28. 11.2016 Schlecht aber vor allem unruhig geschlafen, machen wir uns nach einem kurzen Frühstück auf zur nächstliegenden Polizeistation. Dort will man uns zunächst wieder wegschicken (nicht zuständig), hat aber schließlich ein Erbarmen und wir dürfen eintreten.
Etwas vorsintflutmäßig versucht der erste Beamte ein paar Aussagen von uns mit Bleistift auf einem Notizblock festzuhalten, 10 Minute später ist er dankbar, dass ein Kollege uns übernimmt, der wieder von vorne beginnt. Handschriftlich wohlbemerkt. Immerhin kommen wir mit dem zweiten Officer besser klar und nach einiger Zeit telefoniert dieser und lässt sich eine „Case-Number“ durchgeben, die uns anschließend auf einem Formular übergeben wird mit dem Hinweis, das reiche so aus für das Konsulat. Dem Kärtchen entnehmen wir später bei genauem Studium, dass auch der dazugehörige Report, also unsere Aussage, abrufbar wäre, allerdings erst in frühestens 7 Tagen.
Unser Weg führt uns jetzt zu Fuß weiter zum deutschen Konsulat. Hier haben wir mehr als Glück, dass sich dieses quasi in der Nachbarschaft befindet, nur wenige 100 Meter vom Hotel entfernt. Dort eingetroffen, werden wir freundlich empfangen und nach kurzer Wartezeit betreut.
Was wir jetzt erfahren, hört sich zunächst kompliziert an. Es gibt drei Möglichkeiten der Beantragung für:
eine sofortige Ausreise
einen echten Reisepass
einen Temporary Passport
Sofort ausreisen würden wir wohl gerne, aber die Lufthansapiloten sind ab Mittwoch erneut im Streik und es ist uns nicht möglich, die LH Hotline telefonisch zu erreichen, um abzuklären, ob denn unser Flug überhaupt umbuchbar wäre und wenn ja, zu welchen Konditionen
Auf einen echten biometrischen Reisepass muss man auch hier mindestens 3 Wochen warten
Wir entscheiden uns daher für die letzte Variante und erfahren, dass dazu mehrere Unterlagen sehr kurzfristig binnen Stunden beschafft werden müssen, nämlich eine Kopie der Geburtsurkunde, der Heiratsurkunde und eine Bescheinigung der Pass ausstellenden Behörde. Uns wird ganz schwarz vor Augen!!! Aber dann folgt Gedankenblitz über Gedankenblitz.
Während die Konsulatsangestellte nach unserer Behörde fragt, dort anruft und tatsächlich am Montag um 17h deutscher Zeit noch jemanden erreicht, der sogar das Problem erfasst und sich bereit erklärt, sofort zu handeln, telefonieren wir mit unserer erwachsenen Tochter.
Diese arbeitet glücklicherweise nur 5 km entfernt von unserem Wohnsitz, kann sich sofort freimachen, besitzt (immer noch) einen Haustürschlüssel, den sie sogar dabei hat. Wir lotsen sie zu unserem Stammbuch, das sich in ihre Firma mitnimmt und von dort aus die gewünschten Urkunden einscannt und dem Konsulat übermittelt.
Jetzt warten wir noch auf die deutsche Behörde!!! Ich kann die Situation nicht so wirklich abwarten, rufe meinerseits eine liebe Freundin an und bitte diese, sich auch noch einmal bei der Behörde für uns einzusetzen. Ein paar Minuten später trifft dann die erlösende Mail mit der eingeforderten Bestätigung in Miami ein.
Wir werden gebeten, eine kleine Mittagspause einzulegen und am Nachmittag dann den Temporary Passport (Kosten 75 €) abzuholen. Was jetzt allerdings noch folgt, ist eine schriftliche Belehrung, die uns in den nächsten zwei Wochen täglich mit Bauchschmerzen belasten wird.
Der wichtigste Satz dieser Belehrung: „In diesem Zusammenhang wurde ich darüber belehrt, dass eine Wiedereinreise in die USA mit einem vorläufigen Reisepass grundsätzlich nicht möglich ist. Ein eventueller Versuch, mit dem vorläufigen Reisepass in die USA wieder einzureisen, erfolgt daher ausdrücklich auf eigene Gefahr.“
Nach Erhalt des Temporary Passports, ein grüner Ausweis mit Passfoto (dies hatten wir übrigens zu unserer eigenen Sicherheit genauso in unseren Unterlagen parat wie auch Kopien des ursprünglichen Reisepasses und der dazugehörigen ESTA) am Nachmittag ging es zurück ins Hotel.
Nach einem weiteren Schlachtplan beschlossen wir jetzt, mit Hilfe des Concierge mit Celebrity in Kontakt zu treten. Unsere Überlegungen: Wenn man uns nach Aruba, dem nächsten Hafen der Kreuzfahrt nachreisen lässt, dann muss man auch dafür sorgen, dass wir dort an Bord gehen dürfen und vor allen Dingen, dass wir am Ende der Reise wieder in Miami in die USA einreisen dürfen. Und um das dingfest zu machen, sollte Celebrity dann auch entsprechende Flüge (kostenpflichtig für uns) buchen.
Nachdem der Concierge informiert war, griff er zum Hörer……
Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, beim Concierge des Holiday In Port of Miami Hotels. Wir sind seine ersten Kunden am Nachmittag und bleiben dies auch in den nächsten Stunden.
