… Domenico Andrea Trezzini aus der Schweiz, Antonio Rinaldo aus Italien, Jean Baptiste Alexandre Le Blond aus Frankreich, Charles Cameron aus Schottland, Andreas Schlüter aus Deutschland u.v.a.m. prägten das Antlitz der Stadt.
9. Juli 2017 – St. Petersburg
Wir durften ein bisschen länger schlafen – unser Treffpunkt zur dritten Stadtbesichtigung war erst für 10 Uhr terminiert. Was machte wir bis zur Abfahrt außer ausgiebig zu frühstücken? Logisch – Schiffe gucken … mit dem unvermeidlichen Kaffeepott in der Hand. Die Celebrity Eclipse hatte ohne uns zu fragen die AIDAdiva ersetzt. Ein echter Ersatz? Die Antwort überlasse ich Euch … Unterhaltung gab´s genug. Ein weiteres Schiff steuerte die Anlegestellen an – die Seven Seas Explorer. Sie schob sich zwischen die Celebrity Eclipse und uns – schwer was los im Hafen! Wie, der Kaffepott ist geleert? Dann aber los – los zu Frühstück, das wir wie immer in munterer Ruhe zu uns nahmen. Es war keine Müdigkeit nach dem langen Abend festzustellten. Das konnten wir uns auch nicht leisten, denn ein langer Tag lag vor uns. Pünktlich um 10 Uhr erwartete uns Olga vor dem Bus und los ging´s. Wie am Vortag sollte die Fahrt zu unserem ersten Ziel – dem Alexander Newskij-Kloster ein wenig länger dauern. Nicht, dass es am Ende des Newskij-Prospekts sehr weit entfernt war. Nein, der von einem der größten deutschen Versicherungsgesellschaften gesponsorte St. Petersburg – Marathon legte uns Sperren in den Weg. Aber kein Problem – so fuhren wir auf Nebenstrecken und sahen mehr als bei der direkten Anfahrt. Wie ein Mietshaus, das bestimmt bessere Tage und Mieter gesehen hatte. Auf dem Dach fingen keine Solar-Paneele die Energie ein – es waren ganz einfach Blechplatten, um die Löcher im Dach zu reparieren … Einige Meter weiter sahen die Wohnblöcke gepflegter aus.
Und wenige Meter davon entfernt hatten wir eine Deutschstunde bei Mütterchen Russland. Ein Hinweisschild: Volkswagen …
Uns beeindruckte immer wieder, dass in dieser Millionenstadt sehr viel Grün zu sehen war. Und immer wieder vergoldete Kuppeln.
Dass in St. Petersburg nicht nur russische Kultur gelebt wurde, zeigte uns dieser Schnappschuss.
Und wer wissen will, was Russen und Bayern gemeinsam haben, wird an dieser Stelle zufrieden gestellt: Beide Volksgruppen kennen den Kalender nicht … allerdings wird das „octoberfest“ in St. Petersburg bereits im Juli geprobt – in Bayern erst im September … grins … (Liebe Bayern, bitte nicht ernst nehmen …)
Noch an einigen Industrie- und Verwaltungskomplexen vorbei – dann kamen wir vor dem ummauerten Klosterkomplex an. Nix wie los durch das Tor und hinein in die Klosternanlage! War aber nix – so schnell ging´s nicht! Erst einmal besorgte Olga die Eintrittskarten. In der Zwischenzeit betrachteten wir den weiteren Klosterring hinter dem Monastyrka-Bach. In der Klosterkathedrale werden regelmäßig Gottesdienste abgehalten; in den Klostergebäuden ist ein Priesterseminar untergebracht und dieses als eins von wenigen herausragenden Klöstern ist Sitz des Metropoliten. Nun aber hinein ins „Vergnügen“ – von himmlischen Mosaiken begleitet. Nicht schlecht – uns es kam die Frage auf, warum neben den vielen anderen klerikalen Bauten ein zusätzlicher Prachtbau aus dem Boden gestampft wurde. Bei wem lag die Schuld? Natürlich beim großen Peter! Er besetzte das Land um die Newa-Mündung und ihm fiel ein, dass vor Jahrhunderten ein anderer Russe den Schweden das Fürchten gelernt hatte. 1240 war´s – der damalige Fürst von Nowgorod rieb in der Schlacht an der Newa das schwedische Heer auf. Zur Belohnung erhielt Alexander Jaroslawitsch u.a. den Beinamen „Newskij“. Nachdem er zwei Jahre später auf dem zugefrorenen Peipus-See den Deutschen Orden besiegte, sicherte er die damalige Nordwestgrenze des Reiches. Daran erinnerte sich Peter 1715 und ließ – auch um den Schweden zu zeigen, dass sie in dieser Gegend absolut nichts mehr zu suchen hatten – das Alexander-Newskij-Kloster bauen und Alexanders Gebeine hierhin überführen. So, Grund genug, einen weiteren Prachtbau zu schaffen! Und vor dem Ergebnis standen wir.
