
Fuerteventura
Guten Morgen, heute geht es wohl wieder erst mittags mit dem nächsten Ausflug los.
Und dann lerne auch ich mal Fuerteventura,
eine vergleichsweise flache und noch mehr karge Insel kennen, auf der auch noch heute die Ziegen eine große Rolle spielen. Davon gibt es hier mehr, als die Insel Einwohner hat. 155 Tausend zu 115 Tausend ist das Verhältnis. 5000 davon, so sagt der Reiseleiter, leben sogar noch wild. Womit wohl die Ziegen gemeint sein dürften…
Der freie Vormittag wird vom Träger zum Frisörbesuch genutzt. Wer weiß wann er wegen dem Lockdown zuhause mal wieder dazu kommt. Und ehe er noch zum Althippie wird…
Sorgen und Hoffnungen ranken sich bei den Teddys hingegen um den heutigen Ausflug. Werden wir wieder diese komische, an sich lächerliche, aber noch nervigere Figur, diesen Typen, mitschleppen müssen?
Nun, wir müssen es dann wohl nicht. Der hat heute wohl einen anderen Ausflug und zwar einen ganz anderen gebucht...
-Wie wir aber erst bei der Rückkehr erfahren werden. Jedenfalls kennt ihn an Bord mittlerweile wohl fast jeder- ob nun Crew oder Passagier. Gesprächsthema ist er schon seit dem ersten Tag wohl auch in der Personalkantine. Auch sowas nennt man prominent. Immer mehr Stories sickern durch, lassen darüber hinaus eine hohe Dunkelziffer nicht bekannter Ereignisse vermuten und den „Promi“ immer bizarrer erscheinen. Eigentlich schon zu diesem Zeitpunkt total irreal, dass ihm überhaupt noch die Chance zur Selbstdarstellung gegeben ist.
Relativ unbelastet und erleichtert also sitzen wir im Rucksack und brechen auf zum Wunschausflug
"Piratenhöhlen von Ajuy und idyllisches Betancuria“
Von Puerto del Cabra, der heutigen Hauptstadt am Meer, zur früheren Hauptstadt Betancuria im Landesinneren. Einst die erste Stadt auf den gesamten Kanaren gewesen, hat sie heute aber mittlerweile kaum noch mehr als 700 Einwohner.
Und die heutige Hauptstadt, in der ja seit dem Morgen mein Bett für diese Reise geparkt ist, heißt jetzt auch nicht mehr Puerto del Cabra. Den Namen „Ziegenhafen“ fanden die Einwohner nämlich irgendwann nicht mehr zeitgemäß und vor allem nicht sonderlich verlockend. Na ja, Ziegen rennen hier tatsächlich nicht mehr so oft herum wie es früher wohl mal war. Ich sehe jetzt jedenfalls keine. Puerto del Rosario, der „Rosenhafen“, soll da heute mehr Charme bringen.
Die Stadt ist in den meisten Teilen noch recht jung und von einem früheren Besuch weiß allein der Teddy Kaufhof, -denn ich, der Ty, war ja damals noch in der Kiste auf dem Speicher in Vergessenheit geraten und bin erst seit 2 Jahren auf Reisen-, von diesem früheren Besuch also weiß der Teddy zu berichten, das Puerto del Rosario nicht sehr viel Dolles zu bieten hat. Er meint, dass man daher nahezu alles andere einem bloßen Stadtspaziergang vorziehen sollte. Machen wir ja nun auch.
In diesem kleinen Betancuria, was jetzt einsam unten im Tal auftaucht, fühlte man sich früher relativ sicher vor Wetter und vor allem auch Piraten. Ohnehin lebten die Leute insbesondere aus dem letztgenannten Grund früher vorzugsweise eher nicht an der Küste. Es waren damals eben auf andere Weise wilde und besondere Zeiten.
Zuletzt teilten 2 Guanchen-Häuptlinge bei den Ureinwohnern das Land unter sich auf.
Dann aber war irgendwann Schluss mit dem Teilen. Denn die Eroberer, angeführt von einem Franzosen, nahmen sich dann mal für den Sponsor der Aktion, den König von Spanien, direkt das ganze Fuerteventura. Der Hauptstadt gab der Eroberer aber dann wenigstens seinen französischen Nachnamen, bzw. einen davon abgeleiteten.
In geschlossener Gruppe laufen wir eine Runde durch die Stadt, um so einen kleinen Eindruck zu bekommen. Das klappt auch genauso gut wie mit dem Gewinnen eines ersten Eindrucks vom Reiseleiter. Der ist Belgier, lebt hier seit 20 Jahren und ist bei seinem Job mehr als engagiert und wissend. Na ja, besser als der sogenannte Reiseleiter auf La Palma dürfte wohl ohnehin so ziemlich jeder sein. Aber der hier ist außergewöhnlich gut und am Ende des Ausflugs werden wir mehr gesehen haben als auf dem Programm steht.
