
...“Neapel sehen und sterben“ soll Johann Wolfgang von Goethe 1787 aus Begeisterung über die Stadt gesagt haben. Ich bin gespannt, habe ich über Neapel doch sehr geteilte Meinungen gehört. Von „wunderschön“ bis „dreckiges Loch“ war da mehr oder weniger alles dabei!
Ich war noch nie in Neapel, ebenso wenig meine Mitreisenden, und so haben wir uns nach einigen Überlegungen, Capri, das Vesuv oder auch eine Mietwagentour entlang der Amalfiküste standen im Raum, dafür entschieden, bei unserem ersten Anlauf in Neapel auch der Stadt an sich eine Chance zu geben und nicht direkt ins Umland zu flüchten...
Der Vater meiner Freundin hat sich mittlerweile auch der Fraktion der Frühaufsteher angeschlossen und so können wir bei einem heißen Kaffee, der gerne zwei drei Löffel mehr Kaffeepulver sehen dürfte, auf der Steuerbordseite einen ersten Blick auf den Vesuv erhaschen. Auch wenn wir den Tag über wieder gutes, warmes und sonniges Wetter haben werden, soll es der einzige Moment sein, an dem der Krater des Vesuv heute nicht wolkenverhangen ist.
Man merkt die 422 Kilometer, welche wir über Nacht in Richtung Osten gefahren sind, daran, dass die Sonne heute Morgen rund 20 Minuten früher aufgeht und es bei unserer morgendlichen Fahrt schon deutlich heller ist, als zur gleichen Zeit gestern Morgen in Olbia.
Während wir uns beim Frühstück auf der Terrasse des Bella Donna Restaurants für den Tag stärken, manövriert Kapitän Ziegler AIDAstella durch die Hafeneinfahrt vorbei am Containerterminal, wendet um 180 Grad und „parkt“ AIDAstella mit dem Heck in Richtung der Stadt ganz sanft am Kreuzfahrtterminal ein. Im Hafen wartet bereits die 1980 bei der HDW-Werft in Kiel gebaute MS Berlin, die aktuell für den Reiseveranstalter FTI Cruises unterwegs ist, auf uns und rußt fröhlich in den morgendlichen Himmel. Das 139 Meter lange Schiff dürfte einigen der reiferen Kreuzfahrer noch als ZDF-Traumschiff zwischen 1986 und 1998 in Erinnerung sein...
Wir werden heute von 08 bis 19:00 Uhr in Neapel liegen.
Die Lage des Kreuzfahrtterminals, ein riesiger Betonklotz, der eher wie ein Bahnhof oder ähnliches anmutet, ist wirklich ideal, die Innenstadt ist fußläufig ohne Probleme zu erreichen, wer die Inseln Capri oder Ischia besuchen möchte findet die Fähranleger in unmittelbarer Nähe.
Wir verlassen AIDAstella gegen 08:45 Uhr und machen uns auf den Weg, die Stadt zu Fuß und „auf eigene Faust“ zu erkunden.
Der dem Kreuzfahrterminal unmittelbar gegenüberliegende Piazza Municipio präsentiert sich aktuell (Stand September 2019) als eine große Baustelle, da die U-Bahn-Linie 6 bis dorthin verlängert werden soll. Allerdings hat man neben diversen antiken Fundamenten während der Bauarbeiten wohl auch antike Schiffe der römischen Kaiserzeit freigelegt, sodass die Bauarbeiten wohl deutlich länger dauern werden... Unüblich ist dies in Italien aber nicht, während bei Bauarbeiten in Norddeutschland wiederkehrend Blindgänger aus dem zweiten Weltkrieg entdeckt werden, sind in Italien wohl antike Fundstellen ein Graus für den jeweiligen Bauherren...
Wir passieren das Castel Nuovo, eine Burg, mit deren Bau bereits 1271 begonnen wurde, und folgen der Via San Carlo bis zur Galleria Umberto I, die wir über den östlichen Eingang betreten. Die über hundert Jahre alte Einkaufspassage, welche aus zwei sich kreuzenden Armen besteht, ist mit einer riesigen Glaskuppel überdacht. Der Eindruck, der sich einem dort bietet, ist schon gigantisch, die Ingenieurskunst ist beeindruckend.
Unser frühes Eintreffen hat den Vor- oder Nachteil, je nachdem ob man den weiblichen oder männlichen Teil der Reisegruppe fragt, dass die meisten Geschäfte noch geschlossen haben Um die Architektur zu genießen und in Ruhe ein paar Fotos zu machen, ist es jedoch perfekt. Immerhin hat der ansässige amerikanische Fastfood-Riese mit dem gelben M schon geöffnet und stellt sein stilles Örtchen zur kostenfreien Verfügung...
(Gerne hätte ich an dieser Stelle Bilder der Galeria eingefügt, leider scheinen alle Bilder für die Forensoftware "zu groß" zu sein, das tut mir Leid!)
Wir verlassen die Galeria Umberto I und finden uns auf der Via Toledo, einer der wichtigsten Einkaufsstraßen Neapels, wieder.
