Reisebericht MSC Orchestra, 30.8. bis 6.9.2009, 7 Nächte Norwegische Fjorde
Vorgeschichte und Buchung:
Manchmal ist man eben „urlaubsreif“ und braucht einfach mal eine Woche zum Ausspannen. Da wir auf diese „Ausspannungswoche“ nicht lange warten wollten buchten wir erstmals sehr spontan – genauer gesagt etwa zwei Wochen vor Abreise – die MSC Orchestra. Wir haben uns einerseits für diese Route entschieden, weil wir schon immer mal die „Fjord-Route“ machen wollten und andererseits diesmal einfach keine Lust hatten, irgendwohin zu fliegen. Da bot sich Kiel als Abfahrtshafen einfach an.
Zum Zeitpunkt der Buchung waren nur noch Garantie-Balkonkabinen verfügbar, die Kabinennummer sollte man mit den Tickets erfahren. So geschah es dann auch, auf dem Kreuzfahrtticket stand dann unter Kabinennummer: 11188 KEL – 10242 CPH. Hmm, ohne es genau zu wissen, vermutete ich anhand dieser Kürzel, dass wir für die letzte Nacht die Kabine wechseln mussten. Da mir das etwas seltsam erschien, rief ich erst im Reisebüro und dann bei MSC an. Ergebnis: Nein, ein Wechsel ist nicht nötig und wird den Gästen auch i.d.R. nicht zugemutet. Ein zweiter Anruf bei MSC ergab dann genau das Gegenteil... soviel zur Informationskompetenz. Wir wollten uns dann schlussendlich einfach „überraschen lassen“...
Anreise und Check-In:
Mit dem Auto waren wir zügig in Kiel, vorab hatten wir einen Parkplatz bei Port-Parking reserviert. Dieser Parkplatz befindet sich in der Nähe des Stena-Line-Terminals, entsprechend weit muss man dann noch zu Fuß zum Ostsee-Kai laufen. War aber kein Problem, da das Wetter in Kiel mitspielte. Gegen 12.30 Uhr kamen wir am Terminal an und dort war schon eine Menge los. Aktuell wurde die Einschiffungsnummer 6 aufgerufen und irgendwie wurden wir das Gefühl nicht los, dass sich dennoch ALLE Leute einfach in die Schlange einreihten. Das wurde auch nicht weiter kontrolliert. Entsprechend lange dümpelte man dann nach Aufruf der eigenen Nummer in der Schlange herum, bis man endlich einen freien Counter erreichte. Ach ja: Vorab gab es noch einen „lockeren“ Fragebogen zum Thema Schweinegrippe. Ansonsten verlief der Check-In wie bei jeder anderen Kreuzfahrt auch. Beim Betreten der MSC Orchestra wurden wir von aufgereihten Kellnern begrüßt und konnten uns dann frei im Schiff bewegen. Die Kabinen waren bereits fertig und so suchten wir als erstes mal unsere Balkonkabine 11188 auf.
Die Balkon-Kabine 11188:
Ganz klar: Vom Einrichtungsstil her sicherlich eine der schönsten Kabinen, die wir jemals bewohnt hatten. Endlich mal ein halbwegs guter Geschmack und keine seltsam geblühmten Sofas oder Vorhänge wie bei manch einer US-Reederei. Insgesamt war die Kabine ausreichend groß, wenngleich die Decke doch sehr niedrig wirkte. Wir konnten keine großartigen Abnutzungserscheinungen am Mobiliar feststellen, sauber war die Kabine auch. Die Schränke verfügten über sehr viele Schubladen, die jedoch teilweise sehr klein ausfielen. Der Fernseher verfügte über mehrere deutsche Programme (ARD, RTL, Prosieben, Eurosport). Neben der üblichen Seekarte und den aktuellen Wetterinfos gab es auch drei Kameraperspektiven und eine interaktive Seite, auf der man Ausflüge u.ä. buchen konnte. Der Balkon erschien uns recht groß und war mit einem kleinen Tisch sowie zwei Sesseln im Korbmöbel-Stil ausgestattet. Das Bad war für unsere Zwecke ebenfalls ausreichend groß, die Dusche verfügte leider nur über einen Vorhang. Sehr schön: Es herrscht sowohl am Waschbecken als auch in der Dusche ein richtig ordentlicher Wasserdruck!
