16.01.2019
Es war nur eine kurze Etappe. 112 sm hat die Cara über Nacht zurück gelegt. Pünktlich zum Sonnenaufgang hat ein Vibrieren die Nachtruhe beendet. Ich mache mir schnell einen Kaffee, schmeiße mich in meinen „Lümmellook“ und begebe mich auf meinen traditionellen Morgenspaziergang. In der einen Hand den Kaffee, in der anderen den Fotoapparat. Der Kapitän sprach von wechselhaftem Wetter, der Sonnenaufgang sieht aber ganz viel versprechend aus.
„Was für ein atemberaubender Anblick – unsere jüngste Kussmundlady, AIDAnova, und die erfahrenste, AIDAcara, gemeinsam im Hafen von Santa Cruz de Teneriffa!“, so stand es gestern Abend in der AIDA Heute.
Nun, in Atemnot bin ich nicht geraten aber imposant ist sie schon, wie sie da an der Pier liegt und von der Sonne in goldenes Licht getaucht wird während sie neues Flüssiggas bekommt.
Bei dieser Morgenstimmung muss ich einfach - auch wenn meine Tasse inzwischen leer ist – noch eine zusätzliche Runde um Deck 6 laufen.
Da entdecke ich prompt einen schwimmenden Hinweis auf unser morgiges Ziel: La Palma.
Ich gehe zurück in die Kabine, und befreie mich von meinem "Lümmellook" und meine Fensterbank von Decken und Kissen. Dieses Schnapprollo benutze ich nicht mehr. Entweder bin ich zu blöd oder es funktioniert tatsächlich nicht so wie es sollte. Jedenfalls wollte ich das Risiko einer Innenkabine nicht eingehen. So ging es auch.
Teneriffa kenne ich von früheren Landurlauben relativ gut. So gibt es heute nur einen einzigen Termin und drei „zu erledigende Dinge“ auf meinem Plan.
Der Termin: Nach dem Frühstück eine klassische Schulter-Nacken-Massage. Es gäbe da noch so viel anderes, das ich mir gönnen könnte. Aber nein, das habe ich mir quasi selbst verboten. Auf den ersten Kreuzfahrten habe ich diesen Luxus genossen, dann kam die Erhöhung des Einzelkabinenzuschlags. Und plötzlich stand ich vor der Entscheidung, entweder künftig weniger verreisen oder die Kosten pro Reise zu senken. Ich habe mich für die 2. Variante entschieden. Nennt es meinetwegen „Geiz ist geil“. So falsch ist das ja auch nicht. Aber ich kann verdammt stur sein. Und dieses mehr an Geld gönne ich Aida einfach nicht, zumal keinerlei Mehrwert damit verbunden ist. Ein bisschen Luxus muss aber doch sein. Diese eine Massage pro Woche ist dann mein Kompromiss. Bei der Behandlung kamen mein Therapeut und ich zwangsläufig auf das Thema Nova. Kein Wunder, sie lag in Sichtweite. Er erzählte mir, dass er beim letzten Schwesterntreffen die Gelegenheit hatte, sie zu besichtigen. Begeisterung hört sich anders an. Seine Beschreibung: Man geht ewig und kommt nur von einem Restaurant ins nächste.
Dann waren da ja noch drei Dinge zu erledigen. Die gestern gekauften Karten schreiben und bei einem Spaziergang in den Kasten werfen. Genau wie gestern ist schnell ein schöner Platz auf dem Pooldeck gefunden, Karten schreiben und noch etwas lesen, danach geht es zu einem Bummel in die Stadt. Punkt 1: Erledigt.
Zum Mittagessen habe ich eigentlich keine Lust. Ein Häppchen nur, der Tag ist noch lang. Aber ich muss mich davon überzeugen, dass dieser Softeisautomat noch immer störungsfrei funktioniert. Er tut es.
Der zweite Punkt auf der Aufgabenliste: Von der Nova ein paar Fotos machen, tagsüber und beim Auslaufen. Halb erledigt. Mittlerweile ist das Tankschiff verschwunden und der Himmel sieht auch nicht mehr so gut aus.
Wenn man das Schiff auf Bildern sieht wirkt es gar nicht so riesig, aber hier vor der Kulisse von Santa Cruz de Teneriffe: Ein Gigant der Meere.
Beim Anblick des Ozeanriesen vermischen sich gedanklich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wie schön wäre es gewesen, im November die Stadt Bremerhaven zum ersten mal zu besuchen, sich zum Beispiel das Klimahaus anzusehen, abends im Hotel einen freien Blick auf die beleuchtete AIDAnova zu haben und sie dann vier Tage lang zu erkunden.
Zwei Monate später sehe ich nun die Nova zum ersten mal. Ich bin fasziniert, aber auch sehr nachdenklich. Das Schiff hat von mir spontan einen Beinamen bekommen: Schattenspender! Ich wusste ja hier vom Forum nun schon, dass man von den 6000 Menschen auf dem Schiff selbst nicht viel merkt. Aber was ist mit den Häfen? 6000 Menschen, von denen die meisten das selbe wollen. Ist es überhaupt möglich spontan noch einen Ausflug zu buchen, einen Mietwagen oder ein Taxi zu bekommen? Und was tut man den Orten selbst damit an. Teneriffa oder Gran Canaria sind da sicher nicht das Problem. Aber es gibt auch andere, kleinere Ziele. Im Verlauf des Tages reift in mir die Entscheidung, dass ich mich wegen der Nova nicht diesen fiesen Airport-Flight-Viren aussetzen werde. Beeindruckend bleibt aber für mich die Tatsache, dass dieser Koloss überhaupt schwimmt. Das verstehen wohl nur Physiker und Kapitäne.
Nun freue ich mich auf die Zukunft. Auf ein Wiedersehen mit der Insel Stromboli, die im letzten Herbst bei einem Unwetter das Leuchtfeuer den Blitzen überlassen hat und auf den Ätna, der sich im Nebel vor mir versteckt hielt. Ich hatte ihm versprochen wieder zu kommen. Das mache ich Anfang September, 50 % Rabatt sei Dank. Aber das wird eine andere, neue Geschichte.
Punkt 3 auf meiner Liste: Den morgigen Tag planen. Unerledigt. Die Kanaren habe ich schon öfter bereist und sie werden sicher auch in Zukunft immer ein willkommenes Winterziel bleiben. Da muss ich mir keinen Ausflugsstress machen. Der Wetterbericht für den morgigen Tag war bestenfalls „durchwachsen“. Ich buche keinen Ausflug. Santa Cruz de La Palma ist auch ein schönes Städtchen.
Das Abendessen steht unter dem Motto Mediterran. Ich kann mir Zeit lassen. Heute sind es zwei Kellner, die sich zuvorkommend um meine Flüssigkeitsversorgung kümmern.
Um 21 Uhr bin ich bereit zum Auslaufen. Das Schöne an Deck 6 ist, dass es dort niemals überlaufen ist.
Wir verlassen die Pier und auch die Nova. Von ihr werden wir gebührend verabschiedet. Mit Typhon, mit Lichtzeichen.
Ich frage mich, was das für ein "Lochmuster" oberhalb des Kussmundes ist.
Die Nova entschwindet langsam unseren Blicken, damit ist auch das "Lochmuster" vergessen.
Und jetzt haben wir tatsächlich einen freien Blick auf Santa Cruz.
Unsere Cara springt anschließend vor Freude im Dreieck. Ähm, sorry, ich meine sie fährt im Viereck. Der Kreiselkompass wird neu ausgerichtet.
Und ich laufe "im Kreis" wie jeden Abend.
Urlaub auf dem Meer ……….
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