Der Gesamtkomplex beinhaltete zwei Kirchen. Zunächst die Mariä-Verkündigungs-Kirche, das älteste Gotteshaus der Anlage. Es sieht wie ein ganz normales gehobenes Haus aus der damaligen Zeit aus – große Sprossenfenster, zweigeschossig, Flachdach. In dieser Kirche fanden einige Mitglieder des Stammes Romanow ihre Ruhestätte. Das zweite Gotteshaus war die Dreifaltigkeitskathedrale als Mittelpunkt des Klosterkomplexes. Zwei Glockentürme und eine zentrale Kuppel kennzeichneten es. Allein das Eingangsportal machte den Gläubigen klar, wer klein und wer groß war. Natürlich besichtigten wir diese Kathedrale; Fotografieren war nicht erlaubt. Auch wenn die Kathedrale anders war als z.B. die Blutkirche, beeindruckte sie sehr. Pracht ohne Ende. Während unserer Besichtigung fand ein Gottesdienst statt mit Chorbegleitung. Dunkle, tragende Stimmen – natürlich Männerstimmen. Sie wirkten in dieser Umgebung.
Wer dieses Kloster besucht, beachtete auch die angrenzenden Friedhöfe. Direkt dem Eingang der Kathedrale gegenüber wurde der sogenannte Kommunisten- und Atheistenfriedhof angelegt. Keine Kreuze, keine christlichen Merkmale. Einige Plastiken gaben Hinweise, womit sich der Begrabene zu Lebzeiten beschäftigt hatte.
Selbstverständlich zeigten einige lebensgroße Statuen an, dass auch an Kriegsteilnehmer gedacht wurde.
Auf dem Rückweg zum Klosteranlageneingang passierten wir den Tichwiner Friedhof, auch Künstlerfriedhof genannt. Wir besuchten aus Zeitgründen allerdings nicht die Gräber von Fjodor Dostojewskij, Modest Mussorgskij und Pjotr Tschajkowskij, um nur einige der hier beerdigten Berühmtheiten zu nennen. Direkt gegenüber befand sich der Lazarus-Friedhof, auf dem Architekten, Wissenschaftler (u.a. der in Basel geborene Mathematiker Leonhard Euler) sowie Adlige ihre letzten Ruhestätten fanden.
Vor dem Ausgang verabschiedete uns Alexander Newskij von oben herab. Unser Bus hatte schon längst das Weite gesucht – aufgrund des Marathonlaufs war es nicht möglich, mit dem Bus in die Innenstadt zu fahren. Also gab es nur eins – wir mussten die U-Bahn kennenlernen. Bevor das „Abenteuer“ losging, schauten wir uns ein wenig um. Hier, am Ende des Newskij-Prospekts, begrenzten repräsentative Wohnblöcke die Prachtstraße. Direkt gegenüber gab es einen wahren Kontrast – Altes und Neues.