Zunächst versucht dieser, die kostenlose Hotline der Reederei zu erreichen. Dort hängt er lange in der Warteschleife. Um nicht zu viel Zeit untätig zu sein, versuchen wir parallel die Taxizentrale ausfindig zu machen und dort nachzufragen, ob kurzfristig Tasche und oder wenigstens der Reisepass dort gelandet sind. Die Antwort fällt negativ aus, man verspricht aber, sich sofort bei uns oder dem Hotel zu melden, sofern die Tasche doch noch auftaucht, was sie aber leider nicht tut.
Während der Concierge immer noch nicht mit dem richtigen Ansprechpartner verbunden ist, erreicht mich eine mail vom Reisebüro, das unsere Kreuzfahrt gebucht hat. Die Flüge haben wir individuell über LH gebucht. Celebrity Deutschland hat demnach eine Email an das Schiff geschickt und nachgefragt, ob denn wohl unser Koffer gefunden wurde. Antwort steht aus.
Des Weiteren darf man nicht einfach "nachreisen" wie die Terminalmitarbeiter dies uns versicherten, sondern es bedarf einer behördlichen Ausnahmegenehmigung!
Letzteres teilen wir jetzt sofort dem Concierge mit zur Weitergabe an Celebrity. Unseren Wunsch nach schriftlicher Bestätigung, dass wir in Aruba auch an Bord dürfen, will uns niemand erfüllen, aber nach vielen internen Weiterleitungen findet sich ein Vorgesetzter, der bereit ist, uns seitens Celebrity One way Flüge mit American Airlines für den nächsten Tag zu buchen. Natürlich nicht ohne Nennung unserer Kreditkartendaten.
Leider müssen wir dann weitere 45 Minuten nervös warten und nochmals telefonisch nachfragen, wo denn die Flugbuchung bleibt, bis diese dann endlich beim Concierge eintrifft. Wenn alles klappt, werden wir morgen Vormittag nach Aruba fliegen und dort gegen 15h eintreffen. Die Eclipse sollte dann einen Tag später am Mittwochmorgen im Hafen liegen.
Der Concierge druckt uns die sechsseitige Bestätigungsemail aus, dann begeben wir uns erst einmal wieder aufs Hotelzimmer.
Dort schaue ich mir die Bestätigung noch einmal genauer an: Blatt 5 fehlt !!! Roland meint gesehen zu haben, dass der Concierge eine Seite zerknüllt und weggeworfen hat.
Also noch einmal nach unten und nachfragen. Die Nerven liegen blank, aber dann stellt sich heraus, dass es sich bei der Seite nur um Werbung gehandelt hat.
Da wir ganz vergessen hatten, uns mit einem Trinkgeld zu bedanken, holen wir das jetzt gleich noch nach.
Danach informieren wir die Familie, unser Reisebüro und Freunde, die mit uns leiden, über die neue Entwicklung und beschließen als nächstes ein Hotelzimmer auf Aruba über booking.com zu finden. Gar nicht so einfach auf dem Display eines Smartphones. Zumal wir etwas suchen, das ggfls. auch noch kurzfristig stornierbar wäre.
Ein Blick ins Portemonnaie und wir beschließen jetzt noch einmal 200 US $ bar am ATM abzuheben, es werden bestimmt noch der eine oder andere $ benötigt. Danach ist nichts Wichtiges mehr zu erledigen und wir fühlen einen plötzlichen Abfall der Anspannung. Hunger und Durst melden sich und müssen endlich befriedigt werden.
Bevor wir völlig erledigt nach dem Abendessen ins Bett fallen, notieren wir uns, was wir heute erledigt haben:
Anzeige beim Police Departement aufgegeben
Temporary Passport beantragt und mit viel Glück gleichtägig erworben
Flüge Aruba gebucht und bestätigt
Das Hotel Renaissance by Mariott auf Aruba über booking.com gebucht
Und dann versuchen wir ein wenig abzuschalten, was allerdings so gar nicht gelingen will. Wir löschen das Licht und können doch nicht einschlafen. Ob unser Koffer Nummer zwei überhaupt auf dem Schiff ist? Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Auf dem Hinflug hatten wir halbe / halbe gepackt, aber im Hotel nach Ankunft wieder umgeschichtet. Jetzt fehlt Rolands Koffer! Wir haben nach dem Abendessen heute noch zwei Tshirts, aber vor allem Herrenslips gekauft, nur wird er damit keine 12 Tage Kreuzfahrt überstehen, geht es uns durch den Kopf.
Und überhaupt, was wagen wir da? Roland liest sich noch ein weiteres Mal durch, was er im Konsulat unterschrieben hat:
„In diesem Zusammenhang wurde ich darüber belehrt, dass eine Wiedereinreise in die USA mit einem vorläufigen Reisepass grundsätzlich nicht möglich ist. Ein eventueller Versuch, mit dem vorläufigen Reisepass in die USA wieder einzureisen, erfolgt daher ausdrücklich auf eigene Gefahr.“
Ich versuche, es nicht so drastisch zu sehen wie Roland: Ein Lufthansarückflug steht uns nicht kurzfristig zur Verfügung, wir mussten eine Entscheidung treffen und die Entscheidung heißt ARUBA und Risiko eben, wobei wir beide genau das Gegenteil von risikofreudig sind.
Ob wir wohl morgen problemlos nach Aruba kommen?