Aarhus (Teil 2)
……. wo es original nach Benzin und altem Öl riecht oder stinkt.
Genau danach stinkt es auch im Fahrradkeller oder schon im Hausflur eines der Häuser aus den 60er und 70er Jahren, wegen des typischen Mopeds unter der Kellertreppe.
Für unsere Leute ist dieses Viertel wo wir mittlerweile angekommen sind, offenbar der faszinierendste Bereich des Geländes. Wahrscheinlich kennen die das noch von früher… Mann, haben die komisch gelebt! Teddy Fritz, der uralte Bär aus Kindertagen vom Träger, der schon an Fellausfall leidet (man nennt das wohl „abgewetzt“ oder „bespielt“), hat zuhause sowas mal angedeutet. Teddy Kaufhof konnte es sich bisher kaum vorstellen, -jetzt ja.
Irgendwie aber wohl voll lustig für meine Leute. Ich weiß jetzt auch nicht mehr so genau, ob ich froh sein soll, erst so jung zu sein. Allein schon wegen der Schiffsschaukel…
In den Mehrfamilienhäusern sind die Wohnungen verschiedener ehemaliger Mieter. So auch u.a. eine Hippie-Wohnung mit komischen bunten Wollsachen und so.
mit Druckerei und Malsachen für so Plakate oder das Bemalen von Bettlaken. Damit sind die wohl früher gemeinsam spazieren gegangen… Und weil die Schlepperei doch ziemlich anstrengend war, haben die danach geduscht. Und weil es schnell gehen sollte und die ja so viele in der Wohnung waren, auch zusammen, also mindestens zu zweit. Jedenfalls bewegen sich Schatten hinter der Duschwand und man hört Stimmen. Offenbar gefiel denen das damals und die hatten Spaß. Ich glaube ja, dass diese umweltbewussten Typen wohl Wasser sparen wollen, meine Leute aber reden was von „freier Liebe“. Komisch…. Und andererseits, wenn die gemeinschaftlich so auf Sauberkeit aus waren, warum hat man dann nicht mal den Aschenbecher geleert?
Der ist aber auch in der Wohnung von der türkischen Gastarbeiterfamilie nicht geleert,
und Fotos von Männern mit Schnurbärten hängen. Und da hängt auch noch was, dass man hier nicht vermutet hätte…
Insgesamt ist sich der Teddy nicht ganz sicher, ob die Leute in den Wohnungen nicht doch nur vergessen haben abzuschließen und gleich wiederkommen. Selbst im Kühlschrank sind noch Sachen drin…
In manchen Wohnungen aber, ist tatsächlich jemand zu Hause.
Und in einem Wohnzimmer läuft gerade das WM-Finale 1974…
Ein kleiner dicklicher Mann schießt gerade ein Tor und springt dann immer so hoch und freut sich offenbar ganz doll.
Der Mann im Fernsehen erzählt was von „Müller“, der Trainer „Helmut Schön“ hat auch mächtig Spaß und am Ende freut sich auch noch der „Sepp“, ein Torwart, wohl weil er nur einen Ball reinlassen musste und der andere aber zwei. Es gibt einen Pokal und die mit den orangenen Trikots sind insgesamt wenig begeistert über die Gesamtsituation…
Der Fernseher ist so ne komische Holzkiste auf Füßen und deshalb hat man den wohl auch nicht an die Wand gehängt. Das Glas ganz kugelig und furchtbar klein ist er. Teddy muss schon ganz nah rangehen, um was zu erkennen. Das Bild ist sowieso seltsam und unscharf. Entweder der geht bald kaputt oder da muss mal einer mit Ahnung davon was einstellen. Jedenfalls flimmert der so komisch…
Meine Leute sind weiter begeistert. In den Kinder- und Jugendzimmern entdecken sie in den Regalen nicht nur Spielzeug welches sie wohl damals auch hatten, sondern auch Plakate mit so langhaarigen geschminkten Typen an der Wand.
Dem Teddy wird dabei eines klar: Metrosexualität ist offenbar keine Erfindung der heutigen Zeit…
Teddy entdeckt auch einen alten Katalog. Darin werden auch Teddys angeboten. Damals hat man die wohl zur Adoption aus dem Katalog bestellt. Braunbären und Eisbären.
Wobei der Eisbär natürlich der teuerste ist…, wie ich mit einem Blick zum Ty genüsslich feststelle… Aber immerhin kostet der braune Bär mehr als die „Missekat“.
Eine Sache finde ich lästig. In einem Mietshaus gab es pro Etage wohl nur eine Toilette, -und die ist im Hausflur dann für 2 Familien zusammen. Aber wenigstens hatte jeder einen eigenen Toilettenpapierhalter. Der eine wohl mit teurem, dermatologisch empfohlenem Papier und auf dem anderen das billige harte.
Na, wenn da mal nicht jemand aus Versehen zum Luxus griff... Auch damals entstand Nachbarschaftsstreit an kleinen Dingen, -auch an Papier…
Von uns und den anderen Besuchern kann es dann übrigens keiner gewesen sein. Die Türen lassen sich nämlich nur einen Spalt breit öffnen. Nicht das noch einer meint er könnte…
Dafür gibt es in dem Museum aber ausreichende funktionsfähige Toiletten. Und die sind auch kostenlos zu benutzen.
Ach, ich könnte noch so viel erzählen. Ich finde es lustig hier und meine Leute toll. Für die ist es allerdings auf die Dauer anstrengend, -durch so viele Treppenhäuser und Gassen…
Aber offenbar war es auch genau die richtige Entscheidung die Zeitreise in Richtung Neuzeit zu machen (vom Eingang aus im Uhrzeigersinn gehen), also mit dem Ende (fast) im Hier und Jetzt.
