7. Dezember 2021, Madeira – 19 Grad, leicht bewölkt
Als der Wecker klingelt, bin ich schon etwas traurig, dass wir heute keine Balkonkabine haben – nur wegen eines Mannes. Die Mar läuft im Hafen von Funchal, der Hauptstadt von Madeira ein und unten an der Pier steht er bereit, das Schiff zu begrüßen. Ein Glück, unsere Freunde haben eine Balkonkabine und so bekomme ich das Foto mit der berühmten Begrüßung … Katrin erzählte, Inacio hätte sein Schild geschwenkt und richtig laut „Guuuuttten Morgäääään, herzlich willkommen“ gerufen. Ich glaube, es standen heute schon viele Mitreisende oben auf dem Deck oder, wenn sie hatten, ihrem Balkon. Na ja, man kann nicht alles haben – aber ich habe auf jeden Fall mein Foto von Katrin bekommen und kann es in den Reisebericht einbauen. Dankeschööööön! Ich bin schon gespannt, ihn persönlich kennenzulernen.
Das zurechtmachen und frühstücken geht heute zackig über die Bühne, denn kurz vor 10 Uhr treffen sich die Teilnehmer des privaten Ausflugs unten vor dem Schiff, den die liebe Monika gut organisiert hat. Alle ausgerüstet mit Maske natürlich, denn auf dem Faltblatt „AIDA Heute“ gab es eine Info für den Landgang. Da die Zahl der positiven Covid-Fälle auf der Insel zunimmt, hat die örtliche Regierung beschlossen, neue Vorschriften einzuführen. Der Impfnachweis ist mitzuführen, weil es Kontrollen geben könnte UND in allen Bereichen, auch auf Straßen sind Masken zu tragen. Also wir haben kein Problem damit und im Bus hält jeder sich an diese Regel. Unser Tour-Mann ist sommerlich gekleidet, kurze Hose und ein strahlend weißes kurzärmliges Hemd mit Schulterklappen. Ich sehe vier goldene Streifen drauf und er liefert uns die Erklärung. Vor einiger Zeit wurde er von AIDA ausgezeichnet, er sei jetzt sozusagen ein „Kapitän der Herzen“. Er darf sogar an Bord kommen, war oft in der Prime Time und heute Abend macht er Poncha für uns. Ich habe ihn noch nie getrunken und werde ihn sicherlich probieren. Wenn nicht diese Woche, dann nächste Woche.
Wo geht es heute hin, das ist eine gute Frage. So richtig raus lässt es Inacio nicht, er meint nur, „ … es geht in Richtung Osten bis zur „Spitza“ und anderes ist eine Überraschung. Das Wetter ist gut!“ Dann lassen wir uns überraschen, denn ich habe gehört, dass er letzte Woche mit einer Gruppe eine sagenhafte Tour gemacht haben soll.
Es geht ein Stück durch Funchal in Richtung Santa Cruz und vom Bus aus kann ich die ersten Fotos machen. Viele Bewohner, die in der Hauptstadt arbeiten, wohnen in Santa Cruz, weil dort die Mieten und Immobilien noch günstiger sind und so sagt man unter sich, SC ist eine Schlafstadt. Ein Appartement mit einem Schlafzimmer kostet dort ungefähr 100.000 Euro, erzählt uns Inacio. In der Hauptstadt, so haben wir gesehen, ist alles eng bebaut, hoch bis an die Berghänge. Leuchtend ranken die Bougainville an Steinmauern hoch und schlanke Palmen stehen in den Gärten. Unser Busfahrer hat mächtig zu kurbeln, es geht in Serpentinen hoch zum ersten Aussichtspunkt. Hoffentlich wird niemand übel, Kurven sind nicht jedermann Sache.
Inacio erzählt uns von einem Deutschen, der während einer Urlaubsreise vor ungefähr 50 Jahren, sozusagen auf der Insel hängen geblieben ist. Er war der erste Deutsche, der hier auf Madeira ein Hotel gebaut hat. Hotels gibt es inzwischen viele, für jeden Geschmack und Geldbeutel ist es etwas dabei. Auch hübsche Ferienhäuser und Appartements haben sich dazu gesellt, erfahren wir. Urlauber, die gerne wandern oder diejenigen, die gerne am Pool liegen oder auch einen der Strände genießen wollen, haben eine gute Auswahlmöglichkeit. Zu den Stränden noch eins, sie sind grau schwarz, eben Lavasand und die wenigen hellen Strände bestehen aus importiertem Saharasand.
Nun zurück zur Tour, der Bus hält in einer Bucht und wir haben einen grandiosen Blick auf das Meer und die felsige Küste. Ein unbedingtes Muss bei Ausflugstouren, man muss Cristo Rei gesehen haben. Auf einem Felsvorsprung zwischen Funchal und Canico blickt diese Statue, die 1927 eingeweiht wurde, runter auf die Bucht bei Ponta do Garajau.