Das neue Gebäude gehörte zum U-Bahnhof Ploschtschad Alexandra Newskowo (Alexander-Newski-Platz). Hinein und Olga besorgte für uns Jetons, mit denen der Eingang in die Metro ermöglicht wurde. Und dann hinab …
Der Bahnsteig lag 54 m unter der Erdoberfläche; die Metro verläuft im Schnitt 50 – 75 m unter der Erde; den tiefsten Punkt weist mit 102 m die Station nahe der Admiralität auf. Warum so tief? Petersburg wurde auf sumpfigen Gelände gebaut, das immer noch sehr tiefe Moore aufweist. Darunter befinden sich schwer zu durchbohrende Tonlagen. Aus diesem Grunde liegen die U-Bahnrühren verhältnismäßig tief unter der Erdoberfläche.
Wir kamen an und staunten. Keine langen offenen Bahnsteige sondern mit Türen verschlossene Öffnungen. Plötzlich öffneten sich die Türe, Menschen strömten hinaus und wir hinein – die St. Petersburger Metro verfügt über einige Stationen des sogenannten verschlossenen Typs. Blitzschnell fuhren wir los und stoppten nach kurzer Zeit – wir mussten umsteigen. Nach kurzer Wartezeit kam unsere Metro, hinein und wieder nach kurzer Zeit hinaus an der Station Majakowskaja. Die St. Petersburger Metro soll die schönsten U-Bahnhöfe der Welt haben – wir sahen sie leider nicht. Vielleicht beim nächsten Mal. Wir mussten wieder an die frische Luft und befanden uns auf dem Newski-Prospekt wieder. Die Königsallee von St. Petersburg. Na ja, sehr gut herausgeputzt. Aber nicht ganz so prächtig. Und wie es in der zweiten Reihe aussieht, konnten wir aus Zeitgründen nicht feststellen. Aber es gab jede Menge prächtiger Gebäude zu sehen.
Wer verantwortlich für den Newski-Prospekt war, muss nicht erwähnt werden. Logisch, eine Hauptstadt benötigt eine den anderen Völkern beeindruckenden Boulevard. Die Geburtsstunde war des großen Peters Befehl: Macht mal! Und seine Untertanen machten etwas Prachtvolles. Prima, dass sich der Charme des Alten noch immer in den Hausgestaltungen und den zur Auflockerung dienenden Kirchen und Theatern äußert. Wenn nur nicht die Reklamen auch bei uns üblicher Marken wären … Wir bewältigten einen Teil des Prospekts zu Fuß – die beste Möglichkeit, so viel wie möglich mitzubekommen.
Wie den Großen Kaufhof Bolschoj Gostinij Dwor, von 1761 bis 1785 im Auftrag der St. Petersburger Kaufleute erbaut. Nicht nur groß, sondern mit einer Fassadenlänge von 1.000 m riesig (Wer weigerte sich nachzumessen???).
Schräg gegenüber erblickten wir eine für russische Verhältnisse kleine Kirche. Kein Wunder, denn St. Katharina war eine in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts errichtete römisch-katholische Kirche, die in Sowjetzeiten als Lagerraum für Gemüse, Bücher und Motorräder, später als Konzerthalle genutzt wurde und 1992 wiedereröffnet wurde.
Ein kurzes Stück weiter zog ein Eckhaus alle Blicke auf sich.
Das Singer-Haus, das Anfang des 20. Jahrhunderts im Auftrag des amerikanischen Nähmaschinen-Moguls Singer hochgezogen wurde. Lange hatte Singer nichts von diesem Meisterwerk – 1922 wurde es enteignet. Seitdem residieren im Erdgeschoss - auch heute noch – eine Buchhandlung und in den Obergeschossen diverse Buchverlage. Aktuell ist in diesem Haus vk.com untergebracht, ein Pendant von facebook. Nicht nur die Kuppel aus Glas und Stahl mit einem gläsernen Globus mit 280 cm Durchmesser machen das Gebäude zum Blickfang. Auch die klassizistischen Skulpturen waren Schuld daran, dass wir unser Gegenüber ein wenig länger bewunderten.
Genau gegenüber hatte Zar Paul I Anfang des vorletzten Jahrhunderts vor, ein Gegenstück zum Petersdom schaffen zu lassen. Die Kasaner Kathedrale.
