Anders als vor einer Woche liegt AIDAluna heute direkt am Cruise Terminal, am Liegeplatz 27, sodass der Weg durch den "Schlauch" nicht ganz so lang ist. Entertainment Manager Thilo Ebbighausen steht am Ausgang, sagt den dem Ausgang entgegenstrebenden Gästen "Auf AIDAsehen" und verteilt kleine Tütchen mit Gummibärchen. Herzlich verabschieden auch wir Beide uns voneinander. Thilo, du warst spitze! Ich würde mich riesig freuen, eines Tages mal wieder mit dir fahren zu dürfen. Denn da ist die gute Laune hundertprozentig vorprogrammiert! Schön war´s! Dir noch weiterhin viele tolle Reisen mit gut gelaunten Gästen!
Es sind nur wenige Meter zwischen Schiff und Terminalgebäude, dennoch kommt es mir so vor, als befände sich AIDAluna auf einem anderen Planeten: Durch die Glasscheibe schaue ich auf ihren Bug, ganz nah liegt sie vor mir und dennoch ab diesem Augenblick wieder unerreichbar fern.
Das Kapitel "Kreuzfahrturlaub 2018" ist in diesem Moment definitiv für mich abgeschlossen. Verstohlen wische ich mir ein paar Tränen aus den Augenwinkeln. Der Abschied fällt wieder einmal mehr als schwer.
Fein aufgereiht und nach Decks sortiert warten die großen und kleinen, farbigen und schwarzen, polycarbonatglänzend oder vornehmen stoffenen Gepäckstücke auf ihre Besitzer. Schnell mache ich mein großes schwarzes Ungetüm dank der Markierung am Griff aus und bin aus dem Zelt raus, noch bevor der große Ansturm beginnt.
Raus aus dem Cruise Terminal am Ostseekai, wo ich vor einer Woche noch voller Vorfreude vor der gläsernen Fassade stand - in Erwartung der bevorstehenden Reise. Und nun …?! Alles vorbei … Leider …
Einmal mehr bekommen die vier bunten AIDA-Buchstaben völlig neue Assoziationen voller dankbarer Erinnerungen für mich: Aber Ich Durfte Aufsteigen (auch wenn das im Moment kein Trost ist) … Oder: Abschied Ist Der Anfang (… der Vorfreude auf die nächste Reise) Oder: Angekommen In Der Ausgangsdestination (klingt aber irgendwie bisschen hart und gefällt mir auch nicht besonders) …
Okay, genug geträumt und gedichtet. Es hilft nichts - ich muss in Richtung Shuttlebus ... In Richtung Bahnhof …Gebucht habe ich ihn nicht. Brauchte ich auch nicht. Da ich das AIDA An-/Abreisepaket "Rail & Cruise" in der 1. Klasse gebucht hatte, ist der Shuttle zum Bahnhof für mich inklusive. Anders als bei der Anreise steht mir heute irgendwie nicht der Sinn danach, meinen Koffer auf seinen vier Rädern bis zum Bahnhof neben mir her zu rollen. Bevor ich richtig zum Nachdenken komme, steht der Shuttlebus auch schon bereit, ich zeige mein Ticket vor, mein Koffer verschwindet im Bus-"Bauch" und ich verschwinde im Bus-Innenraum. Bis auf den letzten Platz wird das rollende Reisegefährt besetzt. Mit anderen Worten: Gruppenkuscheln mit Handgepäck und - leider schon zum frühen Morgen - sehr unterschiedlichen menschlichen Ausdünstungen … Puh … Bei manchen "menschelt" es schon ganz schön … Zum Glück ist der Weg nicht weit.
Von der Luna verabschiede ich mich noch nicht endgültig, denn ich werde sie ja heute noch mehrmals wiedersehen, wenn auch leider nur von außen.
Nach wenigen Minuten Fahrt halten wir auch schon wieder an: auf einem großen Platz und vor einem großen Gebäude, das einen aus zwölf Großbuchstaben bestehenden Namen trägt - es hört auf den richtungsweisenden guten alten Namen HAUPTBAHNHOF. Irgendwer hat sein Dach geschmückt mit zwei weißen Fahnen, die leider nur einen aus zwei Buchstabenden bestehenden Kurznamen tragen: DB. Okay, deuten wir sie mal als Abkürzung für den (ebenfalls richtungsweisenden) Begriff Deutsche Bahn.