Es gibt etwas Freizeit hier oben und wir haben die Möglichkeit, das Plateau zu erkunden. Vorsichtig muss man laufen, denn der Boden ist voller kleiner Steine und auf keinen Fall darf man zu dicht an die Felskante herantreten. Es geht steil abwärts. Unter uns schlagen die Wellen an die Felsen und in der Ferne entdecke ich Windräder. Die Energie für die Insel wird durch Öl, Windkraft und Photovoltaikanlagen gewonnen, erfahren wird. Auch das Wasser der Levadas, der Kanäle, die die Insel durchziehen, wird in Wasserkraftwerken in Energie verwandelt.
Ganz in der Nähe liegt die Insel Porto Santo, ein Ferienparadies, das per Fähre in gut 2 Stunden zu erreichen ist. Sie gehört, wie Madaira zu Portugal.
Ich betrachte die Landschaft als wir weiterfahren - diesmal mache ich nicht so viele Notizen – nur ein paar Stichpunkte. Wir verlassen den Bus und schauen hinüber zu den bizarren Felsen im Meer, an der Bucht Ponta do Rosto. Ich bin schwer beeindruckt von der Umgebung. Eine Vulkanlandschaft mit allen Facetten – Berge - Buchten – niedrige Pflanzen. Nur Bäume gibt es hier keine.
Madeira bedeutet übrigens aus dem portugiesischem übersetzt, Holz und davon gibt es an anderen Stellen genug auf dieser Insel. Da ist einmal der Lorbeerbaum, dessen Blätter ich als Gewürz kenne und die dünneren Äste werden als Spieße für Grillfleisch verwendet. Das gibt ein gutes Aroma. Und dann hat es noch den Eukalyptus-Baum, der sich leider wie Unkraut vermehrt. Der braucht sehr viel Wasser und hat heute keine Verwendung mehr auf der Insel. Das Holz wurde früher für die Produktion von Papier verwendet, aber es gibt keine Papierfabrik mehr und so versucht man an vielen Stellen, diese Bäume abzuholzen und so den Wasserverbrauch einzudämmen. Dem Lorbeerbaum wird dieses Los nicht blühen, zumal das Gebiet des Lorbeerwaldes Laurisvila unter dem Schutz der UNESCO steht.
Das Klima bietet auf den unterschiedlichen Höhen der Insel ideale Voraussetzungen für die Pflanzenwelt. Der Süden ist subtropisch warm, wogegen es im Norden häufig regnet. Die Winde aus verschiedenen Richtungen wirbeln so einiges durcheinander. Es kann sein, dass es an der Nordküste hohe Wellen gibt, die vom Wind aus dem Nordosten getrieben werden. Er bringt feuchte Luft mit und so ist das Wetter morgens an der Ostküste oft sehr wechselhaft. Kommt der Wind jedoch vom Westen her, zack, ist es im Osten trocken und im Süd- und Westteil der Insel regnet es. Und so wundert es mich nicht, dass Inacio seine Touren nach der momentanen Wetterlage zusammenstellt. Schließlich sollen die Urlauber nicht unbedingt nass werden. Also bis jetzt sieht alles gut aus und ich glaube ihm, schließlich ist er ein Madeirer und kennt sein Wetter.
Die
Tour führt uns ein Stück oberhalb der Küstenstraße entlang und
dann durch die Bergwelt nach Santana an der Nordküste.
Was gibt es
dort zu sehen? Es sind die kleinen mit Stroh bedeckten Häuser, die
Touristen hierher locken. Sie sind überall im Ort zu finden.
Direkt neben dem Rathaus ist eine ganze Kolonie davon. Vor dem Rathaus war auch eine Krippe aufgebaut. Viele der Häuser, die mit Naturstein erreichtet wurden und deren Dächer bis auf den Erdboden reichen, sind restauriert worden und so entstand eine Art „Museumsdorf“. Früher wurden die Häuser zum wohnen, aber auch als Ställe genutzt. Hübsch sehen sie aus und bei einem Rundgang durch das Ortszentrum stelle ich fest, einige der Häuschen werden noch bewohnt.
Zwanzig
Minuten später sind wir an einer anderen Stelle angelangt. Der Bus
parkt in einer Haltebucht und wir schauen rüber zum 580 m hohen
Penha de Aguia.
Senkrecht sind die Felswände des Berges und ein
wenig erinnert er mich an einen Tafelberg.
Inzwischen ist es fast 14
Uhr und der Hunger meldet sich.
Über eine schmale kurvenreiche Straße geht es zum Naturpark Ribeiro frio und dort werden wir einkehren. Ui, das Restaurant sieht sehr ansprechend aus und die Tische sind für uns eingedeckt. Weil wir ja auf Madeira sind, bestellen wir zu dem leckeren „Bolo do caco“, ein mit Süßkartoffeln gebackenes Fladenbrot, gut beschmiert mit Knoblauchbutter – einen Poncha. Ich hätte die ganz Platte verdrücken können.
