11. August 2007 - Akureyri/Island
Langsam, aber sicher näherten wir uns dem nördlichsten Punkt der Kreuzfahrt: die AIDA fuhr in den Eyjafjörður ein, an dessen südlichstem Ende unser Etappenziel Akureyri liegt.
Vorab einige Zeilen über Island:
Das Festland liegt nur wenige Kilometer unterhalb des nördlichen Polarkreises an der Grenze zwischen Nordatlantik und Europäischem Nordmeer. Größe: ca. 103.000 km² (entspricht in etwa Baden-Württemberg und Bayern zusammen); davon sind 11 % mit Gletschern bedeckt; größter isländischer und auch europäischer Gletscher Vatnajökull mit 8.300 km²; im westlichen Teil liegt die Nahtstelle zwischen nordamerikanischer und eurasischer Kontinentalplatte; alle fünf bis sechs Jahre bricht ein Vulkan aus; auch aufgrund eines Seitenarmes des Golfstroms gemäßigt-ozeanisches Klima bei Jahresdurchschnittstemperatur in Reykjavik 5 Grad; ca. 313.400 Einwohner. Besiedlung schon im 5. Jahrhundert durch irische Mönche; erster dauerhafter Siedler Ingólfur Arnarson aus Norwegen; 930 Vereinigung aller Thingstätten mit einheitlicher Rechtssprechung bei Þingvellir nordöstlich von Reykjavik; bis ins 20. Jahrhundert Fremdregierungen durch Norwegen und zuletzt Dänemark, das Island 1874 gesetzgebende Funktionen unter Aufsicht des Königs gestattete; seit 1918 unabhängiger Bestandteil Dänemarks mit eigener Innenpolitik; am 17. Juni 1944 Ausrufung des Republik Island in Þingvellir. Lediglich 1 % der Gesamtfläche wird landwirtschaftlich genutzt; 42 % des Gesamtexports besteht aus Fisch und Fischprodukten (ca. 25 % des Bruttosozialproduktes); weitere wichtige Exportgüter sind das in der Erzeugung energieintensive Aluminium (26 %) und Eisensilikon sowie medizinische Produkte; Erzeugung gewaltiger nutzbarer Energiemengen durch Wasserkraftwerke und geothermale Energiequellen.
Das nordisländische Wetter war am 11. August im Gegensatz zu den vergangenen Tagen nicht allzu gut: leichte Regenschauer und Dunst. Dennoch ging es mit großen Erwartungen und Vorfreude in den Tagesausflug „Goðafoss & Mývatn“. Von der als Hauptstadt des Nordens bezeichnete und mit ca. 16.000 Einwohnern außerhalb des Großraums Reykjavik größte Stadt Islands fuhren wir auf der Ringstraße 1, die küstennah ganz Island „umrundet“, am Eyjafjörður entlang zum Wasserfall Goðafoss.
Der Kristni-Sage nach hatte der Häuptling Þórgeir seinem neuen christlichen Glauben im Jahre 1000 dadurch Nachdruck verliehen, dass er alle alten Götzenbilder in die Fluten des Wasserfalls warf. Aus diesem Grunde wurde dieser Wasserfall „Götterwasserfall“ (Foss= Wasserfall) genannt. Der Fluss Skjálfandafljót fällt zwar nur ungefähr 10 m in die Tiefe; doch aufgrund der enormen Breite erscheint er sehr gewaltig.
Das nächste Etappenziel war das Solfatarengebiet von Námaskarð (Solfataren = Dampfquellen).
Bereits am Parkplatz stieg uns ein beißender Geruch – es roch nach faulen Eiern und Schwefeldioxid – in die Nase, woran wir uns aber schnell gewöhnten. Wie den Fotos zu entnehmen ist, störte das trübe Schmuddelwetter nicht sehr (Herr der Ringe lässt grüßen …). Viele Sinne wurden gefordert: wie bereits erwähnt die Nase, dann die Ohren, die dem dumpfen Blubbern der Schlammpötte
und dem Fauchen des aus der Erde tretenden heißen Dampfes folgten und schließlich die Augen, die unterschiedliche Farben aufnahmen: grau-blauer kochender Brei der Schlammpötte, fahles Weiß über kräftiges Gelb bis zu sattem Orange der Schwefelablagerungen, kräftiges Rotbraun der mit Eisenoxid gemischten Erde. Die Tastorgane wurden nur äußerst vorsichtig genutzt: schnell konnte man sich bei 80 bis 100 Grad die Finger verbrennen!