Kaum ausgestiegen, bin ich sofort wieder in der harten und oft unschönen, sogar erschreckenden Realität angekommen. Ein - Entschuldigung - ziemlich mit Flecken, über deren Entstehung ich besser nicht nachdenke, "verzierter" - nochmals Entschuldigung - Penner zeigt einen ganz bestimmten Gruß, auf den ich auch nicht näher eingehen möchte, und grölt lautstark herum. Tja, das ist leider der erste - zweifellos sehr negative - Eindruck, den die ankommenden Gäste von Kiel haben. Herzlich willkommen zurück im wahren Leben …
Ich nehme meinen Koffer wieder in Empfang, bedanke mich beim Fahrer und schon bin ich eigentlich fast an meinem heutigen "Reiseziel" angekommen: dem "Intercity Hotel Kiel", das sich nur wenige Meter vom Bus und genauso wenige Meter vom Hauptbahnhof entfernt befindet. Also rolle ich los. Die Lobby ist fast menschenleer, so dass ich die Formalitäten des Check-Ins schnell hinter mich bringe. Ich hatte mir ein Zimmer in der oberen Etage mit Fördeblick reserviert. Um diesen Ausblick genießen zu können, muss ich mich jedoch noch ein paar Stunden gedulden: Mein Zimmer kann ich erst ab 14 Uhr beziehen. Macht aber nichts. Hauptsache, ich bin mein Gepäck los und die Zeit weiß ich mir definitiv zu vertreiben.
So ziehe ich direkt los, in Richtung Bahnhofbrücke und im strahlenden Sonnenschein. Mein Ziel ist klar, der Hafen mit den großen Pötten. "Port of Kiel", dieser "maritime Wegweiser" zeigt mir, wo´s langgeht:
Hier - auf der Bahnhofsbrücke - kommen Schiffs-Fans voll auf ihre Kosten: Links die großen Schwedenfähre und der von hier aus rechts befindliche Norwegenkai wird nachher auch noch gut bevölkert: Von der "Astor", dicht gefolgt von der "Color Magic", die aktuell aber auch noch nicht zu sehen ist. So genieße die Anwesenheit von "Stena Scandinavica" und die voller Vorderfront der kleinen AIDAaura.
AIDAluna versteckt sich hinter ihr und dreht mir demonstrativ ihren "Rücken" zu. Ob sie mir das übel genommen hat, dass ich vorhin von Bord gegangen bin?! Ach Menno, ich kann´s doch auch nicht ändern. Mir blieb doch keine andere Wahl.
Fröhlich flattern die bunten Flaggen der Ostsee-Anrainer im Morgenwind, in den sich auch eine der unermüdlich umherspähenden und immer auf der Suche nach Fressbarem sich an exponierter Stelle aufhaltenden Möwen tragen lassen. Links im Bild ein "Zipfel" des "Intercity Hotels". Die Lage ist echt unschlagbar.
Auf dem Weg zum Norwegenkai lasse ich den Blick immer wieder übers Wasser schweifen, lausche dem Schreien der im blauen Himmel kreisenden Möwen und bin froh, dass ich erst übermorgen wieder nach Hause fahre. Somit kann ich das einzigartige Flair, das es nur am Meer gibt, noch etwas länger genießen.
Schließlich stehe ich vor dem Abfertigungsgebäude der großen Norwegenfähren. Kühn ist das Dach des Terminals geschwungen. Es erinnert mich ein wenig an eine Sprungschanze (vielleicht an die auf dem Holmenkollen in Oslo?! Schon wieder gehen meine Gedanken auf Reisen in mein geliebtes Norwegen …):
Der Weg zum "Color Line"-Terminal am Norwegenkai ist für mich auch eine Art Rückkehr in die Vergangenheit. Im Laufe der Jahre durfte auch ich hier bereits zweimal einchecken - jedes Mal, um mit "Color Magic" in mein geliebtes Norwegen zu fahren.
Der "Schwung" setzt sich auch im Inneren fort. Aktuell liegt das Gebäude noch im "Dornröschenschlaf". Es ist noch Zeit bis zur Ankunft der wie ein Kreuzfahrtschiff ausgestatteten Fähre. So hallen meine Schritte, während ich die Halle durchquere, um mir einen Platz mit guter Sicht auf die Förde und in die Richtung, aus der "Astor" und "Color Magic" nachher kommen.
