17. Mai 2019 Seetag und Ankunft in Oslo 22 Uhr, Wetter: sonnig bis bewölkt, 17 Grad
Von
wegen ausschlafen. Ich habe die Gardine absichtlich nicht zugezogen
und kaum erhellt sich der Himmel, stehe ich auf dem Balkon. Es ist
kurz nach 5 Uhr und am Horizont färbt sich der Himmel rosa, die
Sonne steigt empor.
Unsere Sportlerin ist im Fitnessbereich und so machen wir drei uns auf den Weg zum Buffalo, wo wir während der Reise frühstücken können. Der Restaurantleiter begleitet uns zu einem freien Tisch. Dort liegt wieder das schöne Faltblatt „AIDA HEUTE“, sowie eine Hafeninfo über Oslo für uns bereit. Nicht nur das, jeden Tag findet man auch ein Blatt, auf dem man ankreuzen kann, was man denn zum Frühstück essen möchte. Gut gefällt mir das Zitat, das da drauf steht „Frühstück ist die schönste aller Mahlzeiten. Man ist ausgeruht und jung, hat sich noch nicht geärgert und ist voll neuer Hoffnungen und Pläne.“ Dieser weise Spruch stammt vom Schriftsteller Heinrich Spoerl (1887-1955) und als Mutti das liest, meint sie, der Mann hat das gut geschrieben. Wir studieren die Karte für das Frühstück. Mutti möchte ein Rührei wieder mit nichts drin, aber Bacon knusprig gebraten dazu. Meine Schwester wählt das gleiche und ich lasse mir den Räucherlachs schmecken. Herrlich, die Ruhe hier – Mutti ist entspannt. Sie bittet den jungen Mann, mit dem sie herum geschäkert hat, um ein Glas Wasser. Ja, sie hat an ihre Medikamente gedacht und schon sind sie geschluckt. Kurz besprechen wir den weiteren Ablauf bis zum Mittagessen. Das Enkelkind kommt und sagt, sie könne noch in einem anderen Restaurant frühstücken, denn dass Buffalo schließt um 10 Uhr. „Okay, dann sehen wir uns nachher auf der Kabine beziehungsweise im Weite Welt-Restaurant um 13 Uhr zum Mittagessen“ und schon ist sie wieder weg.
Kapitän Felix Rothe meldet sich von der Brücke. Gestern habe ich Mutti ein Foto von ihm gezeigt. Sie meinte „fescher Mann“! Die Luna befindet sich auf Höhe von Göteborg, das rund 33 km entfernt liegt. Zum Wetter in Oslo kommt die frohe Botschaft, ist zwar bewölkt, aber es bleibt vorerst trocken bei 15 Grad.
Ich begleite die beiden hoch zum Deck 12, wo der Friseursalon ist. „Lasst euch verschönern meine zwei, ich gehe jetzt kochen“ rufe ich ihnen noch zu. Als ich in die AIDAbar reinschaue, hängt dort schon die Deko für die Abendveranstaltung, das „Alpenglühn“. Mist, ich habe doch tatsächlich zum ersten Mal meine Trachtenbluse zu Hause im Schrank hängen lassen. Muss diesmal auch ohne gehen. Komischerweise, beim Alpenglühn ist die AIDAbar immer gerammelt voll. Mutti war auch einmal während der Reise mit dabei und damals sagte sie „ich wusste gar nicht, dass so viele Leute kommen und auch noch in Trachtenklamotten“. Später, so erinnere ich mich, hat sie gesagt, „bei den Schlagern ist das kein Wunder! Helene atemlos ...“ Hmmm, vielleicht gehen wir ja gar nicht zum Alpenglühn, denn die Luna kommt ja um 22 Uhr in Oslo an und wenn wir Lust haben, werden wir die Stadt das erste Mal in den späten Abendstunden erkunden. Schauen wir mal, wie es wird heute Abend.
Vor dem
Buffalo warten die Teilnehmer der AIDA Kochschule und ich bin
gespannt, was wir heute vorgekocht bekommen. Fein säuberlich stehen
die Zutaten auf der Theke und der Chef de Cuisine Bernhard von Funcke
vom Rossini legt gleich los. Ich schaue auf das Rezeptblatt, lecker,
es gibt die feine weiße Tomatensuppe. Was sehr gut dazu passte,
waren die schwarzen Krümel auf dem Tellerrand. Es waren zerkleinerte
Stücke von getrockneten schwarzen Oliven. Kann man gut selber
machen, hören wir. Das muss ich mir merken für Zuhause.
Das Hauptgericht besteht aus gebratenen Jakobsmuscheln auf einer cremigen Polenta und dazu gibt es konfierte Kirschtomaten. Eine harmonische Zusammenstellung, mein Urteil dazu. Über die Polenta freue ich mich jedes mal. Erinnert mich an meine Jugendzeit. Mutti hat das früher oft gemacht. Muss ich ihr nachher unbedingt berichten, wie sie hier an Bord gekocht wird. Das interessiert sie bestimmt. Ach, ich koche ja selbst auch gerne und freue mich, auf jeder Reise eine oder mehrere Kochschulen zu besuchen. Man(n) beziehungsweise FRAU lernt nie aus. Den Abschluss des Menüs bildet eine Créme brulée mit einem Hauch von Kaffeegeschmack. Zwischen drin gibt es immer genügend Zeit für Erklärungen und kleine Tipps, wie man das zu Hause ohne Probleme kochen kann. Boah, eigentlich bin ich schon satt, als die Kochschule zu Ende ist, doch ich habe ja versprochen, dass ich ins Weite Welt-Restaurant komme.
