9. Dezember 2021, Seetag Lanzarote – 19 Grad, leicht bewölkt
„Hast du was bemerkt?“ fragt mein Mann, als er die Augen aufschlägt. „Hä, von was redest du? Seegang oder was?“ melde ich mich verschlafen. „Nein, nicht das, sondern von der Abfahrt aus dem Hafen!“ „Nö, nichts gemerkt, ich habe wunderbar geschlafen und möchte bald meinen Kaffee trinken!“ kommt von mir und so springe ich aus dem Bett und hopp, ab in die Dusche. Schließlich sind wir um 10 Uhr vor dem Schiff mit Katrin und Michael verabredet. Ich flitze rasch nach achtern. Der Wind hat schon mächtig gewirbelt. Die Besteckteile liegen auf dem Boden und die Crew ist dabei, die Tische wieder abzudecken.
Am Treffpunkt vor dem Schiff auf der Muelle de los Marmoles werden wir schon erwartet und die Botschaft ist: „Die Mar liegt heute weiter weg vom Centrum und wir nehmen den Shuttle bis zum großen Einkaufszentrum am Ende der Pier“, schlägt Katrin vor. So machen wir das, denn wir wollen ja später noch viel laufen und durch Arrecife streifen. Die beiden waren auch schon mal auf der Insel unterwegs und nun bietet es sich an, dass wir uns heute gemeinsam der Inselhauptstadt widmen. Der Preis für den Bus für die Hin- und Rückfahrt ist okay und Platz finden wir auch. Knapp 10 Minuten später sind wir am Ausgangspunkt unserer Tour angelangt, an der Avenida Olaf Palme. Der Name erinnert an den Tag, als das schreckliche Attentat auf diesen Politiker verübt wurde.
Es weht eine gute Brise vom Meer herüber und ich bin froh, dass ich eine warme Jacke angezogen haben. An der Info am Hafen besorgen die Männer einen kleinen Stadtplan und wir beratschlagen, wo wir hin wollen und was wir unbedingt gesehen haben müssen.
Die beiden Skulpturen eines spanisch/kanarischen Bildhauers in der Nähe zum Hafen sind sehr ansprechend. Sie sehen, trotz der fehlenden Häupter, sehr majestätisch aus. Die gefalteten Hände, bittend oder dankend für etwas und die verschränkten Arme signalisieren Zufriedenheit oder Warten. Mit der Kunst es ja so, dass eigentlich jeder etwas in den Anblick hinein interpretieren kann. Etwas respektlos versuche ich die eine Skulptur nachzuahmen: Ich bitte um etwas Sonne!
Das kleine Becken des Jachthafens ist schön anzuschauen. Die Boote, überwiegend in der Farbe weiß, kombiniert mit einem leuchtenden Blau. Ein paar Schritte weiter liegen die kleinen Fischerboote trocken im Hafenbecken, es ist gerade Ebbe und auf der Avenue Cesar Manrique ist nichts los. Irgendwie fehlen die Touristen - Coronazeit.
Die Tische in den kleinen Restaurants sind schon gedeckt für die Mittagsgäste, denn Einheimische werden in der Mittagspause kommen – für eine Platte des Tages.
Ich bin ganz verliebt in Lanzarote, denn die Beschaulichkeit der Ortschaften hat mich schon vor Jahren angezogen. Kleine Hotels, kleine Restaurants und Bars, keine Betonburgen – alles so, wie es Manrique im Sinn hatte, der Insel ihren eigenen Charme zu lassen und er hat durchgesetzt, dass die Ansiedlung von Bettenburgen quasi verboten wurde. Er selbst hat viele Jahre in Arrecife gelebt und sein Erbe, dass die Häuser nur zweistöckig sein sollten, hat Bestand. Auch setzte er sich dafür ein, dass die vielen riesigen Reklametafeln entfernt wurden und so das Landschaftsbild durch sie nicht verschandelt wird. Irgendwann zog er aufs Land und baute ein Haus in einer Lavahöhle, das später ein Museum wurde. Wir haben es besichtigt und konnten dort viele seiner Kunstwerke bestaunen.