Die Kabine wurde zweimal am Tag gereinigt, der abendliche Turndown-Service erfolgte jedoch ohne Schokolade auf dem Kopfkissen und ohne Handtuchtierchen. Das Programm für den nächsten Tag wurde leider auch immer zu sehr unterschiedlichen Zeiten auf die Kabine gebracht. Auffällig waren während der gesamten Reise (auch während der Liegezeiten) mehr oder weniger starke Vibrationen und Knarzgeräusche in der gesamten Kabine, die teilweise doch sehr störend waren.
Die Heck-Balkonkabine 10242:
Da in Kopenhagen viele neue Gäste zustiegen, mussten etwa 300 (!) Gäste für die letzte Nacht in eine andere Kabine umziehen. Das verlief alles sehr reibungslos, um 8.30 Uhr konnten wir bereits die neue Kabine beziehen. Diese lag am Heck des Schiffs und war deutlich kleiner als die 11188. Der Balkon war zwar naturgemäß größer, jedoch konnten wir unseren Koffer nur mit Mühe zwischen Bett und Minibar hindurchzwängen. Auch das Sofa war um die Hälfte kleiner wie in der vorigen Kabine. Eine Kabine dieser Größe würden wir für eine komplette Reise nicht buchen wollen. Als das Schiff abends Kopenhagen verließ herrschte starker Wind und laut TV-Infos fuhr die Orchestra recht zügig mit über 22 Knoten in Richtung Kiel. Erschreckend dabei: Wir haben bisher auf keinem Schiff derart unterirdische Vibrationen und Geräusche in einer Kabine wahrgenommen. Gut, dass man am Heck etwas mehr von der Maschine hört und es vielleicht auch entsprechend vibriert ist klar (die Orchestra hat keinen Pod-Antrieb), aber was einem hier zugemutet wurde, war unglaublich. An Schlaf war nicht zu denken, da das gesamte Bett derart stark vibrierte, dass man allein den Kopf nicht ruhig aufs Kissen legen konnte. Wir sind da sicherlich nicht überempfindlich, aber das war wirklich unglaublich. Wir hatten zum ersten Mal eine Heckkabine bewohnt – ist das etwa normal?
Das Schiff selbst:
Der gesamte Einrichtungsstil der Orchestra ist in unseren Augen sehr geschmackvoll und angenehm. Besonders auffällig ist nur, dass einem alles sehr klein vorkommt, obwohl das Schiff mit über 90.000 BRZ alles andere als klein dimensioniert ist. Dies mag sicherlich an der insgesamt geringen Deckenhöhe liegen. Das Atrium war ganz nett gestaltet und wurde jeden Abend für angenehme musikalische Darbietungen genutzt. Insgesamt empfanden wir die Einteilung der Decks als etwas umständlich, zumal die Beschilderung im Schiff sehr spärlich ausfiel. Manche Bereiche wirkten zudem etwas arg dunkel. Das Pooldeck hingegen zeigte sich sehr großzügig mit zwei großen, getrennten Pools. Der angebrachte LED-Bildschirm wurde lediglich für MSC-Eigenwerbung genutzt – das Ding hätte man sich im Grunde auch sparen können. Ein ganz großes Problem ist die Tatsache, dass die offenen Decks im Regen wortwörtlich „absaufen“. Unglaublich, aber teilweise stand dort das Wasser wirklich extrem hoch und floss nirgends ab. Das Personal machte auch erst sehr spät Anstalten, etwas dagegen zu tun.
