Um zu den Sternen zu gelangen treffen wir uns am späten Nachmittag in der Anytime.
Mach dem Foto werden wir mit einem leckeren Getränk (kein Sekt) begrüßt. Im Anschluss stellen sich unsere Begleiter vor. Eigentlich das übliche Prozedere. Interessant wird es, als ein netter junger Mann das Mikro in die Hand nimmt und sich als „Nighty“ vorstellt. Ein leises Raunen geht durch die Anytime. Mit dieser Berufsbezeichnung kann keiner etwas anfangen. Er erklärt dann auch seinen Job. Er hat Nachtschicht an der Rezeption und ist dafür zuständig unsere Wünsche zu erfüllen, die wir nachts haben. Aus dem Raunen wird erst ein diskretes Gelächter und anschließend gibt es tosenden Beifall. Das Eis ist gebrochen. Ab diesem Moment herrscht eine angenehme lockere Atmosphäre.
Dann geht es los. Wir sind ca. 70 Personen. Zwei Busse stehen für uns bereit. Zuletzt steigt der Reiseleiter ein. Es ist kein anderer als Inacio. Er erzählt etwas über sich, viel über Madeira und einiges über sein Hobby: Aida. Er beschreibt auch die Nova, aus seiner Sicht klingt das etwa so: Die Nova ist Schwerstarbeit und die Cara ist einfach. Bei der Cara muss ich nur 20mal „Wiiiiiillkommen, Guuuuuuuuuuuten Mooooorgeeeeeeeeen, Mooooiiiiiin!“ rufen, dann ist das Schiff vorbei. Bei der Nova muss ich 100mal „Wiiiiiillkommen, Guuuuuuuuuuuten Mooooorgeeeeeeeeen, Mooooiiiiiin!“ rufen und es kommen immer noch Balkone.
Es ist eine kurzweilige Fahrt.
Nach ca. einer halben Stunde Fahrt erreichen wir auf dem Weg zu den Sternen unser Ziel. So ist das eigentlich nicht korrekt ausgedrückt, denn es ist nur ein Stern. Genau genommen ein Fixstern, nämlich unsere Sonne. Diese gilt es zu verabschieden.
Zuerst geniessen wir die Aussicht. Es ist schwer in Worte zu fassen. Wunderschön ist noch untertrieben.
Die bereits tief stehende Sonne taucht die Landschaft in ein goldenes Licht.
Wir befinden uns am Aussichtspunkt von Rancho. Die Steilklippe mit dem Aussichtspunkt Cabo Girão ist nur wenige Kilometer entfernt. Cabo Girão könnte man mit „Kap der Umkehr“ übersetzten. Sie ist mit knapp 600 Metern die höchste Steilklippe Europas. Dort gibt es eine Glasbodenplatte, die ich mit meiner Kamera suche und auch finde.
Ganz in unserer Nähe befindet sich eine Seilbahnstation. Die Bahn wurde 2003 in Betrieb genommen. Eigentlich sollte sie für die Bauern sein, damit diese es leichter haben, ihre Ernten nach oben zu bringen.
Heute verbinden zwei Kabinen den Ort Rancho mit Fajãs do Cabo Girão. Dieser Landstrich wird hauptsächlich von terrassenförmigen Getreidefeldern und einem schönen Strand bestimmt.
Die Fahrt mit der Seilbahn ist sicherlich für einige eine Herausforderung, aber es wäre schade die Augen zu schließen.
Zur anderen Seite ist ein Restaurant mit Snackbar. Dort gibt es typische Gerichte wie ‘Espada’ (schwarzer Degenfisch) oder ‘Picado’, ein traditionelles Fleischgericht.
Von dieser Snackbar gehen wir ein paar Stufen nach oben und kommen auf die Plattform mit dieser atemberaubenden Aussicht.
Ausgerechnet jetzt muss ich an Heizergruss und den glühenden Auslöser seiner Kamera denken, wenn er uns mit tollen Aufnahmen von der Kieler Förde verwöhnt. Meinem Auslöser geht es heute ähnlich.
Und plötzlich ist es soweit. Unser Stern möchte sich verabschieden.
Sagt man nicht, die Sonne geht unter? Ja, sie tut es und taucht langsam in den Atlantik ab.