Start für den Rundgang ist die alte Kirche „Santa Maria“, bzw. war sogar mal ein Bischofssitz und deshalb ist es wohl eigentlich sogar eine Kathedrale.
Unterirdisch soll es sogar noch Geheimgänge als Schutz vor Piraten oder sonstigen Störenfrieden geben.
Die Ruhe aber stört heute augenscheinlich nur unsere neugierige Touri-Gruppe. Nur wir trampeln im Moment durch die Gassen. Das scheint sich aber rumgesprochen zu haben, denn irgendwie ist dieser Ort hier, immerhin die ehemalige Hauptstadt, wie ausgestorben. Kann aber auch daran liegen, dass der Stadtkern nur etwa 300 Bewohner hat. Und auch im verträumten Rathaus hält sich der Ansturm heute offenbar in Grenzen.
Aber im Ausflugstitel steht ja u. a. auch „idyllisches Betancuria“.
Dieser Teil stimmt also schon mal. Und positiver Nebeneffekt: Es drängt sich keiner in die Teddy-Fotos…
Wir hätten uns ja auch heimlich durch die Geheimgänge schleichen können, aber dann würden wir ja nichts vom Ort sehen.
Direkt neben der Kirche versammelt er die Truppe bei einem Brunnen mit einer langen Stange.
Denke noch so, was für ein riesiger Mensch diese riesige unhandliche Stange denn zum Pumpen bedienen soll, als mir die Antwort abgenommen wird. Da werden Tiere vorgespannt, die dann immer in der Runde um den Brunnen laufen müssen. Zwar sind es vorzugsweise Esel oder auch Kamele, aber eh hier jemand auf dumme Gedanken kommt… Jedenfalls gehen wir jetzt besser mal weiter. Ich bin jedenfalls nicht so ein Kamel, mich hier vorspannen zu lassen.
Später merken die Teddys, dass diese Brunnen hier zwar sehr häufig, aber in der Regel nicht mehr in Betrieb sind. Was aber nicht am fehlenden Bedarf von Wasser liegt, sondern einfach nur an den moderneren Zeiten. Das Wasser ist immer noch knapp und es regnet im Durchschnitt an nur 15 Tagen im Jahr. Und dann auch in der Regel nur so kurz, dass es sich kaum lohnt, den Regenschirm aufzuspannen. Und so sind auf der Insel auch Regenjacken eher keine Verkaufsschlager…
Aber selbst diese vergleichsweise kleine Wassermenge sammelt sich letztlich fast nur in den Tälern, weil es durch den trockenen Boden so schnell nicht versickern kann und daher zum größten Teil einfach runterläuft. Und so könnte, auch wenn die 15 Regentage in der Gesamtheit nur einem 5 Minuten Regenguss bei uns zu Hause entsprechen, es hier tatsächlich Überschwemmungen geben. Daher baut man schon seit langem Regenrinnen in die Hügel, zieht Gräben und baut Wasserkanäle.
Für den Wasserbedarf der Insel kann man auf das Regenwasser also nicht bauen. 85% des Wasserbedarfs deckt man mittlerweile über Entsalzungsanlagen für Meerwasser und auch mit dem zusätzlichen Pumpen von Grundwasser kommt man nicht auf 100 %. Nicht ungewöhnlich für eine Insel im Atlantik, ist das gepumpte Wasser ohnehin auch noch recht salzig. 5% des Wasserbedarfs müssen auch heute noch importiert werden. Und wen wundert es, Wasser ist gar nicht mal so billig hier. Da überlegt man sich das mit dem Ziergarten vor dem Haus. So zeigt ein grüner Ziergarten vor dem Haus durchaus schon einen gewissen Reichtum an. Ist wie bei uns mit einem Luxusauto vor der Türe. Auf Fuerteventura kann man aber schon mit Pflanzen strunzen.
So fotografiere ich jetzt mal einen potentiellen Angelköder.
Klingt komisch -ist aber so. Zu diesem Zweck schmeißt man nicht die ganze Pflanze deren Namen ich aber vergessen habe ins Wasser, sondern den Saft, d. h. die Milch der Pflanze. Diese flockt im Wasser auf, hat betäubende Wirkung, und die kleinen Fische halten es für Futter. Und nun kann der fischende Fallensteller mit dem Netz aus dem Vollen schöpfen … Auch dieses lebensrettende Spezialwissen weiß ich übrigens vom Reiseleiter. Hoffe, dass es auch stimmt. Es erweist sich also auch in solchen Dingen von Vorteil wenn der, anders als auf La Palma, hier in sprechender Ausführung geliefert wird.
Im zweiten Teil des Ausflugs fahren wir vom Landesinnern wieder zur Küste und hoffen in den Piratenhöhlen von Ajuy vergessene Schätze zu finden. Platz im Rucksack hätten wir noch, -aber brauchen wir den wirklich...?
Platz im Koffer braucht aber auf jeden Fall ein "Aussteiger" bei seiner "überraschenden" Heimreise. Und dieses Ereignis ist jedenfalls auch irgendwie wertvoll...