Ein etwas "karierter Blick" bietet sich mir hinter den Panoramascheiben hinüber zum Schwedenkai …
Da ist es schon leichter, durch eines der "Karos" die kleine AIDAaura in Sekundenschnelle zu mir herüber zu zoomen …
Schließlich lasse ich mich in einem der immer etwas unangenehm kühlen Schalensitze nieder und füttere mein Tagebuch, in das ich seit gestern Nachmittag nichts mehr eingetragen hatte. Ganz versunken im Verarbeiten des Erlebten nehme ich um mich herum wie aus weiter Ferne einen sich stetig steigernden Geräuschpegel wahr: wuselnde Menschen mit Gepäckstücken. Aus der Geborgenheit meines "Kokons", den ich beim Schreiben um mich herum "gewebt" hatte, finde ich mich nunmehr in einem "Ameisenhaufen" wieder.
Völlig weg und nur noch eins mit meinem Tagebuch und meinen Gedanken an die zurückliegenden Tage habe ich gar nicht gemerkt, wie die "Astor" sich unmerklich genähert, sich bereits gedreht hat und sich nun anschickt, die letzten Meter im Rückwärtsgang zurückzulegen, um direkt vor mir am Terminal festzumachen.
Die um mich herum wuselnden großen und kleineren "Ameisen" geraten angesichts "ihres" Traumschiffes regelrecht in Verzückung. Nicht nur deutsches Stimmengewirr macht sich um mich herum breit, auch etliche andere Sprachen sind herauszuhören. Ich kann sie und ihre Vorfreude so gut verstehen, geht´s mir doch nicht anders - jedes Mal, wenn ich die Planken eines "meiner" Kussmund-Traumschiffe betrete.
Und schon geht´s auch munter weiter mit dem großen "Schiffs-Reigen": Geradewegs aus meinem Traumland Norwegen kommt sie angefahren: "Color Magic", jenes Schiff, das ich bereits zweimal staunend und voller Vorfreude auf die Fahrt durch den Oslofjord bis direkt in den "Schoß" der norwegischen Hauptstadt betreten habe. Auch, wenn das Ganze schon einige Jahre her - Wie heißt es doch so schön?! "Wiedersehen macht Freude".
Und so freue ich mich auf die "gute Freundin", wechsele für sie meinen Sitzplatz, um sie auch genau beim Einfahren beobachten zu können. Aus dem "Sitz"platz wird schnell ein "Stand"ort, denn vor meinen Füßen drängen sich wieder jede Menge Menschen - nämlich diejenigen, die nachher die Kreuzfahrtfähre entern wollen. Ja, ihr habt richtig gelesen: "Color Magic" ist laut Informationen von "Color Line" die - ich zitiere: "…zusammen mit dem Schwesterschiff Color Fantasy das größte Kreuzfahrtschiff der Welt mit Fahrzeugdeck".
Und das wollen natürlich viele vorfreudige Menschen bei seiner Ankunft beobachten. So blicke ich auf jede Menge Rücken, die mich in dem Moment so gar nicht entzücken. Die großen Schiffe sind mir da wesentlich lieber. Also auf die Zehenspitzen gestellt, einen Blick durch die Panoramascheiben erhascht, wo der blaue-weiße Pott gerade im Hafenbecken dreht, während ich mich irgendwie ausbalancierend von einer Fußspitze auf die andere und wieder retour bewege - ein langer Hals inklusive.
Es ist ein imposanter Anblick, als sich das mächtige Heck im Schneckentempo in Richtung des Norwegenkais bewegt, während die Sonne durch die Wolkenlücken blinzelt und die norwegische Flagge fröhlich im Sommerwind weht. Ob das auffällt, wenn ich mich zwischen den ganzen Menschen ganz klein mache und ganz still und leise nachher ganz schnell an Bord husche?!
Okay, okay. Es wäre schlimm, wenn es niemand bemerkt würde, als verwerfe ich meinen "Plan" ganz schnell wieder und füge mich ins Unvermeidliche: Ich bin nun mal wieder zur "Landratte" mutiert. Es hilft nichts.
