2. Mai 2018, Stockholm, wechselhaft 12 Grad
Leise hole ich meine warme Jacke aus dem Schrank, es ist 4 Uhr und es dämmert leicht. Bei
meinen Mitbewohnerinnen tut sich aber
auch was. Mutti fragt, ob wir schon da sind? „Nein, noch nicht, das dauert noch
eine Weile. Schlaf noch ein wenig! Wenn es interessant wird, wecke ich dich,
okay?“ Es kommt keine Antwort, also ist sie gleich wieder eingeschlummert.
Meine Schwester schläft wie ein Bär im Winterschlaf. Kein Wunder, wenn sie die
Nacht zum Tage macht, würde Mutti sagen. Um 6
ist es schon hell, meine 2 sind aufgestanden und wir drei schauen auf die
Landschaft, die an uns vorüber zieht. Das Wasser sieht im fahlen Sonnenlicht
silbergrau aus und und unsere Heckwelle hinterlässt schimmernde Muster auf dem
Wasser.
Jaaa,
das ist was, was Mutti gefällt: die Fjorde und die kleinen Inseln – aber sie
vermisst die schneebedeckten Berge Norwegens. „Mutti, man kann nicht alles
haben, aber das hier ist doch mal was ganz Neues“, flüstere ich ihr zu. Sie
nickt und meint, „das stimmt“.
Vorbei
an bewaldeten Ufern mit bunten Häuschen geht es der Stadt entgegen. Unser
Balkon hat inzwischen die Funktion eines Spiegels angenommen, so schön feucht
ist er.
Das Schiff gleitet dahin und wir haben eine tolle Sicht auf die Umgebung.
Da es in der Nacht etwas geregnet hatte und entscheidet Mutti, sie wird den Ausflug „Stockholm auf einen Blick“ nicht mitmachen. Sie will nicht nass werden, falls es doch nochmal regnen sollte. Bus ein und aussteigen ist jetzt auch nicht mehr so ihr Ding. Einmal rein und raus, ist ja noch okay, aber bei jedem Halt, das wird ihr doch etwas zu viel. Ist nicht schlimm, denn sie liebt es, einfach warm eingepackt und vor Regen geschützt auf dem Balkon zu sitzen und die Umgebung zu genießen. Aber warten wir ab, ob es aufhört zu tröpfeln. Wenn nicht, kann sie es sich in der Kabine auch kuschelig machen.
Ich
habe wieder den Auftrag, viele Fotos zu machen, die wir nach dem Ausflug auf
meinem Tablett anschauen können und ihr vom Ausflug ausführlich zu berichten.
Das machen wir so. Tasche ist gepackt, Handy und Camera geladen, es kann
losgehen. Vor dem Schiff ist viel los, eine Menge Busse warten auf die
Ausflügler und irgendwie in dem ganzen Tohuwabohu haben meine Schwester und ich
uns aus den Augen verloren. Ich warte noch eine Weile, dann steige ich ein, sie
wird das bestimmt auch geregelt bekommen mit dem Ausflug und dann sitze ich in dem einen Bus und
meine Schwester in dem anderen Bus. Mal schauen, was sie so alles mit
ihrem Handy einfängt bei der Tour.
Es ist schon lange her, dass ich mal in Stockholm gewesen war. An mache Sehenswürdigkeiten, wie das Schloss kann ich mich noch erinnern. Damals hat unser schwedischer Freund uns ein wenig herum gefahren und von seiner Stadt gezeigt. Aber was hängen geblieben ist, Stockholm besteht ja aus vielen kleinen Inseln und es gibt unzählige Brücken, die sie miteinander verbinden. Und schon damals sind viele Fähren dort gefahren.
In
Stockholm gibt es viel zu sehen … Die Sehenswürdigkeiten sind weit verstreut in
der Stadt und mit dem Bus fahren wir an einigen vorbei.
Der
Innenhof ist sehr schön, die Fasse durch die Backsteine relativ schlicht, aber
die hohen Fenster und die großen Figuren nehmen dem Gebäude jede Strenge.
Unzählige
Kirchtürme prägen das Stadtbild und der reitende Engel auf dem Löwen ist auch
ein Foto wert. Wer
gerne in ein Museum geht, könnte hier
Tage verbringen, so viele soll es geben. Wir fahren auch am Blauen Tor, dem Eingang zum
Königlichen Djugarden (Jagdpark) vorbei, wo der goldene Hirsch zu sehen ist.
