Rhodos
Das Ankämpfen gegen den Sturm hat seine Spuren hinterlassen. Auf dem Balkon knirscht unter den Füßen das Salz und mit einem Abstrich von der Brüstung könnte man nachwürzen.
Schon bei der Anfahrt lehne ich mich vorsichtig über die Brüstung und halte am Meeresgrund Ausschau nach diesem sagenumwobenen Koloss von Rhodos.
Beides aber sehe ich nicht, weder Koloss, noch Meeresgrund. Was soll ich mir auch weiter Mühe geben dieses Rätsel zu lösen, Hauptsache dieser Koloss, der Sonnengott Helios, hat seine Sonne dagelassen. Und das hat er heute.
Aus dem Rucksack heraus dirigieren wir unsere Leute zu Fuß in die Altstadt. Zwischen Wasser und Stadtmauer entlang,
am Handelshafen vorbei bis zum Ende des Mandraki-Hafens. Diesmal von der anderen Seite, denn beim Fort St. Nicholas und den Windmühlen sind unsere Leute damals schon gewesen. Ich gebe es ungern zu, aber ich war damals noch nicht dabei. Kaum vorstellbar, aber irgendwie gab es mich da noch nicht.
Hier am Ende soll er möglicherweise gestanden und mit seinen Beinen den Hafen überspannt haben. Jetzt stehen auf Sockeln hier 1 Hirschkuh und 1 Hirsch.
Angeblich war damals auf Anraten der Götter die Ansiedlung von Hirschen die Lösung für ein Schlangenproblem auf der Insel. Ob nun Hirsche diese zertrampelt haben weiß ich nicht, aber heute jedenfalls latschen und trampeln wir hier durch. Und anders als die Hirsche werden wir dafür sicher nicht verehrt, noch sind wir das Wahrzeichen der Insel.
Kurzer Blick in die hier ebenfalls stehende Evangelismos Kirche
und nun geht es über die Straße zu einem Market. Hier erhoffen wir uns wieder diese Vielfalt an Klimbim und sonstigem überflüssigem Zeug. Wie auch in Kreta schon, stoßen wir stattdessen zwar auf keinen Foodmarket, aber auf moderne Gebäude mit Klamottengeschäften. Okay, wir sind ja auch noch vor der Altstadtmauer und einen Platz mit alten Marktständen finden wir dann doch noch direkt hinter der Hauptstraße. Allerdings sind die alle leer und der Zustand lässt bei mir Zweifel aufkommen, dass das in jüngster Zeit noch mal anders war. Die Sache hat sich wahrscheinlich überholt. Die Konkurrenz in der Altstadt zu groß, oder die Saison ist einfach vorbei.
Auch in der Altstadt ist jetzt nicht mehr so viel los
und nur noch geschätzt die Hälfte der Gastronomie und Geschäfte hat überhaupt geöffnet.
Morgen oder Übermorgen ist hier Feierabend für dieses Jahr. Angeblich lassen sie nur für die Aida Meute die Läden noch auf. Hoffentlich haben wir die Erwartungen dann auch erfüllt. Von uns jedenfalls werden sie am Ende mit nur etwa 24 Euro über den Winter kommen müssen.
Ansonsten wollen wir jetzt erstmal auf die Stadtmauer. Das soll hier beim Großmeisterpalast ein Stück weit möglich sein. Nun, einen Aufgang finden wir jetzt nicht so direkt und das hier zufällig stehende Tourismus-Büro bestätigt: Der Aufgang ist (schon) geschlossen.
Also schon mal eine Sache gestrichen. Dann laufen wir eben etwas früher als geplant einfach mal so durch die Stadt.
Und weil unsere Leute vieles von damals wiedererkennen und Neues entdecken wollen, laufen sie nun am Rande durch total enge Gassen wo man im Dunkeln jedenfalls nicht durchlaufen würde,
ohne jegliche Geschäfte und dabei immer bedacht, nicht in die zahlreich vertretenen und manchmal auch schon zertretenen Hinterlassenschaften der zahlreichen Katzen zu treten. Glücklicherweise verraten sich die Hotspots oft meist schon einige Meter vorher, durch den Gestank. Aber nicht nur die Vorsicht „Watch your Steps“ zahlt sich durch keine Treffer im Ergebnis positiv aus, sondern auch die erlebte Umgebung.
Original alte herausgebaute Balkone wie etwa in Malta gibt es hier eigentlich kaum noch, denn die haben den Italienern, die hier auch mal ihre Zeit hatten, wohl damals nicht gefallen und sind abgerissen worden. Ist halt ein anderes Bild, aber total schön.
Und original ist hier wohl ohnehin nicht alles, was auf den ersten Blick so scheint...
In einer der verborgenen Gassen fällt mein Blick auf einen kleinen Brunnen. Aus dem Hauseingang daneben ruft ein Mann in klarstem Deutsch aus der weit geöffneten Tür, dass dies das ultimative Fotomotiv sei. Es ist der Herr Peter Sch. (jedenfalls ein urdeutscher Name), der dort mit seiner offenbar ebenfalls deutschen Frau Gisela schon lange wohnt. Okay, wenn der das sagt... Erst danach, also nach dem ultimativen Foto, sagt er nicht ohne Stolz, dass er den tatsächlich wohl alten Sockel des Objektes irgendwo geklaut hat und die Brunnenschüssel aus seiner höchstpersönlichen Betonmischung stammt. Die Wasserzufuhr läuft von einem Schlauch quer durch seine Küche. Trotz dieser für uns überraschend ernüchternden Bauhistorie, -wir lächeln trotzdem anerkennend. Er redet dann noch wie ein Wasserfall von lauter „Lumpen“ und Kunsträubern, nennt sie wie selbstverständlich beim Namen, obwohl wir doch ohnehin keinen aus dem Ort kennen, -außer jetzt den Herrn S..