Wir biegen rechts ab und schlendern die Straße entlang, die von vielen Italienischen und internationalen Modemarken aber auch unglaublich vielen kleinen Bäckereien, Konditoreien und Bars gesäumt ist. Auf der linken Seite gehen immer wieder schnurgerade kleine Gassen ab, in denen man sich aus den Fenstern der gegenüberliegenden Häuser beinahe die Hand geben kann. Gesäumt sind die Gassen von einer Vielzahl an Restaurants und Bars.
Bisher macht Neapel einen richtig schönen mediterranen Eindruck, sicherlich sind einige der alten und zum Teil schon historischen Gebäude ein wenig baufällig, dennoch ist die Stadt bisher sehr sauber und ordentlich.
Auf höhe der Basilica dello Spirito Santo verlassen wir die Via Toledo und biegen rechts in eine kleine Gasse ab und kommen direkt auf den Obelisque de I‘Immacolata auf der Piazza Gesu Nuovo zu.
Dort befindet sich auch die Kirche Gesu Nuovo, welche mit Ihrer aus dunklen Diamantquadern bestehenden Außenwand nicht direkt als Kirche zu erkennen ist. Der Innenraum ist jedoch sehr sehenswert.
Die gegenüberliegende Kirche Santa Chiara schauen wir uns ebenfalls kurz an, ehe wir weiter durch die kleinen Gassen schlendern.
Unser nächstes Ziel ist die Via San Gregorio Armeno, auch bekannt als „Krippengasse“. Dort haben die weltberühmten neapolitanischen Krippenbauer Ihren Sitz, und neben klassischen kirchlichen Darstellungen findet man beeindruckend in Handarbeit hergestellte Landschaftsszenerien und Abbildungen berühmter Persönlichkeiten, von Angela Merkel bis zu Bastian Schweinsteiger. Am faszinierendsten war jedoch einer der Krippenbauer, der mit einem kleinen Pinsel und großer Sorgfalt seine ausgestellten Figuren abstaubte während sein Papagei völlig unbeeindruckt vom Treiben drumherum ohne Fußbändchen oder ähnlichem auf seiner Schulter saß und den älteren Herren begleitete...
Wir schlendern weiter durch die kleinen Gassen der Altstadt. Die Gassen sind wirklich niedlich und es macht Spaß, Neapel zu Fuß zu entdecken, allerdings muss man eingestehen, dass, seitdem wir die Hauptstraße Via Toledo verlassen haben, die Menge an Dreck und Müll auf dem Fußboden enorm zugenommen hat. Es liegen keine Müllberge mehr in den Gassen, wie es wohl zu den ganz schlimmen Zeiten der Fall war. Trotzdem muss man fairerweise sagen, dass andere mediterrane Großstädte wie Rom, Barcelona oder auch Palma de Mallorca das mit der Sauberkeit besser im Griff haben... Auch einige Gebäude sind mehr als sanierungsbedürftig. Trotzdem kann ich nicht abstreiten, dass Neapel einen Charme hat, der mir persönlich gut gefällt!
Für die Eltern meiner Freundin, die im mediterranen Raum bisher nur für ein paar Tage im vergangenen Jahr auf Mallorca waren und gestern Olbia kennengelernt haben, ist es aber schon ein kleiner Kulturschock...
Bei der Metro-Station „Dante“ angekommen kaufe ich für 1,10€ p.P. vier Fahrkarten und wir fahren mit der L1 zur Metro-Station Vanvitelli. Von dort laufen wir in Richtung des Castel Sant‘Elmo. Auf dem Stadtberg Vomero gelegen ist die 1343 festgestellte Burg eines der weithin sichtbaren Wahrzeichen der Stadt und kann mit einem unvergleichlichen Panoramablick aufwarten.
Wir zahlen 5,00 Euro Eintritt p. P., um über die alte Zugbrücke und die Gänge der Burg bis auf das Dach zu gelangen. Hier oben gibt es einen Umlauf, entlang dessen man die komplette Burg umrunden und einen unglaublichen 360-Grad-Blick über die Stadt genießen kann. Auch unser schwimmendes „Zuhause“ ist weit unter uns zu erkennen...
Inwieweit man die Burg mit der dazugehörigen Anlage für den gezahlten Eintritt noch besichtigen kann, kann ich nicht sagen, wir haben uns mit dem grandiosen Ausblick zufrieden gegeben, aber alleine für diesen Blick kann man die 5 Euro getrost ausgeben!
Wir beschließen den Rückweg in die Innenstadt zu Fuß anzutreten, um noch ein wenig mehr von der Stadt zu sehen.
