6. Dezember 2021, Seetag – 18 Grad, leicht bewölkt
Etwas verschlafen schaue ich auf den Bildschirm des Fernsehers. Mein Mann hat den Kanal mit der Bugkamera eingeschaltet und ja, es ist schon hell und beim Blick auf den Wecker wird mir klar: ich muss mich sputen. Ich brauche morgens nicht so viel zum Frühstück, aber einen gut schmeckenden Kaffee schon und das ist auf jeden Fall beim Frühstück im Buffalo gewährleistet. Beim verlassen der Kabine finden wir eine hübsche Tüte an unserer Türklinke. Himmel, heute ist ja Nikolaus und als wir in sie reinschauen, ist schon klar, wer da gewesen ist. Katrin und Michael haben sicher in aller Frühe ihren Nikolaus vorbeigebracht. Ach, das ist so lieb von den beiden und dann noch so tolle Sachen drin. Mein Mann schaut mich an und dann kommt … „Schatzi ...“ soll heißen, los jetzt, das Frühstück ruft!
Auf dem Weg ins Buffalo, schlendern wir am Shop vorbei, der um 10 Uhr öffnen wird. Mir fällt ein, ich brauche noch ein kleines Geburtstagsgeschenk für unseren Freund. Muss ich nachher unbedingt erledigen. Und wie wir vor dem Café Mare anstehen, um für das Frühstück einzuchecken, denke ich so bei mir, die junge Frau, die am Einlass steht, kommt mir irgendwie bekannt vor – auch mit Maske. Und als sie mich sieht, lächeln ihre Augen. Ja, wir haben uns auf einer unserer Reisen kennengelernt und uns ein paar mal unterhalten. „Wie geht es ihrer Mutti“, fragt sie gleich. „Gut, geht es ihr. Sie würde gerne wieder mal eine Tour mitmachen!“ Wir beide, also Krisztina Toeroek und ich haben etwas gemeinsam: Wir sprechen eine Sprache, die hier an Bord wohl niemand spricht … nagyon jó. Wir werden sie heute Abend im Rossini treffen, denn dort ist sie Assistant Restaurant Manager.
Das
Frühstück ist sehr entspannt, ich mag es morgens gerne etwas
ruhiger. Der Kaffee ist gut und heiß, die laktosefreie Milch wird
sofort gebracht. Ein kleines Schnittchen mit Lachs ist ein guter
Start in den Tag und mein Mann genießt sein Omelett mit allem drin,
außer Garnelen. So hat jeder, was er mag vor sich auf dem Teller.
Nach dem Frühstück bleibt mein Mann gleich im Theater hängen, denn es gibt ein paar interessante Infos zu den Ausflügen auf Madeira und Lanzarote. Wir haben zwar keine reserviert, aber wenn was dabei ist, was wir unbedingt sehen wollen, könnten wir ja einen buchen. Ich schau mich derweil im Shop um und erstehe eine Quietschente, also Kapitän-Ente um genau zu sein. Für meinen Mann kaufe ich ein 2-erSet Handtuchclips, damit er sein gelb-weiß-gestreiftes Handtuch an der Liege befestigen kann. Er hat sich schon lange genug geplagt, dieses Ding immer hin- und herzuziehen. Ich bin mal gespannt, was er dazu sagt. Mein Auge erspäht noch ein schönes kleines Täschchen, dass ich mir wahrscheinlich im Laufe der Reise noch zulegen werde.
Zurück in der Kabine, strahlt mein lieber Mann, als ich ihm die Clips überreiche. „Jetzt fehlt nur noch ordentlich Sonne, dass ich mich ausstrecken kann!“ „Das musst du mit ihr ausmachen, wann sie mal scheint“, ist meine prompte Antwort drauf.
Kurzes
Telefonat mit unseren Freunden, wir bedanken uns für die
Nikolausüberraschung und fragen, was heute bei ihnen anliegt und wo
wir uns nachher treffen. Alles geklärt und da ich noch Zeit habe bis
zum Sushi-Workshop, drehen wir eine sportliche Runde draußen. Wer noch einen Platz sucht, es gibt genügend freie Liegen.
