14. November, auf dem Weg nach Marseille – bewölkt 19 Grad
Ein Seetag ist ein Tag, an dem man viel oder so gut wie nichts macht. Man verpasst ja eigentlich nichts. Mein Mann wählt die Option 1 und geht schon vor dem Frühstück in den Fitnessbereich, während ich mich der Option 2 widme, mich im Bett noch einmal umdrehe und mich dann gemütlich für das Frühstück zurecht mache. Ein Blick von Deck 5 nach draußen sagt, das Wetter ist ganz ordentlich für November. Etwas Wind, aber kein Regen – da können wir uns nachher draußen hinsetzen.
Um 15 Uhr meldet sich Frau Kapitän Langosch mit der Durchsage. Der Lotse wird um 15.30 Uhr an Bord kommen, die Küste ist ja schon zu erkennen. Sie gibt den Hinweis, dass die Kathedrale Notre Dame de la Garde im Dunst sichtbar ist. Ich nehme gleich mal meine Kamera zur Hand und suche den Horizont ab und finde das riesiege Bauwerk.
Auch, dass ein Shuttle vom Schiff zum Alten Hafen fährt (Anmerkung von mir: Ticket wurde auf die Kabine geliefert und erst bei Benutzung berechnet. Kostet für einen Tag 9,99 und für zwei Tage 16,99 Euro). Sie informiert, dass es zwischen 18 und 21 Uhr einen Gedenkmarsch in der Stadt zum Gedenken der Opfer geben wird, die beim Einsturz von 2 Häusern vor ein paar Tagen ums Leben kamen. Dann hören wir die nautischen Daten; einen halben Meter hohe Wellen (für uns der wahre Ententeich), das Wasser hat eine Temperatur von 20 und die Luft 19 Grad. Also der Wassertemperatur würde ich schon baden, denn an der französischen Atlantikküste habe kühles Meerwasser zu genüge kennengelernt.
Auch zu den Flaggen, die gehisst und eingezogen werden, hat sie viel zu berichten. Hängen geblieben ist, dass die Lotsenflagge gelb ist. Auf Deck 6 befindet sich am Bug eine Europaflagge. Da kann sie von der Brücke aus gut sehen, woher der Wind weht. Eine Flagge heißt Papa und ist weiß/blau – sie ist die Bunkerflagge und Bravo heißt die Flagge für Treibstoffaufnahme. So, nun habe ich was dazu gelernt: ohne Papa und Bravo läuft nichts an Bord!
Ich hole mir was zu trinken und schau mit meinem Mann auf das näher kommende Ufer. Da fällt uns ein, dass wir die Straße entlang der Küste schon zweimal mit unserem alten Wohnmobil abgeklappert haben. Über St. Tropez, Toulon, Bandol haben wir Marseille durchquert und fuhren weiter über Montpellier, Sete bis Narbonne. Ja, wir sind echte Frankreichliebhaber seit langer Zeit und fühlen uns wohl in dem Land. Die Sicht auf die riesige Bucht des Golfe du Lion ist einzigartig.
Heute auch, es tauchen Berge auf, die Marseille von allen Seiten her umrahmen. Die Bahn fährt oberhalb der Küste auf einer erhöhten Trasse in Richtung Port-du-Bouc. Viele Tunnel sind auf der Strecke zu durchfahren.
Die kleinen Inseln vor der Stadt sind in unser Sichtfeld gerückt. Vom Land her kommt das Lotsenboot angerauscht und bald werden wir in Marseille anlegen.
Ich habe eine Weile mit meinen französisch Kenntnissen gebraucht, um auch Ortsnamen halbwegs gut auszusprechen. Also Marseille wird nicht wie Mar seile ausgesprochen, sondern Mar sej. Aber wenn die Leute einen Dialekt sprechen, hört man auch schon mal „Mar sej je“.
Die Häuser in den Bergen hängen wie Vogelnester in den Felswänden. Die Sicht auf's Meer muss bestimmt schöne sein.
Die Einfahrt zum Liegeplatz präsentiert sich im Sonnenschein.
Upps, nun ist es doch ein wenig viel Geschichte geworden – das liegt sicher daran, dass ich Frankreich so mag. Eigentlich hatten wir vor, morgen unsere Freundin aus Montpellier zu treffen, um mit ihr Marseille zu erkunden. Leider hat ihr Dienstplan dieses Vorhaben verhagelt. Sie war ebenso traurig wie wir, dass es mit dem Treffen nicht klappt. So wird es im Sommer ein Wiedersehen am Atlantik geben.
Ach du meine Güte, wo kommt dieser Piepmatz her?
Wir essen heute im Markt-Restaurant. Themenabend Frankreich! Leckere feine Pasteten vorweg, ein Stück knackiges Baguette und ich bin zufrieden. Bon appétit.
Im Theatrium vor der Tanz- und Artistenshow „Augenblicke“ scheint etwas Ratslosigkeit zu herrschen. Weiße Würfel werden über den Bühnenboden geschoben, aber so richtig scheinen sie nicht zu gleiten.
Crewmitglieder kommen und ölen den Boden ein, aber es bringt nicht viel und so fällt die Show heute aus. Aber man ist ja flexibel und kurzerhand kommt der Pianist Andrija auf die Bühne und mit ihm die Sängerinnen und Sänger und die Unterhaltung des Abends ist gerettet.
„Gehen wir noch eine Runde?“ frage ich meinen Mann. Na klar, ist seine Antwort. Jacke an und wir schauen auf das Lichtermeer von Marseille, trinken noch einen kleinen Absacker an der Pool-Bar, schauen in die Anytime rein. Schwarz/Weiß ... auch die Band ist entsprechend gekleidet.
Und morgen früh machen wir einen Ausflug, ich freue mich schon auf diese wunderschöne Stadt. A demain!