30. März 2018 – Tromsø
Bei der Vorbereitung auf unsere Wintertour stießen wir in einem Forum auf eine Anregung: Einige unserer „Vorgänger“ hatten mit der deutschen, inzwischen fest in Norwegen lebenden Edeltraut eine Ganztagesfahrt nach Sommarøy unternommen; diese Tour wurde außerordentlich gut bewertetet. Das war doch etwas für uns! Also buchten wir schnell …
Sommarøy liegt auf der mit Tromsø durch die Sandnessundbrücke verbundenen Insel Kvalyøa. Diese Insel ist stark zerklüftet und durch Kaldfjord und Ersfjord in drei Teile zerstückelt. Wir sollten an diesem Tag viel von der Landschaft kennenlernen … in erster Linie „Ganz in Weiß“.
Vor unserer AIDAcara wartete Edeltraut mit ihrem Kleinbus auf uns. Dieses Mal waren wir ohne Floppys unterwegs, die ihre Kreuzfahrt später als wir gebucht hatten und keine freien Plätze bei Edeltraut erhalten hatten, dafür bei Karina, die eine ähnliche Rundfahrt vorhatte. Edeltraut stellte sich kurz vor und fuhr uns quer durch Tromsøya, die Hauptinsel Tromsøs. Nachdem wir über die Sandnessundbrücke gefahren waren, wurde es dunkler. Keine Angst, kein Unwetter. Nur Schnee – aber davon kam jede Menge von oben. Als wir nach kurzer Zeit einen der Vororte Tromsøs, Kvaløsletta, erreichten, konnten wir ein Foto aus dem Autofenster wagen.
Das sollte ein Tag werden! Die Straßen waren überwiegend weiß. Weißer Asphalt? Nee … Und der Schnee fiel weiter mit aller Macht. Links und rechts sahen wir so gut wie nichts. Erst als wir in Kaldfjord am Ende des gleichnamigen Fjords unsere erste Pause machten, erkannten wir nicht nur Konturen. Der Schneefall hatte etwas nachgelassen … Kaldfjord ist mit weniger als 1.000 Einwohnern ein Miniort. Er war ziemlich schnell zu erkunden. Einige Häuser im Skandinavienlook – also blutrot (soweit man es erkennen konnte …). Eine Bucht mit Sandstrand? Ein Schiffsanleger mit unschuldig weißen Booten. Schneeberge. Gerade noch zu erkennen waren die Ergebnisse eines großen Norwegerhobbys. Stockfische oder Fisch, die einmal stocksteif werden sollten. Eine gute Leidenschaft. Einmal aufhängen und dann baumeln lassen … Immer an der kalten, frischen Nordlandluft …
Nach einigen Minuten Stapfen durch den inzwischen recht hohen Schnee machten wir uns wieder auf. Die Straße führte nach einigen Kilometern entlang des Kalfjords quer über die Insel. Wie wir später erfuhren, fürchtete man, dass die von uns genommene Strecke von Lawinen belästigt werden konnte. Vorab – wir kamen durch. Ohne größere Schneeprobleme. Auch wenn hier im Inselinneren die Straße schneeweiß war. Wir machten irgendwo in der Schneewüste eine kurze Pause.
Alles weiß – wir konnten uns vorstellen, dass in den vergangenen Wochen noch viel mehr Schnee zu verzeichnen war. Edeltraut und wir konnten den Straßenverlauf sehr gut erkennen. Bei starkem Schneefall halfen die roten Begrenzungsstangen. Wir benötigten sie nicht und verließen nach einiger Zeit das langgestreckte, lawinengefährdete Tal. Der Sørfjorden lag vor uns und er begleitete uns eine Zeitlang. In der Nähe der Häuseransammlung beim Gehöft Kroken vertraten wir uns nochmals die Beine.
Schon wieder Einsamkeit pur. Wenige Häuser, eine Bootsanlegestelle. Auf der anderen Seite der Bucht fast greifbar die nächste Häuseransammlung. Ferienhäuser oder ganzjährig bewohnte Anwesen? Wir konnten es nicht erkennen und wissen es auch nicht. Egal, das, was wir rechts von uns sahen, war für uns Flachländer nicht alltäglich. Wir folgten weiter dem Sørfjorden und erreichten die nächste Häuseransammlung. Hinter Andersvika verließ Edeltraut die Hauptstraße und hielt inmitten einer Ansiedlung. Hier war so gut wie nichts los. Einige Kinder fuhren auf Schlitten die Hügel hinab; deren Schnee schaufelnde Eltern waren die einzigen Erwachsenen, die wir sahen. Wir, die Busbesatzung von neun Personen, sorgten für Übervölkerung. Aber die Gegend … der Strand, der sich von der Schneelandschaft abgrenzte …
Kein gewöhnlicher Sandstrand – lauter von Wasserkräften klein gemahlene Korallen … Nicht nur hier herrschte eine herrliche Ruhe – wie mag es im Sommer sein? Wir spazierten auf dem Korallenstrand. Aber leider nicht lange, wie es einige von uns bestimmt gerne gesehen hätten. Wir mussten zurück und sahen wieder den Reichtum des Nordens, die in dieser Gegend unvermeidlichen Stockfische. Auch in diesem Fall bestimmt nur für den Hausgebrauch.