Na ja, ganz wurde sein Wunsch nicht verwirklicht, denn die Bebauung am Newski-Prospekt ließen die angestrebten Größenordnungen nicht zu. Immerhin wurde ein mit Kolonnaden bestücktes Halbrund vor der Kirche geschaffen … Aus dem Gelände wurden Denkmäler aufgestellt für den Feldmarschall Kutusow, der mit seinen Alliierten Napoleon besiegte, und für dessen Vorgänger Michail Barclay de Tolly.
Nicht nur der Newski-Prospekt war von klassizistischen Gebäuden gesäumt – auch die Nebenstraßen zeigten ähnliche pompöse restaurierte Objekte.
Und schon wieder ein Gotteshaus – wie St. Katharina für die hiesigen Gegebenheiten sehr schlicht. Es war die größte russische lutherische Kirche, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbaut wurde.
Nebenbei faszinierte, dass immer wieder Gebäudekomplexe auftauchten, die scheinbar weder kulturell genutzt wurden noch irgendeine Sehenswürdigkeit darstellten. So wie am Newski-Prospekt Nr. 20. Nicht schlecht – als Nebendomizil oder Stützpunkt in St. Petersburg bestimmt gut zu nutzen …
St. Petersburg ist eine Stadt mit vielen Kanälen und Flussläufen und somit von zahlreichen Brücken. Der große Peter hat nach seinem Arbeitsurlaub in den Niederlanden dafür gesorgt. Und schon standen wir auf einer die Mojka überspannende Brücke.
Natürlich waren auf den Wasserläufen viele Ausflugsboote unterwegs. Passagiere winkten uns zu. Wir natürlich zurück! An der Ecke Newski-Prospekt und Mojka erhob sich der barocke Stroganow-Palast, der als eine der schönsten Behausungen der Stadt gilt.
Wir hatten mit der Admiralität den Anfang des Newski-Prospekts vor uns schwenkten nach rechts Richtung Generalstab. Unser Ziel war zunächst der Schlossplatz. Der Blick durch den zweiten Torbogen auf die Alexandersäule war nicht so prickelnd – Aufbauten rund um den St. Petersburger Marathon versperrten die Sicht. Ein Anziehungspunkt der Läufer war die Matruschka – direkt am Start und Ziel. Sie interessierte uns weniger – mehr ein den Laufweg flankierendes Gebäude.
Der Winterpalast im Sommer als Teil der Eremitage. Merkwürdig – keine Aufbauten versperren den Blick auf das wunderschöne grün-weiß-goldene schlanke Barockgebäude. Weggepixelt, Kreuzfahrergerd? Danke!
Wer war für diesen herrlichen Bau verantwortlich? Der große Peter? Falsch – er begnügte sich damals mit seinem bestehenden eher bescheidenen Wohnsitz. Aber seine vierte Nachfolgerin, seine Lieblingstochter Zarin Elisabeth, wollte eher dort leben, wo in St. Petersburg der russische Bär tobte. Die Fertigstellung verpasste sie allerdings knapp um ein Jahr. Sie konnte sich aber auf jeden Fall erfreuen, wie Jahr für Jahr ihr Lieblingsprojekt wuchs. Ihre zweite Nachfolgerin, die große Katharina II ließ den Winterpalast um die Kleine und die Große Eremitage erweitern. Ihr dritter Nachfolger Nikolaus I stückelte zusätzlich die Neue Eremitage daran. Und wir standen davor.
Wir standen davor und wenig später darin.
