17. Oktober 2018 – Piräus
Kapitän Lyddby beherrschte das „Einparken“ perfekt – wir wachten auf, schauten kurz vor 7 Uhr nach draußen und sahen den sich nicht bewegenden Hafenterminal Thermistokles. Ansonsten so gut wie nichts – es war stockdunkel. Eine Fähre legte gerade an; eine Schnellfähre näherte sich hell erleuchtet dem größten Passagierhafen Europas. Das waren die ersten Eindrücke – die nächsten hatten wir beim Frühstück. Draußen wurde es immer heller und wir sahen sehr viele Fähren an den verschiedenen Terminals.
Nun aber schnell zum Ausflugstreffen. Was konnte man von Piräus aus erobern? Athen mit der weltberühmten Akropolis? Kap Sounion? Kanal von Korinth? Oder ganz einfach durch Piräus schlendern? Wir hatten uns für die beiden letzten Ziele entschieden. Merkwürdig – was hatte man davon, den Kanal zu durchfahren und links und rechts nach oben ragende Felswände zu betrachten? Ganz einfach: viel! Denn es war schon immer ein Kindheitstraum, den Kanal von Korinth zu sehen. Und nun war es so weit – die Interessenten für „Bootsfahrt auf dem Kanal von Korinth“ trafen sich und schon ging´s los im Bus. Ca. 80 km Busfahrt lagen vor uns. Zunächst durch Piräus – trotz des Berufsverkehrs verließen wir ziemlich schnell die Stadt. Dann durch Industriebezirke – wie üblich nicht gerade toll. Dann durch die karge, ab und an mit Grün verschönerte Landschaft. Dann ging nichts mehr – Stau … Langweilig! Aber unser sympathischer Reiseführer motivierte uns mit seinen Informationen über Land und Leute nicht einzuschlafen. Er schaffte es auch und überbrückte hervorragend die Zeit bis der Bus wieder die Normalgeschwindigkeit aufnehmen konnte. Die Umgebung fesselte uns allmählich; wir fuhren oberhalb des Saronischen Golfs. Weit konnten wir noch nicht über das Meer schauen. Es war diesig und wir wünschten uns, dass die Sonne den Kampf gegen den Dunst gewinnen würde. Direkt am Meer waren von Vegetation umschlossene, nicht gerade kleine Anwesen zu erkennen. Ab und zu auch Feriensiedlungen. Und dann auf einmal ein riesiges Industrieterrain. Schnell vorbei! Und schon verließen wir die Autobahn und dann näherten wir uns einer Brücke – Kamera bereit halten. Das erste Foto vom Kanal von Korinth war auf dem Speicherchip! Toll? Das wussten wir noch nicht. Zu schnell überquerten wir die Wasserstraße. Abwarten – nicht lange, denn der Bus hielt auf einem Parkplatz in der Nähe der östlichen Kanaleinfahrt. Dort war sie. Auf beiden Seiten sahen wir komische Gebilde. Merkwürdig – das sollten Brückenbegrenzungen sein … und wo war die Brücke? Ganz einfach – im Wasser! In einer Tiefe von 8 m. Eine Senkbrücke, die bei Bedarf – wenn Schiffe hinein und hinaus fahren wollten – ganz einfach abgesenkt wurden. Am Ende des Kanals gab es jeweils eine Senkbrücke; darüber hinaus noch eine Autobahn-, Eisenbahn und normale Straßenbrücke.
Unser Ausflugsboot stand noch nicht bereit. Kein Problem, denn es gab genug zu sehen. Z.B. faule Hunde. Hier einer von ihnen …
Ein sich langsam näherndes Segelschiff. Nun aber zu unserem Boot – es war bereit, uns aufzunehmen. Alles stürmte nach oben, um bei angenehmen Temperaturen an der frischen Luft die beste Sicht zu haben. Für die Augen und die Fotoapparate. Zum Glück traute sich vor uns niemand, den Kapitän zu fragen, ob man die kleine Freifläche neben seiner Kajüte besetzen konnte. Wir wagten uns in ausgezeichnetem Griechisch. Oder war es Englisch? Unwichtig – wir hatten die Poleposition, ließen aber immer wieder andere Besucher nach vorne. Nett von uns, nicht wahr?! Der Kapitän legte ab und wir dachten: Los ging´s … auch ohne „Die große Freiheit“. Nein, wir mussten noch warten.
Ein Segelschiff und ein Motorbötchen mussten erst einmal den Kanal verlassen. Sie hatten die Kanallänge von 6.343 m hinter sich gebracht. Dem Foto ist zu entnehmen, dass der Kanal von Korinth schnurgerade zwischen dem griechischen Festland und der Halbinsel Peleponnes verläuft. Alle fünf Brücken sind zu erkennen. In Ordnung, im Moment nur vier Brücken: Autobahn-, Eisenbahn-, Straßenbrücke und die nicht mehr versenkte Brücke am westlichen Kanalausgang.