Vor der mittäglichen Pause besuchten wir eines der trockensten Gebiete Islands: die Lavalandschaft Dimmuborgir.
Sie entstand vor 2.300 Jahren, als sich ein 20 m dicker Lavasee aufstaute. Die heiße Lava brachte das Grundwasser zum Verdampfen, der nach oben steigende Dampf zerriss die Lava und ließ sie erstarren. Dadurch bildete sich auf einer Fläche von 1 km² die heute noch sichtbaren Lavagebilde, nämlich Türme, Kanäle, Überhänge, Höhlen, Brücken … Dimmuborgir bedeutet „dunkle Burgen“. In dieser versteinerten Stadt sollen Trolle hausen. Wenn man sich diese bizarren braun-schwarzen Lavaformen anschaut, kann man sogar fast daran glauben …
Den Mittagssnack nahmen wir in einem Ausflugsrestaurant am Mývatn-See (übersetzt Mücken-See) ein. Er ist der viertgrößte See des Landes. Ein Prospekt besagt, dass an diesem See das Vogelleben einzigartig, das Pflanzenleben überschwänglich ist, es viele Arten von Vulkankratern zu entdecken gilt, man ungewöhnliche Lavaformationen, farbenfrohe Geothermalgebiete mit kochenden Schlammpötten, schwarzem Sand, tiefen Rissen, … entdecken kann. Leider an diesem Tag bei dem diesigem Wetter mit Nieselregen nicht für uns. Allerdings hatte dieses Wetter einen großen Vorteil (den Nachteil hätten wir aber gerne in Kauf genommen …): die angekündigten Milliarden von kleinen, nicht stechenden Mücken, die sich gerne in die Ritzen der Kleidungsstücke setzen und in den Haaren verfangen (unbedingt Kopfbedeckung mitnehmen!), blieben aus. Bei Skútustaðir am Mývatn-See machten wir einen Spaziergang um einen Pseudokrater.
Diese entstanden, als sich heiße Lava mit Temperaturen um 2000 Grad über wasserhaltige Gebiete wie Seen, Moore oder Sümpfe schob. Durch die enorme Hitze entwich der Wasserdampf explosionsartig nach oben, wobei die Lava aufriss und Krater bildete. Diese Krater setzten nie Lava oder anderes vulkanartiges Material aus einem Schlot frei; insofern die Bezeichnung Pseudokrater.
Schon war diese trotz des auf dieser Kreuzfahrt aus dem Rahmen fallenden Wetters interessante Tour vorüber; wir erreichten Akureyri,
gingen an Bord und die AIDA legte ab. Und dann - kurz nach dem plangemäßen Ablegen um 14.00 Uhr - der Wetterumschwung: die Wolken brachen auf
und die Sonne kam zögerlich hervor. Das war natürlich hervorragend, denn ohne Dunst und Regen konnten alle Passagiere die zunächst liebliche, später mehr und mehr gewaltige Landschaft links und rechts des Fjords viel besser genießen.
Der Kapitän der AIDA wurde in Akureyri gebeten, möglichst nah am Ufer des Ortes Dalvík vorbeizufahren, da dort ein großes Stadtfest gefeiert wurde. Die Gäste des Festes wurden mit lautem Getute gegrüßt und im Gegenzug wurden wir von zwei Jetskifahrern verabschiedet. Dann ging es vorbei an der zweitgrößten Insel Islands Hrísey mit gleichnamigem Ort und bald danach waren wir wieder auf dem offenen Meer.
12. August 2007 - Reykjavík/Island
Frühmorgens schien die Sonne durchs unser Kabinenfenster – doch Land war noch nicht in Sicht. Nach wie immer ausgiebigem Frühstück nutzten wir die Zeit auf See, uns noch ein wenig mehr Urlaubsbräune anzueignen, bis wir am späten Vormittag eine Landzunge mit dem Bergrücken Snæfellsness und dem 1.446 m hohen Gletscher Snæfellsjökull erreichten. Durch die Bucht Faxaflói liefen wir mittags Reykjavík bei zunächst leichtem Dunst - aber bei Sonnenschein - an.