Gibt es eine Steigerung von Pracht? Wenn ja – würde der Winterpalast – innen und außen – diese Bewertung verdienen. Es wurde nicht gekleckert sondern geklotzt. Es begann mit dem Bau und setzte sich mit der Sammelleidenschaft fort. 3.000.000 (i.W. drei Millionen Exponate lagern in diesen und zusätzlichen Räumlichkeiten, wovon nur ganze 2 % ausgestellt wurden. Im Grunde genommen auch ausreichend. Wenn Ihr als Besucher nur eine Sekunde vor jedem Ausstellungsstück stehen würdet, würde die Besichtigung ganze 17 Stunden dauern. Klappt aber nicht – der Bau ist maximal 10 ½ Stunden am Tag geöffnet … auch aus diesem Grunde haben wir uns nur einige der lt. Olga schönsten Teile angeschaut. Über die Jordantreppe gelangten wir ins erste Geschoss. Das gesamte Treppenhaus vernünftig auf den Speicherchip zu bannen war nicht möglich. Zu viele Besucher … Die Mitglieder unserer Bande standen meistens nicht im Bild – aber alle anderen Besucher … so begnügten wir uns i.d.R. nur mit Ausschnitten. Da das Fotografieren mit Blitz untersagt war, wurde für eine angemessene Ausleuchtung gesorgt. Natürlich sehr stilvoll.
Das Herausragende an den nach oben gerichteten Fotos lag darin, dass niemand, absolut niemand durch das Bild lief. Gut, dass es noch keine Drohnenmenschen gab …
Wenn man bedenkt, dass es bei der Fertigstellung des Palastes kein elektrisches Licht gab … Täglich mussten mehrfach die Kerzen gewechselt werden …
Nun ein Blick in die untere Region – eine Vase! Oder ein Trinkgefäß!
Wenn man mich zu diesem Zeitpunkt gefragt hätte, wo wir uns befanden, wäre meine präzise Antwort gewesen: im Winterpalast! Doch nun, beim Nacharbeiten, erkannte ich: Wir waren auch im kleinen Thronsaal, auch Peters-Saal genannt, zu dessen Ehren dieses bescheidene Refugium 1833 entwickelt wurde. Leuchtend roter, mit Silberfäden durchwirkter Samt an den Wänden – man gönnte sich ja sonst nichts … Das nächste 800 m² kleine Zimmer wartete auf uns – der Wappensaal. Bis zu 3.000 Personen gaben sich jede Mühe, den Parkettfußboden beim Schwofen durch Schlurfen zu beschädigen. Gut, dass er vor einigen Jahren erneuert wurde! Nicht nur an diesem Tag lösten wurden die Schwofenden von noch mehr Touristen abgelöst. Sieht man Wappen an den Wänden? Nein? Richtig – an den Kronleuchtern befanden sich alle Wappen der russischen Provinzen. Und an den Seiten komische Gebilde.
Gebrauchsgegenstände? Schmückendes Beiwerk? Keine Ahnung – irgendwie passten sie in diese Umgebung. Gegenstände, die man wirklich nicht braucht …
Zum Glück war es nicht mehr weit bis zur nächsten Halle – der Galerie der Helden. Bereits 1812 wusste der Innenarchitekt, dass wir kommen würden. Uns zu Ehren wurde diese Örtlichkeit geschaffen. Nicht schlecht – aber unsere Bilder fehlten (noch) an den Wänden.
Fesch, nicht wahr? 330 Helden aus dem Krieg gegen Napoleon wurden an die Wände gehängt; 13 Rahmen waren leer, sie sind Helden zuzuordnen, die nicht mehr vor die Pinsel kamen. Gut – wir waren zu acht. Demnächst wird es nur noch fünf leere Rahmen geben! Nun war es Zeit für den nächsten Prachtsaal.
Der Große Thronsaal. Es ist alles Gold, was glänzt. Daneben viel Weiß. Nicht zu vergessen das kaiserliche Rot
des Thronbereiches. Wer wollte sich auf den Thron setzen? Ich verrate nichts – wir konnten ihn rechtzeitig zurückhalten und vor den bärbeißigen Aufpasserinnen retten! So, zurück zu Elisabeths Pracht. Unsere Blicke gingen folgten immer wieder den Säulen aus Carrara-Marmor nach oben. Wahnsinn – die Lüster und die Deckenverzierungen. Wir hätten gerne in den damaligen guten alten Zeiten von den Balustraden nach unten geschaut. Einfach mal Mäuschen spielen und mitbekommen, was sich unten bei den prunkvollen Staatsempfängen abspielte … Die vergoldeten Deckenverzierungen „spiegelten“ sich auf dem aus 16 Holzarten gefertigten Parkett wieder. Nur der Doppeladler von oben fehlte – man sollte ihn nicht mit Füßen treten!
