Donnerstag, 9. Mai
Rotterdam.
Weil ich so früh im Bett war, wache ich auch entsprechend früh auf – nämlich um viertel nach sechs.
Natürlich schläft der Rest der Familie noch selig, und so schleiche ich mich vorsichtig auf den Balkon.
Eine gute Entscheidung, denn wir fahren gerade in den Rotterdamer Hafen ein und die Sonne geht auf.
Die Hafeneinfahrt ist wirklich sehenswert, teilweise mit den Hochhäusern und Brücken fast ein bisschen wie New York (okay, fast).
Ich wickele mich in eine Decke, lege mich in die Hängematte und genieße die Einfahrt.
Auch unabhängig von dem dekorativen Sonnenaufgang ist der ganze Vorgang sehr sehenswert.
Paolo Benini dreht unsere Perla und fährt eine ziemlich lange Strecke rückwärts, und so parken wir dann letztlich auch ein (wieder mit unserer Backbordseite).
Gegen halb acht werden auch die Kinder munter und ich dusche erstmal schön warm.
Das frühe Schlafengehen hat mir gut getan, ich bin wieder richtig fit.
Wir frühstücken alle zusammen im Markt-Restaurant, wo wir ganz ohne anzustehen einen tollen Tisch direkt am Heckfenster bekommen.
Das Frühstück dort ist wirklich sehr umfangreich und vielseitig, aber mit den beiden Kids ist man doch ziemlich viel „unterwegs“.
Schwachpunkt ist definitiv der Kaffee, der ist… naja sagen wir mal gewöhnungsbedürftig.
Wir treffen zufällig auch unsere „Beachclub-Bekannten“ mit ihrer Tochter wieder.
Komisch, manchen Leuten begegnet man auf diesem riesigen Schiff echt oft!
Nach dem Frühstück machen wir uns fertig und starten unseren Landgang.
Ich holte mir noch schnell auf Pier drei bei Starbucks einen Cappuccino, sehr lecker.
Schön finde ich, dass man dort für einen Euro einen Mehrwegbecher erwerben kann, das vermindert den Müll.
Wenn man dann mit dem Becher wiederkommt, erhält man auf seinen Kaffee einen kleinen Rabatt.
Solchermaßen gestärkt gehen wir von Bord und freuen uns über den blauen Himmel und die Sonne.
Im Terminal empfängt uns ein niederländischer Seemannschor, der sehr stimmungsvoll „What shall we do with the drunken sailor“ schmettert.
Ich summe ein bisschen mit, und Ella schaut mich mit großen Augen an.
"Kannst du auch Rotterdamisch singen, Mama?"
Ich liebe dieses Alter, in dem die Eltern für die Kinder noch Superheldenstatus genießen.
Tom zum Beispiel ist felsenfest davon überzeugt, dass sein Papa es spielend mit einem ausgewachsenen Dinosaurier aufnehmen kann.
Aber solcher Herausforderungen erwarten uns zum Glück heute nicht.
In der großen Halle im Terminal ist unter anderem ein Stand des Fremdenverkehrsamts aufgebaut, an dem es gratis Stadtpläne, Postkarten und den Hinweis gibt, dass ein kostenloser Shuttlebus vom Schiff in die Innenstadt fährt.
Aber wir möchten lieber über die Erasmusbrücke laufen, Bewegung tut ja schließlich gut.
Von der Brücke aus kann man unsere Perla gut sehen, es macht Spaß über die interessante Konstruktion mit den schrägen Seilen zu spazieren.
Es gibt abgetrennte Bereiche für Fußgänger, Fahrradfahrer und Autos, sodass man sich nicht in die Quere kommt.
Das findet besonders Tom ganz faszinierend, er ist so mit Betrachten beschäftigt, dass wir wesentlich länger für die Überquerung der Brücke benötigen als eigentlich notwendig.
Nach 802 Metern verlassen wir die Brücke dann aber wieder und schlendern gemütlich durch die Stadt.
Dabei kommen wir an einer Polizeistaffel vorbei, die Mopeds auf ihre Schadstoffbelastung überprüft, sehen Kunst (die ich unbeeindruckt von den Kommentaren meiner Familie stoisch fotografiere), immer wieder tolle Blicke auf die Perla bzw. den Hafen und viele andere sehenswerte Ecken.
Schön hier in Rotterdam!
Unser Ziel ist die Markthalle, die riesig groß (elf Stockwerke hoch, Grundfläche 70mx117m) und sehr sehenswert ist.
Sie wurde erst im Jahr 2014 fertiggestellt und imponiert vor allen Dingen durch ein großflächiges (11.000 Quadratmeter!) Kunstwerk an der Decke, das eine moderne Interpretation von Stillleben alter holländischer Meister zeigt.
Staunend stehen wir unten in der Halle und kommen uns ganz winzig vor.
Aber dann wenden wir uns von der großen Kunst dem ganz normalen Leben zu, das hier vor allen Dingen aus vielen verschiedenen Ständen besteht, die Lebensmittel und Gerichte aus aller Welt verkaufen. Süßigkeiten, Pommes, Döner, Wraps, Gewürze,… es gibt fast nichts, das es nicht gibt!
Der Lieblingsstand meiner Kinder sieht so aus:
Wir bestaunen die Vielfalt der Waren und bekommen prompt Hunger.
Ella und Jens stellen sich selbst einen Wrap zusammen, Tom hat Hunger auf Pommes und ich hole mir eine sehr leckere türkische Pizza.
