15. Oktober 2018 - Valletta
Wir hatten vorgehabt, das Anlaufen von Valletta von den oberen Decks aus zu verfolgen. Deshalb waren wir früh auf den Beinen – ca. 6.30 Uhr in der Außenalster, wo es einen passablen Cappuccino – übrigens mein Morgenstarter auf MeinSchiff – aus der Maschine gab. Die Insel Malta tauchte aus der Dunkelheit auf. Wir hatten gerade San Dimitri Point passiert; vom Schiff sah er wie ein langer Finger aus, der sich ins Meer schob. Kleinere und größere Ortschaften zeigten sich mit ihren Lichtern. Die Küste war steil und felsig. Über der Insel zeigte sich ein Wolkenband. Über uns Anzeichen blauen Himmels. Vor uns waren in der Ferne auf Reede liegende Schiffe zu erkennen. Ein Zeichen, dass wir uns Valletta näherten. Also schnell zum Frühstück, um den Hafeneinlauf von oben beobachten zu können. Daraus wurde aber nichts, denn Kapitän Jonas Lyddby war schneller als an den beiden vorherigen Tagen. Dafür gab es für uns Frühstücksfernsehen, wie es nicht besser sein konnte – die Einfahrt in den Grand Harbour von Valletta.
Zwischen Frühstücksende und Treffen zu unserem Halbtagesausflug „Marsaxlokk und Hafenrundfahrt“ schossen wir die ersten Fotos von ganz oben. Überwältigend bei dem Liegeplatz, der uns vergönnt war. Viel von der Sonne angestrahltes, bearbeitetes Gestein. Dazwischen weit ausladende grüne Baumkronen. Das Gestein zeigte sich ganz unten als das mächtige Mauerwerk, das Mitte des letzten Jahrtausends als Bollwerk und zum Schutz gegen Angreifer den Naturhafen umschließend aufeinander geschichtet wurde.
Auf der Steuerbordseite grüßte uns die Auberge de Castille, eine frühere Herberge für Ritter des Johanniterordens Kastilien, León und Portugal und heute der Amtssitz des maltesischen Premiers. Direkt daneben hob sich die Kuppel der Church of St Catherine of Alexandria vom Himmel ab. Auf der Backbordseite zeigten sich im Gegenlicht die Forts Vendette und St. Angelo sowie – alles überragend – Kuppel und Turm von The Collegiate Church of Saint Lawrence. Vor uns war die Vision of the Seas angetäut, die noch näher als wir an der attraktiven Altstadt Vallettas lag. Aber das hieß nicht, dass wir abseits vom Geschehen abgeschoben wurden. Die Ausblicke von unserem Schiff waren einzigartig!
Nun aber zu unserem Ausflug. Unser nicht gerade mit guten Deutschkenntnissen gesegneter Reiseleiter empfing uns und wir fuhren mit ihm zu unserer Bootsanlegestelle in Sliema. Fuhren? Eher stop and go. Ganz Malta schien an diesem Morgen mit dem Auto unterwegs gewesen zu sein. So konnten wir genussvoll die Stadtlandschaft genießen. Valletta war und ist eine typische südeuropäische Großstadt. Straßen – so lala … Häuser – fast alle mehrstöckig. Viele waren Renovierungskandidaten. Einige ältere Gebäude waren richtig herausgeputzt; andere warteten auf die Abrissbirne. Insgesamt war viel Bautätigkeit zu beobachten. Grün gab es auch – vereinzelt. Schließlich stoppten wir nach einer – für uns – Irrfahrt - übrigens immer auf der falschen Straßenseite – an der Hafenpromenade mit der prosaischen Bezeichnung „The Strand“ und enterten unser Ausflugsboot. Das dauerte … aber wir hatten ja URLAUB! Unsere Hafenrundfahrt begann im Marsamxett Harbour. Vorbei an Manoel Island, der einzigen mit einer Brücke verbundenen Insel im Hafen, steuerten wir den Lazzaretto Creek an und passierten das von den Johannitern Anfang des 18. Jahrhunderts erbaute Fort Manoel
und kurz darauf das Lazzaretto, das Quarantänehospital aus dem 18. Jahrhundert, in dem alle Neuankömmlinge auf Malta für die ersten vierzig Tage ihre Heimat fanden.
Wir bewunderten von der Seeseite aus den mit alten Villen vollgestopften Stadtteil Ta´Xbiex, in dem sich heute viele Diplomaten wohl fühlen.
Ein erhaltenes Relikt aus der guten alten Zeit fiel ins Auge – der Dreimastschoner „Black Pearl“, auf dem sich vor Jahrzehnten Errol Flynn verwöhnen ließ.