Zwischendurch schauten wir aus den Fenstern des Pavillon-Saals nach draußen. Einfach nur schön und nicht so blendend!
Warum wir keine Platzprobleme bei den Fenstern hatten? Direkt neben den Fenstern befand sich ein umlagertes Mosaik. Nur eine Kopie (merkwürdig – Zaren gaben sich mit Kopien zufrieden???) eines altrömischen Mosaiks. Aber es erfüllte seinen Zweck – es fesselte …
Im Pavillon befand sich auch die berühmte Pfauenuhr. War das ein Kampf bis wir die richtige Stelle erobert hatten, um ein Foto zu „schießen“ … Echte englische Wertarbeit. Nicht das Foto – die Uhr. Sie wird nur zu bestimmten Anlässen in Gang gesetzt. Zum Glück waren wir nicht der Anlass, denn dann hätten wir bestimmt nicht so weit vorstoßen können …
Olga musste nicht fragen, ob es uns reichte (Das hatte nichts mit den anderen Besuchern zu tun!). Wir kamen ihr zuvor und empfahlen, nach zwei Stunden komprimierter Kultur die Örtlichkeit zu wechseln. Gefühlt hatten wir 20 % der ausgestellten Exponate besichtigt; de facto aber noch nicht einmal 1 % … doch die Köpfe brummten und wir mussten an die frische Luft, die auch aufgrund des Autoverkehrs nicht so richtig frisch war ...
War das schöööööööööööööön … und damit wir uns nicht falsch verstehen: das, was wir vom Winterpalast mitbekommen hatten, war äußerst interessant und beeindruckend! Und auch schön!
Wir suchten unseren Bus und fanden ihn schnell. Er wartete direkt an der Newa. Und musste noch länger warten. Denn die Panoramen mussten wir noch genießen.
Die früher als Leuchttürme an der Hafeneinfahrt fungierenden Rostra-Säulen auf der Ostspitze der Wassiljewski-Insel vor der alten Börse, in der zwischenzeitlich das Marinemuseum untergebracht war. Die Haseninsel mit der Peter und Paul – Kathedrale sowie der Kuppel der Grabkapelle.
Schon saßen wir im Bus und fuhren nach kurzer Zeit die Fotanka entlang. Wohnhäuser mit der besten Aussicht und im Hintergrund die Fürst-Wladimir-Kathedrale. Dann blinzelte uns die Kuppel der Issac-Kathedrale zu und der große Peter grüßte uns hochherrschaftlich. Der eherne Reiter … Irgendwo hatte ich gelesen, dass dieses berühmteste Denkmal der Stadt nicht ohne ins Bild laufende Personen aufzunehmen sei. Wo liegt das Problem – man muss es nur aus dem fahrenden Bus fotografieren. Mit diesem Monument huldigte Katharina II den Stadtgründer ohne sich zu vergessen. In dem 1.250 t schweren Felsblock ließ sie einmeißeln: „Peter dem Ersten, Katharina die Zweite, 1782“. Peter sitzt auf einem sich aufbäumenden Pferd, das mit dem rechten Hinterhuf eine Schlange zertritt. Die Schlange „steht“ für das geschlagene Schweden.
Auf Wunsch einiger Bandenmitglieder fuhren wir einen Touristentempel in der Nähe der bereits am Vortag besuchten Nikolaus-Marine-Kathedrale. Während man in dem Andenkenladen herumstöberte, spazierte ich in der Gegend herum. Die Kathedrale präsentierte sich bei blauem Himmel besser als am Vortag.
Auf einmal wurde ich in den Tempel zitiert. Mein Gutachten war gefragt – eine Pelzmütze für unsere nächste AIDA-Winter-Fahrt in den hohen Norden. Ich fand sie gut – sie war warm und zweckmäßig. Vielleicht war das der Grund, dass sie nicht gekauft wurde … Aber wir konnten weiter zu unserem letzten Tagesziel.