Zuhause stelle ich fest, dass dieses Heimwerkerprojekt der Neuzeit, ohne jetzt die handwerklichen Fähigkeiten des Erbauers schmälern zu wollen, zumindest in der Draufsicht gar nicht mehr so wie ein Brunnen aussieht,
sondern eher an eine Sache erinnert, die bei uns in der Keramikausführung i. d. R. im Bad zu finden ist. War mir vor Ort gar nicht so aufgefallen, -wahrscheinlich weil hier der Deckel fehlt.
Möglichst lange wollen wir uns nun innerhalb der alten Stadtmauerbegrenzung aufhalten und als wir die letzten Gebäude hinter uns lassen, stehen wir auf einem Parkplatz und sind dann doch überrascht, als wir dort am Rand dann doch noch diese hübsche kleine Kirche entdecken.
Und am hinteren Ende vom Parkplatz durch ein schmales Tor der Stadtmauer durch, haben wir die Bella schon fast wieder vor uns.
Aber wir haben noch Zeit und ein schon vom Schiff aus erspähter kleiner Strand treibt uns an, noch 300m weiter aus der Stadt zu laufen. Aber auch hier ist, wie schon zuvor auf dem Weg zum Mandraki Hafen, das Schwimmen verboten. Einige schräge Gesellen dort, die uns wahrscheinlich gleich nach Geld für Brot bestenfalls nur fragen werden, unterbinden durch ihre Anwesenheit ohnehin jegliches Interesse an einem weiteren Aufenthalt vor Ort. Dann soll es das auch gewesen sein. Als Alternative ist Duschen auf der Kabine nicht nur auch erfrischend, sondern in jedem Fall gefahrloser.
Und lange schon ist es dunkel, als wir die Ausgrabungsstätte Hafen unserer letzten geschichtsträchtigen Station hier im Mittelmeer verlassen...
4. Seetag - Auf dem Weg zum Suezkanal
Noch immer gleiten wir auf unserem Südkurs zum Suezkanal mit nur 6-7 Knoten durchs Mittelmeer.
Die Herbstsonne lacht und heute ist für unsere Leute munteres „Angrillen“ auf dem Pooldeck angesagt. Mit Sonnenmilch und Handtüchern bewaffnet ist es bei dem halbvollen Schiff wohl auch nicht allzu schwer einen geeigneten Grillplatz zu finden. Jedenfalls kommen die erstmal nicht wieder…
Auch nicht, als irgendwann am Vormittag die Durchsage kommt, das jetzt Schluss mit dieser Bummelei ist. Ein medizinischer Dringlichkeitsfall zwingt die Bella, die Motoren wieder über Gebühr zu schinden. Der Hebel wird umgelegt und mit über 20 Knoten, also Höchstgeschwindigkeit, wird jetzt durchs Mittelmeer geknallt. Möglichst schnell will man nun Port Said zur Ausschiffung des Patienten erreichen. Man hat sich also gegen eine Kehrtwende entschieden und rechnet mit einer Ankunft vor dem Suezkanal noch am heutigen Tag, 23 Uhr, wo wir doch eigentlich erst am nächsten Tag sein sollten.
Im Forum war zwischenzeitlich ja mal die Frage aufgekommen, warum man denn ganze 2 Seetage für diese Strecke eingeplant hat. Es zeigt sich gerade jetzt, dass es zur Einfahrt in den Suezkanal wichtig ist, einen ausreichenden Zeitpuffer für Unvorhergesehenes einzuplanen. Denn wer dort am Treffpunkt nicht rechtzeitig eintrifft, der wird beim Konvoi nicht mitgenommen. Und das würde die Routenplanung von insbesondere einem Kreuzfahrtschiff ja ziemlich durcheinanderkegeln. Deadline ist immer 23 Uhr. Da muss man in einem bestimmten Sektor davor auf Reede gegangen sein.
Ich alter Seebär höre es zwar nicht gern, aber wir sind ja hier alle keine Seeleute, sondern banale Kreuzfahrttouristen. Und da kommt es nicht immer auf die abgespulten Seemeilen an, man also möglichst viel Strecke macht, sondern wir liegen auch mal ganz gerne bei langsamer Fahrt einfach nur so rum und genießen dabei die leichte Brise, statt den strammen Fahrtwind.
Und heute wäre eigentlich so ein Tag gewesen. Aber, wie gesagt, es kommt anders. Wenigstens hebt der Rückenwind einen Teil des Fahrtwindes auf.
Später verkündet der Kapitän noch seinen neuen Plan. Wir haben unplanmäßig noch einen Platz im nächsten Konvoi ergattert und wenn wir pünktlich um 23:00 Uhr da sind, werden wir noch am frühen Morgen um 03:00 Uhr mit durchschlüpfen. Den praktisch überholten Seetag packen wir dann in die fast 4000 Km Strecke bis zum Oman.
Und während am Abend auf dem Deck die erste Bella-Poolparty seit 1 ¾ - Jahren im vollen Gange ist,
erreichen wir um Punkt 23 Uhr die Lichter von Port Said.
Maschinenstopp und kurze Pause für die geschundenen Motoren und die Teddys. Nachtruhe...
-- Fortsetzung folgt --
Im 5. Teil wechseln wir Kontinent und Meer. Für Letzteres aber müssen wir erst noch die 162,5 Km Suezkanal abspulen.
Und als ich am Morgen wach werde, haben wir schon 30 km davon geschafft. Ab jetzt aber wird nichts mehr von dem verpasst, was hier alles Interessantes so nah vorbeizieht, -für lange Zeit das letzte "Land in Sicht"...
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