2. August 2019 – Dublin
Nur vorab: Wir genossen die farbenprächtigen Kneipen nur von außen … woran ich nicht gedacht hatte, als ich kurz nach 7 Uhr von der Sonne begrüßt wurde. Natürlich in meiner gewohnten Morgen-Begrüßungs-Umgebung. Blauer Himmel, 20°. Das musste mit einem Pott Kaffee gefeiert werden! Die anschließende Deckinspektion gab nebenbei den ersten Überblick über Dublin,
die Stadt, die schon die alten Ägypter kannten. Ptolemäus verzeichnete die Stadt als Eblana auf einer Karte. Ein wenig mehr Licht kam ins Dunkel der irischen Geschichte, als 448 der Schutzpatron der Iren, der heilige Patrick, die Bewohner zum Wechsel Richtung Christentum überzeugte. Üblich war, dass der gesamte Clan zum Christentum übertrat, wenn der Clan-Chief der Vorreiter war. Innerhalb weniger Jahre wurde die Grüne Insel christlich. Um 850 übernahmen die Wikinger die Macht in der Gegend Dublins und befestigten die Stadt als Ausgangspunkt für ihre Raubzüge. Kurz vor der Jahrtausendwende nahmen Iren den Wikingern Dublin ab; kurz nach der Jahrtausendwende besiegte ein irischer Hochkönig die Wikinger, die allerdings endgültig erst 1170 nach dem Sieg der Normannen – und damit auch der späteren Engländer – Leine zogen. Zwei Jahre später unterwarfen sich die irischen Stammesfürsten dem englischen König. Im Laufe der Zeit kam es immer wieder zu Kämpfen zwischen Iren und Engländern bis sich Letztere nach den Siegen der Protestanten Oliver Cromwell und Wilhelm von Oranien endgültig in Irland festsetzten. Das 18. Jahrhundert war für die Insel im gewissen Masse prägend: Die Engländer sorgten für eine großzügige Bautätigkeit in Dublin; 1783 wurde dem irischen Parlament Autonomie zugestanden, die aber nach nur 17 Jahren wieder genommen wurde. Anschließend litten die Iren unter einer verstärkten Form der Unterdrückung, was die Unabhängigkeitsbewegung zur Folge hatte. Nach dem Dubliner Osteraufstand 1916 wurden viele Unabhängigkeitskämpfer standrechtlich erschossen. Ein unabhängiges Parlament etablierte sich 1919 in Dublin; es folgte bis 1921 der Unabhängigkeitskrieg, anschließend wurde Irland ein Freistaat innerhalb des britischen Reiches. Die endgültige Unabhängigkeit – bis auf die Nordprovinzen - wurde mit einer neuen Verfassung im Jahre 1937 verkündet.
Der Name Dublin kommt aus dem Gälischen. Dubhlinn heißt übersetzt „dunkler Teich“. Der alte (und auch aktuelle) gälische Name der Hauptstadt ist „Baile Atha Cliath“, die Stadt an der befestigten Furt (des Flusses Liffey).
Dort, wo die AIDAaura festgemacht hatte, war es nicht gerade schön. Aber nicht den Mut verlieren – das galt nur heckwärts! Bugwärts tauchten die ersten Lichtblicke auf. Die geschwungene Samuel Beckett Brücke.