Noch ein Prunkstück – die Isaakskathedrale. Eine goldene Kuppel schließt den größten Kirchenbau von St. Petersburg nach oben ab. 40 Jahre benötigte man ab 1818 bis zur Einweihung (Berlin – Ihr habt noch jede Chance, diese zu toppen!). Kein Wunder, dass es so lange dauerte: 111 m lang, 97 m breit, 101,5 m hoch. 48 Portikus-Säulen aus Granit – jede 114 t schwer. Platz für 10.000 Gläubige. Allerdings – wie in orthodoxen Gotteshäusern üblich – in der Mehrzahl Stehplätze.
Wir betrachteten uns die Kirche nur von außen; später von oben. Ins Auge fielen das riesige Südtor: 40 m² Fläche, Gewicht mehr als 20 t … mit Sicherheit nicht einfach zu öffnen.
Wie bereits angemerkt, schauten wir uns die Kirche von oben an. Das hatte den Vorteil, dass wir so ganz nebenbei auch phantastische Ausblicke auf St. Petersburg hatten. Aber auch einen Nachteil: Wir mussten zig Treppenstufen bewältigen, was sich jedoch lohnte. Wir umrundeten auf der Aussichtsplattform langsam die Kuppel und staunten:
Der Marienpalast, in dem nunmehr die gesetzgebende Versammlung von St. Peterburg beheimatet ist, mit dem Reiterdenkmal für den Zaren Nikolaus I. Die Admiralität und der Winterpalast; im Hintergrund die Peter und Paul – Festung.
Die Blutkirche vor den notwendigen Bausünden der Vergangenheit. Auf der anderen Seite der Newa die Zwölf Kollegien, die unter dem großen Peter der Sitz seiner Ministerien war. Als diese sich ausbreiteten, wurden die Gebäude – wie auch noch heute – als Universität genutzt, rechts die ehemalige Akademie der Wissenschaften. Vor dem Abstieg ein letzter Blick von oben. Ganz rechts neben der ehemaligen Akademie der Wissenschaften die Kunstkammer, ganz links am gegenüberliegenden Newa-Ufer der Menschikow-Palast als eine von mehreren Zweigestellen der Eremitage, am linken Rand des Fotos schob sich eine öffentliche Bücherei ins Bild und im Hintergrund erhob sich der Lachta Zentr. Während des Abstiegs ließ es sich nicht vermeiden, nochmals Eremitage, Admiralität und die Peter und Paul – Kathedrale zu bewundern – eine schöne Erinnerung an diesem Tag. Denn an anschließend wurden wir zu unserer AIDAcara gebracht. Wir verabschiedeten uns von Olga und Sergej und schlichen geschafft an Bord. Geschafft von den Eindrücken der zurückliegenden Tage. Und das war noch nicht alles!
Von unserem gewohnten erhöhten Platz aus beobachteten wir, wie sich die Aurora um 18 Uhr auf den Weg machte; anschließend verließen die Celebrity Silhouette, die Prinsendam und die Zuiderdam den Hafen.
Wir steuerten das Außendeck des Calypsos an und machten uns an das „Pasta Festival“. Kurz vor 20 Uhr mussten wir satt sein – wir schafften es, um unser Auslaufen an der Reling stehend zu erleben. Noch waren Stadion und Autobahnbrücke gut zu erkennen. Die AIDAcara schob sich an der Seven Seas Explorer und der Celebrity Eclipse vorbei, zwischen beiden Schiffen erschien noch einmal der Lachta Zentr. Und hinter uns gab es eine lautstarke Erscheinung –
Schnapsi-Taxi! Toll, wie sich die „Schieber“ wieder herausgeputzt hatten! Kurz darauf zweifelten wir an unseren Sinnen. Gerade oder geschwungen oder beides? Weggucken – wir schauten uns doch lieber die beiden zurückgelassenen Pötte vor den Bausünden der Gegenwart an.