Weiterfahrt – wieder ganz nah am Wasser. Das Wetter hätte besser sein können, aber immerhin schneite es nicht, so dass wir alles um uns herum sehen und die Landschaft genießen konnten. Es kam der nächste, sehr kurze Fotostopp. Eine Brücke lag vor uns –
die Brücke, die die Insel Kvalyøa mit unserem Hauptziel, die Insel Hillesøya mit dem Dorf Sommarøy verband. Bevor wir weiterfuhren, gönnten wir uns einen Blick zurück:
Nicht schlecht, die Straße … Schnee, Eis und eng …
Am Hafen setzte Edeltraut den Kleinbus zurück, um einfacher den Parkplatz zu erreichen. Hätte sie es besser nicht getan … Der Kleinbus fuhr sich im Weg fest! Da half nur Unterstützung durch Muskelkraft: Schieben und Schaufeln … Es gelang – Edeltraut fuhr den Wagen in Parkposition und wir machten die ersten Fotos von Sommarøy. Der Hafen – ein einziges Idyll!
Aber über dem Nordmeer sah es nicht sehr friedvoll aus – es braute sich etwas zusammen … auch über dem Inselinneren zeigten sich mehr dicke Wolken als der von uns bevorzugte blaue Himmel … Edeltraut wies uns kurz ein und empfahl einen Spaziergang entlang des Strandes zum Arctic Hotel. Logisch, dass wir uns sofort auf den Weg machten und durch den hohen Schnee stiefelten.
Wie bei Andersvika bestand der Strand aus fein gemahlenen Muscheln und Korallen.
Am Ende des Strandes saßen echte Wikingernachfahren. Wintergrillen stand auf dem Programm! Ein Hobby, dass für wahre Norweger keine Ausnahme ist!
Hunger hatten die Großen und auch die Kleinen, nachdem sie extra für uns Schneemann und -hund erschaffen hatten. Schön, aber auch uns trieb der Hunger. Und zwar Richtung Hotel. Wir kämpften uns durch den Schnee und schauten immer wieder zwischen den Hütten auf die andere Seite der kleinen Bucht.
Auch in diesem Dörfchen wurden viele Häuser im traditionellen Rotbraun gestrichen.
So, die Besatzung von Edeltrauts Kleinbus setzte sich im Hotel an einen langen, für uns reservierten Tisch. Zur Auswahl standen u.a. Tagliatelle mit Lachssoße oder auch Fischsuppe. Marco und ich stürzten uns auf die Fischsuppe – Selbstbedienung mit Nachschlagmöglichkeit. Sie schmeckte so vorzüglich, dass wir mehrere Male zum im Vorraum stehenden Suppentopf gehen mussten … Zum Abschluss gab es einen heißen, starken Kaffee. Warum schmeckte uns alles so gut? Lag es an der geschmacksvollen Zubereitung oder auch an der Aussicht?
Satt waren wir und mussten wir zurück Richtung Tromsø. Oder positiver formuliert: Unsere Rundfahrt wurde fortgesetzt. Zunächst nicht sehr weit – wir hielten hinter Sommarøy und erhielten die Gelegenheit, einen glücklicherweise nicht zu hohen Hügel zu erklimmen. Alle, die diese Gelegenheit wahrnahmen, schafften es, ohne in den Schnee zu beißen. Und es lohnte sich – die Aussicht war einfach traumhaft …
Nicht nur die Gegend war für uns mehr als anziehend.
Auch die Wetterentwicklung.
Wir hatten alles. Sonne, Bewölkung und die Vorbereitung auf den nächsten Schnee. Er kam – und zwar mit aller Gewalt! Also schnell hinein in den Kleinbus und Edeltraut fuhr uns nicht zu schnell zu unserem nächsten Zwischenziel. Aber nicht ohne einen nicht eingeplanten Aufenthalt, denn auf einmal sahen wir auf Steuerbordseite ein Gewimmel – ein Gewimmel am Berg.
Auch wenn es noch immer leicht schneite – wir mussten die Rentierherde bewundern. Die lieben Tiere – allerdings ohne rote Nasen – warum? - waren so freundlich, in der Nähe eines Parkplatz zu grasen.