Die drei sitzen schon am Tisch und Donnerwetter, was sehen Mutti und meine Schwester gut aus. Die Haare perfekt gestylt und Mutti hat Bedenken, dass die Frisur durch den Mittagsschlaf verwuschelt wird. „Ach, das bekommen wir schon wieder hin, nachher. Mach dir keine Sorgen.“ sage ich zu ihr. Erleichtert atmet sie auf und macht sich mit meiner Schwester auf den Weg, den Teller zu befüllen. Heute gibt es eine saftige Hähnchenkeule und etwas Gemüse dazu, nicht zu schwer, um nachher noch das Schläfchen zu machen. Als ich ihr erzähle, in der Kochschule wurde heute Polenta zubereitet, schaut sie mich an und meint, dass habe sie schon lange nicht mehr gegessen. Kommt auf den Speiseplan zu Hause. Habe ich doch gewußt, dass ihr das gefällt.
Mutti verabschiedet sich in die Kabine und ich verschwinde mit meiner Tochter runter auf Deck 9 in die AIDAShoppingwelt. Es gibt ja immer etwas, was man vielleicht gebrauchen könnte und schon ist die Bordkarte eingelesen und wir laufen mit einem Tütchen in Richtung Treppe. Wir laufen, das ist sportlich! Der Friseurbesuch ist nebenbei bemerkt ein wichtiger Bestandteil jeder Reise bei Mutti. Sie liebt es in dem kleinen Salon zu sitzen, beim Haare schneiden auf das Meer zu schauen und sie genießt die entspannte Kopfmassage. Immer schwärmt sie mir vor, wie lieb doch die Friseurinnen seien und die ganze Atmosphäre einfach für gute Laune sorgt. Und das Shampoo riecht so gut!!!
Von
Mittagsschlaf in der Kabine ist keine Spur. Mutti sitzt eingehüllt
mit der Wolldecke auf dem Balkon und schaut auf die vorbeiziehende
Landschaft.
Ein
wenig bekommen wir noch von Dominiks Prime Time mit. Danach leert
sich das Theater, und wir finden dann doch noch in der ersten Reihe ein schönes
Plätzchen für Mutti, von dem aus sie die Bühne voll im Blick hat.
„Möchtest du noch was trinken?“ fragen wir. Ja, ein kleines
Gläschen darf es sein und dann beginnt die Show „Augenblicke“.
Schon der Anfang ist toll gemacht – ein Zug fährt ein, die Tür
öffnet sich und eine weiß gekleidete Frau steigt aus.
Wir wünschen ihr eine gute Nacht und die Tür fällt ins Schloss. Wir sind auf dem Weg zum Ausstieg. Das wollen viele, es gibt einen kleinen Stau auf Deck 3, aber nachdem das Schiff freigegeben wurde, löst er sich auf und wir sind bereit für die Erkundungstour. Oben in unserer Kabine ist die volle Beflammung an. Mutti schaut sich bestimmt einen Film an und mein Schwesterherz sortiert ihre Fotos auf dem Handy.
Direkt am Anleger befindet sich ein interessanter Komplex, der SALT heißt. Es ist viel los, denn heute ist ja Freitagabend und das Wochenende beginnt. Besucher können hier essen und trinken, Musikveranstaltungen besuchen und auch dieses Kunstwerk bestaunen. Auf einer Holzkonstruktion sind Hemden aufgespannt und man könnte fast meinen, es wäre Waschtag in Oslo. Der Wind lässt die Teile im Wind flattern und eine bunte Beleuchtung setzt schön Akzente. Da wir nicht hetzen müssen, trödeln wir etwas im Hafen.
Die
Oper, deren Errichtung 500 Millionen Euro gekostet hat, leuchtet noch
etwas rosafarben in der untergehenden Sonne. Ein Blick zurück auf
unsere Luna, es brennt noch Licht in unsere Kabine – alles gut.
Wie herrlich, so haben wir Oslo noch
nicht erlebt – Abendstimmung. Der Karl Johans Gate führt
kerzengerade vom Bahnhof durch das angesagte Geschäftsviertel,
direkt zum Schloss der königlichen Familie.
Die Kathedrale (auch Dom genannt) mit ihrem
rustikalem Turm erscheint mächtig in der Dunkelheit. Morgen werde
ich mal reinschauen. Der Blumenmarkt (Stortorvet) ist geschlossen,
auch den werden wir morgen besichtigen.
Prunkvoll
erstrahlt das Nationaltheater, das eines der bemerkenswertesten
Theater Europas sein soll. Es wurde 1899 eröffnet und steht sein
1983 unter Denkmalschutz. Auch die Rückseite ist sehenswert. Die
werde ich morgen beim Stadtrundgang fotografieren. Dort stehen auch
die großen Bronzefiguren von Persönlichkeiten. Im angrenzenden
Park ziehen uns die bunten Tulpen an und dann machen wir uns auf den
Rückweg zur Luna.
Die Luna liegt in ihrer ganzen nächtlichen Schönheit vor uns, in der Kabine brennt noch immer Licht und als wir eintreffen, müssen wir gleich berichten, was wir alles gesehen haben. „Schön war es, viele Menschen unterwegs und auch am Abend ist Oslo toll. Und man kann direkt in der Nähe vom Schiff eine Saune besuchen und ins kühle Wasser springen!“ „Die hatten aber schon Badehosen an?“, will Mutti wissen. Da lachen wir alle.
Ich sortiere noch kurz meine Fotos auf dem Handy, sichere meine Daten und dann löschen wir das Licht. Es kann sein, dass der Morgen mich wieder früh weckt. Gute Nacht.
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