Sie erinnerte an das Nationalsymbols Irlands – die Harfe, auf die wir in Dublin immer wieder stießen. Davor das Restaurantschiff MV Cill Airne. Übersetzt Killarney; aber der umfunktionierte Kahn liegt weit entfernt von Killarney im County Kerry. Moderne Gebäude. Und nicht zu weit entfernt die erste ältere Kuppel. Zu welchem Gebäude gehörte sie? Das mussten wir erkunden! Halt, nicht so schnell! Ohne Frühstück wäre der Tag zu anstrengend geworden … also hinein ins Calypso, in dem neben den üblichen ham and eggs auch die anderen guten Nahrungs- und Stärkungsmittel auf uns warteten. Wir bedienten uns nicht zu knapp, verließen das Schiff und fragten uns:
Was kennzeichnet Irland und speziell Dublin? Die einige Jahre zurückliegende Finanzkrise hatte starke Spuren hinterlassen und die Arbeitslosigkeit war aus diesem Grund sehr hoch. Viele Privatobjekte gingen nach unseriöser und weitgehender Finanzierung unter den Hammer, da Zins- und Tilgungsdienst nicht mehr gewährleistet waren. Was machten die Iren? Sie – zumindest die Mehrheit – jammerten nicht, krempelten die Ärmel hoch und wurden erneut – begleitet von einer klugen Wirtschaftspolitik – zum Keltischen Tiger. Wir hatten vor sieben Jahren Dublin besucht und erkannten nun die Stadt zunächst nicht wieder: Eine immense Bautätigkeit führte zu einer veränderten Infrastruktur links und rechts des River Leffey. Und es wird weiter gebaut – in der ganzen Stadt. Hut ab vor Irland!
Nun aber zu dem, was wir an diesem Tag erlebt hatten. Wir nahmen weder den Shuttle-Bus noch ein Taxi und standen nach kurzer Zeit vor dem futuristischen Bau des Convention Centres,
Irlands kultiger Tagungsort, neben der Samuel Beckett Brücke.
Wir folgten weiter dem Liffey, gingen über die Sean O´Casey Brücke, suchten und fanden den Weg zum Trinity College. Vorbei an auch von außen anziehend aussehenden Pubs erreichten wir es.
Elisabeth I gründete 1591 diese Elite-Universität, an der bis 1793 nur Protestanten studieren durften. Erst ab 1873 hatten katholische Studierende die Möglichkeit, einen akademischen Titel zu erwerben. Der Campus hat eine Größe von etwa 16 ha. Mit seinen ausgedehnten Rasenflächen und vielen, ihn umringenden ehrwürdigen Gebäuden aus dem 18. Jahrhundert beeindruckt er sehr. Die Namen einiger Studenten des Trinity sind vielen geläufig: Jonathan Swift, Oscar Wilde, Samuel Beckett, … Eine Hauptattraktion auf dem Gelände ist die Old Library. Allein in dem 65 m langen Long Room befinden sich 200.000 Schweinsfolianten … Das bekannteste Buch dieser „Sammlung“ ist das Book of Kells aus dem 8. Jahrhundert, das den Text der vier Evangelien mit Ausschmückungen durch Miniaturen enthält.
Logisch, dass wir nicht nur so einfach an dem College vorbeigingen. Dafür war es viel zu groß … wir schauten es uns genauer an,
verkniffen es uns aber, trotz vieler Vorabempfehlungen das Book of Kells anzuschauen. Die Schlange am Eingang der Bibliothek war zu lang …
Wir verließen das College-Gelände und standen vor dem nächsten repräsentativen Gebäude – vor der Bank of Ireland hinter Eisengittern.
Baubeginn war 1729; zunächst wurde es für eine kurze Zeit als Parlamentssitz genutzt bis die Engländer 1803 in diesem trutzigen Gebäude die irische Nationalbank installierten. Man beachte auf dem Foto, dass keine Fenster vorhanden waren … gab es dort wieder etwas zu holen???
Wer sich in Dublin aufhielt und nicht Molly Malone besuchte, war nicht in Dublin. Auf jeden Fall nicht so richtig … Wir waren in Dublin und zwar richtig:
Molly wurde von den Iren in einem Dubliner Lied als Straßenhändlerin verewigt:
In Dublins fair city
Where the girls are so pretty
I first set my eyes on sweet
Molly Malone
As she wheeled her wheelbarrow
Through streets broad and narrow
Crying “Cockles and Mussels,
alive, alive, oh!”
