Wie zweigeteilt empfindet man das Wetter in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt an diesem Tag. Während sich die dunkelgrauen, bedrohlich wirkenden Wolken über den weißen Schiffen so langsam zurückzuziehen,
... breitet sich über dem Bahnhof schon wieder eine große blaue Lücke aus, während der kleine Schlepper "Falckenstein" eine große Menge Menschen ausspuckt und die "Strande" wiederum ebenso viele aufnimmt. Die Fördedampfer sind hier nicht nur für Touristen eine gute Gelegenheit, um auf gemütliche Art Kiels Wasserarm bis zum Meer erleben und genießen zu können; sie dienen auch als Nahverkehrsmittel für die Einheimischen.
Von meiner Position aus habe ich einen super Blick auf AIDAauras Frontpartie. Es ist kurz vor 12 Uhr, die Gäste der vergangenen Tour werden sicher mittlerweile nahezu alle von Bord und die kleine Aura für den Ansturm neuer erlebnishungriger Reisender bereit sein.
So schön der Anblick ist, so unwohler fühle ich mich mittlerweile in meiner noch immer vom Regenguss klatschnassen Jeans. Einerseits möchte ich keine Erkältung riskieren, andererseits macht Sightseeing in "Wet Jeans" einfach keinen Spaß. Da sich mein Hotel und in ihm mein Koffer mit trockener Wäsche ja in unmittelbarer Nähe befindet, reiße ich mich vom Aura-Anblick los. Auf zum Hotel. Die Wolkenformationen über dem Schweden-Kai sind einfach faszinierend. So werde ich nach dem Klamottenwechsel so schnell wie möglich wieder losziehen, um weitere tolle Fotos zu schießen und die Atmosphäre an der "Waterkant" zu genießen.
Zurück im Hotel ist mein Zimmer, wie zu erwarten war, noch nicht bezugsfertig. Ich schildere mein Problem mit dem Regenguss und dass ich mich gerade wie ein begossener Pudel fühle - ein begossener Pudel mit "Eisbeinen", denn ich kühle nunmehr langsam aus. Eine nette Mitarbeiterin lässt mich kurz in den Abstellraum, in dem mein Koffer auf mich wartet und ich ziehe mich schnell um. Die nasse Jeans stecke ich in eine Plastiktüte. Ich werde sie nachher im Bad meines Zimmers trocknen.
Die Sonne scheint durch Wolkenlücken, als ich mich wieder auf den Weg mache. Der kleine Hunger meldet sich, denn es geht auf 12:30 Uhr. Mein AIDA-Frühstück war zwar vielfältig, doch es liegt ja nun auch schon wieder ein paar Stunden zurück. So kommt mir eine kleine Imbissbude an der Bahnhofsbrücke gerade recht für meinen nach einem kleinen Happen verlangenden Magen. Nein, dieses Mal kein Fischbrötchen. Im Moment steht mir der Sinn nach einer Rostbratwurst.
Frisch gestärkt ziehe ich los in Richtung Schwedenkai und zu den großen Pötten, deren Nähe ich am Meer immer wieder suche. Schon am Bollhörnkai komme ich einmal mehr voll auf meine Kosten:
"Stena Scandinavica" schickt sich an, sich für ihre nächste Reise ins schwedische Göteborg zu rüsten.
So bummele ich immer weiter die Kaistraße entlang in Richtung der beiden Kussmundschiffe. Wer sich hier zwischen Bahnhof und Ostseekai zu Fuß auf den Weg zu seinem persönlichen Traumschiff machen möchte, der kann sich überhaupt nicht verlaufen. Eine unübersehbare blaue Linie weist Mensch und Rollkoffer garantiert den richtigen Weg. Unterbrochen wird diese blaue Linie - ich nenne es mal "Das blaue Band von Kiel" - immer wieder von Entfernungsangaben, um zu zeigen, wie lang das Stück Weg noch ist, das der "Wandersmann" (oder die "Wandersfrau" - wegen der Gleichberechtigung) noch zurücklegen muss.