Grasen? Na ja, mit ihren Hufen schoben sie den Schnee so lange beiseite bis sie auf für sie nahrhafte Flechten und Moose trafen. Fast alle suchten ihr Futter – nur einer hielt Wacht. Der mit nur einem Geweih. Nicht, dass dieses Ren sein zweites Geweih beim Kampf mit einem Konkurrenten verloren hatte – nein, diese Tiere werfen beide Geweihe nicht gleichzeitig ab, so dass sie wie unser Prachtexemplar nur eingeweihig rumlaufen können.
Schon wieder ein tolles Erlebnis – wir mussten allerdings weiter und erreichten nach einiger Zeit das versprochene Zwischenziel.
Hinter Straumsbukta hielten wir vor dem alten, sehr liebevoll renovierten Schulhaus, in dem die Profil Glassdesign AS ihr Atelier, den Verkaufsraum und nebenbei ein Café unterhielt. Schon die Firmierung sagte alles über das Metier aus: künstlerische Beschäftigung mit Glas. Eine umfangreiche Ausstellung zeigte, wie vor allen Dingen die Farben der Nordlichter im Schmuck berücksichtigt wurden. So z.B. bei geschmackvollen Kettenanhängern und auch bei Schalen, die vermutlich nicht für den täglichen Gebrauch gedacht sind. Auch die lustigen schafigen Schafe konnten mitgenommen werden (Vorab: Wir kauften nichts!). Der Wandschmuck war ansprechend gestaltet – Relikte aus der Vergangenheit und natürliche Werkstoffe wurden überzeugend verwendet.
Gut, dass wir uns länger im Café aufhalten konnten. Es gab vafler mit Schmand, Marmelade und Braunkäse … es schmeckte nach mehr … viel mehr …
Vor dem Starten des Kleinbusses genossen wir noch einmal die frische Luft. Und den Schnee von oben und unten. Marco und ich zeigten den anderen, wie man mit dem Stehschlitten umgehen konnte. Na ja, so richtig wollte er nicht gleiten. Das lag aber weniger an den den Schlitten fulminant beherrschenden Fahrern als am bremsenden „Tiefschnee“ …
Nun aber hinein in den guten Wagen. So richtig schnell fuhr Edeltraut nicht, denn der Schneefall wurde immer stärker. Trotzdem hatte sie Zeit für eine weitere Überraschung, denn nachdem sie von uns gehört hatte, dass wir noch nie Elche in natura gesehen hatten, schlug sie einen kleinen Abstecher in eine Gegend vor, in der sich normalerweise Elche aufhielten. Niemand von uns widersprach und so fuhr sie abseits der Hauptverkehrsstraße fast im Schritttempo und hielt nach den Kolossen Ausschau. Und was erblickten wir? Rentiere, die im Schnee ein Nickerchen machten. Keine Elche … Am Ende der Sackgasse wendete Edeltraut den Wagen und sie spähte während der Rückfahrt weiter nach den Tieren. Und sie erblickte sie – allerdings weiter weg von der Straße in einem Wäldchen …
So, das nächste Erfolgserlebnis war abgehakt und wir fuhren mehr als zufrieden Richtung Hafen von Tromsø. Vor unserer AIDAcara verabschiedeten wir uns von Edeltraut und eilten im Schneetreiben zum Schiff.
Die Auswirkungen zeigten sich auch auf der AIDAcara. Ein verschneites Kreuzfahrtschiff …
Wir gingen ins Warme – Richtung Restaurant. Am Eingang wurden wir von Alwine, Itzi, Dodo und Achwasachwas freundlich begrüßt. Sie wiesen den Weg zum Karfreitagsdiner. Während der Speisung der ca. 1.300 Passagiere versuchte die AIDAcara, sich vom Tromsøer Kai zu entfernen. So richtig einfach war es nicht – ein Schlepper musste helfen. Mit vereinter Kraft schaffte es unser Schiff und bewegte sich Richtung kälterer und noch schneereicherer Gefilde. Nach dem Abendessen machten wir wie immer einen Spaziergang. Dieses Mal war es der Winterbummel auf Deck 11. Dort bekamen wir im Dunklen eine Andeutung des Nordlichts mit. Also nix wie runter zu Kamera und Stativ. Als wir beides auf Deck 6 aufgebaut hatten, schloss sich die kleine Wolkenlücke und es verschwand – und was kam? Starker Schneefall … eine Anregung, uns in einigermaßen geschützte Räumlichkeiten zurückzuziehen, in denen Heißgetränke bereit standen. Glühwein … die optimale Vorbereitung auf unsere Kojen …
Kommentare 11