Sonntag, 06.11.2016 - Seetag auf dem Weg nach Ocho Rios, Jamaika
Guten Morgen.. oder doch gute Nacht?
Ich werde wach, drehe mich noch ein paar Mal von links nach rechts und stelle fest: Nein, das mit dem nochmal Einschlafen klappt nicht mehr. Bestimmt muss es schon Vormittag sein, so k.o. wie wir gestern waren und immerhin war das Schaukeln und die Schiffsbewegungen doch gegen aller Erwartungen und Befürchtungen im Vorfeld sogar recht angenehm in der Nacht. Die vorsorglich eingepackten und sich in reicher Anzahl im Koffer befindlichen Reisetabletten bleiben jedenfalls wo sie sind.
Da aufgrund des fehlenden Sonnenlichts in der Kabine, ich erinnere gerne: wir haben eine Innenkabine gebucht, keine Einschätzung des Tageszeitpunkts möglich ist, werfe ich einen Blick auf die Uhr. Und da ist er wieder, dieser Schockmoment, der uns nur allzu gut bekannt ist von gestern. Ich traue meinen Augen nicht, es ist 04:30 Uhr. 04:30 Uhr? Kurz überlege ich, ob ich meine Uhr nicht umgestellt habe. Nein unmöglich, die Uhrumstellung ging doch rückwärts und nicht vorwärts. Ich drehe mich um und sehe meinen Holden, Augen offen. Auch er ist hellwach. Das muss also der sagenumwobene Jetlag sein.
Da an schlafen nun nicht mehr zu denken ist, gibts eine kurze Dusche, raus aus der Innenkabine (im Laufe der Reise werden wir sie liebevoll die dunkle Kammer taufen, was noch heute für schmunzeln bei uns sorgt) und ab aufs Pooldeck. Sollte man meinen, wir sind die einzigen, die sich zu dieser unmenschlichen Zeit auf Deck befinden, hat man weit gefehlt. Scheinbar gibt es auch noch andere Mitreisende in großer Anzahl, die mit ihrem Jetlag zu kämpfen haben. Unter anderem auch der nette Herr vom Vortag aus dem Flieger eine Reihe vor uns, bewaffnet mit schwerem Geschütz in Form einer Spiegelreflexkamera (glaube ich zumindest, ganz so firm in diesen Dingen bin ich ja doch nicht). Die dazugehörige Frau hat’s wohl besser erwischt mit dem Jetlag erzählt er uns, denn sie schläft noch seelenruhig auf Ihrer Kabine.
Aber was macht man nun um diese frühe Uhrzeit? Ein kurzer Blick in die AIDA heute, ein Art Tagesprophet in dem man alles, was so an Bord passiert und wann es wo was gibt, nachlesen kann.
Nein, Kaffee gibt es noch nicht. Da müssen wir uns wohl noch eine Stunde gedulden bis um 06:00 Uhr, ab 07:00 Uhr dann Frühstück.
Wortwörtlich auf dem Trockenen sitzend (alles andere würde Grund zur Sorge bieten), schauen wir uns unseren ersten Sonnenaufgang auf See an. Auch so ein Moment, den wir wohl nie vergessen werden.
Und wer genau hinsieht wird erkennen, dass sich da noch ein anderes Schiff in die erste Reihe gedrängt hat und dem Sonnenaufgang die Show stehlen will..
Pünktlich wechseln wir um 06 Uhr vom Pooldeck zur Anytime, um den ersten Kaffee zu genießen. Um 07 Uhr ein erneuter Ortswechsel und zwar ins Bella Vista zum Frühstück.
Nicht nur das Angebot an Speisen überrascht uns mal wieder, sondern auch, dass überall Desinfektionsspender stehen. Noch so eine Sache zu der sich der Kreuzfahrtneuling im Vorfeld so gar keine Gedanken gemacht hat, denn aus den besuchten Hotels innerhalb Europas kennen wir das in dieser Form nicht.