Der Kanalboden weist eine Breite von mindestens 21 m auf; 24,6 m auf dem Niveau des Wasserspiegels. Beim östlichen Kanaleingang steigen die Felsen 79 m in die Höhe; in Richtung des westlichen Ausgangs erreicht die Kanalbegrenzung fast Meeresniveau. So, es war so weit – wir fuhren in den Kanal hinein. Vor uns ein Segelboot aus der Hummel-Hummel-Stadt.
Während wir die Fahrt durch den Kanal genossen, wurden wir informiert, wer seine Finger in den vergangenen Jahrtausenden (!) beim Bau des Kanals im Spiel hatte.
Es begann mit der Idee des Tyrannen Periander von Korinth. Und zwar vor 2.600 Jahren. Er erkannte, dass der Kanal eine enorme Abkürzung bei der Umschiffung des Peleponnes darstellen würde. Es blieb lange Zeit eine Idee. Bis die Römer kamen. Ungefähr +/- 100 Jahre v. Chr. befassten sich Caesar, Caligula, Nero und Hadrian näher mit diesem Vorhaben. Caesar und Hadrian wurden Entwürfe zum Bau vorgelegt. Dabei blieb es. Bei Caligula verlief es ähnlich. Nur Nero trieb den Bau voran. Er ließ mehrere 1.000 Sklaven buddeln. Aber nur ein Jahr, da nach seinem Tod seine Nachfolger meinten, dass das ganze Projekt zu viele Euro-Vorgänger verschlingen würde. Baustopp … und viele Jahrhunderte „Funkstille“. Erst die Handelsmacht Venedig griff erneut das Vorhaben auf, biss aber auf Stein. Nein, die Felsen am Ostausgang waren für die damaligen Verhältnisse unbezwingbar. Jahrhunderte später … der Suezkanal war 1869 eröffnet worden. Vielleicht ein Vorbild für die Hüteren Griechenlands, es nachzumachen. Na ja, nicht so ganz, denn der Suezkanal war rd. 26 x länger als die engste Stecke des Isthmus von Korinth. Und die Strecken- und Zeitersparnis durch den Suezkanal war nicht nur ein wenig größer.
Gut, ab 1881 wurde in dieser Gegend Dynamit nicht nur erprobt. 2.500 Arbeiter plackten sich ab und schafften 12 Mio. Kubikmeter Erde und Steine irgendwohin. Bis nach 12 Jahren der gebürtige deutsch-dänische König Georg I von Griechenland als Nachfolger des Wittelsbachers Otto (der nicht so gute Deutsche? Grins …) die Wasserstraße frei gab. Für viele Jahrzehnte eine Erfolgsgeschichte; immerhin gab es eine „Wegersparnis“ von 131 sm. Selbst heute schippern noch immerhin durchschnittlich 30 Wasserfahrzeuge zwischen den hohen Felswänden von einem Golf zum anderen. Eher eine Touristenattraktion als für den Transport von Gütern gedacht, denn Breite und Tiefe des Kanals entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen.
So, wir hatten die westliche Kanaleinfahrt passiert und Lady Blue verließ uns. Auf der Steuerbordseite sahen wir den unterhalb einer Bergkette liegenden Touristenort Loutraki; auf der Backbordseite grüßten die Ausläufer von Korinth.
Unser Boot drehte und glitt langsam wieder Richtung Kanaleinfahrt. Natürlich wieder auf demselben „Weg“ zurück. Kurz vor der Kanalausfahrt wurden wir von weit oben bestaunt.
Die „Gaffer“ sollten nach kurzer Zeit Verstärkung erhalten. Uns. Aber zunächst mussten wir runter vom Boot. Dort wurden wir begeistert empfangen. Schon wieder: fauler Hund! Okeh, weil wir nicht beachtet wurden, stürmten wir unverzüglich unseren Bus, der uns zu einem Dokumentationszentrum oberhalb des Kanals und nahe der Landstraßenbrücke brachte. Und raus mit der Meute, die sofort die Brücke erstürmte. Wir hielten uns aus dem Gedränge heraus und schauten uns die Umgebung gemächlich an. Schade, Zulu Bungy stand nicht zur Verfügung und so mussten wir auf einen weiteren Höhepunkt dieses Halbtagesausflugs verzichten (grins …). Zum Ausgleich schauten wir uns eingehend von oben an, was die ungarischen Ingenieure István Türr und Béla Gerster veranlasst hatten.
Insgesamt eine halbe Stunde hatten wir Zeit, uns noch einmal dem Kanal von Korinth zu widmen. Dann ging´s zurück. Wieder über die Autobahn. Wir bekamen wieder alles zu sehen, was Griechenland ausmachte. Herrliche Blicke auf Feriensiedlungen im Grünen, das Meer und im Hintergrund die im Dunst verschwimmenden Berge. Zahlreiche an uns vorbei huschenden Kirchen. Die Zivilisationshinterlassenschaften am Rande der Straßen und der unvermeidliche Stau. Aber wir kamen vor dem Schiff an. Eine Pause musste sein. Wie gewohnt im Tag & Nacht Bistro. Gesättigt verließen wir das Schiff.
Wir schienen Personen gewesen zu sein, denen man den nötigen Respekt erweisen musste. So kam es …
Ganz in weiß … und mit strammen Waden ...