Das Personal:
Die Crew machte einen sehr zwiespältigen Eindruck auf uns. Housekeeping und Kellner waren wie immer sehr freundlich und gut drauf, sprachen aber allesamt auffällig schlecht Englisch (von Deutsch wollen wir mal gar nicht reden...). Die Leute, die etwas mehr zu sagen hatten (Rezeption, Restaurantmanager...) präsentierten sich mit einer gähnenden Lustlosigkeit und gewisser „Schnippigkeit“. Das ein oder andere Mal fühlte man sich nicht so recht willkommen auf dem Schiff. Freundlich gegrüßt wurde man eigentlich auch nur vom Housekeeping. Offiziere und auch den Kreuzfahrtdirektor sah man eigentlich außer bei den Shows nie. Besonders nervig war, dass JEDE Durchsage im Schiff auf Italienisch, Deutsch, Spanisch, Französisch und Russisch erfolgte – und zwar in aller Ausführlichkeit. Den Höhepunkt erreichte diese sprachliche Weltreise bei den Erklärung während der Fahrt durch den Geiranger-Fjord...
Essen:
Mit den schlimmsten Befürchtungen aus diversen Reiseberichten und Foren sind wir an Bord gegangen: „Kalt, fad, langweilig, schmeckt absolut nicht“ usw. Das Gegenteil war auf unserer Reise der Fall: Das Abendessen war durch die Bank vielfältig, sehr lecker und auch immer heiß. Das ein oder andere Mal hätte man die Dekoration sicherlich intensivieren können, aber wir haben jeden Abend das Essen sehr genossen. Die Bedienung im Restaurant war zwar meilenweit von Professionalität entfernt, aber sehr fröhlich und herzlich. Wir haben uns mit unserem kroatischen Kellner sehr gut unterhalten. Er selbst hatte vorher neun Jahre bei Carnival gearbeitet und – ehrlicherweise – nur wegen dem besseren (Euro-) Verdienst zu MSC gewechselt. Laut seiner Aussage läuft das gesamte Produkt bei Carnival deutlich professioneller und qualitativ hochwertiger. So werden die Kellner bei MSC nicht großartig trainiert, sondern arbeiten gemäß dem „learning bei doing“... Kostenlose Getränke zum Abendessen gab es übrigens nicht, nicht mal Wasser.
Das Buffetrestaurant war fast zu jeder Zeit hoffnungslos überfüllt. Insbesondere die deutschen Gäste fielen hier mal wieder negativ auf, da mal wieder sämtliche Tische reserviert oder blockiert wurden und niemand Lust hatte, sich mal ordentlich an einer Buffet-Theke anzustellen. Da füllten wir uns schon deutlich an frühere AIDA-Reisen erinnert... das Buffet-Restaurant war zwar nett eingerichtet, aber eben doch etwas unterdimensioniert. Die Auswahl der Speisen zum Frühstück war unserem Geschmack entsprechend gut (ich bin zum Frühstück eher ein „Süßer“, daher sind mit Wurst- und Käseauswahl egal...). Das Mittagessen war etwas spärlicher und man merkte, dass die ein oder anderen „Reste“ vom Abendessen verarbeitet wurden Hier waren die Speisen manchmal aber schon etwas abgekühlt. Abends wurde das Buffet-Restaurant zu einer zuzahlungspflichtigen Pizzeria umgewandelt, ein anderer Teil wurde zu einem ebenfalls zuzahlungspflichtigen Bedienrestaurant umfunktioniert. Beides haben wir nicht genutzt. Eine ganztägig geöffnete und kostenlose Pizza- oder Pasta-Station gab es komischerweise nicht, sowas hätte ich mir auf einem italienischen Schiff schon gewünscht.