Im Terminal wird es mir nun doch etwas zu hektisch, denn ich bin mit meinen ganzen Gedanken an meine zurückliegende Reise irgendwie noch etwas im "Stand-by-Modus". Diese Stimmung möchte ich mir noch einige Zeit erhalten, bevor ich wieder den "On"-Knopf fürs "richtige" Leben drücke.
Somit rolle ich hinunter ins Erdgeschoss und bahne mir zwischen den vielen hereinströmenden Gästen einen Weg zum Ausgang. Nun bin ich ihr ganz nahe - der überwältigend großen Norwegenfähre "Color Magic", auch wenn uns dennoch ein hoher Zaun trennt.
Die dunklen Wolken, die sich in Richtung Landesinneres bereits bedrohlich auftürmen, ignoriere ich erst einmal noch, laufe über den Parkplatz, möchte einen "Bug-Blick" genießen, während sich das schützende Terminalgebäude immer weiter von mir entfernt (oder ich mich von ihm).
Ich muss eine Weile laufen - der Parkplatz ist groß und das Schiff ist lang: stolze 224 Meter. Doch schließlich habe ich es von vorn. Das Blau des Rumpfes wirkt nun jedoch gar nicht mehr so blau. Die wenigen Sonnenstrahlen, die vorhin den Weg zur Erde gefunden haben, scheinen sich auch schon wieder aus purer Angst vor den schwarzen Wolken verzogen zu haben … Windböen kommen auf …
Dunkle, schnell am Firmament dahinziehende Wolken, aufkommende Windböen … - Vorboten, die man besser nicht ignorieren sollte, wenn man nicht nass werden möchte … Ich tue es noch … Noch - wohlgemerkt, denn so ein ungehinderter Blick vom Ende des Hafenbeckens hinüber zu den beiden Kussmundschiffen muss noch sein … Auch wenn bereits erste Regentropfen fallen …
Nun ja, ein klassischer Fall von "Wer nicht hören kann, muss fühlen" tritt nun ein: Innerhalb weniger Sekunden beginnt es wie aus Eimern zu schütten, dazu stürmische Windböen: die perfekte Mischung für wahres "Sauwetter". Kinder quieken, Eltern versuchen, selbige samt ihres ganzen Reisegepäcks irgendwie in Sicherheit zu bringen, obwohl irgendwo in den Weiten des großen Parkplatzes keinerlei Schutz vor den Naturgewalten möglich ist.
Der Regenguss wird nicht lange dauern, doch er hat es in sich. Mein kleiner Notschirm, den ich für alle Fälle im Rucksack habe, hängt bald schlaff über meinem Kopf, während ich in Richtung des Terminalgebäudes renne. Schnell tropft es mächtig von meiner Regenjacke, während sich meine Jeans in Windeseile klatschnass um Oberschenkel und Schienbeine wickelt. Ein "tolles" Gefühl. Hätte es einen "Wet Jeans-Contest" gegeben: DEN hätte ich garantiert gewonnen! … und das mit Abstand! Igitt-Igitt, fühlt sich das unangenehm an.
An der Bushaltestelle vor dem Norwegenkai drängen sich die Menschen - ebenso wie ich mehr oder weniger Opfer des unerwarteten Wolkenbruchs geworden. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Und schließlich bin ich wieder dort, wo ich besser vorhin noch eine weitere Viertelstunde geblieben wäre … In der Wärme und Trockenheit des Terminals am Norwegenkai …
Die Wärme und die anscheinend nicht wenigen "begossenen" Menschen bieten die perfekte Basis, um sich im Terminal ganz schnell wie in den Tropen zu fühlen. Eine gewisse Feuchtigkeit liegt in der Luft. Irgendwie fühle ich mich ein wenig wie in den Tropen und beschließe, erst einmal zum Hotel zurückzukehren, um mir eine andere Hose anzuziehen. Mal sehen, ob es möglich sein wird, an meinen Koffer heranzukommen, er ist "zwischengeparkt", da mein Zimmer ja noch nicht fertig ist.
Noch immer bedrohlich breitet sich abziehende dunkle Regenfront über der Kieler Förde aus, als ich wieder in Richtung Bahnhofsbrücke laufe.
Fortsetzung folgt …
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