Unser Boot drehte und verließ den Msida Creek. Auf Steuerbordseite waren die kolossalen Befestigungsanlagen zu erkennen, die die Sciberras-Halbinsel mit den Stadtteilen Valletta und Floriana schützten. Nicht die kleineren Schiffchen waren die Highlights – es war die Befestigungsanlage.
Nachdem der Johanniterorden 1522 auf Rhodos vor den Türken kapitulieren musste und vom spanischen Kaiser Karl V. 1530 Malta zugesprochen wurde, machte er sich auf der Insel breit. Der fünfte Karl hatte natürlich Hintergedanken: Er war daran interessiert, dass ein Bollwerk gegen die Osmanen geschaffen wurde, die die Richtung seines Landes einschlagen wollten. Malta bildete eine Sperre zu der Karl gehörenden Insel Sizilien. Sollte der Johanniterorden mit Erfolg die Osmanen abhalten, Richtung Westen zu streben, war der Preis der Abgabe der recht kargen Insel Malta an den Ritterorden gering. Malta hatte nur eine strategische Bedeutung. Hätten die Türken Malta eingenommen und die Ordensangehörigen vernichtet … na, was soll´s … schließlich waren es in der Mehrzahl nicht spanische Ritter. Karl war nicht umsonst Kaiser – seine Spekulation ging auf! Nachdem die Johanniter bestehende Befestigungen verstärkt hatten, die Osmanen dort im Mai 1565 an Land gingen, wo wir unser Ausflugsboot enterten (historischer „Boden“!), und im September desselben Jahres die Osmanen nach harten Kämpfen und zum Glück für die christlichen Ritter Reißaus nahmen, waren die europäischen (christlichen) Herrscher bereit, in eigenem Interesse (Türkengefahr!) die Johanniter finanziell zu unterstützen. Sie griffen zu, nahmen das Geld und ließen Sklaven und süditalienische Lohnarbeiter schuften. Die Stadtmauer an der Wasserseite wurde hochgezogen! Im 17. Jahrhundert kamen die Mauern auf der Landseite dazu – Valletta galt als die am besten gesicherte Stadt der Welt.
Bei der Fahrt um die Altstadt sahen wir die Bestätigung.
Die Mauern wurden höher und schützten alles, was dahinter lag. In diesem Fall neben den auch in den alten Zeiten existierenden Wohnhäusern natürlich auch die unzähligen Kirchen der Stadt. So die St. Paul´s Anglican Pro-Cathedral und die durch die von allen Seiten weit erkennbare Kuppel gekennzeichnete Carmelite Church. Wir erreichten die St. Elmo Bay und sahen sie schon wieder: die Kuppel der Carmelite Church.
Davor aber ein alter, in Erneuerung befindlicher Prachtbau. Der Palazzo Carneiro als Sitz eines italienischstämmigen Großmeisters; später umgewidmet in die Auberge de Bavière. Hört sich das nicht irgendwie bayerisch an? Stimmt! Denn die Johanniter bestanden aus verschiedenen sogenannten „Zungen“. Dahinter stecken die verschiedensprachigen Landsmannschaften wie z.B. Spanien, Frankreich, England und Deutschland. Jede „Zunge“ hatte ein eigenes Domizil – Auberge – und Zuständigkeit zur Verteidigung eines bestimmten Mauerabschnittes. Während der Reformation wurden einzelne „Zungen“ wie England und Deutschland geschwächt, so dass ihre Aufgaben andere übernehmen mussten. So preschte irgendwann Bavaria vor und stand für kurze Zeit für das eigene Königreich incl. Engländer und Deutsche. Ja mei … warum auch nicht …
Wir umrundeten die nächste Zunge – in diesem Fall Landzunge – und schauten auf eine trutzige Befestigung – auf das Fort St. Elmo. Nicht nur die Mauer konnte die Stadt schützen – Bastionen und Forts machte die Verteidigung stark. Dieses Fort wurde von den Johannitern errichtet und erfüllte Jahrhunderte seinen Zweck. Heute dient es als Polizeiakademie und National War Museum.
Nach der Umrundung der Halbinsel und der Vorbeifahrt am Wellenbrecher fuhren wir in den zweiten natürlichen Tiefwasserhafen Maltas, den Grand Harbour. Über den dicken Mauern erhob sich das Sacra Infermeria, das Krankenhaus des Ritterordens. Schlag auf Schlag folgten das hoch über uns thronende, an die Belagerung Maltas im 2. Weltkrieg erinnernde Siege Bell Memorial,
links davon die Lower Baraca Gardens, die Hallen des alten Fischmarkts, ganz oben links die Upper Baracca Gardens, in denen einst die Ritter mit Exerzieren gequält wurden, und die Waterfront mit dem neuen Terminal für Kreuzfahrtschiffe, der mit renovierten Lagerhäusern und der am Kai vertäuten MeinSchiff 3 aufgehübscht wurde.