Und nun ist sie leider schon weg. Das ging viel zu schnell. Für mich hat sich der Ausflug jetzt schon gelohnt. Eine Sternstunde, die ihren Namen wirklich verdient hat, aber sie ist ja noch nicht vorbei.
Wir begeben uns wieder in die Busse und fahren ins Central. Rodizio soll es geben. Ich habe keine Ahnung, was genau da auf mich zu kommt. Man hat mir erzählt, dass das Fleischspieße sind. In meiner Ahnungslosigkeit habe ich mit etwas Ähnlichem wie Schaschlik gerechnet, nur eben nicht wie wir ihn kennen mit Paprika und so, sondern nur mit südamerikanischen Fleischsorten.
Wir werden bereits erwartet. Lange Tafeln sind für uns eingedeckt. Getränke stehen genauso bereit wie Brote, Reis und Salat bekamen wir direkt auf den Teller. Und kurz danach erfahre ich auch, wozu dieses, einer Zuckerzange ähnliches Teil gut ist.
Ich sitze in der Nähe der Ausgabeluke. Das ist doch einen Versuch wert, mal durch das "Loch" zu schauen und ein Foto zu machen.
Der Versuch gelingt. Aber er wird auch beobachtet. Inacio steht plötzlich neben mir und meint, dass ich in der Küche viel besser ein Foto machen kann. Ich protestiere. Ich kann doch nicht einfach in die Küche spazieren und fotografieren. Also schiebt er mich vorsichtig durch die Schwingtür und ich mache dieses Foto. Ganz schnell, nur die Kamera in die Richtung halten und abdrücken. In dem kleinen Raum herrscht eine enorme Hitze.
Aber ganz schnell wieder gehen - nicht wenn Inacio dabei ist. Er ruft etwas auf portugiesisch. Hätte ich es verstanden, ich hätte wieder protestiert. So aber hat sich Inacio meinen Fotoapparat geschnappt und ich hatte einen dieser Fleischspieße in der Hand. Dieses Foto wird eine ganz besondere Erinnerung bleiben, aber euch erspare ich das Bild lieber. Später teilen noch einige andere Gäste mein "Schicksal".
Den Abend fasse ich so zusammen. Sehr interessant, Essen und Trinken in Hülle und Fülle. Immer als ich denke 'so, das wars jetzt' kam das nächste. Wer es schafft auf dem Schiff das leckere Essen zu ignorieren, sollte einen Tag vorher fasten. Zum Abschluss gibt es auch noch warme Teigteilchen, Espresso und Poncha.
Die Fahrt zum Schiff ist kurz. Als wenn wir nicht genug flüssige und feste Nahrung bekommen hätten werden im Bus noch Poncha-Gutscheine verteilt.
Aber das gibt es doch nicht! Als ich auf dem Pooldeck ankomme ist Inacio schon wieder in Aktion. Diesmal bereitet er recht lautstark Poncha zu. Ich sehe mir noch das letzte Drittel des Auftritts der Gruppe Monte Verde an und löse den Gutschein ein. Irgendwo standen vorbereitete Gläser. Der Inhalt konnte mit dem Getränk im Central nicht einmal ansatzweise mithalten. Ich hatte auf die Marke "Inacio" gehofft.
Nach dem vielen Essen brauche ich jetzt Bewegung. Mein noch halbvolles Glas Poncha vergesse ich aus Versehen mit Absicht direkt an einem Tisch bei der Poolbar.
Ich benutze sogar die Treppe um in die Kabine zu kommen. Nein ich will noch nicht ins Bett, sondern noch einmal den Fotoapparat holen. Vielleicht gelingt mir ja eine Nachtaufnahme. Der "Automatikmodus" wirds schon richten.
Ich denke noch einmal zurück an meinen ersten Besuch auf Madeira. Dezember 2010. Auch damals erstrahlte die Stadt so wie heute.
Und auch damals stand Inacio an der Mole und winkte, nur statt mit der Flagge mit einer großen Hand. Ich überlege mir, dass ich die gemachten Fotos drucken lassen könnte und ihm bei meinem nächsten Besuch - den es sicher irgend wann einmal geben wird - mitbringe.
Schnell noch ein paar Fotos und ein paar Runden ums Deck.
Kaum zu glauben, dass nur noch drei Urlaubstage vor mir liegen.
Urlaub auf dem Meer.........
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