Einige Bemerkungen zur Hauptstadt Reykjavík:
der Sage nach Stadtgründung in 874 durch Ingólfur Arnarson, der bei seiner Ankunft aus Island nach altem Wikingerbrauch seine als Symbol der norwegischen Heimat geltenden Hochsitzsäulen über Bord warf; die Götter sollten entscheiden, wo er sich niederlassen sollte – nämlich dort, wo sie angeschwemmt wurden; Hochsitzsäulen wurden erst drei Jahre später gefunden; an dem Fundort siedelte sich Ingólfur Arnarson ein Jahr nach dem Auffinden an und nannte den Ort nach dem Dampf, der aus den heißen Quellen stieg, Reykjavík = Rauchbucht. Einwohnerzahl des Hauptstadtgebietes (incl. der angrenzenden Gemeinden) 196.200. Bedeutendster Wirtschaftsstandort des Landes mit zwei Häfen und dem größten Flughafen. Kulturelles Zentrum; in 2000 wie Bergen Kulturhauptstadt Europas. Seit den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts Nutzung der geothermalen Energie, an dessen Netz so gut wie alle Haushalte Reykjavíks angeschlossen sind; daraus folgend ist die Hauptstadt eine außergewöhnlich saubere Stadt: es gibt keine Schornsteine; im Winter Nutzung des aus der Erde kommenden heißen Wassers zum Heizen von Straßen und Gehwegen Reykjavíks nach dem Prinzip der Fußbodenheizung, so dass kein Glatteis aufkommt …
An diesem Nachmittag nutzten wir die Zeit zum Halbtagesausflug „Krísuvík Geothermalgebiet & Blaue Lagune“. Wir verließen Reykjavík und fuhren auf der Halbinsel Reykjanes
nach Njarðvík. Dort machten wir kurz Halt bei der alten 1994 restaurierten Fischerhütte Stækkjarkot
der direkt daneben liegenden exakten Nachbildung des Wikingerschiffes Islendingur (= Isländer). Mit der Islendingur segelte Kapitän Gunnar Eggertsson mit einer Besatzung von 8 Seeleuten - statt wie seinerzeit 70 - anlässlich des 1000. Jahrestages der Entdeckung Nordamerikas durch Leifur Eiríksson von Island über Grönland nach Neufundland, anschließend nach Boston und New York und dann zurück nach Island.
Dann passierten wir nach nicht allzu langer Zeit schroffe Lavafelder, in denen die Blaue Lagune liegt. Dort fördert das Kraftwerk Svartsengi aus 2 km Tiefe mineralhaltiges, 240 Grad heißes Wasser zum Beheizen der umliegenden Ortschaften, des Flughafens Keflavik sowie zur Stromerzeugung aus Wasserdampf. Das noch 70 Grad heiße (Rest-)Wasser sammelt sich in der Blauen Lagune und ist angereichert mit das Wasser graublau färbender Kieselerde, Salz und Algen. Dieses Wasser sowie die schlammigen Ablagerungen bieten Hautkranken - insbes. bei der Schuppenflechte - heilende Wirkung, so dass die Blaue Lagune den Ruf eines Heilbades genießt.
Weiter ging es durch den im Mittelalter als bedeutendes Handelszentrum geltenden heutigen Fischerort Grindavík, anschließend besuchten wir kurz die kleine Landkirche Krísuvíkurkirkja
und kamen dann zum großräumigen Geothermalgebiet von Seltún, das wir per pedes in Augenschein nahmen.
Am See Kleifarvatn
entlang fuhren wir zurück zum Schiff und kamen rechtzeitig zum wie immer hervorragenden Abendbuffet an.
Dem hohen Norden entsprechend fand an diesem Abend bei herrlichstem Wetter auf Deck eine etwas längere Fire & Ice – Party bei toller Aussicht auf Bucht und die Insel Viðey statt.
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