Die Iren konnten schon immer eins: sich selbst auf den Arm nehmen. So bezeichneten sie Molly mit ihrem Karren: The tart with the cart (reimt sich prima!) – auf gut deutsch: na, sagen wir mal: das Freudenmädchen mit dem Karren …
Lassen wir die Freude außen vor, auch wenn nicht weit vom Denkmal der eine oder andere Pub lockte. So wie „The Bankers“. Zu früh für ein Guinness. Auf jeden Fall für uns. Für andere weniger …
Aber für uns, speziell für unsere Waden, war es erholsam, dass die Hauptsehenswürdigkeiten der irischen Hauptstadt nicht weit voneinander entfernt waren. Sie konnte man ohne Probleme zu Fuß erobern. Und bei der Eroberung erfreuten wir uns immer wieder an den auf unserem Weg liegenden Pubs.
Bis wir auf einmal vor dem Dublin Castle standen.
Die Burg war für die Iren über Jahrhunderte hinweg das Zeichen für die Unterdrückung durch die Engländer. 1204 ordnete König John den Bau zum Zwecke des Schutzes gegen irische Angriffe an. In den Folgejahrhunderten wurde die Burg sukzessive neu gestaltet und vergrößert und diente als Residenz der Repräsentanten der englischen Krone und der Verwaltung. Über Jahrhunderte hinweg wurde ein nicht gerade positiv wirkendes Gemenge verschiedener Baustile geschaffen. Dazu trugen mit Sicherheit auch die Iren ihr Teil bei, die die Burg im August 1922 von den ehemaligen Besetzern übernahmen. Heute sind einige Teile dem Publikum zugänglich. Das Castle dient aber vorrangig für offizielle Anlässe wie z.B. Staatsbesuche.
Farbe hatte Irland auf jeden Fall ins Spiel gebracht … Auch durch kleine Blumenrabatten vor dem einzigen von vier ehemaligen normannischen Türmen,
dem Record Tower aus 1226, und der ehemaligen Royal Chapel im Hintergrund. Diese Kapelle,
die während der Vergangenheit der Church of Ireland zugerechnet worden war, wurde ab 1807 im neugotischen Stil erbaut und diente bis zur Unabhängigkeit Irlands als Hauskapelle des englischen Vertreters der Krone. 1943 wurde die irische Armee Eigentümerin der Kapelle. In diesem Zusammenhang wurde sie der römisch-katholischen Kirche zugeschlagen und in Church of the Most Holy Trinity umbenannt.
Wir hielten uns länger am Rande der Burganlage auf und waren begeistert über die verschiedensten blühenden Pflanzen, die wir eher in südlichen Ländern als in Dublin erwartet hätten.
Nach einer kurzen Pause war es Zeit für die
St. Patrick´s Cathedral, die aus dem Jahre 1191 datiert. Ein normannischer Bischof veranlasste den Bau; 1213 wurde aus der einfachen Kirche die Kathedrale; ab 1370 wurde der Nordturm errichtet und 1872 wurde das Gotteshaus der protestantischen Church of Ireland übertragen. Zwischen 1713 und 1745 war Jonathan Swift, der Gullivers Reisen schrieb, Dekan in dieser Kathedrale. Er und sein große Liebe Esther Johnson fanden hier ihre letzte Ruhestätte. Um das Gotteshaus herum wurde ein großzügiger Park angelegt. Dieser Saint Patrick´s Park wurde u.a. von Edward Cecil Guiness in Auftrag gegeben und 1904 endgültig fertig gestellt. Sein Urzustand ist bis heute i.W. erhalten. An der Begrenzung zur Bride Street findet man kleine Kolonnaden mit Gedenktafeln an irische Berühmtheiten aus Kunst, Wissenschaft und Politik.
Auch in diesem Park gönnten wir uns eine kleine Verschnaufpause. Wir mussten einfach kurz durchatmen und verarbeiten, was wir in den letzten Stunden gesehen hatten. Auch weil noch nicht wenige Programmpunkte vor uns lagen. Wie die in Sichtweite liegende
Christchurch Cathedral, eine der bedeutendsten Kirchen Dublins. Zunächst stand an diesem Fleck eine von einem Wikingerkönig 1038 in Auftrag gegebene Holzkirche. Im Jahre 1172 wurde von den Normannen eine Kirche im romanischen Stil gebaut. Die jetzige Form erhielt die Kathedrale zwischen 1871 und 1878 im Zuge einer gründlichen Renovierung.
Bald geht´s weiter ...
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