Übrigens, der Name Lanzarote wird abgeleitet aus dem spanischen Namen des Artusritters Lancelot. Ich kann mich erinnern, ich habe den den Film „Lancelot, Ritter der Königin“ gesehen. Nun verstehe ich die Verbindung. Auf der Insel wurden im Laufe der Jahre viele Kinofilme gedreht, unter anderem „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ und im Timafaya-Nationalpark entstanden Szenen des Films „Auf der Suche nach der Schatzinsel“. Ich glaube, in einem James Bond Film gibt es auch einen Teil, der auf dieser Insel entstand.
Wir umrunden das kleine Hafenbecken, das gesäumt ist von einigen Kunstwerken und schönen engen Gassen bis wir vor der Iglesia San Gine stehen, die Kirche mit dem schlanken Glockenturm.
Von dort aus
schaut man schon auf das bekannte Fort, San Gabriel, und dort wollen
wir hin.
Unter der Brücke rauscht das Wasser durch, die Flut hat eingesetzt. Ein Glück, wir haben bequeme Laufschuhe an. Mit Absatzschuhen ist das laufen hier schon eine riskante Sache. Einmal vom Kopfstein abgerutscht und autsch.... Für Fahrzeuge gibt es eine gesonderte Zufahrt auf diese vorgelagerte kleine Insel.
Die Burg ist als hölzerne Festung erbaut worden und es kam, wie es kommen musste, sie brannte bei einem Angriff ab und wurde später aus Stein neu errichtet. Sie ist auch ein Wahrzeichen der Insel und beherbergt ein kleines Museum. Mich interessierte die große Kanone davor. Ich sehe etwas militärisch aus, denn es ist doch kälter, als ich dachte und bekam ich von Michael kurzum seine winddichte Regenjacke geliehen.
Nächstes Ziel ist das nicht übersehbare, einzig hohe Gebäude hier im Ort, das Arrecife Gran Hotel. Unsere Freunde kennen es und meinten, ein Besuch würde sich auch für uns lohnen, denn von dort oben aus hat man eine grandiose Aussicht.
Die Uferpromenade mit den kleinen Parkanlagen ist sehr abwechslungsreich. Gleich in der Nähe des hübschen Pavillons ist ein großes Zelt aufgebaut und der Mann am Eingang winkt uns heran. Wir dürften ruhig eintreten und die Ausstellung anschauen. Die Geschichte der Insel wurde nachgebaut, Orte in Miniaturansicht zeigen, wir es früher mal war und die kleinen Figuren tragen die Trachten der damaligen Zeit. Sehr interessant, fanden wir und bedanken uns für die freundliche Einladung einzutreten.
Was man hier studiert, ich habe keine Ahnung, auf jeden Fall gefällt mir das Gebäude mit der großen Statue davor.
Nach ein paar Schritten bleibe ich stehen und schaue den Männer beim Spiel zu. Einer zwinkert mir zu, ich dürfe ruhig ein Foto machen … er sagt irgendwas von Maske oder so … wahrscheinlich erkennt man sowieso niemand und so drücke ich ab. Das gemütliche Beieinandersitzen der Männer beim Karten spielen oder bei Brettspielen kennen wir von unseren Reisen am Mittelmeer und auch im Orient.
Die breite Promenade ist wie leergefegt und wir suchen uns ein Plätzchen in einem kleinen Restaurant, bestellen was zu trinken, nehmen die Masken ab und erfreuen uns am Anblick des Meeres. Wie schön ist es, dass wir das genießen dürfen. Glas leer, weiter geht es.
