19. Oktober 2018 – Rhodos Stadt
So´n richtig schöner Sonnenaufgang war es nicht, als sich die Scheibe über dem bleichen Himmel nach oben schob. Aber die Wetteraussichten ließen hoffen … und so kam es! Ein herrlicher Sonnentag kündigte sich an. Die Jewels of the Seas wurde parallel zu uns am Kai festgemacht. Vom obersten Deck aus ließen wir Rhodos Stadt auf uns wirken. Ein kleines Fort am Ende der Mole. Eine mächtige, die Altstadt umschließende Stadtmauer. Erinnerte uns das nicht an Valletta?! Ja – aber kein Wunder, denn von Beginn des 14. Jahrhunderts bis zur Eroberung durch die Osmanen 1522 stand Rhodos unter der Fuchtel der Johanniter. Was gab´s beim ersten Überblick noch zu sehen? Türme. Mühlen. Paläste. Keine hohen Neubauten – sie konnte man außerhalb der Altstadt suchen (wenn man wollte …).
Um 8 Uhr genossen wir bereits 20° - ein schweißtreibender Besichtigungstag lag vor uns. Zunächst einmal runter vom Schiff. Dann am langen Kai entlang zur Stadtmauer. Und sie öffnete sich vor uns – durch das Marientor stürzten wir uns in die Altstadt und eroberten die Stadt der Katzen und Vespas. Katzen? Noch lief uns keine über den Weg. Vespas? Sie besetzten die breite Straße rund um die Altstadt. Später mehr!
Weit kamen wir zunächst nicht. Die holde Weiblichkeit musste die Exponate der Klamottengeschäfte begutachten. Ich merkte nichts davon und ging weiter. Und meine bessere Hälfte folgte mit den Worten: „Nie hast Du Zeit für mich! Auf dem Rückweg müssen wir noch einmal den Laden aufsuchen!“ Ich tat so, als hätte ich nichts gehört. Das war nicht gut … Also musste ich mir nochmals den Hinweis anhören …
Weg von den Klamottengeschäften und hin zur ersten Sehenswürdigkeit. Vom Virgin Mary Gate aus konnte man sie nicht verfehlen. Wir stießen direkt auf die Church of the Virgin of the Burgh.
Unmittelbar nach dem Sesshaftwerden der Johanniter ließen sie diese Kirche errichten. Viel ist nicht mehr davon übrig, aber trotzdem sehenswert. Das dachten sich auch die vielen Touristen, die fortwährend vor meiner Kamera rumturnten. Das dauerte … bis das Foto mit lediglich drei Personen im Kasten war …
Zunächst folgten wir einer Hauptader durch die Altstadt. Nicht nur die Mehrheit der Passagiere der beiden Kreuzfahrtschiffe tummelte sich auf der von Restaurants und Geschäften gesäumten breiten Straße. Auch andere Kultur- und Strandtouristen meinten, uns den Weg versperren zu müssen. Dazwischen immer wieder die durch die diversen Ansammlungen wuselnden Vespas … Auf dem Hippokrates-Platz wurde es übersichtlicher, so dass wir ein touristenloses Foto von der Kastellania schießen konnten. Einst war in diesem Gebäude der Strafgerichtshof der Johanniter untergebracht; danach fungierte es als Versammlungsort der Kaufleute, Handelsinspektorat sowie Handelsgericht. Seit 1947 dienen die alten Mauern als öffentliche Bibliothek mit ca. 31.000 Werken.
Wir wollten uns keine Zeit zum Lesen nehmen und schauten in die links und rechts abzweigenden Gassen. Oh Wunder – keine Menschenseele. Das merkten wir uns für später … Doch zunächst mussten wir einem Schandfleck Tribut zollen. Wenn man bedenkt, dass in der nächsten Umgebung eine wunderbare, nicht störende Vermischung von gotischer und osmanischer Architektur festzustellen war, dann fragt man sich:
Mussten diese schreienden Farben sein? Das tat weh! Also schnell weiter – in die Richtung der Türme, die hinter der grundsätzlich in diesen Bereich passenden Hütte aufragten. Nach kurzer Zeit waren sie besser zu erkennen –
die Eingangstürme zum Großmeisterpalast. So einfach und schnurstracks konnten wir sie nicht erreichen. Denn auf dem Weg dorthin lagen zum einen die rosafarbene Süleyman-Pascha-Moschee
und im Vordergrund die in Aufbereitung befindlichen Reste der Kirche St. John of the Collachio. Die Moschee wurde unmittelbar nach der osmanischen Eroberung von Sultan Süleyman I in Auftrag gegeben; er setzte sich selbst ein Denkmal. Die Moschee in der jetzigen Form wurde 1808 erbaut. In der Kirche fanden während der Ordenszeit die wichtigsten kirchlichen Ereignisse statt. Nur kurz ließen wir die Eingangstürme zum Großmeisterpalast auf uns einwirken.