Der Park ist beliebtes Ziel der Einwohner, aber auch Touristen sind gerne hier
unterwegs.
Ich bin echt froh, dass die Tour sich mehr auf das Busfahren beschränkt. Bei dem Wetter ist nicht gerade eine große Freude, draußen herumzubummeln. Okay, die Fotos durch die Scheibe des sind nicht immer toll, manchmal gibt es Spiegelungen oder Regenschlieren schleichen sich aufs Bild.
Besonders gut gefällt mir die Fron des Königlichen Dramatic Theaters. Rechts und links des Eingangs sind diese Szenen in weißen Marmor eingehauen worden.
Bei den Ausführungen der Reiseleiterin habe ich mich ausgeklinkt, es ist anstrengend ihr zuzuhören, denn die Übertragung im Bus ist nicht so besonders gut. Eine große Anzahl stattlicher Häuser säumen die Straßen dieser nordischen Metropole und dazwischen das Wasser, auf dem kleine Fähren verkehren. Es gab auch mal eine deutsche Brauerei in Stockholm, heute beherbergt sie ein Kongresszentrum. Unsere Tour führt uns auch in das Viertel, in dem wunderschöne Herrenhäuser stehen, in denen die Botschafter zu Hause sind.
Wieder im Hafen angekommen, hatte ich mir vorgenommen, noch ein wenig das Flair der Stadt zu genießen. Aber in direkter Nähe der Anlegestelle war nichts zu finden und so beschließe ich, zurück an Bord zu gehen. Es ist Mittagszeit, ich bringe die Jacke auf die Kabine und gehe mit Mutti essen.
Meine Schwester trudelt später auch ein und wir schmeißen unsere Fotos zusammen
und schauen auf dem Tablett unsere Ausbeute an. Es gibt viel zu erzählen über
die Stadt und meine Schwester hatte das Glück, als sie am Schloss vorbei kamen,
war gerade Wachwechsel.
Kommentar von Mutti dazu „von der Königsfamilie niemanden gesehen?“ Ich hatte ja schon erwähnt, sie interessiert sich für die schwedische Königsfamilie, weil sie ihr auch so natürlich erscheint. Die Kronprinzessin, ihr Mann und den Kindern haben es ihr angetan. Sie sind ja fast so, wie „ganz normale Menschen“ – nur, dass sie viel um die Ohren haben – aber wer hat das schon nicht. „Und die Kinder sehen immer so fröhlich aus“, war mal ein Kommentar von ihr zu einem Bericht über den Skiurlaub der Königsfamilie.
Der
Himmel ist bedeckt, als wir Stockholm verlassen.
Mutti hat entschieden, zu viel Essen ist nicht gut – für sie gibt es heute Abend wieder nur noch Obst. Ich bin wirklich überrascht, dass sie den Verführungen des Abendessens so standhaft gegenüber steht. Das Mittagessen sei ja wirklich reichlich gewesen und zu Hause würde sie ja auch nicht zweimal am Tag etwas Warmes essen. Und so verspeisen meine Schwester und ich heute im Rossini ein Menue; denn es gab für mich als Clubmitglied einen Gutschein. Den lassen wir doch nicht verfallen … Mutti nun wieder „mach ein paar Bilder, damit ich im Seniorenkreis erzählen kann, wie toll man auf dem Schiff essen kann.
Sie hat es sich gemütlich gemacht auf ihrem Bänkchen und als wir um 21 Uhr zurück sind. "Zeig mal die Fotos von der Schlemmerei" tönt es uns entgegen.
"Ja, die Landschaft ist schon ein Traum hier. Ich bin sehr gespannt, was wir vor Visby sehen werden" denkt Mutti so vor sich hin. "Wir auch, kennen wir ja noch nicht - obwohl vom Gotland-Krimi her kennen wir ja ein klein wenig schon", sagt meine Schwester.
"Und, was liegt bei euch noch an heute Abend?" fragt Mutti uns. "Wir gehen jodeln - zum Alpenglühn" kommt es gleichzeitig von uns als Antwort. "Aha" ...
Komisch, Eltern haben einen guten Riecher … wir kommen ganz leise rein und dann hebt sich ihr Kopf vom Kissen und sie fragt, wie es war. „Mutti, toll war es wieder!“
Jetzt aber Licht aus, morgen früh sind wir in Visby – keine lange Liegezeit. Da heißt es,morgen früh sich etwas sputen, wenn man noch was sehen möchte.
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