Und dann erreichen wir das höchste Gebäude der Insel, das Arrecife Gran Hotel, 54 Meter hoch und 15 oberirdische Etagen. Die Glasfassade ist perfekt gewählt und so passt sich das Gebäude fast dem Himmel an. Die Wolken und die Sonne spiegeln sich wieder und verleihen dem Gebäude eine gewisse Leichtigkeit. Die Lobby stylisch in Marmor, ruckzuck sind wir mit dem Fahrstuhl oben im Lokal angekommen. Ja, hier ist schon mehr los. Wir haben Glück und bekommen noch einen freien Tisch zugewiesen. Der Blick auf den unter uns liegenden Strand und die Stadt ist fantastisch und so trinken wir unseren Espresso und betrachten die Landschaft um uns herum. „Leute, Danke für euren Tip“, sagt Heinz zu unseren Freunden.
Als wir wieder unten auf der Promenade stehen, stellt sich die Frage, was wir jetzt noch machen können. „Laufen“, ist unsere gemeinsame Entscheidung – in Richtung Stadtzentrum.
Ich komme voll auf meine Kosten, schlendere hinten drein, bleibe stehen, schaue in schmale Treppenhäuser, verträumte Gassen – einfach toll. Aber ich muss auch ehrlich zugeben, teilweise ist es ein trauriger Anblick. Viele Läden sind geschlossen, Häuser stehen zum Verkauf. Die Pandemie hat ihre Folgen auch hier. Touristen kommen nur wenige und dann noch diese Jahreszeit, die Kassen klingeln eben nicht. Überall das gleiche Schicksal …
Inzwischen ist es schon kurz vor drei Uhr und ehrlich, ein wenig Hunger haben wir schon. Also suchen wir uns ein Lokal und werden in einer schmalen Gasse fündig. Ein paar Tische im Freien, ein paar stehen gedeckt im Innenbereich, die Bedienung ist sehr nett und notiert die Bestellung. Himmel, was hat das Essen gut geschmeckt, angefangen vom Burger, über meinen gebackenen Käse und der Portion Lasagne des Hauses.
Ob da noch was reinpasst heute Abend fragen wir uns. Die Frage ist berechtigt, denn wir essen zu viert im Rossini. Gut, ein paar Kalorien können wir noch auf dem Rückweg zum Schiff verbrennen und so sind wir wieder flott unterwegs.
Zurück an Bord, bleibe ich im Theatrium hängen und schaue den Artisten zu. Ich mache ein paar Fotos und frage, als sie gerade eine kleine Verschnaufpause einlegen, ob ich die Fotos für meinen Reisebericht verwenden kann. „No Problem and thank you so much“, kommt von der jungen Frau. Flugs notiere ich mir ihren Namen und sende ihr die Fotos aufs Handy. Ach, es tut gut, Menschen, die uns mit Gesang, Akrobatik, im Restaurant oder sonst wo auf dem Schiff erfreuen, ein kleines Geschenk zu machen.
Es wird Zeit, dass wir uns ein wenig ausruhen und uns für das Abendessen richten. Das Essen war wieder sehr sehr lecker und anschließend sitzen wir noch etwas an der frischen Luft, an der Poolbar und amüsieren uns ordentlich.
Die Crew hinter der Theke überrascht uns mit neuen Zaubertricks. 3 junge Männer auf der Bank hinten im Eck müssen irgendwie eine Taufe überstehen. Ich denke mal, der Turm könnte es in sich haben ... und wir desinfizieren dann auch mal zum Abschluss des Abends. Und ich, die Kleine, habe noch ein wenig bei der Reinigung des Pooldecks „geholfen“ - es war eine gekonnte Einlage und ich habe sogar Beifall bekommen. Das Lebens ist schön, würde ich sagen – es ist 1:16 Uhr als wir unsere Kabinentür öffnen und mein Blick fällt auf das hinterlassene Chaos. „Hopp, wir räumen noch auf, bevor wir ins Bett fallen“, heißt mein Kommando an meine bessere Hälfte. Nur so nebenbei, auch Männer können mal im Urlaub zupacken.
Morgen können wir etwas länger schlafen, haben wir beschlossen. Katrin und Michael machen eine Radtour und wir werden die nächste Hafenstadt erlaufen.
Davon berichte ich dann im nächsten Teil.