Ich muss jetzt aber los und suche das East Restaurant auf, wo die Sushi-Bar ist. Auf dem Weg dorthin sehe ich zwei Artisten, die gerade proben. Ob die wohl auftreten während unserer Reise? Ich habe keine Ahnung – denn eine große Show wird es ja nicht geben. Aber für die Artisten heißt es trotzdem, täglich proben.
Vor
dem Eingang zum Restaurant stehen die ersten Passagiere an,
Mittagessen ruft. Ich melde mich bei Krisztina, die auf die
Teilnehmer des Workshops wartet. So ganz allein bin ich gerade, 3
Teilnehmer sollen noch dazu kommen. Die Minuten vergehen, niemand
kommt. Anruf auf den Kabinen, keiner geht dran. Wir schauen uns an
und sie sagt: „Gehen wir rein ...“ Und dann sehe ich die vier
vorbereiteten Plätze an der Sushi-Bar, dahinter der Sushi-Meister
und seine Mitarbeiter. Mir rutscht es raus: „Wenn die anderen
Teilnehmer nicht kommen, kann der Workshop doch gestrichen werden.
Ich kann ja nächste Woche wieder kommen, falls es da Anmeldungen
gibt.“ „Nichts da, Sie bleiben jetzt mal schön hier und nehmen
Platz, der Kurs findet statt – für sie ganz alleine!“ kommt von
der verantwortlichen Person.
Passagiere bleiben stehen, flüstern leise, … was hier gerade abgeht. Ein Mitarbeiter erklärt ihnen mit einem Lachen … „VIP-Schulung für Sushi machen!“ Ich erröte leicht, und konzentriere mich auf die Matte vor mir. Die Grundlage für den klebrigen Reis glänzt im Lampenlicht, und mit den befeuchteten Plastikhandschuhen wird der in Form gebracht, platt gedrückt, Lachs und Avocado drauf – ich sagte gleich „... Gurke bitte nicht, die spricht sonst morgen noch mit mir“. Uns so rolle ich die Matte, vorsichtig und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der Meister nimmt den Teller und zeigt ihn seinen Mitarbeitern: „Very, very good, perfekt – you are my Assistent on Sushi-Bar“ sozusagen Meister in Wartestellung. Ach, was habe ich für einen Spaß bei dieser Schulung.
Eine
weitere Rolle schaut der Vollendung entgegen und zum Schluss gibt es
noch eine mit Lachs oben drauf. Mit dem scharfen Messer zerschneide
ich die Rollen in mundgerechte Stücke und es wird angerichtet.
Es
ist ein Sushi-Nachtisch der besonderen Art. Gefüllt mit Mango und
Marzipan, übergossen mit Mango- und Schokoladensoße. „An Kalorien
wollen wir jetzt aber nicht denken“, sage ich in Richtung der
Mitarbeiter, die darauf warten, dass ich diese Kreation probiere.
Passend zu dieser Süßspeise gibt es Likörchen – boah, ich bin
echt satt und glücklich nach dieser Stunde. Als ich gehe, treten
alle an, applaudieren und lassen sich von mir fotografieren.
Danach ging ich erst mal aufs Pooldeck, frische Luft schnappen und erzählte meinem Mann und Freunden, was ich gerade erlebt habe. „Mensch, da haste aber Glück gehabt, dass du den Workshop gebucht hast. So was erlebst du wahrscheinlich nicht wieder!“ und mein Mann: „Du kannst dich ja bewerben, dann bis du sicher lange Zeit auf dem Schiff!“ platzt es aus ihm heraus.
Den Nachmittag verbrachten wir zum Teil im Theatrium. Peter Jonker, der Lektor während dieser Reise, stellt den Passagieren die Insel Madeira vor.
Obwohl wir die Insel im Jahr 2010 schon mal besucht haben, erfuhren wir doch einiges Neue. Das konstante subtropische Klima bietet ideale Voraussetzungen für die Natur. Die Blumen sind im einem steten Wettstreit, wer denn am schönsten in der Sonne leuchtet.
Wir freuen uns schon sehr auf den Ausflug, den wir dort machen wollen und zwar mit Inacio –dem „Herzlich-Willkommen-Mann“ von Madeira. Der egal, wann AIDAschiffe im Hafen einlaufen, zur Begrüßung an der Pier steht und laut ruft „guuuutten Moooooorgäääään!“ Ich bin sehr dankbar, dass wir gerade jetzt noch individuelle Landgänge machen können. Es hat auch schon andere Zeiten gegeben und sie könnten auch wieder kommen.