Umso wichtiger und richtiger, dass man auf einem so engen Raum mit vielen Menschen wie einem Kreuzfahrtschiff genau auf Hygiene achtet, zumindest die Mehrheit unter uns. Den ein oder anderen Querschläger, der die Automaten bei seinem Restaurantbesuch gekonnt ignoriert oder sein schon benutztes Glas, ganz umweltbewusst, zum erneuten Bierzapfen hergenommen hat, haben wir während der Reise dann doch entdeckt...
Und noch etwas ist uns aufgefallen.. Die Reisenden haben hier alle Schlüsselbändchen um den Hals hängen, das haben wir gestern gar nicht so mitbekommen bzw wahrgenommen. Aber gar nicht doof, wenn man länger etwas von seiner Bord- und Getränkekarte haben will, auch das merken wir uns schon mal gedanklich für die nächste Reise vor.
Nach dem Frühstück, das wir mit einem netten, älteren Ehepaar verbracht haben und mit dem wir noch viel Zeit auf dem Rest der Reise verbringen werden, wird es Zeit für Sonne und Pool. Wir leihen uns Handtücher aus und suchen uns zwei Liegen. Pünktlich um 09:30 Uhr dann ein Glockenläuten und die Stimme des Kapitäns, Herr Thomas Mey, ertönt. Herr Mey ist super informativ, erzählt viel von geografischen Daten (die ich mir leider nicht alle merken kann), Wetter, vorbeiziehenden Inseln und was es sonst noch so rund um das Schiff zu wissen gibt. Bis heute ist er einer unserer Lieblingskapitäne, da er jeden Tag so viele Fakten und Daten erzählt und es doch dabei nicht langweilig wird, sehr sympathisch.
Während wir uns in der Sonne aalen, erzählt Kapitän Mey, dass wir soeben die Halbinsel Haiti steuerbordseitig passieren. Hier wütete vor noch nicht einmal einem Monat noch das Zentrum des Hurrikans Matthew und zerstörte so fast 80% von dem was dort überhaupt nach dem schlimmen Erdbeben 2010 noch existierte und fordert von mehr als 1.000 Bewohnern den Tod. Er raubte den Ärmsten quasi alles, bevor der Hurrikan Stufe 5 weiter abdrehte und Richtung Südküste Amerikas zog. Kaum auszumalen für uns, während wir sicher auf der leicht schaukelnden Luna bei bestem Wetter quasi im Luxus schwelgen.
Der weitere Verlauf des Tages gestaltet sich recht ähnlich mit sonnen, im Pool plantschen und essen.
Irgendwann gegen frühen Nachmittag passieren wir, ebenfalls steuerbordseitig, Kuba und nehmen so langsam Kurs auf Jamaika.
Wir fühlen uns bis jetzt rundherum wohl, so haben wir uns das Wetter in der Karibik und einen dazu passenden Seetag vorgestellt.
Als wir nach dem Abendessen an Deck stehen, machen wir noch eine Entdeckung.
Der Mond ist hat hier eine ganz andere Liegeposition. Während er in Deutschland, und ich vermute auch mal in ganz Europa, von links nach recht und von rechts nach links ab- bzw. zunimmt, so "liegt" er hier förmlich in seinen Umrissen. Denn hier gilt nicht rechts vor links oder dergleichen, sondern von oben nach unten bzw. umgekehrt, auch wenn ich zugeben muss, dass mein Foto das so gar nicht wiedergeben kann. Naja, ein Versuch war es wert..
Wir laufen noch eine Deckrunde, nehmen einen Absacker an der Poolbar ein bevor der lange Tag, der schon früh begonnen hatte, seinen Tribut fordert und uns in die Betten zwingt. Wir sind gespannt auf Jamaika, war die Insel doch im Vorfeld einer unserer Favoriten
Kommentare 1