Die Teddys sind froh, das alles gesehen zu haben und fragen sich, ob sich spätere Generationen auch mal so darüber freuen werden zu sehen, wie wir heute so leben. Und ob die das dann noch genauso sehen, was wir heute so alles für „modern“ halten…
Und damit die das später überhaupt noch vorfinden, nehmen wir uns ein Beispiel an dem in der Hippie- und der Kommunenwohnung Gesehenen und rennen ab jetzt mit einer politischen Aussage rum. Es ist ein stilechter Button "ATOMKRAFT NEJ TAK" (Atomkraft nein Danke).
Bevor die Öko-Teddys diese Aussage aber der breiten Öffentlichkeit „in der Welt da draußen“ präsentieren können, findet der Ty noch ein kurzes Glück, -im Spielzeugmuseum…
Erst schauen wir uns dort altes Spielzeug aus Blech an
Radio hatten die wohl damals auch noch nicht...
Und dann findet er ihn ausgerechnet hier, -den ultimativen Figurproblemlöser. Groß und schlank ist er plötzlich, als er vor einem Spiegel steht.
Stolz verkündet er: „Siehste Teddy, geht doch…!“ Ich bin beeindruckt. War mir vorher gar nicht aufgefallen. Alle Abnehmbemühungen zuvor fehlgeschlagen und hier, bei der Zeitreise im Freilichtmuseum…wird die Uhr anscheinend wirklich zurückgedreht. Offenbar war der Ty also früher groß und vor allem schlank.
Der will gar nicht mehr weg von diesem Spiegel welcher alle Figurprobleme löst und lieber gleich hier einziehen.
Der Teddy sieht unterdessen gegenüber noch einen anderen Spiegel und denkt sich, dass ihm ein wenig mehr Größe zu seiner Schlankheit auch ganz gut stehen würde. Diese Chance nehme ich jetzt wahr. Aber ich bin plötzlich kleiner und fett!
Hoffentlich merkt der Ty das nicht, so wie ich den ab und an gehänselt habe, als der noch dick war. Aber der ist so mit seinem neuen Ich beschäftigt und kann sich gar nicht satt sehen… -Siegesgewiss den Kampf gegen die Kilos endlich gewonnen zu haben, lässt er sich schließlich doch noch dazu bewegen weiter zu ziehen und verlässt breit grinsend das Museum.
Der Teddy fühlt da draußen jetzt aber gar keine Veränderung mehr. Immer noch ist es neben dem Ty sehr beengt im Rucksack. Und das liegt nicht am Teddy, denn der hat mittlerweile gemerkt, dass die Spiegel wohl irgendwie kaputt sind. Oh je, da müssen wir auf dem Rückweg alle Spiegel und ähnliches meiden. Mit einem so schnellen Jo Jo-Effekt wird der Ty nicht rechnen. Reicht auch, wenn er es morgen früh sieht, -nach dem Aufstehen in der Kabine.
Noch aber schwelgt er im Glück. Super Tag, Super Blitz-Diät-Erfolg, ein letzter dankbarer Blick zurück an die Stätte seines Ruhms, dem offenbaren Wendepunkt seiner Körperfülle.
Und wir alle haben jetzt nochmal Glück. Erst als wir fast schon auf dem Schiff sind, beginnt es wieder zu regnen. Richtig fieser Sprühregen…
Weil bei der Ausfahrt, wegen dem Passieren einer nicht nur geometrisch interessanten, futuristisch dreieckigen und wohl auch sündhaft teuren Siedlung, erstmal auf Schiffshorn und Auslaufmusik verzichtet werden muss, kann der Teddy sich auf andere Dinge konzentrieren. So entdecke ich von der Wasserseite und vom Oberdeck aus betrachtet etwas, was mir von Land aus verborgen geblieben ist,- diesen kleinen Skywalk auf dem Kaufhaus Salling. Da hätten wir uns auf dem Weg zum Freilichtmuseum wohl etwas weiter links halten müssen… Stattdessen sind wir wohl mehr oder weniger daran vorbeigelaufen und beim Kunstmuseum gelandet, welches auch eine Art Skywalk hat.
Aber hier verklären nicht nur die farbigen Scheiben die Sicht nach draußen, sondern verhagelt auch der recht stolze Eintrittspreis schon von vornherein die Sicht. Ist nur was für den, den auch die Kunstausstellung interessiert, denn dafür bezahlt man im Grunde. Was ich in der Ferne noch sehe, das sind die Glaskuppeln der Gewächshäuser vom Botanischen Garten direkt neben dem Freilichtmuseum. Dort hatte ich die auch schon gesehen, aber nach unserer langen Zeitreise dort, war eher der Rückweg als Garten angesagt…
Keine Zeit hatten wir auch, uns heute Morgen die verregnete Einfahrt in den Hafen anzuschauen. Aber dafür werden wir überraschenderweise heute Abend noch einmal die Gelegenheit bekommen. Klingt komisch, -ist aber so. Denn auf dem Weg nach Kopenhagen wird plötzlich gewendet. Die dritte Rettungsaktion steht an. Diesmal wird der Kranke an Land übergeben. Nicht im Hafenbecken von vorhin, aber im Containerhafen etwas vorher.
Zu Wasser, zu Land und in der Luft. Dies ist die nun schon dritte Notfall-Ausschiffung.
Wir steuern unser letztes Besuchsziel an. Und dort in Kopenhagen versuche ich, durch geschicktes Einsetzen des öffentlichen Personennahverkehrs, meine Leute vor Mammutmärschen zu bewahren, -was aber nur teilweise klappt. Ab der Bootsfahrt läuft es dann wieder "rund" mit dem Sightseeing...
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