Dazu gab es einen Fleischspieß, hier kam der Lorbeerzweig zum Einsatz, einen knackigen Salat und Pommes. Kartoffeln gibt es genügend auf Madeira, denn dreimal pro Jahr werden sie geerntet. Als wir das Lokal verlassen, dürfen wir noch ein kleines Gläschen hochprozentiges probieren. Sehr lecker! Nach dem guten Essen können wir kurz unsere Füße vertreten und ich entdecke eine kleine Kapelle, die für Hochzeiten genutzt wird und wie praktisch, anschließend kann die Feier im Restaurant stattfinden.
Als wir wieder im Bus sitzen, sehe ich das Leuchten in Inacios Augen, als er uns sagt, wir fahren jetzt hoch, ganz hoch hinaus. „Du kannst dich ja auch erinnern, 2010 sind wir doch ins Tal der Nonnen gefahren und waren über 1000 meter hoch?“ frage ich meinen Mann. „Na klar, nach dem Besuch des Berges hatten wir ja abends was zu feiern gehabt!“ Ich lache … „genau!“ Die Landschaft verändert sich, hier oben wird es nebelig, rechts und links der Straße läuft Wasser in schmalen Rinnsalen bergabwärts. Ein kleiner Wasserfall ist zu sehen und ich fühle mich zurückversetzt nach Südamerika. Dort waren wir am „Ende der Welt“, in Ushuaia. In dem großen Naturschutzgebiet gab es auch viele Bäume, die mit Moos und Flechten bewachsen waren – genau wie hier. Das Moos bedeckt auch die Felsen und riesige Farne stehen zwischen den Bäumen.
Und mit einem Schlag
ist der Nebel weg und der Himmel strahlt blau. Der Bus hält, alle
steigen aus – wir haben das Ziel erreicht. Ein kleiner Weg führt
hinauf zur Bergstation des Pico do Arieiro auf 1810m Höhe.
Unter uns hat ein Teppich von Wolken die Landschaft zugedeckt, über uns scheint die Sonne und vereinzelt sehen wir Bergspitzen, die aus der Wolkendecke heraus schauen. Ich summe leise „über den Wolken muss die Freiheit...“. Mein Mann stupst mich leicht an : „Du schon wieder! Nun wissen wir, dass Inacio die Überraschung gelungen ist. Ohne die Wolkendecke würde es nicht so mystisch aussehen“ flüstert mein Mann zu mir rüber. Eine himmlische Ruhe ist zu spüren, ein leichter Wind weht und wir stehen einfach da und saugen das Bild der Landschaft mit den Augen auf.
Inzwischen ist es 17 Uhr und die Gruppe tritt die Rückfahrt an. Mir ist noch eingefallen, an den Berghängen weiter unten sind viele Terrassengärten zu sehen. Jeder, der hier ein Häuschen hat, nutzt die Fläche zum Gemüseanbau für den heimischen Bedarf ober verkauft es an kleine Cooperationen. Bananen, sind auch ein großes Thema auf der Insel. Sie gedeihen vorzüglich, auch in Terrassenanpflanzungen. Das heißt, auch jede Menge Schwerstarbeit für die Menschen. Alles muss hier hoch und auch runter getragen werden. Und so eine Bananenstaude hat ein ordentliches Gewicht von zig Kilo. Zuhause finden wir keine Bananen aus Madeira, sie dürfen nur in Portugal verkauft werden. Das gleiche gilt für die Bananen der Kanaren, sie dürfen nur innerhalb Spaniens auf den Markt gebracht werden.
Ein
letztes Mal hält der Bus an und zwar in Monte, einem kleinen Ort
oberhalb von Funchal. Bekannt ist der Ort, weil viele Touristen
hierher kommen, um mit dem Korbschlitten ins Tal hinunter zu
rutschen. Dann gibt es noch eine Seilbahn zum Bontanischen Garten in
Funchal und sehenswert ist auch die Wallfahrtskirche Nossa Senhora
do Monte. In ihr ist Kaiser Karl I. von Österreich bestattet.
Die Sonne langsam geht langsam unter, der Blick von hier oben ist einfach schön.
Ein Blick auf die Uhr, es geht zurück nach Funchal. Wir verabschieden uns in der Stadt von Inacio und bedanken uns für diesen wunderschönen und eindrucksvollen Ausflug auf Madeira. Viele Erinnerungen werden wir mit nach Hause nehmen und weitere werden dazu kommen. „Wir sehen uns nachher an Bord und wir freuen uns auf dich, nächste Woche, gleicher Ort, gleiche Zeit!“ rufe ich ihm noch zu. Er strahlt über das ganze Gesicht, wohin es geht, hat er mir nicht verraten – „auf jeden Fall, es wird ein guter Tag“, war seine Antwort und weg ist der Bus.
„So Leute, sagt unsere Freundin Katrin, dann man los! Es gibt ja viel zu sehen hier in der Vorweihnachtszeit!“ Sie muss es wissen, sie war vor nicht langer Zeit hier und weiß, wovon sie spricht.
Davon erzähle ich euch im nächsten Teil – nur so viel vorweg: Es ist bunt und leuchtet!