Wir wandten uns wieder der Hauptverkehrsader der Altstadt zu und fanden ein lauschiges Plätzchen.
Den Innenhof der Islamischen Bibliothek aus dem Jahre 1793. Unsere Blicke gingen nach oben. Da war etwas, was alles überragte – der 1851 auf den Fundamenten einer Eckmauer erbaute Uhrturm. Von seinem Eingang aus hatten wir einen schönen Blick in den Innenhof der Süleyman-Pascha-Moschee mit dem Reinigungsbrunnen aus dem 16. Jahrhundert.
Bei unserer bisherigen Besichtigung waren wir stark beeindruckt. Wir erlebten ein einzigartiges Freilichtmuseum mit unzähligen historischen Bauten auf engem Raum. Abwechslung tat unbedingt erforderlich – wir wollten abseits der Touristenströme sehen, wie aktuell in der Altstadt gelebt wurde. Also hinein in das Türkische Viertel, das durch enge Gassen gekennzeichnet war.
Die in den früheren Zeiten unbedingt notwendigen Fortbewegungsmittel und Lasttiere, die Esel, bekamen wir nicht zu Gesicht. Dafür aber die immer wieder, nicht gerade langsam an uns vorbei brausenden Vespas. Selbst in den engsten Gassen! Und – nicht als Eselsersatz anzusehen – unzählige Katzen. Keine dürre sondern gut genährte Tiere.
Aber es war nicht so, dass in diesem Gassenlabyrinth keine historischen Bauten vorhanden waren. Die Church of Agios Georgios in the Fortifications lag so einfach am Gassenrand.
Sie wurde Ende des 14. Jahrhunderts direkt in die Festungsmauer integriert. Leider geschlossen und so machten wir uns weiter auf. Auf durch für Autos nicht befahrbare holprige Sträßchen mit dem uralten „Straßenbelag“ aus Kieselsteinen. Hier atmete an allen Ecken und Enden die Jahrhunderte alte Vergangenheit. Wenn man bedenkt, dass man die Altstadt von Rhodos verlassen und umziehen will … wie ist das bei den bei uns üblichen Maßstäben möglich? Wie bekommt man Möbel und Hausrat aus den entlegenen Häusern in den Umzugswagen? Vespas mit Anhänger? Weg von diesen blöden Gedanken und widmen wir uns den weiteren schönen Punkten des in allen Belangen sauberen türkischen Viertels. Nicht nur vereinzelt standen wir vor wunderschönen Oasen der Ruhe.
Wenn keine Blumenbeete vorhanden waren, gab es eben liebevoll bepflanzte Töpfe. Auch wenn Plastik Einzug hielt …
Auf einmal war die Gassenidylle vorbei. Wir stießen auf ein breiteres Sträßchen mit vereinzelten, auf Touristenfang zielenden Geschäften.
Und einladenden Eingängen von Hotels. Wir sahen sie in allen Vierteln der Altstadt. Schlafen in historischer Umgebung. Warum auch nicht. Hauptsache, nicht in historischen Betten …
Auf einmal baute sich die Festungsmauer vor uns auf. Sie war zum Glück durchlässig und wir verließen die Altstadt durch das St. Athanasius – Tor. Durch dieses Tor schritt 1522 Sultan Süleyman I – allerdings in die andere Richtung – nach der Einnahme von Rhodos. Anschließend ließ er das Tor zumauern; geöffnet wurde es erst wieder 400 Jahre später.
Wir überquerten die Brücke und konnten dabei erkennen, wie mächtig die damalige Befestigungsanlage war.