Vom unterhalb der Burgmauern gelegen Aussichtspunkt Belvedere San Martino aus führt eine lange verschlungene Treppe ein gutes Stück hinab. Es scheint jedoch eine Art Volkssport zu sein, von dem Aussichtspunkt Glasflaschen auf die darunter liegenden Treppen zu schmeißen, ein solches Scherbenmeer habe ich noch nicht gesehen. Man muss in seinen Flip-Flops und Sandalen wirklich aufpassen, wo man hintritt. Schön geht leider anders, doch nach ein paar Metern und ein Stück weiter unten wird der Weg besser. Die Treppen enden an der Straße Corso Vittorio Emanuele, der wir dann folgen. Über eine der kleinen Gassen, die wir am morgen gesehen haben, gelangen wir schließlich wieder auf die Via Toledo.
Für ein Leben in diesen Gassen muss man jedoch gemacht sein. Auf Grund der engen Straßen und hohen Hauswände gelangt kaum Sonnenlicht in die Gassen, dementsprechend dunkel sind auch die Wohnungen und Hauseingänge, die man von außen erkennen kann... Während dem Deutschen sein Auto in der Regel heilig ist, findet man in Neapel übrigens kaum ein Gefährt, welches nicht an mindestens einer Stelle ordentlich zerkratzt ist oder eine tiefe Delle davongetragen hat Ein Auto scheint hier wirklich nur für die ordinäre Aufgabe der Fortbewegung und nicht also Statussymbol zu dienen.
In der Bar L.U.I.S.E gönnen wir uns eine wirklich leckere Pizza Margarita, die ja angeblich in Neapel erfunden wurde, und ein kühles italienisches Bier, ehe wir noch einmal zur Kirche Santa Chiara gehen. Meine Freundin hat am Morgen bei einem Straßenkünstler einen Armreif gesehen, der Ihr nicht aus dem Kopf ging und nun als Andenken mitgenommen werden soll.
Von dort aus machen wir uns auf den Weg zurück zu AIDAstella.
Es ist früher Nachmittag, als wir uns auf dem Sonnendeck eine Liege suchen, uns im Pool abkühlen und ein kühles Schöfferhofer Weizen von der Pool Bar genießen.
Im Hinblick auf Neapel sind wir geteilter Meinung. Die Stadt ist, wie gesagt, schon dreckiger als andere Städte. An gefühlt jeder Ecke stehen alte Gebäude, es gibt unzählige kleine Kirche, Kapellen und Gassen. Auf der einen Seite hat Neapel dadurch einen wirklich historischen Charme, auf der anderen Seite wirkt es an vielen Ecken und Enden einfach nur baufällig.
Trotzdem hat Neapel mir persönlich gut gefallen, während die Eltern meiner Freundin die Stadt zwar schon schön fanden, es denen persönlich aber vielfach wirklich zu dreckig bzw. heruntergekommen wirkte.
Für einen erneuten Anlauf in Neapel haben wir uns auf jeden Fall einen Besuch der Insel Capri vorgenommen
Wir verbringen noch einige Stunden auf dem Sonnendeck, ehe wir uns für das Abendessen fertig machen und zum Abendessen wieder einmal auf der Terrasse des Bella Donna Restaurants Platz nehmen. Thema des Abends: Südtirol.
Während wir mit dem Abendessen beginnen macht sich die MS Berlin nach einem gewöhnungsbedürftigen Auslaufmanöver, es sah aus wie Ausparken in 27 Zügen, vor uns auf den Weg.
Von der Bar-Aktion in der Anytime Bar holen wir uns zum Auslaufen einen „Capri Sprizz“, um auf einen weiteren schönen Urlaubstag anzustoßen. Zu uns an den Tisch haben sich zwei ältere Ehepaare gesellt und es entwickelt sich ein entspanntes Gespräch.
Pünktlich um 19:00 Uhr lässt Kapitän Ziegler die Leinen lösen und wir machen uns auf den Weg nach Civitavecchia. Von der Terrasse aus haben wir während des Abendessens einen tollen letzten Blick auf Neapel!
Gegen 20 Uhr passieren wir auf der Backbordseite Capri, während auf der Steuerbordseite die beleuchtete Insel Ischia zu sehen ist.
Da das Wetter erneut richtig gut ist, findet um 21:15 die „Ich find´ Schlager toll!“ -Poolparty mit DJ Tony Tornado, inklusive Performance des Schlagers „Samstag Nacht“ von Howard Carpendale durch unseren Entertainment-Manager Niels, statt. Während Dominik Meisterfeld 2018 auf AIDAblu noch Playback gesungen hat, traut sich Niels den Song live zu und macht seine Sache gar nicht schlecht...
Für Gäste mit ausgeprägter Schlager-Allergie spielt zeitgleich der Gitarrist in der AIDA Bar, DJ Eric legt in der Anytime Bar alles außer Schlager auf und im Brauhaus kann man einfach nur „In Ruhe ein Bier trinken“.
Wir lassen den Abend auf dem Pooldeck ausklingen, gemeinsam mit einer Sängerin der AIDAstars legt Niels noch einen weiteren Live-Auftritt hin, und gehen gegen 23 Uhr dann doch auf die Kabine....
Morgen früh wollen wir von Civitavecchia aus mit einem frühen Zug nach Rom fahren, und ein paar Stunden Schlaf schaden da sicher nicht.