Wenn sich viele weißgewandete Männer, die mich teilweise an Lawrence von Arabien erinnern, an einem ganz bestimmten Ort in größerer Ansammlung zusammenfinden, um sich um die glänzenden Früchte des Meeres zu scharen, dann ist es Zeit für die große Auktion auf dem Fischmarkt von Barka.
Spätestens jetzt fühlt sich auch der letzte Besucher wirklich angekommen im Orient. Stolze Omani, gekleidet in die traditionelle Dishdasha, auf dem Haupt die Kumma oder auch Massar – jene reicht bestickte und verzierte landestypische Kopfbedeckung – feilschen um die Früchte des Ozeans, als ginge es um ihr Leben. Um das geht es natürlich nicht, aber um jeden Rial. Es wird geboten und gestikuliert. Doch man ist auch nachdenklich und in sich gekehrt.
Unter ihnen, im inneren Kreis, sitzt ein alter Mann mit von heißem Wind, sengender Sonne und einem langen Leben gegerbten Gesicht. Und er agiert mit einem langen Stock, welcher dann zum Einsatz kommt, wenn DAS Wort jeder Auktion fällt: تم البيع „Verkauft!“
Der fangfrische Fisch wird dann dem Meistbietenden zugeschoben.
Und ich stehe in gebührendem Abstand und beobachte völlig fasziniert und alles mich herum vergessend dieses seit Jahrhunderten traditionelle Ritual. „Da wird Fisch verkauft. Na, und?!“ – mag sich mancher jetzt beim Lesen vielleicht sagen. Ja, das richtig. Doch es die Art und Weise, wie das Ganze vonstattengeht. Dazu diese fremdartige, faszinierende Umgebung. Irgendwie scheint die Zeit stehengeblieben zu sein.
Hier wird Fisch noch wie in alten Zeiten gehandelt ...
... und das erntefrische Gemüse wird direkt vom Auto verkauft
Etwas weiter am Rande des Geschehens liegen jede Menge silbern glänzende Fische auf einer großen Plane und werden hier wahrscheinlich gleich in großer Stückzahl an den Käufer gebracht.
Frisch - Frischer - Fischmarkt von Barka
Direkt hinter dieser Szenerie rauscht der Golf von Oman, denn der Markt befindet sich unmittelbar am Strand, auf dem die Wellen des in dieser Jahreszeit 25 Grad warmen Wassers sanft auslaufen. Wunderschön ist es hier. Gern würde ich mehr Zeit verbringen, auch wenn ich aus Rücksicht auf Tradition und Religion sicher nicht direkt neben dem Souk in die verlockenden Fluten eintauchen würde.
Die Möwen warten, dass ihnen die Fischer einen Leckerbissen zuwerfen
Natürlich tauchen wir auch noch kurz wenigstens unsere Hände in den Golf von Oman. Hier müsste man Zeit zum Baden haben ...
Doch schon geht es weiter in Richtung Hajar-Gebirge, jener Gebirgskette, die sich halbmondförmig rund 700 Kilometer durch den Oman zieht. Höchster Berg ist der Jebel Shams mit 3.009 Metern.
Wir durchfahren eine Art Steinwüste, in der nur noch niedrige Schirmakazien wachsen. Blassgrau erstreckt sich die zerklüftete, gezackte Gebirgskette unter einem schäfchenbewölkten Himmel, während unser Bus, dessen Federung der Sitze sicher auch schon mal bessere Tage erlebt hat, über die zum Glück schlaglochfreie Straße rattert.
Doch bald wird es wieder grüner auf unserem Weg in Richtung der heißen Quellen von Al Thowarah:
Sattgrüne Dattelpalmenhaine säumen die Straße und ich denke mir, wie toll es doch wäre, ein paar dieser Prachtexemplare im heimischen Garten zu haben ... Dazwischen können wir immer wieder Papaya- und Zitrusbäume, Rizinus oder Bougainvilleas bewundern. Ab und zu dazwischen auch mal Gebäude, teils verfallen, teils aber auch luxuriös wirkende Villenanwesen, umgrenzt von hohen Mauern.
Dattelpalmenhaine wie dieser hier begeistern mich total. Wie gern würde ich dort jetzt einen Spaziergang unternehmen. Was für ein Botaniker-Traum!
Ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem sorgt dafür, dass die imposanten Palmen auch bei größter Hitze und Trockenheit optimal mit Feuchtigkeit versorgt werden, um eine weitere reiche Ernte zu garantieren.
Schließlich erreichen wir mitten im Gebirge die Oase von Al Thowarah im Wadi Hammam. Rund 40 Grad heißes Wasser speist die Quellen, in deren seichten Wassern es etwas ganz Besonderes gibt. Hier leben jede Menge der „Knabberfische“, die vor allem bei der Therapie von Hautkrankheiten eingesetzt werden. Uns gibt Daniela den Tipp, ruhig mal Schuhe und Strümpfe auszuziehen, um unsere blassen Winterfüße von den kleinen Fischen bearbeiten zu lassen.