So lässt es sich aushalten!
Wir bummeln noch ein wenig außerhalb der Markthalle herum.
Interessant sind die sogenannten Kubus-Häuser, die direkt gegenüber liegen.
Wie gelbe Würfel sehen sie aus, auf so eine Idee muss man erst einmal kommen.
Ella macht begeistert Fotos mit ihrem kleinen Fotoapparat und kann es gar nicht fassen, dass dort tatsächlich auch Menschen wohnen.
Dieses Erlebnis scheint sie sehr beeindruckt zu haben, denn in der Woche nach dem Urlaub brachte sie aus dem Kindergarten folgendes selbstgemaltes Bild mit (einen Teil des Bildes habe ich auf Ellas Wunsch hin unkenntlich gemacht, da er ihr ihrer Meinung nach nicht so gut gelungen ist):
Neben der Markthalle ist ein Riesenrad ist zu sehen, eine schöne Kulisse.
Wir schlendern noch ein bisschen umher und nutzen dann den kostenlosen Shuttle (der direkt neben der Markthalle abfährt), um wieder zur Aida Perla zurück zu fahren.
Dort machen wir noch ein paar schöne Fotos vom Bug des Schiffes (diesmal ganz legal) und sind am frühen Nachmittag wieder an Bord.
Wir trinken eine Kleinigkeit an der Bar und dann geht es wieder ab in den Beachclub.
Während Jens mit den Kids schwimmt und planscht, mache ich es mir wieder einmal in der oberen Etage des Beachclubs gemütlich.
Mein absolutes Lieblingsgetränk ist hier übrigens der „Iced Coffee“ von Segafredo.
Man kann ihn mit einfachem oder doppeltem Espresso bestellen und er ist so richtig lecker cremig.
Wach macht er außerdem, was ja auch nicht zu verachten ist.
Erst gegen halb fünf verlassen wir den Beach Club und machen uns auf der Kabine fertig.
Die Kinder sind recht müde, aber wir halten sie mit Büchern und einem ausgiebigen Spaziergang an Deck wach.
Eigentlich wollten wir heute noch einmal ins Casa Nova gehen, aber da es dort mit den mehreren Gängen immer etwas länger dauert, ist uns das heute mit den müden Kindern etwas zu heikel.
Wir möchten weder uns noch den anderen Gästen quengelige Kinder zumuten, davon hat ja niemand etwas.
Daher gehe ich kurz zum Restaurant und cancele die Reservierung.
Etwas verwundert bin ich darüber, dass sich der Mitarbeiter am Eingang des Casa Nova überschwänglich bei mir bedankt, dass ich abgesagt habe und wir nicht einfach weggeblieben sind.
Das sollte doch eigentlich selbstverständlich sein?
Anscheinend nicht, das macht mich schon ein wenig nachdenklich.
Meine Familie hat in der Zwischenzeit gemeinsam mit unseren Freunden einen großen Tisch im Brauhaus erobert und es stellt sich heraus, dass dies eine gute Entscheidung war.
Hier geht es um einiges schneller und es ist weniger förmlich.
Wir essen wahlweise Haxe, Ente, Brotzeitplatte und Spätzle.
Lecker!
Zurück auf der Kabine kümmert sich Jens um die Kinder (die dann doch wieder etwas Energie gefunden haben und sich sicher sind, noch gaaaaar nicht müde zu sein) und ich mache mich etwas schick – die neue Bluse will ja ausgeführt werden.
Gemeinsam mit meiner Freundin schauen wir uns bei einem leckeren Cocktail zuerst die wirklich gute Beatles-Show im Theatrium an (die 6 Tänzer und 6 Sänger machen ihre Sache richtig gut!) und ziehen dann in den Beachclub um.
„Silent Party“ steht heute auf dem Programm, darauf habe ich mich schon die ganze Woche gefreut.
Im letzten Jahr habe ich dieses Event bereits gemeinsam mit Nele auf der Bella besucht und hatte sehr viel Spaß.
Auch dieses Mal enttäuscht die Party nicht und macht im sehr gut gefüllten Beachclub noch mehr Laune als in der Anytime-Bar auf der Bella.
Das Prinzip ist denkbar einfach: Man leiht sich (gegen eine Kaution auf der Bordkarte) einen Kopfhörer aus und kann aus drei Kanälen wählen:
Rot für Schlager, Blau für Rock und Grün für Charts.
Dann tanzt und singt man einfach drauflos, oder steht herum und schaut sich die anderen Leute an, die in ganz unterschiedlicher Art und Weise herumzappeln.
Ich kann mich nicht entscheiden, was witziger ist: Die Leute zu beobachten, während ich keinen Kopfhörer anhabe, oder selbst mitzutanzen.
Die Mischung macht den Reiz aus, finde ich.
Die drei DJs vorne auf der Bühne des Beachclubs geben alles und kämpfen um die Gunst der Tänzerinnen und Tänzer.
Es ist schon ziemlich weit nach Mitternacht, als wir müde und glücklich die Party verlassen.
Da die Perla über Nacht in Rotterdam liegt, machen wir noch ein paar Fotos von der Erasmusbrücke bei Nacht.
Das war ein richtig toller Tag, der letzte in einem Hafen für diese Reise.
Etwas wehmütig bin ich ja schon, aber immerhin haben wir noch einen ganzen Seetag vor uns.
Und wie ich uns kenne, wird uns da sicher nicht langweilig werden!
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