bis die Tränen kullern. Mutti ist so was von humorvoll, manchmal wundern wir uns, wenn sie diese Sprüche klopft.
Irgendwie will es gar nicht richtig dunkel werden und so sitzen wir zwei noch auf dem Balkon und genießen das Restlicht und die Mondsichel, die über uns steht.
So, Wecker müssen wir nicht unbedingt stellen. Morgen haben wir einen Seetag und es geht dann weiter nach Bergen. Sie Sonne soll um 5.55 Uhr aufgehen. Ich ziehe meine Gardine nicht zu, denn ich möchte schon den Sonnenaufgang sehen. Warm wird es aber nicht am 1. Mai - 8 Grad, aber für das Ende der Reise, in Oslo - da wird es richtig warm sein, ganze 19 Grad!!!!! Warten wir ab, ob das stimmt.
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