Die heißen Quellen von Al Thowarah – Heimat hunderter "Knabberfische"
So entsteigt unsere Gruppe nicht nur dem Bus, sondern auch Schuhen und Strümpfen und schwärmt im flachen, warmen, träge dahinfließenden Wasser zur kostenlosen tierischen Pediküre aus. Man muss ein wenig aufpassen, wie und wohin man tritt. Schnell läuft man sonst Gefahr, auf teilweise vorhandenen Algen- und Wassergrasteppichen auszurutschen und ein unfreiwilliges Ganzkörperbad zu nehmen.
Schnell stehen viele Gäste unseres Busses mit hochgekrempelten Hosenbeinen barfuß im Wasser und beobachten mit gesenkten Köpfen, was da so mit ihren Füßen passiert. Erst ist noch nichts zu sehen oder zu spüren. Aber es dauert nicht lange, und schon nähern sich die ersten Fische, pfeilschnell und von wo auch immer plötzlich auftauchend. Die kleineren knabbern ja noch behutsam und es kitzelt, aber sobald ein etwas größeres Exemplar seinen Hunger auf menschliche Haut stillen will, entlockt er dem zu den Füßen gehörenden Menschen schon mal ein etwas erschrockenes „Au!“
Man hätte uns ja wirklich mal vorwarnen können, dass sich scheinbar auch ein paar Piranhas in dieses so idyllisch wirkende glasklare Wasser verirrt haben … Jedenfalls war diese „Gratis-Pediküre“ ein lustiges Erlebnis, an das sich die meisten von uns sicherlich noch lange erinnern.
Gern hätte ich sie ja mal fotografiert, aber sie ließen mir keine Chance. In dem Gewimmel und der von der Sonne beschienenen Wasseroberfläche überwogen die Reflexionen der tanzenden Lichtpunkte.
Wir befinden uns übrigens in Gesellschaft eines Einheimischen, der seinen Teppich wäscht, einer Familie beim Picknick und dann ist da auch noch jemand, der gleich in den Fluten badet, was offiziell hier eigentlich nicht gestattet ist. Keiner kümmert sich um den anderen und jeder geht seiner „Beschäftigung“ nach.
Leicht wie eine Feder kommt eine große Libelle angeschwirrt – leuchtend rot und mit in allen Farben des Regenbogens in der Sonne schillernden hauchdünnen Flügeln. Sie lässt sich auf einem der warmen und überall aus den seichten Fluten ragenden Steinen nieder. Die ansonsten durchsichtigen Flügel teilweise braun und an den Spitzen schwarze Pünktchen. Eine Libelle in einer solch außergewöhnlichen Farbe habe ich vorher noch nie gesehen.
Libellen finde ich faszinierend. So zerbrechlich wirkend, so filigran. Und ein wenig sehen sie immer aus wie ein Mini-Hubschrauber, wenn sie mit leicht knisternden Flügelschlägen im Sommer um den Gartenteich schwirren.
Zu Hause habe ich nach meiner Reise mal nachgeschlagen. Es handelt sich um ein Exemplar aus der Familie der Segellibellen aus der Gattung mit dem so gar nicht arabisch klingenden Namen „Blutrote Heidelibelle“.
Auch das eine oder andere zarte Gewächs lässt sich am Ufersaum entdecken, so wie diese einer Spinne ähnelnden Grasrispe mit feinen Härchen und kleinen klebrigen und wie Mini-Diamanten in der Sonne glänzenden Tropfen.
Frisch pedikürt und mit nunmehr streichelzarten Füßen gesegnet, steigen wir wieder in Strümpfe und Schuhwerk und wenden uns unserem Ausflugsbus zu. Schade, gern hätte ich hier noch ein wenig die Seele baumeln und die Fische knabbern lassen.
Nächster Programmhöhepunkt ist die Besichtigung der Festung von Nakhl, die in exponierter Lage weithin sichtbar auf einem Berg thront, und von deren Mauern sich ein fantastischer Blick auf die umliegende Ebene und die ausgedehnten Dattelpalmenhaine bietet.
Unterwegs sehen wir am Straßenrand immer wieder Gebäude wie dieses hier – alles mit Marmor verkleidet und das typische Minarett für den „Gebetsrufer“ – den Muezzin – darf natürlich nicht fehlen.
Schließlich taucht sie hinter Bäumen, einen großen Parkplatz überragend und weithin sichtbar auf: die Festung von Nakhl:
Diese Anlage ist eine der größten Festungen des Sultanats Oman. Erbaut wurde Nakhl im 17. Jahrhundert. Auch hier Fotomotive in Hülle und Fülle. Und auch die Speicherkarte meiner Digitalkamera füllt sich mit tollen Fotos dieses ehrwürdigen Gemäuers.
Begrüßt werden wir zunächst von wunderschönem Blütenflor üppiger pinker Bougainvilleas und wilder Winden:
… bevor wir uns auch ein wenig ehrfürchtig den mächtigen Mauern von Nakhl zuwenden.
Fortsetzung folgt …
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