Nein, woran fuhren wir vorbei? An den Rostocker Spionen?
Tatsächlich! Aber die Tarnung ließ viel zu wünschen übrig. Herrn Eichhorns 5. Kolonne muss noch viel lernen … auch die …
In Höhe der Waterfront drehte unser Ausflugsboot und stieß in den French Creek. Eine Bucht, in der Ende des 18. Jahrhunderts Napoleon vor seinem Ägypten-Abenteuer seine Schiffe Anker werfen ließ.
In Valletta war an diesem Montag Waschtag. Oder winkte man uns von den Balkonen mit der frisch gewaschenen Wäsche zu?!
Weitere Befestigungsanlagen schützten die Spitze des Ortsteils L´Isla mit dem Wachttürmchen Vendette an der Spitze. An den Mauern der Vendette sind steinerne Darstellungen von Augen und Ohren angebracht. Damit wollten die Johanniter zeigen: „Angreifer, wir sehen und hören Euch!“ Dann ging es hinein in den Dockyard Creek mit vielen auf dem Wasser schaukelnden Yachten und schnuckeligen Häuschen direkt am Wasser.
Die Kuppel der Collegiate Church of Saint Lawrence überragte alles. Bei der Übernahme Maltas durch den Johanniterorden siedelten sich die Mitglieder in diesem Stadtteil Birgu an; die Kirche war zunächst die Hauptkirche des Ordens.
Vorbei am Fort St. Angelo, dem ersten Sitz der Großmeister der Johanniter auf Malta, steuerten wir den Kalkara Creek an, der von dem einstigen britischen Militärkrankenhaus, dem Bighi Hospital, geprägt war. In dieser Bucht fiel uns ein Gebäude aus alt und neu auf.
Ein einstiges Militärhospital wurde in ein interaktives Wissenschaftszentrum, das Museum Esplora, umfunktioniert. In dem runden „Ball“ verbirgt sich ein Planetarium.
Beim Verlassen der Bucht mussten wir aus der Ferne unser Schiff bewundern. Und kurze Zeit später ein beeindruckendes Panorama von Valletta.
Minuten später noch ein Fort – das Fort Ricasoli am Gallows Point. Wie der Bezeichnung entnehmbar, wurden dort in früheren Zeiten Hälse länger gezogen; aktuell geht es nicht so blutdürstig zu (oder doch?): Dort werden Hollywood-Filme mit und auch ohne Galgen gedreht.
Es wurde Zeit für die Rückfahrt.
Wir genossen nochmals viele der zahlreichen Sehenswürdigkeiten Vallettas vom Wasser aus. Und schon waren wir – vorbei an der Parish Church of Jesus of Nazareth –
wieder bei der Ausflugsbootanlegestelle, wo unser Bus auf uns wartete. Er brachte uns recht schnell durch die Vororte Vallettas und dann begann eine Landpartie. Wir fuhren an von Trockensteinmauern und auch Opuntienhecken eingeschlossenen Feldern vorbei. Manche waren ungepflegt, andere gerade frisch bestellt. Weinstöcke warteten auf das Beschneiden, auf Ackerboden wurden zweimal im Jahr Kartoffeln aus dem Boden gezogen. Schließlich erreichten wir das zwischen den Schornsteinen eines Kraftwerks und einem Industriehafen gelegene Fischerdorf Marsaxlokk. Malerisch – die vielen in der Bucht vor sich hin dümpelnden bunten Fischerbötchen und die einfarbigen, mit bunten Balkonen, Fenstern und Türen rund um die Bucht erbauten Häuser.
Als Touristenmagnet sollte der auf der Hafenpromenade platzierte Markt gelten.
Einfach toll, was dort angeboten wurde – Sachen, die Touristen benötigten oder auch nicht. Stand die alte Telefonzelle aus der Zeit von „merry old England“ nur zur Zier herum?
Eine halbe Stunde durften wir uns in Marsaxlokk aufhalten. Nicht lange, aber es hätte gereicht, um die im Mittelpunkt stehende Pfarrkirche „Our lady of Pompei“ zu besichtigen.
Sie war allerdings wie viele andere Kirchen auf der Insel nicht zugänglich. Also zurück zu unserem Schiff, … (Fortsetzung folgt!)
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