Unterhaltung und Sonstiges:
Fazit vorweg: Wer die technisch ausgefallenen Shows auf den US-Schiffen gewohnt ist, braucht bei MSC nicht ins Theater zu gehen. Die Musik kommt vom Band und ich bin mir ziemlich sicher, dass dies auch grundsätzlich für den Gesang gilt... Die dargebotenen Shows waren allesamt recht lahm, nichtmal ein schönes Bühnenbild wurde präsentiert. Die Darsteller waren jedoch so von sich überzeugt, dass eine Zugabe nach der nächsten kam... für uns ein glatter Reinfall. Außer für den hervorragenden Bar-Pianisten und die nette Truppe aus Paraguay gitl dies auch für die weiteren Musiker an Bord. Ich hatte ja gedacht, dass die furchtbare „Tanzband“ der Noordam niemand mehr unterbieten könnte aber das MSC-Tanzmusik-Duo welches sich mit der nicht viel besseren Band abgewechselt hat konnte man nur in stark alkoholisiertem Zustand ertragen, was die üblichen deutschen Touris auch allesamt gemacht haben. Die weitere Tagesunterhaltung präsentierte sich als einer Mischung aus Altenheim und Kindergarten und Bedarf keiner weiteren Erwähnung.
Die Bordfotografen möchte ich noch extra erwähnen: Die machen eigentlich einen guten Job – positiv ist, dass sie auch die Ausflüge begleiten und immer auf der Suche nach schönen Motiven sind. Weniger positiv ist, dass sie insbesondere in den Restaurants nervig waren und keine Rücksicht darauf nahmen, ob man gerade noch am Essen ist oder nicht. Die Qualität der Fotos war besser als auf manch einem anderen Schiff, sowohl farblich als auch was die Bildschärfe angeht.
Einfache organisatorische Dinge sind übrigens nicht die große Stärke von MSC. So hatten wir einen der wohl beliebtesten Ausflüge gebucht (Fahrt auf den Berg Dalsnibba), bei dem wohl mehrere hundert Leute teilnehmen wollten. Anstatt dass man diesen Ausflug zeitlich aufteilt, gibt es nur EINEN Treffpunkt zu EINER Uhrzeit. Wir haben für diesen Ausflug – weil wir pünktlich zum Treffpunkt kamen und nicht schon eine halbe Stunde vorher wie die anderen – den letzten Bus zugeteilt bekommen und mussten im sehr stickigen Theater über eine Stunde warten, bis es losging. Auch die Ausschiffung zeigte sich ähnlich seltsam organisiert, sodass zwar farbige Gepäckanhänger verteilt wurden, die Leute aber allesamt zur selben Zeit in die Wartebereiche mussten. Wir haben es diesmal einfach gegen alle „Regeln“ gemacht und sind dann von Bord gegangen, als es uns passte. Unsere Koffer standen auch schon an Land parat, obwohl unsere Farbe noch lange nicht aufgerufen wurde.
Die große Zahl der deutschen Mitreisenden hat uns wieder mal gezeigt, dass das einfach nicht unser Ding ist. Unter diesen Menschen herrschte eine dauerhafte Stress-Atmosphäre, die eine sich anbahnende Urlaubsstimmung im Keim erstickte. Neben Besserwissern („Jaja, die Orchestra wurde damals ja in Papenburg gebaut“) und Dauer-Beschwerern („Ich habe eine Kabine mit Sichtbehinderung gebucht und da hängt ein Rettungsboot vor dem Fenster – das lasse ich nicht auf mir sitzen“) gab es auch die Komfort-Verwöhnten („Ich musste heute im Shuttle-Bus fast zehn Minuten stehen, so eine Frechheit habe ich ja noch nie erlebt!“). Leider konnte man diesen Leuten kaum entgehen, weswegen wir in Zukunft auch weiterhin andere Reedereien bevorzugen werden.
Fazit:
Insgesamt haben wir es nicht wirklich bereut, MSC mal ausprobiert zu haben. Wir haben uns trotz diverser negativen Erscheinungen ganz gut erholt und die Reise genossen. Dennoch bleibt ein komischer Beigeschmack der uns dazu führt, in Zukunft MSC bei unseren Planungen nicht mehr zu berücksichtigen.