Das in Rautenform errichtete Gebäude des Schwedenkais thront majestätisch über LKW´s, Kränen, Brücken und großen Schiffen direkt an der Kaistraße. Allein der Name erweckt bei mir gleich wieder so ein unbändiges Sehnsuchtsgefühl nach der großen weiten Welt, auch wenn diese "Welt" nur auf der anderen Seite der Ostsee liegt …
Nach einer Weile erreiche ich den nach dem schleswig-holsteinischen Schiffsreeder August Anton Heinrich Sartori benannten Sartorikai, hinter dessen Zaun und somit für mich unerreichbar das kleine Kussmündchen AIDAaura für seine nächste Reise beladen wird. Großbritannien und Irland erwarten die Gäste. Wie gern würde ich mit ihnen tauschen.
Etwas weiter und direkt im Herzen der Kieler Innenstadt befindet sich das Gelände des "Bootshafens".
Gleich drei Besonderheiten nennt dieses im Sommer gern für Open Air-Veranstaltungen genutzte Areal sein Eigen. Da sind zum einen die dreieckige Form der Wasserfläche und zum anderen die fehlende Verbindung zum Meer oder zumindest zu einem Wasserarm. Letztlich müsste dieser "Hafen" eigentlich "Keinbootshafen" heißen, denn ich kann keinerlei Wasserfahrzeuge auf der Oberfläche erkennen. Und auch keinen Hafen.
Alljährlich findet in den Sommermonaten Juli und August hier immer an mehreren Abenden Live-Musik statt. Eine dieser Veranstaltungen brachte mich ja an meinem Anreiseabend für mehrere Stunden um meinen Schönheitsschlaf, als die Musik noch spät in der Nacht bis in die letzte Ecke meines Hotelzimmers im Rotlichtviertel dröhnte.
Unweit des Bootshafens befindet sich ein wunderschöner maritimer Shop, dessen liebevoll dekoriertes Schaufenster ich schon bei der Anreise entdeckt hatte. Ihn vor meiner Heimreise noch einmal aufzusuchen, hatte ich mir ganz fest vorgenommen. Somit führen mich meine Schritte in diese Fundgrube für "Schätzchenjäger". Ein paar kleine Deko-Artikel für zu Hause müssen unbedingt mit. Sie dürfen nur nicht zu groß und zu schwer sein. Gedacht - getan. Gekauft. Auf dass Rucksack und Koffer noch schwerer werden.
So, nun wäre es aber langsam auch mal schön, wenn ich mein Hotelzimmer beziehen und mich meines schweren Rucksacks, den ich ja die ganze Zeit mit mir herumtrage, entledigen könnte. Also mache ich mich auf den Rückweg zum InterCity-Hotel.
Habe ich hier etwa eine pubertierende Möwe beim heimlichen Rauchen ertappt?
Zwar habe ich dieses Foto mit etwas Ironie und einem Augenzwinkern versehen. In Wirklichkeit ärgert mich diese Schweinerei der überall herumliegenden Zigarettenkippen maßlos. Ist es denn wirklich zu viel verlangt, die einfach in den nächsten Abfalleimer zu werfen?! Andere Länder verhängen Strafen, wenn Passanten dabei ertappt werden, wie sie ihre Kippen (oder auch Kaugummis) einfach auf den Boden werfen. Hierfür wäre ich in Deutschland auch.
Unterwegs werfe ich noch einen ungehinderten Blick zur "Astor", mit der sich die "Color Magic" heute einen Liegeplatz am Norwegenkai teilen muss.
Im Hotel werde ich gebeten, noch einen Moment in der Lobby Platz zu nehmen, da mein Zimmer leider noch immer nicht fertig. Der "Moment" entpuppt sich dann als runde 25 Minuten Wartezeit, bevor ich meine "Außenkabine" in der oberen Etage beziehen kann. Ach, habe ich "Außenkabine" geschrieben?! Ich meine natürlich mein Zimmer. Mit Kabine ist ja leider nichts mehr …
Das Zimmer ist sehr geräumig und hell. Und ich könnte sogar noch jemanden unterbringen … Im weitläufigen Bad könnte man locker tanzen.
Aber das Tollste ist der sensationelle Ausblick auf die Kieler Förde:
Der für diesen Blick gezahlte Aufpreis ist wirklich jeden Cent wert!
Das breite Fensterbrett lädt ein, Platz zu nehmen und den Ausblick auf die großen Pötte zu genießen. Sogar die kleine Aura schaut zu mir herüber. Also lege ich mir ein Kissen in den Rücken und lasse die Seele baumeln, während meine Augen den wunderschönen Ausblick einfangen. Ich kann mich gar nicht davon losreißen.
Fortsetzung folgt ...
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