Die Hop on Hop Off – Busse ließen wir links liegen und vertrauten unseren inzwischen wieder frischen Waden. Wir folgten der holprigen Hafenpromenade. Und siehe da – in der Zwischenzeit war ein Kussmundschiff angekommen. Die ein wenig zerknautschte AIDAcara …
Und Massen strömten vom Schiff Richtung der Innenstadt von Piräus. Hmh, dort, wo der Bär tobte, mussten wir nicht sein. Also weg vom Wasser und Hügel aufwärts in die Innenstadt. Nicht auf einer Hauptstraße sondern wie schon oftmals mit Erfolg probiert durch Gassen, wo sich gut gepflegte Häuser mit verlassenen oder stark renovierungsbedürftigen Gebäuden ablösten.
Kultur war zunächst angesagt! Eigentlich unbeabsichtigt, denn wir hatten vor, den Yachthafen Pasalimani aufzusuchen. Doch die Saint Basil Holy Orthodox Church lag auf unserem Wege. Vom äußeren her für eine orthodoxe Kirche recht schlicht. Das hörte aber auf, als wir die Kircheninnenräume besichtigten. Eine Pracht … und wir bekamen einen Anflug von Genickstarre.
Sie hörte auf, als wir nach wenigen Minuten den SuperYachthafen Zeas Marina erreichten. Nicht nur eine Handvoll kleinerer, unscheinbarer Bötchen. Interessant waren auch die Heimathäfen. Griechische Häfen und Valletta überwogen. Abwechslung musste sein. Wir fanden sie in der Fortsetzung der Zeas Marina und zwar im (Nicht-Super-) Yachthafen Pasalimani. In diesem Hafen – umringt von mehreren Stadtteilen Piräus´– lagen die Schiffchen nicht so betuchter Eigner. Jede Menge …
Vor 122 Jahren sah es in diesem Hafen ein wenig anders aus. Keine Yachten, eine Handvoll Funktionäre, dafür aber viele Schwimmer, die in diesem Wasser bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit um die Medaillen kämpften.
Uns fielen schon vorher die am Weges- und Straßenrand stehenden kleinen Votivkirchlein auf - ein Zeichen tiefer Religiosität großer Teile der griechischen Bevölkerung.
Es begann das große Schwitzen. Wir mussten den den Hafen von Piräus und den Jachthäfen trennenden Hügel überwinden. Kurz hinter dem Scheitelpunkt gönnten wir uns in der kleinen Parkanlage am Terpsithea Square eine Pause. Ganz schön lauschig und von brausendem Verkehr umgeben. Aber eine Möglichkeit, ein wenig auszuruhen inmitten heimischer Pflanzen vor dem Rest des Weges zum Schiff. Logisch, dass wir ihn nicht ohne Halt zurücklegten. Die Kirche Agios Nikolaos, die dem Schutzpatron der Seefahrer (uns?) gewidmeten heiligen Nikolaus, zwang uns zur Besichtigung.
So, wie wir sie zunächst sahen, erschien das im neoklassizistischem Stil erbaute und erst kürzlich renovierte Gotteshaus nicht gerade spektakulär. Das änderte sich aber nach dem Durchschreiten der Kirchenpforte. Einfach atemberaubend, was zur Ehre Gottes geschaffen wurde.
Die Ausstattung konnte sich von der Pracht her zwar nicht mit z.B. der Blutkirche in St. Petersburg messen, aber es wurde ein Kunstwerk geschaffen, das sich sehen lassen konnte …
Nach einigen ruhigen Minuten mit starker Beanspruchung der Auslöser unserer Fotoapparate eilten wir dem Hafen entlang, wo sich die AIDAcara noch immer hinter Bäumen versteckte. Nix da, sie konnte uns nicht entkommen … auch nicht Unser Schiff, das noch friedlich in der Sonne lag.
Noch konnten wir die Sonne genießen – auch die Landsleute auf der parallel zu uns liegenden Fregatte Lübeck. Sie sank immer weiter – die Sonne. Und brachte ein wunderschönes Farbenspiel zustande …
Aus Gold wurde Rot!
Schämte sich die Sonne? Sie verschwand nach und nach … und hinterließ einen brennenden Himmel - die Vorbereitung zum Abschied von Piräus. Wir waren um 18 Uhr wieder pünktlich.
Der langsam hinter uns bleibende Hafen mit der hell erleuchteten AIDAcara waren richtige Hingucker.
Vor dem Abendessen machten wir noch einen Rundgang im oberen Bereich. Nicht schlecht, das Pooldeck und die Lichter von Piräus im Hintergrund. Wir wählten an diesem Abend erneut das Buffetrestaurant „Anckelmannsplatz“ aus. Es gab mehr als genug schmackhafte Gerichte und zum Abschluss zunächst Obst; Schüsseln mit exotischen Früchten wurden immer bei Bedarf aufgefüllt und diese Leckereien nicht erst auf Anforderung vergeben. Womit schlossen wir den Magen? Mit Käse natürlich …
Vor der Koje mussten wir unbedingt die Außenalster testen. Zum Tagesabschluss konnten wir nur feststellen: Test bestanden!
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