Ich ziehe mich schon mal um für den Abend und wir treffen Katrin und Michael an der Ocean-Bar und weil es etwas frisch ist, stellen wir uns an einen Tisch in der Anytime. Ich bedaure ein wenig den Barkeeper draußen, der Wind weht ihm um die Nase.
Desinfizieren ist immer gut und
heute ist sogar der Nikolaus dabei. Katrin hat ihn hervorgezaubert.
Die kleine Gin-Bar, in der Anytime erweckt mein Interesse. Hübsches
Teil, wo ich doch ganz gerne mal einen Gin trinke. Aber jetzt ist der
Tequila an der Reihe. Wir trödeln zurück zur Kabine, die Jacke
abladen und es bleibt noch kurz Zeit im Theater stehen zu bleiben.
Was für eine Powerfrau steht da auf der Bühne.
Casey Francisco singt gerade voller Inbrunst einen Song von Tina Turner. Bravooo, Beifall und der nächste Halt ist der Shop. „Schau mal, wie findest du die Tasche?“ frage ich meinen lieben Mann. „Ja, sehr praktisch und nicht so ein riesiges Ding. Kauf sie doch!“ und schon ist meine Bordkarte durchgezogen, ich um eine Tasche reicher.
Auf
diesen Moment habe ich lange gewartet. Endlich mal wieder im Rossini
essen – ich liebe die Teller, die so schön angerichtet sind, das
schlichte Ambiente, die tolle Weinkarte und den vorbildlichen
Service. Die Köchin werde ich bestimmt beim nächsten Work-Shop
kennenlernen, wenn es um das Thema „Fleisch“ gehen wird. Das
obligatorische kleine Gedeck mit etwas Butter, Frischkäse, Salz,
Olivenöl“ und lauwarme kleine Brötchen sind schon mal lecker.
Der
„Gruß“ aus der Küche ist ein Hingucker
Mein Mann sagt nach dem ersten Löffel … „mmh, die kannste zu Hause auch mal kochen, schmeckt sehr sehr gut!“ Ich nicke und werde mich schlau machen wegen dem Rezept. Das Sorbet vor dem Hauptgang ist erfrischend und ich habe heute die Perlhuhnbrust mit Nussbutter, und Kohlrabi überzogen mit einer Soße Hollandaise gewählt.
Auf dem anderen Teller liegt das Filet vom Heilbutt, auch sehr appetitlich anzuschauen. Danach bin ich ehrlich schon satt – ich habe unauffällig meinem Mann etwas vom Hauptgang abgegeben, schließlich habe ja heute Mittag schon Sushi gegessen. Den Nachtisch „bezwingen“ wir nach einer Pause. Ein Schluck Rotwein und dann brauchen wir Bewegung. Es war ein sehr schöner Rossini-Abend.
Das Theater ist voll besetzt, als wir vorbei kommen. Unsere Freunde haben gerade noch einen Stehplatz ergattert. Auf der Bühne neigt sich der Auftritt von Gastkünstler Braidon Morris zu Ende. Du meine Güte, wie der auch zaubern kann, ich bin perplex. Also wenn der noch mal auftritt während der Reise, müssen wir unbedingt rechtzeitig da sein.
Ein kleiner Absacker geht noch und so sitzen wir in der Mar Bar und lauschen der Klaviermusik. Ich schau in das Tagesprogramm und stelle fest, nun sind es drei Menschen hier an Bord, die die gleiche Sprache sprechen …. der Pianist heißt Laszlo. Ich mache ein paar Fotos und anschließend wünsche ich ihm „jó éjszaka“. Schwierig zu schreiben, schwierig zu sprechen – ungarisch. Habe ich als Kind gelernt … und einiges ist einfach hängen geblieben und so habe ich jetzt die Möglichkeit, für eine kleine Sprachauffrischung .
Unten in der Kabine sind wir uns einig, es war ein toller Nikolaustag und morgen müssen wir zeitig aufstehen und frühstücken: 10 Uhr startet unser Madeira-Ausflug. Wecker ist gestellt, alle Akkus geladen, Rucksack gepackt – Gute Nacht.