Die Sonne machte sich ganz, ganz langsam daran, uns zu verlassen. Sie setzte Stadion und Autobahnbrücke in ein interessantes Licht. Unaufhaltsam ließen wir Stadt und Hafen hinter uns. Lachta Zentr blinzelte uns zum Abschied zu.
Nach weiteren 15 Minuten war es so weit – die Vorboten von Kronstadt lagen vor uns. Parallel zur Gründung von St. Petersburg dokumentierte der große Peter den Schweden gegenüber seine Macht und damit auch Russlands Kraft. 30 km von der Neugründung entfernt gab es die mitten im finnischen Meerbusen liegende, ehemals schwedische Insel Kotlin. Der große Peter erkannte ihren strategischen Wert, da diese voll aufgerüstete Insel den Weg in die neue Hauptstadt versperren würde. Bereits ein Jahr nach der Inbesitznahme war die Insel derartig mit Bollwerken und Kanonen bestückt, dass an einen schwedischen Angriff auf die erst kürzlich eroberten Gebiete nicht mehr zu rechnen war. Auf der Insel wurde Kronstadt als Stadt gegründet und als Marine- und auch Handelsstützpunkt ausgebaut.
Sie war seinerzeit der bedeutendste Marinestützpunkt Russlands und auch später der Sowjetunion uns wird auch heute als solcher genutzt. Die Kronstädter Matrosen waren vor und während der Oktoberrevolution engagierte Mitstreiter der Bolschewiken. 1905 wurde ihr Aufstand von den zaristischen Kräften blutig niedergeschlagen; 1917 gehörten sie zu den stärksten Kräften der Bolschewiken. Doch 1921 revoltierten sie gegen den neuen Staat – sie vermissten die von den Revolutionären propagierte Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Ihre Überzeugung war ihr Fehler – die Rote Armee unter Leo Trotzki erstürmte die von den Matrosen gehaltene Festung Kronstadt und Zehntausende verloren ihr Leben. Die nicht zu Tode gekommenen Matrosen wurden entweder hingerichtet oder in die Gulags gewiesen – auch eine Form der Freiheit. Aber nicht die der Andersdenkenden …
Ein Hingucker ist die über Bäume herausragende Kuppel der Nikolaus-Marine-Kathedrale.Sie wurde 1913 eingeweiht, 1929 als Gotteshaus geschlossen, anschließend als Lagerraum bzw. Kino genutzt und im Jahre 2010 der orthodoxen Kirche zurückgegeben. Aufgrund der Höhe der Kuppel von 71 m mit einem goldenen Kreuz diente sie den ein- und auslaufenden Schiffen als Orientierungspunkt. Auch heutzutage dient die Kathedrale – ob auf Befehl oder freiwillig – als Gotteshaus der Marineangehörigen.
So beeindruckend die Kathedrale auch war, so furchteinflößend waren die Fortanlagen, die wie auch die gesamten Hafenanlagen bessere Tage gesehen hatten,
und der aus dem Wasser ragende Betonklotz, das Fort Alexander,
auch wenn die abendlichen Lichtverhältnisse alles spektakulär erscheinen ließ.
Nicht weit vom Fort Alexander entfernt wurde es für die AIDAcara schmal. Ein Durchlass für Schiffe – links und rechts ein 25 km langes Flutbollwerk mit einer Autobahn auf diesem Damm. Bei der Gefahr einer Sturmflut kann die 16 m tiefe Ausfahrtrinne für die Schiffe innerhalb von 70 Minuten mit zwei gigantischen Toren geschlossen werden.
Und schon waren wir durch – der gemütliche Teil begann in unserer Rundecke vor der Calypso-Bar. Bestrahlt wurden wir von der Backbordseite … Einfach nur schön, zusammen in geselliger Runde zu sitzen und beim Sonnenuntergang das Treiben auf dem Finnischen Meerbusen zu beobachten.
Herrchen wurde mit dem Lotsenboot abgeholt und es dauerte nicht lange, bis die Sonne ihr endgültiges Verschwinden für diesen mit Erlebnissen vollgestopften Tag ankündigte.
Wir schlossen uns an und verschwanden unter Deck …
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