So ist erklärlich, dass die Johanniter bis 1522 mehrere Angriffe der Osmanen erfolgreich abwehren konnten. Weitere Eindrücke erhielten wir, nachdem wir die den Wehrgraben überquerende Brücke hinter uns gebracht hatten. Ganz schön gigantisch, was damals der Ritterorden auf die Beine stellen ließ. Er war für die Planung verantwortlich. Für die Ausführung waren in erster Linie Arbeitssklaven zuständig.
Nachdem die Ritter vertrieben waren, übernahmen die Osmanen die gesamte Infrastruktur, widmeten z.B. christliche Kirchen in islamische Moscheen um oder verbesserten sie weiter. So ließen sie in die äußere, nicht sehr hohe, den Wehrgraben abgrenzende Mauer Brunnen einfügen. Reste bewunderten wir – zum Glück wurden sie nach Übernahme durch die Italiener, später durch die Griechen, nicht gänzlich vernichtet.
Nach einem Spaziergang durch einen kleinen Park kamen wir zum nächsten Tor – zum Johannes Tor.
Furchteinflößend? Wurde es den damaligen Feinden einfach gemacht, die Mauern an den gefährdeten Punkten, nämlich an den Toren, zu bezwingen? Mit Sicherheit nicht, denn über den Toren erhob sich jeweils eine Bastion. In diesem Fall die Johannes-Bastion. Hatte man das äußere Tor bezwungen, musste man sich einem weiteren Tor
in der inneren Wehrmauer widmen. Wir taten es, kamen ohne Probleme, allerdings wieder mehrfach von Vespas überholt, in die Altstadt und standen direkt vor zwei Kleinoden. Zunächst links ein hübsches kleines Hotel, das Kókkini Porta Rossa.
Direkt gegenüber die Kirche St. John the Baptist. Oder was davon übrig geblieben war. Die Kirche schmiegte sich unter den Treppenzugang zur inneren Wehrmauer. Beeindruckend, dass Teile der Fresken Jahrhunderte ü"berlebten" …
Sie hatten Bewunderer – die nicht zu vermeidenden Katzen …
Unser Weg führte uns zur inneren Wehrmauer, der wir einige Minuten folgten. Bis wir Richtung Innenstadt wieder eine Kirche entdeckten. Die im späten 15. Jahrhundert errichtete Kirche der Heiligen Dreieinigkeit. Sie begrenzte eine Seite eines Platzes mit einigen blühenden Bäumen und Büschen direkt neben der einladenden Tafros Villa,
die für „kleines“ Geld mietbar ist. Falls nicht gerade das Tor geschlossen ist …
Schräg gegenüber fiel ein dreitüriges unscheinbares Gebäude auf. Die vom Äußeren her uralte Kirche Agia Ekaterini existiert seit dem 14. Jahrhundert und wurde als erste Kirche nach der Eroberung durch die Osmanen in eine Moschee umgewandelt.
Wir befanden uns im ehemaligen Jüdischen Viertel der Stadt, das nach unseren Beobachtungen mehr Grün aufwies als die beiden anderen Altstadtbereiche.
Unsere Füße hatten sich inzwischen an das urige Kieselsteinpflaster gewöhnt, das uns quer durch dieses Viertel begleitete. Auf einmal standen wir wieder vor unserem Ausgangspunkt, der Church of the Virgin of the Burgh. Direkt am Klamottenladen – tja, die Vergangenheit holte uns ein und mir wurde Zeit zur Begutachtung bestimmter Artikel verordnet. Wie ging es aus? Ich verlor – die bessere Hälfte gewann und mein Rucksack wurde schwerer. Zum Ausgleich legte ich Bewegung nahe – vorbei an der Rückseite der Kirche, die noch große Anforderungen an Archäologen stellen sollte. Man grub … Und wo sich eine Kirche befand, war es nicht weit bis zur nächsten … zur Church of Agios Panteleimon aus dem 15. Jahrhunderts. Dieses Gotteshaus war eins der wenigen, das während der osmanischen Herrschaft nicht als Moschee genutzt wurde.
An diesem Tag hatten wir unsere Beine schon ein wenig strapaziert. Also war Zeit für eine kurze Pause. Am besten auf unserem Schiff, das wir beim Durchqueren des Thalassini Tors sahen. Richtig schön präsentierte es sich mit dem Delphin-Denkmal am Stadtstrand.
Schnell hinauf aufs Schiff zu einem Essensintermezzo.
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