4. Oktober 2018 - Auf dem Weg nach Sizilien
Beim Auslaufen geniesse ich den Blick auf das abendliche Neapel.
Ungefähr eine Stunde später passieren wir die Halbinsel von Sorrent und Capri und nehmen Kurs auf Sizilien. Leider ist es da schon komplett dunkel. Ein paar Lichter, mehr nicht.
In dieser Nacht schlägt die Natur wieder mit voller Härte zu.
Ich habe mir mitten in der Nacht den Wecker gestellt um einen Blick auf den daueraktiven Vulkan Stromboli zu werfen. Der Kurs ist günstig, die Lage meiner Balkonkabine auch. Was ich dann gesehen habe war eine atemberaubende Lightshow am Himmel – die aber nicht der Vulkan veranstaltet hat. Wir sind in ein heftiges Gewitter geraten. Das Tief nimmt denselben Weg wie wir, so hält es Stunden an – mit dramatischen Folgen für Süditalien.
Und was macht der Stromboli? Nichts! Offensichtlich hat er soviel Respekt vor dem Unwetter, dass er sich in seinen Krater zurück gezogen und völlig vergessen hat, dass er der „Leuchtturm des Mittelmeeres“ genannt wird.
Das nächste Highlight am frühen Morgen – die Passage der Meerenge von Messina – verschlafe ich. Verpasst habe ich da sicher nichts – außer Dunkelheit und viel Regen.
11 Monate später - Die zweite Chance
Nacht vom 29. auf den 30. August 2019 - Stromboli - die feuerspeiende Insel
Als wir den Hafen von Neapel verlassen beginnt die Dämmerung erst. Die untergehende Sonne taucht die gesamte Szenerie in ein orange-rosa-rotes Licht.
Aber auch in diesem Jahr ist mir ein Blick auf Capri nicht vergönnt. Diesmal aber, weil wir nicht zwischen Sorrent und der Insel Capri fahren, sondern wir passieren Capri mit der Backbordseite.
Nach den vielen Eindrücken des Tages ist es ein entspannter Abend. Auf die Schlager-Poolparty verzichte ich. Morgen muss ich nämlich noch früher auf den Beinen sein. So früh, dass die Kaffeetränke noch nicht aufgebaut ist. Dummerweise bin ich bei der Kapitänsdurchsage noch nicht in der Kabine. So sehr ich auch die Ohren spitze, zu verstehen ist nichts. Das liegt nicht an der Lautstärke der Durchsage, sondern an den Gästen. Es besteht keinerlei Interesse an dem, was der Kapitän zu sagen hat. Und wenn der Kapitän redet, dann redet der Gast eben lauter. Dumm gelaufen.
Woher soll ich jetzt wissen, wann etwa wir Stromboli passieren. Da hilft nur eins. Selbst Kapitän spielen. Ein Blick auf unsere Position und den zurückzulegenden Weg, Ergebnis: Kurz vor drei klingelt der Wecker.
Er tut es auch. Und der Stromboli? Nicht zu sehen! genau genommen ist überhaupt nichts zu sehen. Die Nacht ist pechschwarz, kein Mond, keine Sterne. Vor ca. 1,5 Tage gab es einen heftigen Ausbruch. Es war in etwa zu der Zeit, als ich in der Nähe von Civitavecchia bei der Verkostung auf dem gemütlichen Landgut gesessen habe. Nicht ahnend, was sich gerade in einem anderen Landesteil von Italien abspielte. Ich kontrolliere die Seekarte. Es ist mir genau das passiert, was ahnungslosen Landratten so passiert, wenn sie Kapitän spielen wollen. Ich habe ein Detail, nämlich die Geschwindigkeit nicht bedacht. Die erste Hälfte der Strecke schlichen wir mit 7 bis 8 Knoten Richtung Südwest. Da hätte ich bequem noch eine Stunde schlafen können. Dummheit will betraft sein! Und die Strafe trifft mich hart! Es ist nicht nur eine Stunde Schlafentzug! Es ist auch der Kapitän, der kurz vor erreichen der Vulkaninsel die Geschwindigkeit verdoppelt. Wie soll ich denn da fotografieren? Noch dazu, wenn keinerlei Restlicht und auch kein Kaffee vorhanden ist. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Ich versuche es trotzdem. Jetzt bin ich froh, dass meine Freundin nicht mitgekommen ist. Diese Nachtaktivität hätte ich keinem Kabinenteiler zumuten können. Dann in der Ferne endlich ein kleines rotes Licht. Beim näher kommen wird aus dem kleinen roten Licht ein schmaler hellroter Strich.
Leider ist es eine extrem schlechte Bildqualität. Wir nähern uns der Insel noch ein Stück. Jetzt ist etwas mehr zu erkennen. Der Ausbruch ist heftig genug gewesen, dass der Lavastrom noch immer Richtung Meer fließt. Dabei muss er keine 1000 Meter zurück legen. Im Vergleich zum Vesuv oder Ätna wirkt der Stromboli eher klein. Das täuscht. Vom Meeresgrund aus gesehen kommt er auch auf über 3000 Meter. Sowohl die Rotglut des Kraters als auch der illuminierte Dampf über dem Lavastrom sind inzwischen gut zu erkennen.
Und auch eine weitere kleine Eruption. Es sieht so aus, als wenn man ein Streichholz anzündet. Die Flamme steigt kurz auf und fällt gleich wieder in sich zusammen. Und dieses Schauspiel wiederholt sich kurz danach noch einmal.
Auf der anderen Seite des Berges sieht man die Lichter einer kleinen Ortschaft. Der Anblick wirkt bedrohlich. Im Vordergrund der Ort, im Hintergrund der Berg und eine Farbkomposition der Natur Richtung Himmel. Leider gibt das Bild nicht das reale Szenario wieder.
Die Müdigkeit ist vollkommen verflogen. Nach dieser Vorführung weit draußen auf dem Meer ist an Schlaf nicht mehr zu denken. Heute verpasse ich die Passage der Straße von Messina nicht. Inzwischen ist es auch spät genug um mich mit ein paar süßen Teilchen und vor allem mit Kaffee zu versorgen.
Meine Zeitrechnung passt. Während ich dem Heck des Schiffes einen Besuch abstatte schält sich die Silhouette der Einfahrt in die Straße von Messina aus dem Morgendunst.
Wir haben Gegenverkehr. Die Vision of the Seas zeigt mir den Weg, den wir auch gleich befahren werden.
Der Turm gehört zu Sizilien, die Landmasse im Hintergrund ist Teil von Kalabrien. Wir nähern uns vorsichtig dieser Meerenge, die keine 2 Seemeilen breit ist.
Die Entfernung zum italienischen Festland beträgt 1,2 Seemeilen. Mit der Steuerbordseite passieren wir Sizilien in einem Abstand von nur 0,5 Seemeilen.
Wir haben es geschafft und die Spitze von Sizilien umfahren.
Die nächste Stunde verbringe ich damit, die Küstenfahrt und das Einlaufen von Messina zu genießen.
Im letzten Jahr führte die Fahrt an Messina vorbei. Wir liefen in den Hafen von Catania ein. Es ist die einzige Abweichung zur diesjährigen Route.
Fortsetzung folgt ......
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